"Ich bin Diaspra"//(15) Kapitel 1: Teil 10

in #deutsch6 years ago (edited)

caro-4475.jpg

...

„Die Energie des Sterns und der Planeten kann von einigen Ynaer'i direkt genutzt werden, sie können also darauf zugreifen. Vielleicht kannst du es dir vorstellen wenn du an das Magnetfeld der Erde denkst, das Lebewesen dabei hilft, sich zurechtzufinden.
Vögel beispielsweise orientieren sich auf dem Weg in ihr Winterquartier daran.
Die Menschen haben es nutzbar gemacht indem sie GPS-Geräte erfunden haben, mit denen sie Fahrzeuge, Schiffe und den Luftverkehr navigieren konnten. Jedoch können sie es nicht ohne Hilfsmittel verwenden und auch nicht verändern. Bei uns Ynaer'i ist das etwas anders.
Ein Mitglied jeder Generation der royalen Familie ist in der Lage, die Energie auf Asgeanus zu nutzen und zu beeinflussen. Es hat daher die Aufgabe, dafür zu sorgen, dass das Sonnensystem stabil bleibt und Gefahren abgewendet werden.
Kreuzt beispielsweise ein Komet den Weg von Asgeanus, dann ist es Pflicht des jeweiligen Patrons, die Katastrophe eines Einschlags abzuwenden und den Kometen mit Hilfe der Energien der Planeten umzulenken. Das klingt nun wahnsinnig kompliziert und für dich vermutlich unmöglich, es ist aber ganz einfach.
Asgeanus besitzt einen natürlichen Energieschild, wie die Immortal. Der Patron hat die Macht, diesen im Gefahrenfall zu aktivieren. Auf diese Weise war es Asgeanus möglich, über Jahrmillionen hinweg jeder Gefahr des Alls zu trotzen. Nur deshalb sind die Ynaer'i heute so hochentwickelt. Hätten wir die Patronen nicht, dann wäre Asgeanus vermutlich längst zerstört.
Um aber auf deine ursprüngliche Frage zurück zu kommen: Ich bin zwar der Erstgeborene der Familie, doch ich bin nicht der Patron. Ich kann die Energie auf Asgeanus nicht verwenden und den Planeten daher auch nicht schützen. Die Gefahr für mich war während der Rebellion somit eher gering, da ich für die Rebellen keinerlei Bedeutung hatte.
Du hingegen bist die von unserem Stern Ealores gewählte Patronin, damit automatisch die Thronfolgerin auf Asgeanus und deshalb für die Rebellen sehr wertvoll.
Mit dir hätten sie die Möglichkeit, die Energiequelle des Planeten für ihre eigenen Zwecke zu missbrauchen und unser System möglicherweise sogar zu vernichten. Der Patron ist somit nicht nur ein Segen für das Caenyus-System, sondern ebenfalls eine große Bedrohung, sollte er in die falschen Hände gelangen.
Unsere Eltern entschieden daher gemeinsam mit dem Zentralen Rat, dich auf die weit entfernte Erde zu schicken, die, zumindest nach unserem Wissen, damals nicht von Rebellen besetzt und diesen sogar gänzlich unbekannt war. Mir hingegen drohte keine unmittelbare Gefahr. Ich verblieb also gemeinsam mit Ihnen auf Asgeanus, auch um die Moral der Ynaer'i zu fördern und Stärke zu zeigen.
Hätten unsere Eltern auch mich ins Exil geschickt, dann hätte dies die Bevölkerung mit hoher Wahrscheinlichkeit stark verunsichert und an einem Sieg über die Rebellen zweifeln lassen. Deshalb hatte ich das Privileg, auf unserem Heimatplaneten aufwachsen zu dürfen und am Sieg über die Rebellion teilhaben zu können.“
Seine Erklärung klang einleuchtend, auch wenn es mir schwer fiel, sie in allen Einzelheiten nachzuvollziehen.

Es würde wahrscheinlich eine ganze Weile dauern, bis ich mich in meine neue Aufgabe, als Prinzessin und Patronin eines mir fremden Planeten, eingefunden hatte. Auch machte ich mir Sorgen, ob ich die Anforderungen tatsächlichen erfüllen konnte.
Doch es hatte keinen Sinn, mir darüber nun den Kopf zu zerbrechen. Eine Wahl hatte ich ohnehin nicht.

