"Ich bin Diaspra"//(19) Kapitel 2: Teil 4

in #deutsch6 years ago (edited)

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...

Er schien zu überlegen wie er es mir verständlicher machen konnte. Die abstrakten Diagramme auf den Monitoren an denen er gerade eben noch herumgetippt hatte, halfen dabei nicht weiter.
„Wenn du willst, zeige ich dir unsere Antriebsspulen. Dazu müsstest du aber mit mir auf das Maschinendeck kommen. Das befindet sich im hinteren Teil des Schiffes und ist recht weit entfernt.“

Sollte mir recht sein, dachte ich. Zwar schien Thalus ein wenig zerstreut, doch er wirkte nett und freundlich, ein etwas spezieller, aber dennoch angenehmer Zeitgenosse.
Und der Einzige auf diesem Schiff, der mich nicht siezte. Ein weiterer Punkt der mir gefiel. Ich verstand zwar nicht viel von dem was er sagte, doch er gab sich Mühe es einigermaßen nachvollziehbar zu erläutern und ich hatte ohnehin nichts Besseres zu tun, solange Nathaniel noch in seiner Konversation war.

Gerne hätte ich meine Freunde auf dem Frachtdeck besucht, doch ohne Nathaniels Freigabe wäre das sicher nicht klug, sollten sich tatsächlich Rebellenanhänger unter den Zivilisten befinden. Außerdem wusste ich nicht einmal, wo sich das Frachtdeck der Immortal befand.
Vielleicht konnte ich den Ausflug zum Maschinenraum auch nutzen, um das Schiff etwas besser kennenzulernen.

Thalus verließ die Brücke und ich bemühte mich, ihm eilig zu folgen. Auch unterwegs redete er viel, wies hierhin und dort hin und hatte für jeden Schaltkreis des Raumschiffs eine ausführliche Beschreibung auf Lager, die er nur zu gern zum Besten gab.
Ich lauschte ihm, hatte aber das Gefühl, mit jeder neuen Information noch weniger zu verstehen als zuvor. Ich erwartete auch nicht, mir alle Einzelheiten merken zu können, dazu war es einfach viel zu viel.

„Die Tür rechts von uns führt zu den Aufzügen zu den Crewdecks, die Tür links zu den Aufzügen zu den Freizeitdecks, die Immortal hat für jeden etwas zu bieten. Wir haben nicht nur eine Bar an Bord sondern auch ein Schwimmbad, eine Sporthalle, ein Holodeck, ein Kino und sogar einen kleinen Park mit einer Panoramakuppel, die einen 360 Grad rundum Blick hinaus ins Weltall ermöglicht. Du solltest ihn also bei Gelegenheit besuchen.“

Er führte mich durch unzählige weitere Gänge, wir fuhren mit verschiedenen Aufzügen und schon bald hatte ich die Orientierung vollkommen verloren und musste mich ganz auf Thalus Ortskenntnis verlassen. Er schien völlig sicher, als hätte er diesen Weg schon hunderte Male zurückgelegt, was wahrscheinlich auch der Fall war...

Unterwegs kamen uns immer wieder Crewmitglieder entgegen, die beschäftigt von einem Ort zum anderen liefen und irgendwelchen Aufgaben nachgingen. Unterscheiden konnte man sie lediglich an den unterschiedlichen Diamantstrukturen auf ihren Schultern.
Ich überlegte, ob ich Thalus fragen sollte, was es mit den Rangabzeichen der Immortal auf sich hatte, doch ich verwarf diesen Gedanken schnell wieder. Ich würde es mir später von Danaemes oder Nathaniel erklären lassen, das wäre wohl verständlicher und weniger wissenschaftlich.

Eine gefühlte Ewigkeit später verließen wir den nächsten Aufzug, ich hatte zwischenzeitlich nicht mehr gezählt, in wie viele wir bereits ein- und wieder ausgestiegen waren und fanden uns in einem Gang wieder, der sich grundlegend von allen anderen die ich bisher gesehen hatte, unterschied.

„Willkommen auf dem Maschinendeck.“ Begrüßte mich Thalus nicht ohne Stolz. „Dem Zentrum der Immortal ohne das dieses majestätische Schiff nichts weiter als ein nutzloser Haufen Platinum-Adamantem wäre.“
Die Wände hier waren nicht hell wie im Rest des Schiffes, sondern dunkel grau. Das lag daran, dass beinahe überall die Verkleidung fehlte, wie ich feststellte, und Leitungen und Rohre stellenweise vollkommen frei lagen.
Auch der Boden bestand nicht aus dem glänzenden Kristall, der so typisch für die Ausstattung der Immortal war, sondern aus einem matten Metall, das ich nicht näher benennen konnte.

