"Ich bin Diaspra"//(10) Kapitel 1: Teil 5

in #deutsch6 years ago (edited)

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...

Auch in den Wänden des Wohnzimmers fanden sich eingelassene Schränke, die sich nur marginal von denen im Eingangsbereich unterschieden.
Über mangelnden Stauraum würde ich mich also nicht beklagen können. Ein in die Wand eingefasstes Objekt neben der Tür zu meinem Badezimmer erregte meine Aufmerksamkeit. Es erinnerte mich ein wenig an eine Kaffeemaschine und besaß, mehrere unterschiedlich farbige Knöpfe und eine Einbuchtung, in die man vermutlich etwas legen oder stellen konnte.

„Ist das ein Replikator?“ Fragte ich und versuchte mich an das Aussehen der Automaten, einer Art Mikrowelle, zu erinnern, mit denen die Besatzung des Raumschiffs Enterprise aus Star Trek ihr Essen zubereitete.
Es würde mich nicht wundern, wenn die Immortal über ähnliche Dinge verfügte.

„Ein Repli-was?“ Danaemes neigte ihren Kopf verwirrt zur Seite.
„Das ist ein Thonator, eine Art 3D-Drucker mit dem wir Essen und Getränke ordern können. Selbstverständlich gibt es geregelte Mahlzeiten in der Mensa des Schiffes und Sie haben ebenfalls die Möglichkeit, sich rund um die Uhr mit allen Speisen versorgen zu lassen, nach denen Ihnen der Sinn steht. Wir stehen Ihnen jederzeit zur Verfügung und werden jeden Ihrer Wünsche erfüllen.
Doch falls Sie spontan, beispielsweise nachts eine Kleinigkeit oder ein Getränk möchten ohne uns deshalb zu benachrichtigen, können Sie es es ebenfalls am Thonator ordern.“

Also doch ein Replikator... Stellte ich erfreut fest. An das Leben auf der Immortal könnte ich mich, nach dem was ich bisher gesehen hatte, durchaus gewöhnen.
Wir sahen uns als nächstes das Badezimmer an. Futuristische Dinge gab es hier nicht und es ähnelte denen, die ich bereits von der Erde kannte.
Dennoch strahlte es durch seinen modernen, aber dennoch luxuriösen, prunkvollen Stil eine gewisse Anziehungskraft aus. Der Raum war vielleicht nicht der Größte, doch sehr funktionell eingerichtet.
Die große Eckbadewanne befand sich neben einem weiteren kleineren Fenster mit Blick nach draußen und auch hier dienten Wandschränke und -regale als zentrales Aufbewahrungselement.

Wie im Rest des Quartiers beherrschten helle, zumeist weiße, Farben das Bild. Auch die für die Immortal typischen Materialien Diamant und Platin fanden sich in Form von diamantenen Wasserhähnen, Spiegelrahmen und Mosaiken auf dem spiegelglatten Boden wieder.
Auf der Erde wäre eine solche Einrichtung unbezahlbar gewesen. Die Ynaer'i hingegen schienen den Wert ihrer Rohstoffe nicht einmal zu kennen.

Wert für wen eigentlich? Schoss es mir durch den Kopf und ich erwischte mich dabei, erneut vollkommen menschlich zu denken.
Nur weil Menschen für eine bestimmte Sache einen bestimmten Betrag X zahlten, ergab sich daraus doch noch längst kein tatsächlicher Wert. Woran wurde festgemacht, welche Rohstoffe einen höheren oder einen niedrigeren Wert besaßen? An ihrer Seltenheit? An ihrer Funktionalität oder vielleicht an ihrem Aussehen?

