Debunk-Donnerstag – Verfickt Intelligent

in #de-stem6 years ago

Also gut, ihr Hurensöhne. Schnallt euch an. Das wird ziemlich abgefuckt. Wir sind dabei herauszufinden, ob einer von euch Idioten wirklich intelligenter ist als all die anderen Schwachköpfe. Wie machen wir das? Easy. Mehrere Websites berichteten vor einiger Zeit, dass Menschen, die intelligenter sind, dazu neigen, häufiger Schimpfwörter zu verwenden.
Also, wenn ich euch beleidige, ist das nur ein Zeichen meiner unfassbar überlegenen Intelligenz. Kein Grund traurig zu sein, Sonnenschein.

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Verdammte Wichser

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Offensichtlich brauche ich eure Hilfe nicht, um ein weiteres Thema zum Debunken zu finden. Das liegt vor allem an einem sehr offensichtlichen Grund: Ich bin einfach nur verfickt intelligent.
Gestern hat mich mein Facebook-Newsfeed auf ein weiteres Juwel aufmerksam gemacht. Ein Artikel(1), der fast ein Jahr alt war und eine Verbindung zwischen höherer Intelligenz und häufigerem Fluchen herstellte. Da ich mich selbstverständlich als ein intellektuell überlegenes Wesen betrachte, das ebenfalls nahezu die ganze Zeit flucht, war ich fasziniert.
Bedeutete dies, dass es tatsächlich solide Forschungsergebnisse gab, die mein asoziales Verhalten untermauerten? Das wäre verfickt nochmal fantastisch! Wann immer die Leute anfingen, sich zu beschweren, konnte ich ihnen jetzt einfach sagen, dass ich meine immensen intellektuellen Fähigkeiten zum Ausdruck bringen musste. Jackpot.

Es gab nur ein Problem mit diesem Scheißartikel. Er berichtete über eine ominöse Studie, die von der Universität Rochester durchgeführt wurde - ohne sie zu verlinken. AAAAAAAAAAAAAHHHHH!
Dämliche, ungebildete Scheißkerle. Also musste ich einige Zeit damit verbringen, diese Studie zu finden - was mir nicht gelang. @sooflauschig hat das glücklicherweise für mich übernommen. Besten Dank dafür!
Warum sind "Wissenschaftsjournalisten" so unglaublich behindert?


Ich hasse Menschen

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Wenn du etwas richtig gemacht haben will - dann mach es selbst. Dies gilt insbesondere für Nachrichtenartikel über wissenschaftliche Forschung. Anscheinend fehlt den Journalisten ein spezielles Gen, das sie daran hindert, tatsächlich zu recherchieren, BEVOR sie ein weiteres nutzloses Stück Scheiße veröffentlichen.
Zumindest verlinkte der Autor zu einer anderen Studie(2)....
Die er natürlich weder gelesen noch verstanden hat.
Sonst hätte er nicht geschrieben, dass Menschen, die in einer Minute am meisten fluchen können, auch höhere Werte bei IQ-Tests erreichen. Darum ging es in der Studie NICHT.
Bitte, erschießt mich endlich.

Immerhin bin ich hier, um euch aufzuklären.
Wie man dem Titel entnehmen kann, untersuchte die Studie, ob es einen Zusammenhang zwischen erhöhtem Fluchen und poverty of vocabulary (POV) gibt.
Die Grundidee hinter diesem Konzept ist, dass Menschen, die Schimpfwörter verwenden, im Allgemeinen wenig Redegewandtheit haben - was als ein Zeichen von weniger Intelligenz gesehen werden kann (3).
Offensichtlich können Menschen allerdings, egal ob sie Schimpfwörter benutzen oder nicht, zurückgeblieben sein.

