"Ich bin Diaspra"//(28) Kapitel 3: Teil 6

in #deutsch6 years ago (edited)

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...

*

In dieser Nacht schlief ich unruhig und wachte mehrmals auf. Ich war mir nicht sicher, ob es die Vorfreude war, meinen Freunden bald all die wundervollen Dinge auf der Immortal zeigen zu können oder ob mich die Vorkommnisse der letzten Tage vom entspannten Schlafen abhielten.

Als ich den Computer das letzte Mal nach der Uhrzeit fragte, war es fast 4 Uhr morgens. Müde gähnte ich, drehte mich zur Seite und versuchte, mich auf irgendetwas Langweiliges zu konzentrieren um wieder einschlafen zu können. Irgendwann gelang es mir, doch bald wurde ich von wirren Träumen geplagt und erneut aus dem Schlaf gerissen. Es waren keine Alpträume, doch sie raubten mir das letzte bisschen Ruhe und Erholung.

Ich stand auf einem Felsen, irgendwo hoch oben. Unter mir peitschten schäumende Wellen gegen den massiven Stein und Wolken zogen mit hohem Tempo über mich hinweg.
Am Horizont konnte ich Schiffe sehen. Viele Schiffe, beinahe eine ganze Armada. Doch es waren keine wie ich sie von der Erde kannte, sondern eine Art schwimmende Raumschiffe die, so kam es mir vor, jede Minute würden abheben und ins All fliegen können. Rasch kamen sie näher und schon bald konnte ich Einzelheiten erkennen.

Sie hatten keine Segel, waren augenscheinlich nicht bewaffnet und wirkten auf mich wie eine Art schwimmende Panzer.
Der Traum fühlte sich seltsam real an und für einen kurzen Moment konnte ich sogar den salzigen Geschmack des Meeres auf meiner Zunge spüren.

Eines der Schiffe erreichte die Steilküste und stieg geräuschlos in die Luft. Wie ein Helikopter gewann es elegant an Höhe und stoppte, als es nur wenige Meter vor mir entfernt schwebte. In seiner reflektierenden Außenhülle konnte ich mein Spiegelbild erkennen und erschrak.
Die Person auf der Klippe, durch deren Augen ich blickte, war nicht ich. Es war Jack, der sich dort spiegelte, die Zähne fest zusammen biss und das aufgestiegene Objekt mit grimmigen Blicken fixierte. In der Hand hielt ich – er – eine Art Schwert.

Ich neigte den Kopf und betrachtete es. Die Klinge bestand aus reinem Kristall in dem sich das Licht der Sonne tausendfach brach und in alle Richtungen strahlte. Der Griff war aus Platinum-Adamantem IV und lag leicht und griffig in der Hand.
Insgesamt maß allein die Klinge mehr als einen Meter, doch es kostete mich kaum Anstrengung, es zu halten.
Ich wandte mich wieder dem Raumschiff zu. Im Hintergrund hatten nun auch die anderen Schiffe Stellung bezogen und schwebten etwa auf meiner Höhe.
Einige von ihnen kamen mir seltsam vertraut vor und ich bildete mir sogar ein eines zu sehen, dass der Nautyca zum Verwechseln ähnlich sah.

Kurz darauf wurde die Laderampe des ersten Schiffes geöffnet und, ich traute meinen Augen kaum, Nathaniel trat aus dem Dunkel hervor und starrte mich aus blitzenden, hasserfüllten Augen an.
Er trug eine schlichte, schneeweiße Uniform ohne Verzierungen oder Abzeichen und hielt ebenfalls ein eindrucksvolles Schwert in seiner Hand, dass er auf mich richtete.

Ich wollte mich umdrehen und weglaufen, doch ich oder Jack bewegten uns keinen Meter. Stattdessen fixierten wir Nathaniel, hoben unser Schwert und nahmen seine Herausforderung an.
Es gelang mir, einen kurzen Blick nach hinten zu werfen und wieder erstarrte ich. Wir standen nicht alleine auf diesem Felsen, hinter uns befand sich eine riesige Flotte die es zahlenmäßig ohne Probleme mit den Schiffen von Nathaniel aufnehmen konnte. Einige standen am Boden, andere wiederum befanden sich in der Luft. Nur eines hatten sie alle gemeinsam: Geladene Kanonen.

