"Ilumnia ~ Vermisst"//(19) Kapitel 3: Teil 4

in #deutsch6 years ago (edited)

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...

*

"Was hältst du davon, wenn wir uns raus in den Park setzen? Jetzt sollte es nicht mehr ganz so heiß sein."
Arina hatte ihre leer gegessenen Eisbecher zurück zur Geschirrabgabe gebracht und stand nun aufbruchbereit vor Leticia.
"Oder wir schauen, ob die Jungs immer noch Kugelball spielen."

"Ich bin für den Park."
Leticia stand auf und ging in Richtung der Glastür, durch die man in den begrünten Innenhof gelang.
Jetzt noch bis zum Kugelballfeld laufen wollte sie nicht. Sie war pappsatt und würde sich am liebsten einfach irgendwo hinsetzen und die angenehmen, sinkenden Temperaturen genießen.
Selbst hier in der Wüste konnte man es sich mit Freunden in der Sonne gemütlich machen. Allerdings nur gegen Abend, sobald die Hitze nicht mehr so erdrückend war und die Rasensprinkleranlagen abgeschaltet wurden.

Tagsüber war es hier draußen zu heiß und zu nass zum Sitzen. Am frühen Abend jedoch, strömten alle hinaus in die Parkanlagen. Manche machten hier draußen ihre Hausaufgaben, andere lasen Bücher, spielen Ball mit ihren Freunden oder saßen einfach in Grüppchen zusammen und unterhielten sich über den Tag.
Um diese Zeit war es oft nicht leicht, hier noch eine freie Stelle zu ergattern. Doch sie hatten Glück.

Leticia hatte ein schönes, halb sonniges, halb schattiges Plätzchen neben einem der großen Mammutbäume entdeckt. Zielstrebig ging sie darauf zu und beschleunigte ihre Schritte, als sie sah, dass eine Gruppe Anwärter ebenfalls darauf zuhielt.
Sie erreichte den Platz als Erste und die Anwärter stockten, als sie sie erkannten, verbeugten sich und wichen ehrfürchtig zurück.
Eigentlich hasste Leticia diese Prozedur. Die meisten der jungen Anwärter verhielten sich so. Selbst unter den Rekruten kam dies immer wieder vor. Obwohl sie, wann immer dies geschah, sofort verlangte, dass damit aufgehört wurde und man sie normal behandelte.

Sie hatte einige gute Freunde unter den Rekruten und genoss es, auch mit einigen normalen Mitgliedern gelegentlich Dinge unternehmen zu können. Die meiste Zeit verbrachte sie zwar mit Arina, Marcus, Moshe und Sajit, aber gelegentlich brauchte sie Abstand zu ihnen.
Jeder der Fünf war in einem Gebiet besonders talentiert oder hatte Fähigkeiten, die die Kräfte der anderen Vereinigungsmitglieder bei Weitem überstiegen.

Marcus mit seinen Zeitreisen, Arina konnte teleportieren, Sajit Gedanken lesen und Moshe gelang es unter gewissen Voraussetzungen, in die Zukunft sehen.
Sie selbst beherrschte die Fähigkeit, die Elemente zu manipulieren. Klar, keiner von ihnen war perfekt im Umgang mit seiner Begabung, die Wenigsten konnten sie bisher überhaupt steuern.
Abgesehen von Arina.
Sie konnte hin und her teleportieren, wie sie es gerade wollte.

Manchmal war Leticia neidisch auf Arina. Ihr bereitete es offensichtlich gar keine Schwierigkeiten, ihre Teleportationen zu kontrollieren.
Schon oft genug hatte sie sie um Rat gefragt, aber Arina wusste leider selbst auch nicht, wie sie es hinbekam. Sie tat es einfach.
Leticia hingegen passierte es des Öfteren, dass sie ihre Fähigkeit völlig ungewollt aktivierte.

Beim letzten Mal saß sie gerade in der Badewanne und las ein Buch, als das Wasser plötzlich anfing auf und ab zu schweben, sich letztendlich in einer großen Blase an der Zimmerdecke über der Badewanne sammelte und Leticia in einer trockenen Wanne saß.
Bevor sie irgendetwas dagegen hätte tun können platzte die Wasserblase und der gesamte Inhalt der Badewanne ergoss sich über sie.
Ihr Buch triefte vor Nässe, ihre Frisur war ruiniert und das Badezimmer stand unter Wasser.
Dabei hatte sie nicht den Hauch einer Ahnung, wie es passieren konnte. Marcus ging es ganz ähnlich. Er konnte zwar bestimmen wann er eine Zeitreise beenden, nicht aber wann er einen Zeitsprung machen wollte.
Auch das war im Alltag eher lästig als hilfreich.

