"Ilumnia ~ Vermisst"//(34) Kapitel 4: Teil 12

in #deutsch6 years ago (edited)

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...

Vielleicht würde ein Bericht über Moshes und Sajits, hoffentlich erfolgreiches, Kugelballturnier ja dafür sorgen, dass noch mehr neue Mannschaften gegründet werden.
Insgeheim hoffte Moshe, dass er eines Tages als Kugelballtrainer arbeiten und die jungen Anwärter in diesem Spiel unterrichten konnte.
Für ihn war Kugelball mehr als nur ein Zeitvertreib.

Ja, dieses Spiel war beinahe eine Lebensphilosophie für ihn. Er konnte sich nicht vorstellen, ohne den Kugelball existieren zu müssen.
Er hatte das Wohngebäude Nummer drei erreicht und joggte hinauf in den dritten Stock. Die Treppen nutzte er gern für Konditionsübungen.
Fahrstühle waren für ihn tabu, da er jede Möglichkeit nutzen wollte, um seine Ausdauer zu stärken.

Oben angekommen steuerte er zuerst schnurstracks Arinas Tür an, schlug mit der Faust dagegen, so wie er es immer tat und rief.
"Rinchen, bist du zuhause?"
Von drinnen brummte es, er solle einen Moment warten. Offenbar musste sie sich erst etwas überziehen.
Hatte sie denn schon im Bett gelegen?

Ungeduldig trat Moshe von einem Fuß auf den Anderen. Sie sollte sich beeilen, er wollte gleich noch eine DVD ansehen. Er hatte den Mitschnitt des letztjährigen Kugelballspiels von seinem Sporttrainer bekommen.
Vielleicht konnte er sich ein paar gute Strategien abgucken?

Endlich sprang die Tür auf und Arinas Gesicht schob sich in sein Blickfeld.
"Na, fertig trainiert?"
Sie bedeutete ihm, hineinzukommen und sich in den rosaroten Sessel fallen zu lassen.
Wann immer Moshe in Arinas Zimmer war, überkam ihm das Gefühl, in einem übergroßen Puppenhaus zu sitzen. Hier war alles rosarot und mädchenhaft.
Selbst Arina.

Sie trug ein rosarotes Kleid mit weißer Spitze.
Die Dekoration des Zimmers vermittelte den Anschein, hier würde eine Barbiepuppe leben, nicht aber eine fast zwanzigjährige Asiatin. Selbst ihr Bettzeug war mit Hello Kitty Mustern bedruckt.
Moshe schüttelte es innerlich. Er konnte nicht nachvollziehen, wie man in diesem Babyparadies leben konnte.
Schon oft hatte er mit Arina darüber gesprochen. Es hatte einfach keinen Sinn. Sie verteidigte ihre pinke Leidenschaft vor jeglicher Kritik.

Man munkelte sogar, sie bewahre in der großen pinken Box neben dem Kleiderschrank eine große Sammlung an Barbiepuppen auf, mit denen sie heimlich spielte, wann immer keiner in der Nähe war.
Bisher konnte allerdings niemand die Existenz dieser Puppen beweisen. Dafür hatte die sonst so seriöse, erwachsen wirkende Arina schon gesorgt.

Es durfte sich grundsätzlich niemanden alleine in ihrem Raum aufhalten, was jegliche Möglichkeit zur Durchsuchung von vorneherein ausschloss.
Sie ließ sich auf das Sofa fallen und blickte ihn neugierig an.
"Nun, was gibt's?"
Dann nahm sie eine, auf dem Tisch stehende, Flasche Nagellack zur Hand und begann sich die Fingernägel zu lackieren.
In, wie konnte es anders sein, rosa.

Moshe konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Die Farbe ihre Nägel würde morgen ganz sicher wunderbar mit der Farbe ihrer Uniform harmonieren.
"Ich würde dich gern um einen Gefallen bitten. Das heißt, eigentlich wollten Sajit und ich dich darum bitten."
Arina hielt einen Moment inne und sah ihn an.