„Unsere Eltern erwarten unsere Rückkehr auf Asgeanus, da vermutest du vollkommen richtig. Sie halten sich aktuell im königlichen Palast in der Hauptstadt auf und lassen alles für unser Eintreffen vorbereiten.“
Er bedeutete mir, dass er sich nun wieder seinem Essen zuwenden wollte und ich tat es ihm gleich. Er hatte mir nun so viel erzählt, dass ich darüber erst einmal nachdenken musste um es für mich selbst zu sortieren.
Den Rest des Abendessens verbrachten wir weitestgehend schweigend. Nur gelegentlich wechselten wir einige Worte, wenn er mir entweder eine der Speisen erklärte oder ich ihm sagte, was er sich gerade auf seinen Teller gelegt hatte.

Das Essen von der Erde schien ihm erstaunlich gut zu schmecken und es wunderte mich, dass er es noch nie zuvor probiert hatte, wo doch die Immortal schon seit geraumer Zeit in der Umlaufbahn kreiste.
Als ich an die Immortal dachte, schoss mit eine weitere Frage in den Kopf, die ich ihm unbedingt noch stellen wollte.
„Nathaniel...“ Begann ich. „Das Notizbuch hat ein gewisser Captain Laemus Merodem geschrieben, nicht wahr? Wo ist der denn jetzt, wo du dieses Schiff kommandierst?“

Nathaniel schluckte den letzten Bissen seines Fischfilets hinunter und tupfte sich den Mund mit einem seidenen Taschentuch ab.
„Laemus Merodem war nie Captain dieses Schiffes, lediglich Kommandant. Das ist ein großer Unterschied. Als der Rat die Immortal zur Erde geschickt hatte, benötigte man einen zuverlässigen Offizier, der das Schiff befehligen und die Mission leiten konnte. Die Immortal gehört zur royalen Flotte, daher muss der Kapitän zwangsläufig ein Mitglied der königlichen Familie sein, dies schreiben die Regeln vor.
Da jedoch kein Mitglied zu dieser Zeit von Asgeanus abgezogen werden konnte und ich selbst noch viel zu jung für diese Aufgabe war, behalf man sich, in dem man einen der besten Ynaer'i Offiziere als vorübergehenden Kommandanten einsetzte, der das Schiff solange führte, bis ein Mitglied der royalen Familie es übernehmen würde. Dies habe ich nun vor einigen Monaten getan und die letzte Phase der Mission somit selbst beaufsichtigt.
Laemus Merodem wurde von der Amaylux, dem Schiff, das mich zur Immortal gebracht hat, aufgenommen und zurück nach Asgeanus transportiert, sobald ich das Kommando übernommen hatte. Falls du möchtest und Fragen zu seinen Berichten hast, kannst du ihn auf Asgeanus kennenlernen.“

Dieser Vorschlag klang gut, auch wenn ich mir nicht sicher war, ob ich tatsächlich mit dem Mann, der mein ganzes Leben lang jeden meiner Schritte verfolgt hatte, reden wollte.
Es wäre wohl ein sehr seltsames Gefühl, jemandem gegenüberzustehen der alles über mich wusste, der mir jedoch im Gegenzug gänzlich fremd war.
Ich entschied, erst alle Einträge des Buches zu lesen und anschließend zu überlegen, ob ich ihm wirklich gegenübertreten wollte.

Nach dem Abendessen saßen Nathaniel und ich noch ein wenig zusammen und beobachteten die Flotte an kleineren Schiffen, die sich rund um die Immortal sammelten.
Er erzählte mir, dass die Ynaer'i alle Schiffe aus diesem Sonnensystem abziehen und zurück nach Caenyus bringen wollten.

In diesem System gab es nun kein intelligentes Leben mehr. Die Erde war nahezu zerstört, die Menschen aus Aeles Heaven befanden sich an Bord und würden uns nach Asgeanus folgen. Es gab keinen Grund mehr, hier Außenposten zu erhalten, ganz am Rande der Galaxis.
Einige kleinere Schiffe die der Aufklärung dienten hatten auf den anderen Planeten im Umkreis nach Hinweise auf etwaige Rebellenstützpunkte gesucht, waren aber nicht fündig geworden. Das System schien damit sauber und stellte keine Gefahr dar.

Alles in Allem sollten sich insgesamt um die 20 Raumschiffe sammeln, die den Rückweg nach Asgeanus antreten mussten.
Sobald diese vollzählig waren, würden wir aufbrechen.

...


PrologKapitel 1Kapitel 2
Teil 1Teil 6Teil 16
Teil 2Teil 7Teil 17
Teil 3Teil 8Teil 18
Teil 4Teil 9
Teil 5Teil 10
*Teil 11
*Teil 12
*Teil 13
*Teil 14
*Teil 15

Coin Marketplace

STEEM 0.27
TRX 0.12
JST 0.031
BTC 57908.48
ETH 2913.17
USDT 1.00
SBD 3.61