"Ich bin Diaspra"//(34) Kapitel 4: Teil 5

in #deutsch6 years ago (edited)

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...

Ich lief den Gang entlang und sah, dass von Zeit zu Zeit Türen nach links und rechts abgingen. Einige hatten Schalter, andere Nummernfelder in denen offenbar ein Code eingegeben werden musste.
Jedoch gab es keinerlei Hinweise auf die dahinterliegenden Räume. Auch einen Fahrstuhl hatte ich bisher noch nicht gesehen und andere Personen gab es hier auf dieser Ebene offenbar ebenfalls nicht. Bisher war mir kein einziges Besatzungsmitglied entgegengekommen.

Mir fiel ein, dass es hier irgendwo einen Hangar geben musste. Jedes größere Raumschiff das ich bereits gesehen hatte, verfügte über diese Art von Frachträumen in denen kleinere Schiffe oder Shuttles landen konnten.
Möglicherweise wäre das meine Chance, von hier zu fliehen und Hilfe zu alarmieren. Ich glaubte zwar nicht dass ich ein Shuttle würde fliegen können, doch sie hatten sicher Kommunikationsgeräte die weniger gut gesichert waren als die auf der Brücke.
Vielleicht wären sie sogar einfacher zu verwenden.

Mir erschien mein Plan sinnvoll und ich machte mich auf den Weg. Nach einigen Minuten aber bemerkte ich den Haken an der Sache: Ich hatte keine Ahnung wo sich der Hangar befand.
War er am Ende der Pentay? Ganz oben? Ganz unten? Vielleicht irgendwo an der Seite? Ohne einen Lageplan würde ich ihn nicht finden, das schien sicher.

Ein wenig frustriert ging ich auf eine der Türen des Ganges zu, zog den Hebel mit großer Mühe herunter, wartete bis die Tür aufgeschoben wurde, trat ein und fand mich in einem kleinen, stickigen Raum ohne Fenster wieder.
Offenbar eine Abstellkammer. Er maß kaum mehr als 10 Quadratmeter und war bis unters Dach gefüllt mit Kisten. Einige davon halb geöffnet, andere unangerührt.

Ich zog eine der Kisten zu mir, öffnete den Pappdeckel vollständig und betrachtete den Inhalt. Elektroschrott. Jedenfalls schienen diese Teile mir nicht weiterzuhelfen auch wenn ich nicht wusste, war genau sie eigentlich darstellen sollten. Einige dieser Konstrukte wirkten wie kaputte Festplatten, aus anderen hingen Kabel heraus und spulenähnliche Gebilde kullerten herum.

Ich schob die Kiste wieder zurück an ihren Platz und wollte mir gerade eine der noch verschlossenen Boxen vornehmen, als ein weiterer ohrenbetäubender Knall durch den Schiffsrumpf ging und die Wände zum Beben brachte. Ich wurde ruckartig durchgeschüttelt, verlor das Gleichgewicht, stolperte, stieß gegen ein hohes Regal und fand mich im nächsten Moment auf dem Fußboden wieder.

Mit Sorge betrachtete ich den hohen Kistenstapel, der durch die Erschütterung bedrohlich schwankte und schob mich schnell in Richtung Ausgang.
Kaum war ich ein Stück weit entfernt, kam eine der oberen Kisten ins Rutschen und fiel mit einem lauten Krachen zu Boden. Auch dieser Karton war bereits zuvor zur Hälfte geöffnet und sein Inhalt rollte heraus und verteilte sich im gesamten Raum und sogar bis hinaus auf den Gang.

Die Metall- und Elektronikstücke sahen ebenfalls erstmal nach Abfall aus. Dann aber entdeckte ich ein kleines Armband das sich unter einem der Regale verkeilt hatte und dem von Balthazareon verdächtig ähnlich sah.
Einen prüfenden Blick auf den Kartonstapel werfend stand ich auf, lief zu der etwa zwei Meter entfernten Stelle und zog das kleine metallene Ding hervor.

