"Ich bin Diaspra"//(38) Kapitel 5: Teil 2
Kurz darauf herrschte Stille, dann wurde wieder leise gesprochen. Offenbar hatten sie sich beruhigt. Das Murmeln dauerte noch eine ganze Weile, dann schrie Daphne mit hoher Stimme und für mich gut verständlich:
„Nathaniel! Das wagst du nicht!“ auch Balthazareons Stimme drang in ähnlicher Lautstärke herüber. „Sie ist die Patronin von Caenyus und auch wenn sie eine Ynaer'i ist, ist sie verdammt nochmal nicht euer Eigentum!“
Es fiel mir schwer der Unterhaltung zu folgen. Nicht nur weil nur einzelne Bruchstücke bei mir ankamen, ich spürte auch, wie sehr mich die Konzentration auf die Geräusche anstrengte.
Zudem hatte ich nach wie vor dieses schmerzende Stechen in der Brust und überhaupt gab es nichts, was mir nicht weh tat.
Die Kombination aus Müdigkeit, Schmerzen und Neugierde machte mich fertig. Einerseits wollte ich wissen worüber Balthazareon und Nathaniel sprachen, andererseits würde ich am Liebsten einfach schlafen und nichts von alledem hier mitbekommen.
Es war, als hätte mich eine Herde Elefanten überrannt und ich konnte mir nicht vorstellen, mich in der näheren Zukunft in irgend einer Weise zu bewegen.
Jedes vorsichtige Zucken fühlte sich an als würde ich einen Marathon laufen und war mit einem unangenehmen Kraftakt verbunden. Was auch immer dieses Ionit-Dings war, es hatte mich ordentlich erwischt.
Ich blieb eine Weile regungslos liegen und schloss meine Augen. So konnte ich es einigermaßen aushalten und in die Dunkelheit lauschen.
Irgendwann verstummten die Stimmen und ich hörte Schritte näher kommen. Daphne und Balthazareon unterhielten sich leise und ich konnte erst etwas verstehen als sie offenbar direkt neben mir standen.
„Diaspra?“ Balthazareon setzte sich, griff nach meinem Handgelenk und fühlte nach meinem Puls. Ich blickte ihn müde aber interessiert an.
Daphne blieb mit verschränkten Armen stehen und sagte nichts.
„Nathaniel und ich haben einen Waffenstillstand geschlossen. Zumindest für den Moment. Er wird eine Ynaer'i-Delegation zur Pentay senden und ich sichere ihnen freies Geleit zu, solange sie unbewaffnet an Bord kommen.“
„Spar dir das Lamentieren, sie versteht dich sowieso nicht.“ Meinte Daphne genervt. „Wir haben wichtigere Dinge zu erledigen, außerdem ist sie immer noch unsere Geißel und muss nicht mehr wissen als erforderlich.“
Damit drehte sie sich um und verschwand.
Balthazareon wirkte hin und her gerissen und sah ihr nach. Dann aber entschied er sich, sitzen zu bleiben.
Er wollte mir etwas erzählen, doch immer wieder fielen mir die Augen zu. Ich schlief zwar nicht ein, doch viel von dem was um mich herum passierte, bekam ich dennoch nicht mit. Ich fühlte wie er seine Hand sanft auf meinen Brustkorb legte und dort ruhen ließ.
„Vertrau mir...“ Flüsterte er leise und ich spürte wie ein seltsames Kribbeln durch meinen Körper fuhr und sich für einen Moment eine ungewohnte Wärme in mir ausbreitete.
Dann sah ich Balthazareon plötzlich vor mir. Klar und deutlich stand er da und lächelte freundlich. Obwohl ich meine Augen noch immer geschlossen hatte. Der Rest war schwarz nur er stand da und legte den Kopf zur Seite.
Er sagte wieder etwas, doch dieses Mal war es seltsam. Im Raum herrschte Stille und ich hörte seine Worte nicht sondern fühlte sie viel mehr. So als wäre er in meinem Kopf. Gleichzeitig fühlte ich wie mich eine ungewohnte Melancholie überkam.
„Bitte erschrick nicht. Ich bin Telepath, Diaspra. Je näher wir dem Caenyus-System kommen, desto leichter wird es mir fallen, diese Form des Kontaktes herzustellen.“
Ich zuckte zusammen. „Heißt das du kannst Gedanken lesen und sowas?“
Wieder huschte ein Grinsen über sein Gesicht und er legte die Stirn nachdenklich in Falten.
„Ja und nein. Ganz so einfach ist es nicht, ich sehe nur das, was mein Kommunikationspartner mit mir teilen möchte. Eigenständig nach Informationen suchen kann ich nicht.“
Er stockte einen Moment, dann fuhr er fort.
„Der Grund weshalb ich dir das in dieser eher unpassenden Situation erzähle ist folgender. Ich weiß momentan nicht, wer auf wessen Seite steht und wem ich trauen kann.
Bereits auf Aeles Heaven ist mir aufgefallen, dass zwischen uns eine Art Verbindung besteht. Ich glaube, du hast das auch bemerkt, auch wenn du damit vermutlich nicht viel anfangen konntest.“
Wieder machte er eine Pause und es schien, als müsste er überlegen wie er sich ausdrücken sollte.
„Von Zeit zu Zeit kommt es vor, dass einige von uns Xeadnar oder euch Ynaer'i diese Fähigkeit besitzen und mal mehr und mal weniger steuern können. In seltenen Fällen existieren eine Art dauerhafte Verbindungen zwischen Xeadnar und Ynaer'i.
Wie das entsteht ist bis heute nicht abschließend erforscht, man weis nur, dass Ealores etwas damit zu tun hat und solche Bindungen nicht zufällig entstehen. Es funktioniert ähnlich wie das Prinzip der Schutzpatronen von Caenyus. Ealores wählt einen Patron der anschließend für die Sicherheit von Caenyus verantwortlich ist.
Die Tatsache, dass Ealores uns auf diese Art verbunden hat kann nur bedeuten, dass große Gefahr droht. Die Xeadnar sind seit jeher Feinde der Ynaer'i, es ergebe ansonsten keinen Sinn ausgerechnet uns, die Thronfolger beider Spezies, auf diese Weise zu binden .“
Die seltsame Katastrophe, schoss es mir mit einem Mal durch den Kopf und ein kalter Schauer lief mir über den Rücken. Balthazareon bemerkte es.
„Kein Grund zur Sorge, ich wollte dir damit keine Angst machen. Übrigens übertragen sich auf diese Weise nicht nur unsere Gedanken, sondern auch jede andere Art von Gefühlen. Noch sind wir weit von Caenyus entfernt und die Verbindung ist schwach, doch sobald wir das System erreichen, wird sich dies ändern.“
Ich versuchte Gedanken zu sortieren und das Chaos in meinem Kopf zu verstehen. Nicht zu wissen was Balthazareon mitbekam und was nicht war unangenehm und gefiel mir gar nicht. Auch dass ich nicht wusste wie ich dieses Telepathie-Zeug steuern konnte, ließ mich in diesem Moment sehr hilflos vorkommen.
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