Um zu beurteilen, ob die POV-Hypothese stimmt oder nicht, führten die Forscher drei verschiedene Studien durch. Ihr Argument war, dass es keine spezielle Art von POV gibt, die mit der häufigen Verwendung von Schimpfwörtern korreliert.
Und, es war keine Überraschung, die POV-Hypothese ist Unsinn und kann als Mythos abgetan werden. Menschen, die Anzeichen einer hohen Sprachkompetenz zeigten, konnten auch eine hohe Eloquenz hinsichtlich ihres Schimpfwortgebrauchs aufweisen.
Aber um es klarzustellen: Ihr seid weder intelligenter, weil ihr flucht, noch flucht ihr häufiger wegen höherer intellektueller Fähigkeiten - es bedeutet nur, dass euer allgemeines Sprachniveau ziemlich hoch ist. Wer eloquenter ist, kann sich besser ausdrücken, also auch nuancierter und häufiger Schimpfwörter verwenden.
Aber einmal ein Idiot, immer ein Idiot. Ihr werdet nicht plötzlich der nächste Elon Musk, nur weil ihr anfangt zu fluchen wie Gordon Ramsay - sorry, du Bastard.
Und es bedeutet auch nicht, dass euer freundlicher Nachbarschaftsmathematiker tatsächlich ein hirntoter Idiot ist, weil er euch nicht ständig beleidigt, wenn ihr keine vernünftigen Argumente habt und nicht in der Lage seid, kein Depp zu sein.


Schwachköpfe, überall Schwachköpfe

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Es ist interessant zu sehen, dass die verfügbare Forschung zu diesem speziellen Thema eigentlich nicht so umfangreich ist, wie man vermuten würde. Vor allem angesichts der immensen Presseberichterstattung über die oben beschriebenen Ergebnisse.
Persönlich denke ich, dass dies hauptsächlich durch ein seltsames Bedürfnis nach Rechtfertigung und Einzigartigkeit erklärt werden kann. Die meisten Menschen wollen etwas Besonderes sein. Sie wollen sich individuell fühlen. Wenn ihnen also jemand sagt, dass eine erhöhte Fluchhäufigkeit ein gültiger Indikator für höhere Intelligenz ist, springen sie sofort auf den Hype-Train - wie die hirntoten Zombies, die sie tatsächlich sind.

Alles zu glauben, was man in einer Zeitung liest, geschrieben von einem geistig behinderten "Wissenschaftsjournalisten", ist in der Regel kein Zeichen überlegener intellektueller Fähigkeiten. Ganz im Gegenteil. Es beweist nur das Bedürfnis nach Aufmerksamkeit und das starke Verlangen nach einem Stück Hoffnung, dass man doch etwas Besonderes sein könnte.
Das seid ihr höchstwahrscheinlich nicht.
Es ist viel realistischer, dass ihr nur ein weiteres Opfer von zu viel Selbstvertrauen seid. Das Hauptproblem bei inkompetenten Menschen ist - sie sind nicht in der Lage, ihre Inkompetenz zu erkennen, wie Dunning und Kruger es vor fast zwanzig Jahren bekanntermaßen gesagt haben (4).
Dumme Menschen können nicht über ihre eigene Dummheit nachdenken - sonst wären sie nicht dumm. Egal wie oft sie Geschehnisse erleben, die ihre Inkompetenz immer wieder unter Beweis stellen, sie werden sich immer noch als hoch qualifizierte Menschen betrachten. Harry Stack Sullivan schrieb, ziemlich fasziniert könnte man sagen, über dieses Thema vor mehr als einem halben Jahrhundert in Conceptions of modern psychiatry(5):

Das Scheitern des Lernprozesses, das ihre Fähigkeit zu fantastischen, egozentrischen Wahnvorstellungen so völlig unbeeinflusst von einer lebenslangen Geschichte von lehrreichen Ereignissen gelassen hat.

