"Ich bin Diaspra"//(16) Kapitel 2: Teil 1

in #deutsch6 years ago (edited)

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• Kapitel 2 - Sphynx•

Als ich am nächsten Morgen erwachte, erregte ein seltsames Bild meine Aufmerksamkeit.
Vor meinem Fenster befanden sich hunderte oder gar tausende weiße, scheinbar nicht enden wollenden Linien. Die Flotte der Raumschiffe, die gestern noch vor dem Fenster gelegen hatte, war verschwunden.

Ich rieb mir die Augen und blinzelte, um den Rest der Müdigkeit abzuschütteln. Doch es änderte nichts, die Aussicht blieb unverändert. Erst langsam realisierte ich, was ich da sah.
Wir waren offenbar gestartet während ich schlief und reisten nun mit enormer Geschwindigkeit durch den Weltraum. Die Linien mussten weit entfernte Sterne sein, an denen wir vorbeirasten.

Nathaniel und ich hatten uns gestern Abend noch lange unterhalten und er hatte gesagt, dass wir die Reise so bald wie möglich antreten wollten, doch ich hatte nicht damit gerechnet, dass ich den Abflug verschlafen würde. Ich hatte überhaupt nicht gedacht, dass ich auf einem Raumschiff wie der Immortal, nur durch eine Glasscheibe vom eiskalten, unendlichen Weltall getrennt, so gut und lange schlafen konnte.

Ein Blick auf einen kleinen, zu einem Tablet PC gehörenden Monitor auf meinem Nachtschrank zeigte mir, dass es bereits nach 10 Uhr morgens war. Ich stellte erschrocken fest, dass ich beinahe 11 Stunden geschlafen hatte. Offenbar war das nach den Ereignissen der letzten Tage dringend notwendig.
Eigentlich wollte ich am Vorabend nach meinem Gespräch mit Nathaniel noch ein wenig im Notizbuch lesen, doch ich war anscheinend dabei eingeschlafen.

Das Notizbuch... Überlegte ich und sah mich um. Es dauerte nicht lang, da hatte ich es, verkehrt herum auf dem Fußboden liegend, entdeckt.
Ich hob es vorsichtig auf, strich einen Knick glatt, der sich beim Herunterfallen aus meinem Bett gebildete hatte und hoffte, dass ich ihn wieder restlos entfernen konnte, hatte ich mir doch vorgenommen, das kleine Buch wie einen Schatz zu behandeln.
Es enthielt so viele Geheimnisse die ich noch entdecken wollte und möglicherweise viele Antworten, nach denen ich viele Jahre lang gesucht hatte.

Ich legte es auf den kleinen Nachttisch neben den Tablet-PC, setzte mich im Bett auf und streckte mich. Dabei hing mein Blick die ganze Zeit an der unwirklichen Szene vor meinem Fenster.
Da saß ich nun, an Bord eines Raumschiff dass durchs All flog, auf dem Weg zu einer fernen Welt. Wir bewegten uns beinahe geräuschlos durch den Weltraum, nur ein leises, tiefes und kaum hörbares Brummen verriet, dass gewaltige Maschinen im Inneren des Schiffes arbeiteten. Vielleicht konnte ich Nathaniel später fragen, ob er mir die genaue Funktionsweise der Immortal erklären konnte. Ich verstand zwar nicht viel von der Materie, doch es faszinierte mich.
Ob die kleineren Schiffe mit dem gleichen Tempo durchs Weltall rauschten?

Ich erinnerte mich daran, dass Malinea mir gestern erklärt hatte, dass Asgeanus sich beinahe 1480 Lichtjahre von der Erde entfernt befand. Wenn wir ihn tatsächlich in nur einem Monat erreichen wollten, mussten wir ein ungeheures Tempo an den Tag legen.
Gerade als ich mich entschloss aufzustehen und mir etwas zum Essen zu organisieren, klopfte es an meiner Tür.
Die Prozedur mit der Tür-Freigabe war mittlerweile etwas völlig Vertrautes und ich musste nicht einmal mehr darüber nachdenken.

Wieder stand Danaemes in meinem Zimmer und wünschte mir einen guten Morgen. Ich erwiderte und wunderte mich etwas, über ihr perfektes Timing. Woher wusste sie, dass ich gerade jetzt aufgewacht war?
Aber möglicherweise hatte sie mich auch einfach aus Höflichkeit schlafen lassen und kam nun um mich zum Frühstück zu wecken.
Doch ihr Anliegen galt dieses mal nicht dem Essen.
Erst jetzt bemerkte ich, dass sie einen kleine, mit einem Tuch abgedeckte Box in der Hand hielt.

„Euer Hoheit, ich war gerade im Frachtraum unterwegs, als ich ihre Sphynx entdeckte. Ich dachte, sie möchten sie vielleicht wieder haben. Oder haben sie kein Interesse mehr an ihr, nachdem sie mich gestern gar nicht nach ihr fragten? Dann kann ich sie selbstverständlich wieder mitnehmen und im Laderaum aufbewahren.“

Ich blinzelte irritiert und sah sie überrascht an. „Meine was?“
„Ihre Sphynx.“ Antwortete sie, als sie die Kiste auf den Boden stellte und das Tuch entfernte. Neugierig hob mein kleines buntes Kätzchen, dass ich vor einiger Zeit auf der Erde erhalten hatte, den Kopf und mauzte.
Aber natürlich, meine Katze Lumina!

Selbstverständlich hatte ich sie nicht vergessen, ich hatte sie bei unserer Evakuierung von Aeles Heaven in einen Korb gesetzt und einem der Zivilisten, die die Nautyca an Bord genommen hatte in die Hand gedrückt, damit er sie in Sicherheit bringen konnte, da ich selbst bis zum Ende auf der Erde geblieben war um die Evakuierung zu beaufsichtigen und erst dadurch als Letztes an Bord des Schiffes ging.

Als die Nautyca an der Immortal andockte und diese uns an Bord nahm, hatte ich bereits vollkommen den Überblick verloren und konnte die Person die auf meine Lumina aufpasste in den Massen nicht mehr ausmachen. Daher wollte ich warten bis wir uns an Bord der weitaus größeren Immortal befanden und ich mich wieder frei bewegen konnte, ohne den Menschen um mich herum beinahe auf die Füße zu treten.

Zwar waren neben der Nautyca noch zwei weitere Schiffe zur Evakuierung von Aeles Heaven im Einsatz, doch diese waren vom gleichen Bautyp und daher auch nicht größer.
Pro Schiff wurden mehr als 300 Menschen transportiert, die sich auf engstem Raum zusammendrängten, eine bestimmte Person zu lokalisieren, erschien dadurch unmöglich.

Dennoch hatte ich ein schlechtes Gewissen, nun da mir auffiel, dass ich den gesamten gestrigen Tag nicht an mein Kätzchen gedacht hatte. Ich beugte mich hinab zur kleinen Box, hob sie heraus und streichelte ihr weiches Fell, was sie mit einem zufriedenen Schnurren belohnte.
Natürlich kam es überhaupt nicht in Frage, dass Lumina im Frachtraum reiste!

„Nein, auf keinen Fall!“ Entfuhr es mir deshalb, als Danaemes ihre Frage wiederholte. „Selbstverständlich möchte ich mein Kätzchen hier behalten. Ich war bloß über die Bezeichnung Sphynx verwundert. Warum bezeichnest du sie so? Bei uns auf der Erde nennt man ihre Art: Katze.“

Nun war es Danaemes, die mich verwirrt ansah. „Aber eure Hoheit, das ist doch keine Katze.“

...


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