Auch am Boden verliefen Rohre und Kabel und Thalus wies mich mehrfach an, bloß nirgendwo hängen zu bleiben. Das könnte „katastrophale Schäden“ am Schiff anrichten, wie er mir mitteilte.
Ich hielt das zwar für etwas übertrieben, hatte aber ohnehin nicht das Bedürfnis, irgendwo in diesem Chaos hängen zu bleiben und vielleicht sogar hinzufallen, daher achtete ich sehr genau auf jeden meiner Schritte.

Unsere Wanderung führte uns bis vor eine große, schwere Stahltür die von 6 stabilen Riegeln geschlossen gehalten wurde und jeden Unbefugten von dem, was sich hinter ihr befand, fernhalten sollte.
„Hier ist es.“
Er platzierte seine Hand auf einem der blauen Quadrate, doch anstatt sich grün zu färben und den Weg freizugeben färbte es sich weiß und es erschien ein schwarzes Zahlenfeld, auf dem Thalus eine Reihe an Nummern berührte und so einen langen, komplizierten Code eingab.
Erst als er diesen bestätigte, schoben sich die Riegel mit den typischen, zischenden Geräuschen einer Hydraulikanlage zurück und die Tür öffnete sich.

„Schau es dir an!“ Frohlockte Thalus. „DAS ist unser Singularitätskern!“
Er griff nach meiner Hand und zog mich mit schnellen Schritten in die Mitte des kreisrunden Raumes.
Dort befand sich eine Metallkonstruktion, eine Art Magnetfeld, in der eine bläulich leuchtende, in eine ebenfalls aus Metall bestehende Verkleidung eingefasste, Kugel schwebte.
So richtig konnte ich seine Begeisterung nicht nachvollziehen, was auch er offensichtlich bemerkte und mich noch ein Stück näher an dieses Ding führte.

„Schau genau hin!“ Forderte er. „DAS da ist konzentrierte hochkomprimierte Materie! Ein schwarzes Loch, um es einfacher auszudrücken!“
Die Bezeichnung schwarzes Loch kannte ich und es erinnerte mich an den Physikunterricht in der Schule. Waren schwarze Löcher nicht die gefährlichen Dinger, die alles um sich herum auffressen?
Auch auf Aeles Heaven hatten einige Wissenschaftler an ähnlichen Dingen geforscht, doch sie hatten stets die Gefahr, die von den schwarzen Löchern ausging, sollten sie außer Kontrolle geraten, betont.

„Ist das nicht gefährlich?“ Äußerte ich vorsichtig. Soviel ich wusste, verschlangen schwarze Löcher alles, womit sie in Berührung kamen.
„Aber nein!“ konterte Thalus sofort. „Schwarze Löcher sind nur gefährlich, wenn sie auf Materie treffen. Einfacher gesagt darf sich zwischen ihrer komprimierten Materie und der Materie, die sie absorbieren wollen, keine Barriere befinden. Die Singularität wird jedoch von einer solchen abgeschirmt, wie du hier siehst.“

Er deutete in Richtung der metallenen Kugelummantelung. „Diese Konstruktion besteht aus Alachmit, einem im gesamten Universum bisher einmaligen Stoff den es nur auf Yveax gibt, soweit wir Ynaer'i wissen. Wie genau er entstanden ist, haben unsere Wissenschaftler leider noch nicht abschließend geklärt. Fakt ist jedoch, dass unter Yveaxs Oberfläche enorme Alachmit-Vorkommen schlummern, die die Raumfahrt der Ynaer'i revolutioniert und unsere heutigen Antriebsformen erst möglich gemacht haben.
Früher mussten auch wir mit konventionellen Antrieben reisen, diese hätten jedoch keine Flüge in andere Sonnensysteme zugelassen, dafür waren sie schlichtweg zu langsam. Dieses Problem hatten die menschlichen Antriebsarten bis zuletzt ebenfalls. Zwar gibt es in anderen Systemen durchaus und bekannte Rohstoffe die dem Alachmit in seiner Eigenschaft ähnlich sind, doch an dessen Quantität reichen diese nicht heran. Zudem ist Alachmit für uns Ynaer'i vollkommen ungefährlich und enthält keine negative Strahlung.“

Als er bemerkte, dass ich von seinen Ausführungen zwar fasziniert, dennoch aber noch nicht vollständig überzeugt war, griff er in die Tasche seiner Uniformhose und zog ein kleines, quadratisches Stück Metall hervor.

„Hier, nimm es ruhig. Das ist Alachmit. Es ähnelt optisch zwar dem irdischen Stahl, ist aber dennoch eher als eine Art Gestein zu verstehen. Ich nutze ihn privat auch um daraus Skulpturen zu bauen. Das hier ist das Material für mein aktuelles Projekt. Ich arbeite an einem Schachspiel aus Alachmit und verwende es für die Figuren. Alachmit ist widerstandsfähig und dennoch leicht. Deshalb schätzen die Ynaer'i es in vielen Bereichen sehr und fertigen beispielsweise auch wertvollen Schmuck daraus.“

...


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