Land der großen, weißen Wolke – VI

in #deutsch7 years ago (edited)

XXX-Hinter-den-Deichen.JPG

Habe ich schon die Geschichte erzählt, wie Pieter und ich Olav zum Grinsen gebracht haben? Selbst wenn. Ihr wollt sie wieder lesen.

Wir zwei Silberrücken hatten ebenfalls eine besondere Verbindung. Schon immer. Von den Siebzigern an, als er und meine Schwester sich gefunden hatten, waren wir Freunde. Die Verbindung war nicht so abgefahren metaphysisch, wie die zwischen meiner Schwester und mir. Knall rein ins Hirn und du weißt immer erst hinterher, was vorher Schräges gelaufen ist, weil du zwischendurch vielleicht nicht ganz anwesend warst. So war es nicht, sondern eher unspektakulär. Aber genau so tief in der Verbindung. Wir konnten Stunden lang irgend wo sitzen und einfach nichts tun. Wobei Pieter hervorragend darin war, die Atmosphäre mit den angemessenen Annehmlichkeiten materieller Art anzureichern. Sei es auch nur die Auswahl eines Platzes gewesen, an dem wir uns niedergelassen haben, Pieter hat die möglichen aller anliegenden Parameter gecheckt und verlässlich voll ausgeschöpft. Mein Schwager war, neben all seinen unglaublichen Fähigkeiten ein Detektor für gute Orte, an denen irgend etwas Ungewöhliches gelaufen ist. Es ist eine Gnade, mit ihm unterwegs gewesen zu sein.

Reise nach XXX

Eines Tages sind wir mit seinen großen Jungs nach Amsterdam gefahren. Es war ein herrlicher Sommer. Jeder hatte ein Mädel dabei, außer den beiden Silberrücken natürlich, und schon die Versammlung zur Abfahrt in Mannheim war einziges Vergnügen. Es duftete nach Maiglöcken, ich wählte Patchouli, aus dem Flat drang unablässig L.T. Bukem* - Logical Progression Overall, melodiös klimperten Armreifen an nimmer müden, zarten Gelenken, neben der Musik. Mädchenlachen – eine Atmosphäre wunderbar und wie immer, war die Reise dort hin schon ein Erlebnis, das niemand missen will. XXX war wie im Fluge erreicht.

Das Quartier

Quartier wurde tief im Herzen der Grachten bezogen, in der Wohnung eines Großcousins der Amsterdamer Linie. Der längst adulte Spross befand sich gerade auf Weltreise. Onkel Goudard war zum Abendessen geladen und Pieters süße Kusine war ebenfalls angesagt. Es versprach, ein schöner Abend zu werden. Wir brachten das Gepäck hoch. Steile Treppen direkt hinter der Haustüre, haben in Amsterdam System. Oben, durch lange Gänge und verschiedene Türen hindurch, bis tief in das Herz der Hinterhöfe hinein führte der Weg. Wo sich eine stattliche Wohnung mit mehreren Zimmern, Wohnküche, Bad und Klo befand. Gepflegt und alles schier, solides Amsterdamer Großbürgertum, das so dezent und unaufdringlich daher kommt, wie wunderbar warm wirkt. Pieter und ich legten das Gepäck ab, machten uns frisch, der Wagen stand vor der Tür und wir hatten gleichzeitig entschieden, dass die Silberrücken sofort wieder gehen. Tschüß Kinder.

Ankommen

Wir fuhren zum Bahnhof. Hinter der Central Station geht es direkt auf die Fähre, rüber zur anderen Seite mit den großen Hallen und weiten Flächen. Von dort haben wir über grünes Land und offenes Wasser hinweg auf die Stadt geschaut. Es war herrlich ruhig nach dem Dröhnen der Autobahn, man konnte Amsterdam in Einzelheiten hören und so blieben wir für eine Stunde sitzen und hatten nicht viel zu Reden. Ich staunte über das Fremde, was dort drüben so nah und auch vertraut erschien. Irgendwann meinte einer von uns: „Lass uns Party machen. Die Mädels haben so süß geduftet.“ Das hätte jeder von uns gewesen sein können und sofort kehrte wieder Leben in die Geschichte. Ein breites Grinsen, der Neunsitzer wurde gestartet, oben summte das Schiebedach und wir blubberten zurück auf die andere Seite, kurvten um Grachten herum, über sie hinweg, bis wir wieder zuhause waren.

