"Ich bin Diaspra"//(13) Kapitel 1: Teil 8

in #deutsch6 years ago (edited)

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...

Letztlich entschied ich mich etwas unbeholfen für ein schlichtes, schmuckloses Kleid, dass lediglich einige kleinere Diamantkristalle am Kragen hatte und im Gegensatz zu dem, das ich den ganzen Tag getragen hatte, beinahe fad wirkte.
Wie die meisten anderen hatte auch dieses lange Ärmel, was mir für ein Abendessen angemessen erschien und auf der Immortal offensichtlich ohnehin zur Kleiderordnung gehörte.

Bisher hatte ich hier niemanden mit kurzen Ärmeln herumlaufen sehen und wollte auch nicht die Erste sein, die diese Tradition durchbrach.
Ich sollte mich bei Gelegenheit einmal mit Danaemes unterhalten und mir die Eigenheiten der Garderobe der Ynaer'i erläutern lassen.
Als hätte das Schiff meine Gedanken erraten klopfte es plötzlich an der Tür und der Computer kündigte mir den Besuch von Danaemes an.

Wie auch beim ersten Mal erbat er die Erlaubnis, die Tür öffnen zu dürfen. Ich bestätigte erneut und schon stand Danames im Raum und betrachtete mich mit seltsamen Blick und zur Seite geneigtem Kopf.
„Hoheit, wollen Sie bereits zu Bett gehen? Prinz Nathaniel erwartet Sie doch in Kürze. Natürlich kann ich ihm ausrichten dass Sie es vorziehen, heute früh zu schlafen, doch er wird sicher enttäuscht sein.“

Schlafen gehen? Bett? Irritiert schaute ich sie an. Nein, müde war ich absolut nicht. Ich winkte ab und erwiderte, dass ich selbstverständlich liebend gern mit meinem Bruder zu Abend essen wollte.

„Aber weshalb tragen Sie dann ein Nachthemd?“ Ein leichtes Grinsen huschte über ihr Gesicht und als mir dämmerte, dass ich bei der Wahl meines Outfits scheinbar meilenweit daneben gegriffen hatte, musste auch ich lachen.

„Verzeihung, das wusste ich nicht.“ Antwortete ich mit einem entschuldigenden Schulterzucken. Wie gut, dass Danaemes hier war!
Ich hätte mich wahrscheinlich bis auf die Knochen blamiert, wenn ich im Nachthemd zum Essen erschienen wäre. Auch wenn ich mich sehr darüber wunderte, in was für Kleidung die Ynaer'i schliefen.
Ich hatte auf der Erde immer ein zu großes T-Shirt und eine Jogginghose getragen. Scheinbar nichts, was den Gepflogenheiten der Ynaer'i entsprach.
Ich würde mich also auch von dieser Gewohnheit verabschieden müssen.

„Schauen Sie hier.“ Danaemes hielt mir ein wesentlich auffälligeres Kleid, dessen Ärmel aus einem leicht transparentem Stoff bestanden und beinahe komplett mit filigranen Diamanten besetzt waren, entgegen.
„Dies können Sie zum heutigen Anlass tragen. Auch wenn es für eine offizielle Veranstaltung auf Asgeanus ebenso wenig geeignet wäre wie Ihr Nachthemd. Für ein ungezwungenes Essen auf der Immortal ist es hingegen vollkommen ausreichen.“

Sie grinste ein weiteres Mal und ließ sich das Nachthemd, dass ich eben irrtümlich angezogen hatte, aushändigen. Während ich mir das neue Kleid überzog, sortierte sie die von mir durcheinander gebrachten Kleidungsstücke so, dass jedes wieder an seinem korrekten Platz hing.

„Beim nächsten Mal rufen Sie mich besser gleich, die Etikette der Ynaer'i ist komplex und man kann nur zu leicht Fehler machen. Ich stehe Ihnen für all Ihre Fragen zur Verfügung, zögern Sie also nicht, mich rufen zu lassen.“ Sie stockte einen Moment. „Ähm... Ich hatte Ihnen doch bereits erklärt, wie Sie mich erreichen können?“

Als ich verneinte, entschuldigte sie sich überschwänglich und erklärte, dass ich lediglich dem Bordcomputer sagen musste, dass ich nach ihr schicken möchte. Sie würde anschließend, egal wo auf dem Schiff sie sich gerade befand, informiert werden und sich umgehend auf den Weg zu mir machen.
Ich dankte ihr für ihre Hilfsbereitschaft und warf einen Blick in den bodentiefen Spiegel. „Benötige ich eine andere Frisur oder kann ich so gehen?“

Noch immer trug ich den strengen Zopf den sie mir bei meiner Ankunft auf der Immortal gebunden hatten und der die Standard-Frisur der Frauen an Bord zu sein schien.
Ihr Kopfschütteln war Antwort genug. Offensichtlich hatte sie mich eben, vor einem weiteren Fauxpas bewahrt.
„Der Zopf ist für den Alltag auf der Immortal in Ordnung, der Prinzessin von Asgeanus jedoch nicht würdig und wird lediglich aus Gründen der Einfachheit getragen, wenn keine besonderen Anlässe Ihre Anwesenheit verlangen.“
Sie löste das Haarband das den Zopf zusammenhielt, griff zu einem kristallernen Kamm der auf einer Ablage neben dem Spiegel lag und fuhr mir damit durch meine mittlerweile erstaunlich lang gewordenen Haare.

„Im Normalfall trägt eine Prinzessin der Ynaer'i ihre Haare hochgesteckt. Dies wirkt ordentlich, beeinträchtigt sie nicht und hebt sie von den restlichen Ynaer'i Frauen, die dies nur in speziellen Ausnahmefällen tun, ab. Für das heutige Essen werde ich Ihnen eine einfache Flechtfrisur zeigen die sie später auch selbst nachmachen können, wenn Ihnen danach sein sollte.“
Sie begann und fügte noch eilig hinzu: „Aber selbstverständlich wird zu jeder Zeit jemand zur Verfügung stehen, der Ihnen diese Arbeit abnimmt.“

Danaemes flocht erstaunlich schnell und Strähne um Strähne fand Ihren Platz in meiner Frisur. Das Ergebnis erinnerte mich ein weiteres Mal an Leia aus den Star Wars-Filmen. Geflochtene Haare schienen im Weltraum beliebt.
Im Gegensatz zur Star Wars-Prinzessin wurden meine Zöpfe jedoch hinten am Kopf zusammengesteckt, nicht seitlich. Was seriöser wirkte, wie ich fand.

Nach kurzer Zeit war Danaemes fertig und wir konnten uns auf den Weg zu Nathaniels Quartier machen, dass sich nicht weit von meinem, offensichtlich auf der gegenüberliegenden Seite des Schiffes, befand.

Die Immortal maß an ihrer breitesten Stelle etwa 500 Meter. Hier oben, nur wenige Decks unter der Brücke, waren es jedoch nicht viel mehr als 50, wie ich vermutete.

...


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