Sajit und Moshe hatten es da weitaus leichter.
Das Einzige was ihnen gelegentlich passierte war, dass Moshe entweder ungewollt die Gedanken von an ihm vorbeigehenden Leuten auffing, was ihn zwar gelegentlich störte, aber nicht weiter beeinträchtigte oder dass Sajit ab und an Zukunftsvisionen bekam, ohne sie zu wollen.
Meist handelte es sich dabei jedoch nur belangloses Zeug. In der Regel sah er nur Dinge wie etwa eine grüne Ampel, die in einigen Minuten auf rot schalten würde oder das Wetter vom nächsten Tag. Wirklich viel konnte er damit leider auch noch nicht anfangen.

Die Vereinigung vertrat dennoch die Ansicht, dass es nicht mehr lange dauern würde, bis alle Fünf lernten, ihre Kräfte bewusst und zielgerichtet einzusetzen.
Arina konnte immerhin auch nicht von Anfang an perfekt teleportieren.
Früher passierte es ihr ab und zu, dass sie ungewollt von einem Ort zum Anderen teleportierte und sich nicht selten plötzlich in einem vollkommen fremden Zimmer wiederfand.
Bei ihr hatten sich diese Störungen glücklicherweise schnell wieder gelegt und bereits wenig später hatte sie die Technik, ihre Teleportationen zu steuern, herausgefunden.

Die Vereinigung hatte vor Kurzem angefangen, spezielle Stundenpläne und Übungseinheiten für alle Fünf zu erstellen.
Leider wusste bisher keiner wie er ihnen beibringen sollte ihre Kräfte zu kontrollieren, da sie in dieser Hinsicht absolut einzigartig waren.
Keiner der Ausbilder beherrschte derartige Dinge und konnte sie daher diesbezüglich kaum anleiten.

Leticia ließ sich zufrieden auf die angenehm kühle Wiese fallen. Die Bewässerungsanlagen waren bereits seit beinahe einer Stunde abgeschaltet, aber das Gras war noch immer angenehm frisch, jedoch zum Glück nicht mehr feucht.
Auch Arina ließ sich auf den Rasen sinken und lehnte den Rücken an den Stamm des mächtigen Mammutbaumes.
Hier konnte man es aushalten.

Dann wandte sie sich an Leticia. "Du Lety, wieso findest du es hier eigentlich so schlimm? Guck dich doch mal um, es ist doch eigentlich alles ganz nett. Meinst du nicht?"
Sie hoffte, dass Leticia nicht gleich wieder einen Streit vom Zaun brechen würde. Doch dafür war diese ohnehin zu satt.
Sie hatte keine Lust auf Stress, deshalb hielt sie sich zurück. Auch wenn ihr dies bei dem Thema nicht leicht fiel.

"Ari... Du kennst meine Meinung doch, wie oft muss ich es dir noch erklären? Es passt mir einfach nicht, dass wir auf ewig hier draußen in der Prärie sitzen müssen. Am Tag kann man kein Fenster öffnen, am Abend sind die Wiesen überfüllt und man kann diesen Knast nicht ohne Auftrag oder Aufsichtsperson verlassen.
Was darf man denn hier schon? Man muss sich den ganzen Tag über an Regeln halten, bekommt alles vorgeschrieben, darf weder in den Urlaub fahren, noch Freunde außerhalb der Vereinigung haben und am Allerwenigsten darf man seine eigene Meinung haben." Sie grunzte.

Damit was das Thema für sie beendet. Nicht zum ersten Mal versuchte Arina, ihr die "schönen" Seiten der Vereinigung aufzuschwatzen. Sie lehnte sich zurück, legte sich auf den Rasen und betrachtete den wolkenlosen, strahlend blauen Himmel.
Nicht einmal Kondensstreifen konnte man dank des Flugverbotes von hieraus sehen.
Wolken gab es selten. Ebenso wie Regen.
Gelegentlich verdunkelte sich der Himmel zu einem Unwetter, doch kam dies so selten vor, dass Leticia sich in ihrem ganzen Leben hier in der Wüste nur an ein einziges Gewitter erinnern konnte. Und auch das lag bereits mehrere Jahre zurück.

Als sie die Augen schließen und vor sich hin dösen wollten, kam ein junger Anwärter eilig auf sie zu gerannt und rief schon von Weitem.
"Fräulein Leticia! Der Counsellor verlangt nach ihnen! Bitte beeilen sie sich, sicher ist es wichtig."
Stolpernd kam der Junge vor ihr zum Stehen und strich sich unbeholfen eine Haarsträhne aus dem Gesicht, dann wiederholte er die zu überbringende Nachricht.

Dass Anwärter als Boten hin und her geschickt wurden war etwas vollkommen Normales. Die meisten Ausbilder bedienten sich der Anwärter, wenn sie eine bestimmte Person holen lassen oder eine Mitteilung überbringen wollten.
Sicher war es auch einer der Ausbilder, der dem Kleinen die Aufgabe übertragen hatte, sie, Leticia, zum Counsellor zu bestellen. Sie nickte dem Kind widerwillig zu und entließ es damit zurück in die Freizeit.

Ob sie wollte oder nicht, das Gespräch mit dem Counsellor musste ohnehin geführt werden. Je eher sie es hinter sich hatte desto besser.

...


PrologKapitel 3
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