Sie waren nicht so futuristisch wie die Ynaer'i Schiffe sondern wirkten alt und marode auf mich, teilweise nur notdürftig repariert und durch kaum mehr als etwas Metall und einige Schweißnähte zusammengehalten. Doch ihre Zahl schien in die Hunderte zu gehen.
Ich merkte wie ich den Mund öffnete und zu einem Geräusch ansetzte, dass anscheinend ein Kampfschrei werden sollte. Im gleichen Moment luden die Schiffe hinter mir ihre Bordwaffen durch und ich stürmte los, direkt auf Nathaniel zu.

Gerade als ich zum Sprung ansetzte wurde ich ruckartig wach und saß kerzengerade in meinem Bett. Keuchend und verschwitzt ließ ich mich zurück in meine Kissen sinken. Einen sich so real anfühlenden Traum hatte ich noch nie und ich fühlte mich erschöpft und ausgelaugt, als wäre ich mehrere Kilometer gerannt.

Meine Gedanken routierten. Was sollte das? Hatten die letzten Tage mich so sehr mitgekommen, dass ich noch nicht einmal mehr im Schlaf zur Ruhe kommen konnte? Sollte ich Nathaniel von diesem Traum erzählen oder würde er mich für vollkommen verrückt halten?

Warum hatte ich ausgerechnet von Jack geträumt – wieso zur Hölle war ich Jack? Ich wusste, dass ich auf diese Fragen in dieser Nacht keine Antworten mehr finden würde.
Weiterschlafen konnte ich wohl vergessen, ich könnte die Zeit auch nutzen, um mir am Thonator einen Kakao zu ordern und in die weiten des Alls zu schauen.

Ich stand auf, gab meine Bestellung auf und hielt nur einen kurzen Moment später eine heiße Tasse in der Hand, aus der es angenehm nach Schokolade roch.
Ich lief zurück zu meinem Bett, rückte ans Kopfende, lehnte mich an die Wand, zog die Knie an und stütze meine Arme auf ihnen ab. Darauf bedacht, keinen Kakao zu verschütten.
Dann drehte ich meinen Kopf zur Seite und schaute hinaus in die Ferne.

Viel erkennen konnte ich nicht, wir flogen viel zu schnell um Einzelheiten auszumachen. Helle Linien rasten an meinem Fenster vorbei und ab und an bildete ich mir ein, dunklere Stellen zwischen ihnen zu erkennen. Doch auch dies nie länger als Bruchteile von Sekunden.

Ich hob die Tasse zum Mund. Der Kakao war nun gerade so warm, dass man ihn trinken konnte ohne sich daran zu verbrennen.
Ein weiteres Mal faszinierte mich die Immortal. Nie in meinem Leben hatte ich so etwas köstliches getrunken. Das war nicht einfach eine heiße Schokolade, es war DIE heiße Schokolade überhaupt. Nicht zu süß, unglaublich cremig und mit einem Aroma, dass ich mir niemals hätte vorstellen können.
Es war zu gut um wahr zu sein. Wie alles auf der Immortal. Jeder weitere Schluck ließ die Vorfreude auf Asgeanus wachsen. Ich konnte unsere Ankunft kaum noch erwarten.

Nach einer Weile überkam mich schlussendlich doch die Müdigkeit. Ich stellte die Tasse zur Seite, rollte mich zusammen und beobachtete, wie die Sterne und Galaxien an mir vorbeirauschten. Irgendwann schlief ich ein.

...


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yes, sir, from Hanphone itself

Brother's great posts, good luck always in steemit business

Träume? Visionen? ;)

Kleiner Tippfehler:

Meine Gedanken routierten

Vermutlich rotierten sie ;)

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