Wenn ihr euch jemals mit jemandem gestritten habt, der deutlich unter euren eigenen intellektuellen Fähigkeiten lag, werdet ihr das nur allzu gut verstehen. Es spielt keine Rolle, wie gut eure Argumente sind, wie viel Gegenbeweise ihr vorbringt - sie können es einfach nicht verstehen, aber sie werden trotzdem denken, dass ihr derjenige seid, der falsch liegt und nicht weiß, wovon er spricht.
In Anbetracht dessen habe ich eine wichtige Lektion für euch:

Diskutiere nie mit Idioten - sie werden dich auf ihr intellektuelles Niveau herunterziehen und dich einfach mit Erfahrung schlagen.


Fühlt euch jederzeit frei, meine Ideen zu diskutieren und eure Gedanken über die Dinge, die ich thematisiere, zu teilen. Niemand ist allwissend und wenn wir alle ein bisschen klüger als zuvor daraus hervorgehen, werden wir eine Menge erreicht haben.
Danke fürs Lesen und bleibt skeptisch.

@egotheist


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Falls ihr euch für Wissenschaft begeistern könnt, dann schaut unbedingt unter #steemstem bzw. #de-stem vorbei.


Quellen

(1)https://www.independent.co.uk/life-style/health-and-families/swearing-study-intelligent-intelligence-university-of-rochester-a7916516.html
(2) Jay, Kristin L.; Jay, Timothy B. Taboo word fluency and knowledge of slurs and general pejoratives: deconstructing the poverty-of-vocabulary myth. Language Sciences 52 (2015) 251–259
(3) O’Connor, J., 2000. Cuss Control: The Complete Book on How to Curb Your Cursing. Three Rivers Press, New York.
(4) Kruger, Justin; Dunning, David (1999). "Unskilled and Unaware of It: How Difficulties in Recognizing One's Own Incompetence Lead to Inflated Self-Assessments". Journal of Personality and Social Psychology. American Psychological Association. 77 (6): 1121–1134.
(5) Sullivan, H. S. (1953). Conceptions of modern psychiatry. New York: Norton.


Debunk-Donnerstag

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Gutes Mythbusting as usual.

Es spielt keine Rolle, wie gut eure Argumente sind, wie viel Gegenbeweise ihr vorbringt - sie können es einfach nicht verstehen, aber sie werden trotzdem denken, dass ihr derjenige seid, der falsch liegt und nicht weiß, wovon er spricht.

Darin liegt natürlich auch eine Gefahr: Und zwar die, die Unzulänglichkeit der eigenen Argumente zu erkennen, weil man fest überzeugt ist, der andere wüsste nicht, von was er rede, und wäre ohnehin niemals so intelligent wie man selbst.
Oder anders ausgedrückt: Der Spieß lässt sich umdrehen, wenn man nicht aufpasst, und nicht selbstreflexiv bleibt. Was der Fluch der Intelligenz ist: Man zweifelt sein eigenes Wissen permanent an (muss man, sonst ist man nicht intelligent), und wirkt dadurch oft nicht so überzeugend wie ein Idiot, der sein Halbwissen mit der vollen Inbrunst der Überzeugung verkünden kann.

Dass Intelligenz hinreichend ist für Selbstreflexion halte ich für diskutabel.

Das stimmt natürlich.

Yep, sehe ich ganz ähnlich. Eine meiner größten Ängste ist tatsächlich, dass ich eines Tages völlig borniert werde und nicht mehr fähig bin, auch nur ein Stück weit meine eigenen Überzeugungen zu reflektieren. An diesem Punkt stagniert man nur noch und entwickelt sich nicht mehr weiter.

Das ist natürlich in der Regel wesentlich einfacher, wenn es um "harte" Fakten v.a. im naturwissenschaftlichen Bereich geht. Sobald es sich allerdings um Dinge wie z.B. politische Überzeugungen dreht, wird das schon ungleich schwieriger, da es um wesentlich komplexere Phänomene geht. Noch ein Grund mehr, warum ich auf eine Super-AI warte, die mir abseits von 42 die Antworten auf das Sein, das Universum und den ganzen Rest gibt.

So schwierig, das Leben. ;-)
Aber ich glaube wenn mir ein Computer die Antwort ausspucken würde, wäre ich auch nicht zufrieden.