Mir fiel sofort auf, dass es beschädigt war. Ein tiefer Kratzer zog sich über die Oberfläche und auch der Verschluss schien lädiert und schloss nur noch locker.
Doch es hatte Energie und aktivierte sich automatisch, als ich es an mein Handgelenk schob. Ein Display gab es nicht, offenbar fungierte die gesamte Fläche als Anzeige.

Einige Zahlen und verwaschene Buchstaben erschienen, doch vieles konnte ich aufgrund der starken Gebrauchsspuren nicht erkennen.
Mein Edae allerdings, hatte überhaupt keinen Monitor, warum also sollte ich dieses Ding nicht auch ohne steuern können? Balthazareon hatte seins vorhin ebenfalls über seine Stimme bedient.

Prüfend hob ich die Hand und sagte laut: „Computer! Führe mich zum Hangar!“
Ich wollte es bereits frustriert wieder abnehmen und zurücklegen, als es nach einer gefühlten Ewigkeit endlich reagierte und doch noch ein Lebenszeichen von dich gab.

„Nutzer initialisiert: Unbekannt. Rasse: Ynaer'i, Herkunft: Asgeanus. Sie können nun auf das Amnel-System der Pentay zugreifen. Keine Informationen über Sicherheitsstatus, geschützte Funktionen gesperrt, Freischaltung nur über autorisiertes Mitglied der Xeadnar.“

Innerlich jubelte ich. Das war ein Anfang! Nun könnte ich navigieren und vielleicht sogar Kontakt zur Immortal herstellen.
Als Erstes aber brannte mir etwas anderes unter den Nägeln: „Computer – erbitte Statusbericht der Pentay.“

Nach einem Hinweis darüber dass einige Informationen aus sicherheitstechnischen Gründen nicht abgerufen werden konnte, nannte das System mir einige eher uninteressante Daten wie etwa die Anzahl der Decks oder die Länge. Erst am Ende teilte es mir die relevanten Dinge mit.

„Status des Schiffs kritisch. Dringende Reparaturen notwendig. Kühlung des Ionit-Kerns teilweise ausgefallen, Temperatur steigt.
Notfallsequenz eingeleitet. Passagiere angewiesen, sich auf etwaige Evakuierung vorzubereiten und nach Aufruf umgehend im Hangar einzufinden. Kurskorrektur erfolgt. Initiierung eines Raum-Zeit-Sprungs eingeleitet.“

Ich schluckte. Das Klang nicht so, als hätte Balthazareon auch nur im Ansatz irgendetwas unter Kontrolle. Der letzte Satz ließ mich besonders aufhorchen.
Hatte er tatsächlich vor, ein Wurmloch zu erzeugen und bis Asgeanus zu springen? War das sein Plan B um das Caenyus-System zu erreichen, bevor uns die Pentay um die Ohren fliegt?

Mein Armband meldete sich noch einmal. „Wichtige Mitteilung: Dringender Support am Ionit-Kern erforderlich, Überhitzung steht bevor. Bitte umgehend am Maschinendeck einfinden!“

Irritiert schüttelte ich den Kopf, die Nachricht konnte unmöglich für mich bestimmt sein. Allerdings sah ich auch niemand anderen hier, an den ich sie hätte weiterleiten können. Wieder ging ein Ruck, gefolgt von einer Art Donnerschlag durchs Schiff und aus den Gittern im Gang drang ein ganzer Schwall Rauch.
Völlig egal wer da gerade gerufen wurden war, dieses Schiff würde keinem Raumsprung standhalten, da war ich mir sicher.

Zwar hatte ich keine Ahnung von Raumschiffen oder deren Antrieben, von den paar Dingen abgesehen, die Thalus mir erklärt hatte, doch ich entschied, der Aufforderung des Computers nachzukommen und mir den Ionit-Kern zumindest einmal anzusehen.

Möglicherweise konnte ich vor Ort helfen, sofern mir jemand die richtigen Anweisungen gab.
„Navigiere zum Maschinendeck!“
Forderte ich daher selbstbewusst und folgte der blechernen Stimme.

...


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