"Ach ja? Worum geht's denn? Ich trainiere ganz sicher nicht mit euch, wenn ihr das meint."
Sie wandte sich wieder ihren Nägeln zu und erwartete nebenbei seine Antwort.
"Nein, nein." Wehrte er sofort ab. "Wir wissen doch, wie sehr du unser Spiel magst."

Die Ironie aus diesem Satz war kaum zu überhören.
"Wir wollten dich nur fragen, ob du ein paar Fotos und Videoclips beim Wettkampf machen kannst. Also nur von uns natürlich. So für das Jahrbuch und als Erinnerung."
Arina lachte kurz auf.

"Ja klar. Kein Problem." verkündete sie strahlend. "Das hatte ich doch sowieso vor."
Sie schraubte das Fläschchen mit dem Lack zu und stellte es zurück auf den niedrigen Sofatisch. Dann wedelte sie mit den Händen, in der Hoffnung, die Farbe würde dadurch schneller trocken.

"Lety ist übrigens wieder da. Drüben in ihrem Zimmer. Allerdings schmollt sie. Der Counsellor hat ihr wohl eine ordentliche Predigt gehalten."

Erstaunt zog Moshe die Augenbrauen nach oben.
"Lety ist wieder da? Na das ist doch super. Dann kann sie uns ja beim Turnier auch anfeuern."
Einen Moment hielt er inne.
"Gibt es denn schon etwas Neues von Marcus?"

Arina zuckte mit den Schultern. "Ich weiß nicht genau. Allerdings formiert sich die Elite. Und ich habe Major Adrian vorhin aus deren Planungsgebäude kommen sehen. Es würde mich nicht wundern, wenn das
etwas mit Marcus zu tun hat. Ich hoffe, sie finden ihn bald, ein wenig fehlt er mir mittlerweile ja schon. Wir sind einfach nur zu fünft komplett. So als Quartett... Nein, da fehlt etwas."

Sie führte ihre Hände vor ihren Mund und begann, die Nägel trocken zu pusten.
Der Nachteil am Nagellack war, dass es, so schön es auch aussah, ewig dauerte, bis man wieder etwas anfassen konnte.
Es dauerte einfach viel zu lange, bis das Zeug trocken war und man sich keine unschönen Kanten mehr hineinschlug, wann immer man mit den Fingern aus Versehen irgendetwas berührte.

"Die Elite formiert sich? Na dann haben sie ihn sicher gefunden. Warum sonst, sollte Major Adrian dort gewesen sein?"
Moshe hoffte zwar ebenfalls auf Marcus baldige Rückkehr, jedoch war er gleichzeitig ein wenig traurig, dass seine Flucht wohl missglücken würde.
Er hatte es zwei Monate lang ausgehalten, aber es war von Anfang an vorauszusehen, dass sie ihn früher oder später zurückbringen würden.

Moshe verstand auch nicht, was Marcus damit bezwecken wollte. Natürlich, auch er würde ab und an auch gern unter gewöhnlichen Menschen leben und normalen Dingen nachgehen, anstatt hier in der Vereinigung in den unterschiedlichsten und abstraktesten Dingen ausgebildet zu werden, jedoch wusste er ganz genau, dass keiner von ihnen jemals ein normales Leben würde führen könnte und fürchtete, dass ihm die Langeweile andernfalls bereits nach wenigen Wochen um den Verstand bringen würde.

Sie waren einfach zu anders als alle anderen.
Ein weiterer Grund, weshalb Moshe niemals fliehen würde, war die Tatsache, dass es außerhalb der Vereinigung keinen Kugelball gab.
Der Sport war hier erfunden worden und wurde auch nur hier praktiziert.

Allein dies war Grund genug für ihn, sich seinem Schicksal hinzugeben und die Mitgliedschaft in der Vereinigung zu akzeptieren. Der Kugelball erleichterte den Alltag enorm.

"Naja, noch wissen wir ja gar nichts Genaues. Lass und erst mal abwarten. Vielleicht handelt es sich ja auch um einen ganz anderen Einsatz der Elite."
Vorsichtig berührte Arina mit dem kleinen Finger einen ihrer Nägel.
Mist. Immer noch nicht trocken.


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