Na super, auf diese Studie hatte ich mich mal berufen in einem Fun Fact Artikel. Danke fürs zerstören :P Dann waren die anderen 3 Fakten wahrscheinlich auch Blödsinn.

Hier:
https://steemit.com/deutsch/@derbesserwisser/funfakt-s-intelligenz

Falls du noch was zerstören willst ;-)

LG

Das große Problem ist eben mal wieder, dass die meisten Leute hier Korrelation mit Kausalität verwechseln. Das kann man sooft wie man will wiederholen - sie verstehen es einfach nicht.

Alles zu glauben, was man in einer Zeitung liest, geschrieben von einem geistig behinderten "Wissenschaftsjournalisten", ist in der Regel kein Zeichen überlegener intellektueller Fähigkeiten.

Genau, ich habe die Vermutung, das jene die bei jeder Gelegenheit am lautesten "SCIENCE!" rufen, auch diejenigen sind, die wissenschaftliche Erkenntnisse sofort als "unwissenschaftlich" abtun, wenn sie ihnen nicht ins Weltbild passen. Aber ja, Einbildung ist bekanntlich auch eine Bildung, für manche leider die Einzige.

Ja, das ist tatsächlich problematisch. Man kann das z.B. sehr toll bei "grünen" oder gesundheitlichen Themen sehen:
Wenn Forschung dazu veröffentlicht wird, dass X krebserregend sein KÖNNTE, dann wird sich mit hysterischer Euphorie darauf gestürzt - während die restlichen Studien, die das nicht so sehen, einfach ignoriert werden. Das ist eine überaus bedenkliche Verhaltensweise.

Sehr erheiternder Artikel. Auch ich fluche gerne, oft und häufig (noch dazu in drei Sprachen gemischt wenn ich richtig in Fahrt bin). Den besagten FB-Post habe ich auch zwischendurch als Vorwand benutzt, allerdings dann schnell wieder sein lassen. Hauptgrund dafür war, dass plötzlich alle gemeint haben diesen als Vorwand verwenden zu können, um sich besch***n aufzuführen. Irgendwann muss man dann vor der Dummheit anderer einfach kapitulieren.

Vielen Dank auch für den Link zur richtigen Studie. Meine Abendlektüre steht somit schon mal fest!

Das ist eben so häufig das eigentliche Problem: Leute lesen irgendeine tolle Headline und denken dann "Na, wenn das die Wissenschaft sagt, muss es wohl stimmen" - ohne überhaupt ein grundlegendes Verständnis davon zu haben, wie Forschung überhaupt abläuft.
Das trage ich ihnen noch nicht einmal nach, ich sehe da eher die Medien in ihrer Gatekeeper-Funktion in der Verantwortung, solche Ergebnisse im richtigen Kontext darzustellen.

Bei den Medien sucht man Verantwortung heute mehr denn je vergeblich...

Was für ein herrlicher Artikel. Hat mir sehr gefallen und mich fürs Wochenende erheitert eingestimmt. Gleich mal schauen, was Du noch so veröffentlicht hast. Mein Follower ist Dir schon mal sicher :).

Freut mich zu hören, danke :)

Mist. Ich hab schon immer geflucht.
Da sind die Serben allerdings unschlagbar in dem Genre.

Da ich mittlerweile ein paar Serben kenne, kann ich das ganz gut bestätigen :D

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Von Napoleon sagt man, daß er einer der intelligentesten Köpfe aller Zeiten war und er nannte seinen Außenminister einen Haufen Scheiße in Seidenstrümpfen .. nicht daß das nicht gestimmt hätte, aber es war eben nicht so ganz die angestammte Hofsprache .. vielleicht verweigert Intelligenz einfach die Lüge, sich zu verstellen, wo es gar nicht angebracht ist - Schimpfwörter sind doch zumeist die direkteste und ehrlichste Bezeichnung, die von ALLEN Bildungsschichten verstanden wird - scheiß intelligentes Zeug halt ...

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