Möglicherweise unterschied sich das Wertesystem der Ynaer'i grundlegend von dem der Menschen. Früher oder später würde ich es herausfinden. Dennoch wollte ich Danaemes Meinung zu meinen Überlegungen hören und ging zum Waschbecken.
„Dieser Wasserhahn hier, ist er nicht sehr teuer, wenn ihr ihn aus Diamantkristallen herstellt? Auf der Erde gehört Diamant zu den wertvollsten Rohstoffen und kaum einer könnte es sich leisten, seine Wohnung damit einzurichten.“

Der amüsierter Blick, den sie mir zuwarf, sprach Bände.
„Wir Ynaer'i haben Diamanten im Überfluss. Diamant ist für uns nichts anderes als gewöhnlicher Stein für die Menschen. Schauen Sie das Bild von unserem Mond Terras in Ihrem Wohnzimmer an, er ist ein sogenannter Kristallmond und besteht beinahe vollständig aus Diamanten.
Vor vielen Millionen Jahren war er Teil eines Planeten, der von einem großen Asteroiden getroffen wurde. Terras wurde als Brocken abgespalten, flog seit dem durchs All und wurde schlussendlich von Asgeanus auf seine heutige Umlaufbahn gezogen. Wir sind uns nicht sicher ob er schon immer aus Diamant bestand oder ob seine Moleküle auf seiner Reise durch verschiedene Gravitationskräfte so stark verdichtet wurden, dass er sich im Laufe der Zeit zu einer Diamantkugel entwickelte.
Da es bei uns sehr häufig vorkommt nutzen wir es nicht zu Prestigezwecken sondern einfach aufgrund der zahlreichen Vorteile, die das Material besitzt. Es ist so hart, dass es als robuster, langlebiger Baustoff nahezu perfekt geeignet ist. Zudem verwenden wir es aufgrund seiner ansprechenden Optik gerne um unsere Wohnungen damit zu gestalten oder Gebäude, wie etwa den königlichen Palast auf Asgeanus, zu bauen.“

„Ihr baut Häuser aus Diamant?“ Fragte ich verdutzt und Danaemes nickte. So recht konnte ich es mir noch nicht vorstellen, aber ich freute mich darauf, es bald mit eigenen Augen zu sehen.
Ein wenig erinnerte mich ihre Erzählung an die Smaragdstadt aus dem Kinderbuch Der Zauberer von Oz. Ich hatte mich zwar nie tiefer gehend damit beschäftigt, die Stadt aus Edelsteinen wollte ich dennoch als Kind oft besuchen. In dieser Hinsicht war ich wohl ein typisches Menschenmädchen – ich mochte alles, was irgendwie glitzert und funkelt.

Wir beendeten unsere Tour in meinem Schlafquartier auf der anderen Seite der Kabine. Wie auch im Wohnzimmer bestand die größte Wand direkt neben meinem Bett nahezu komplett aus Fenster und ermöglichte einen umwerfenden Blick hinaus ins All.
Wenn ich mich nicht täuschte, befand sich meine Unterkunft auf der rechten Seite des Schiffes, der Steuerbordseite. Ich konnte also sehen, was sich rechts von unserer Flugrichtung befand.

Diamantene Kristallstrukturen waren auch in diesem Raum allgegenwärtig und schmückten Wände und Mobiliar. Ein dicker Teppich, in den wir beim gehen leicht einsanken, dämpfte unsere Schritte während wir uns durch den Raum bewegten.
Am linken Kopfende meines Bettes stand eine weitere der großen Pflanzen, ebenfalls eine Art Palme, ähnlich wie auch die im Wohnzimmer. Die Wand gegenüber der Eingangstür zierte ein großes Gemälde eines, in der Sonne glänzenden wunderschönen Palastes mit vielen Türmen und Erknern, dessen Struktur mich weniger an den Herrschaftssitz einer hochentwickelten Zivilisation erinnerte und eher wie ein Schloss aus einem Märchenfilm wirkte.
Doch die Beschriftung am unteren Ende des Bildes ließ keine Zweifel aufkommen.
Palast der königlichen Familie auf Asgeanus.

Hier würde ich also in Zukunft wohnen, frohlockte ich insgeheim. Schon lange hatte ich mir gewünscht, eines Tages von Außerirdischen abgeholt und zu meiner wahren Heimat – einem paradiesischem Planeten irgendwo ganz weit weg am anderen Ende der Galaxis, gebracht zu werden.

Möglicherweise ahnte ich schon damals, dass sich meine Heimat nicht auf dem blauen Planeten unter mir befand. Auch wenn ich mir nicht hätte erträumen lassen, dass dieser Wunsch eines Tages in Erfüllung gehen sollte.

...


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Ich glaube da hat sich ein "n" bei Erker eingeschlichen :)
Erkner scheint eine Stadt zu sein. Also, auf der Erde 😉

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