Entspannen

Mitten in der Altstadt von XXX an der Gracht einen Parkplatz vor dem Treppenhaus zu besitzen, von dem du Schlüssel hast, ist ein Privilleg. Wir stiegen aus, unsere Jungs lungerten gelangweilt an der Haustüre herum, ein Mädel verließ sie gerade klimpernd, da haben wir uns an die Gracht gesetzt und die Beine baumeln lassen. Eine Gitarre stimmte das Leben noch schöner und man glaubt es nicht, wie herrlich ruhig es mitten in dieser quirligen Stadt sein kann. Glocken schlugen die Stunde. Vögel sprangen in den Bäumen und pickten auf dem schwarzen Pflaster. Sie flatterten klatschend in den Zweigen, um sogleich über das träge Wasser hinweg zu gleiten und ein Schimpfen über den Graben zu schicken. Ein paar Blätter bewegten sich leicht auf seiner wie Öl liegenden Spiegelfläche, da ward auch schon einer der Neffen ausgesandt.

Heinzelmännchen

Keine fünf Minuten später hatten wir ein eisgekühltes Bier in der Hand, was auch genau so weiter ging. Ich musste überhaupt nichts tun außer „Ja, bitte gerne“ und „Danke“ sagen. Pieter hatte seine Jungs so dermaßen gut im Griff. Es war ein reines Geben und Nehmen und ich habe die Haare auf seinem Rücken gesehen. Faire Sache. Die Aufgabenbereiche waren klar verteilt, den Rest handelten die Jungs untereinander aus. Wer, was, wann zu tun hatte, darum musste Pieter sich nicht mehr kümmern und ich schon gar nicht. Ein Schein wechselte den Besitzer und noch einer. Den Rest hat niemand je wieder gesehen. Ein leichtes Amstel tut dir nichts an. Das nächste Bier war auch verträglich und die Kinder gesellten sich zu den Alten, die Beine baumeln lassen. Wir hatten eine leichte Zeit, damals am Rande der Gracht. Nela war zuhause und in den besten Händen.

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Terrasse auf der Gracht, von der Brücke aus gesehen. Damals war das Café in Betrieb und um uns herum tobte der Tourismus.

Abenteuer

Irgendwann waren wir all der leichten Muse müde. Wir wollten etwas erleben, haben uns verabschiedet, nicht ohne dass Pieter das Abendessen angestoßen hätte. Sushi. Dann sind wir über ein paar Brücken gegangen und standen auch schon mitten im Trubel des touristischen Innenlebens von XXX. Weil uns das zuviel war, haben wir in all dem Trubel einen Platz gesucht, an dem es eben so entspannt laufen würde, wie gerade an Rande der Gracht und auch davor. Da sind wir auf eine Brücke gegangen und haben Umschau gehalten und ihn sofort gesehen. Direkt gegenüber, dazwischen ein wahrer Grachtsee, haben wir die Terrasse entdeckt. Niemand hat irgendwas gesagt, wir schauten uns an und sind sofort hin gegangen. Damals stand dort keine Kloschüssel. Links, im Vordergrund, hinter dem Geländer lief die Außenanlage eines Gastronomiebetriebes auf höchsten Touren. Die Terrasse lag in der Sonne eben genau so, wie auf den Fotos und sie war, wie ein Wunder, menschenleer.

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Olav

Dort in der Sonne sitzend, entdeckst du Olav und was der mit der ganzen Geschichte zu tun hat, willst du ganz bestimmt auch noch lesen. Bis dahin passierte aber noch die Geschichte mit den zwei Belgierinnen, dem Jesus–Bird, einem schnittigen Motorboot auf dem Canale Grande und dem Touristenschiff. Habe ich das nicht schon längst erzählt? Wer will das überhaupt lesen? Oder die Sache, wo der Neffe am E–Piano zum Caruso wurde und jeder hat an ihn geglaubt. Wollt ihr so etwas lesen? Es gab ein sehr gutes und besonderes Sushi, nachdem der Onkel eingetroffen war. Pieters Kusine ist auch gekommen.

Titelfoto: Dünen Hinterland, Holland. Ort weiß ich nicht mehr. Ich habe aber noch mehr Fotos von dieser Gegend. Vielleicht will sie jemand erkennen.

Die XXX–Bilder stammen von einem herbstlichen Besuch zusammen mit Elke und unserem Jüngsten, Simon. Wir kamen aus Zandvoord. Apache hieß dort der Coffeeshop. Das war 2008.


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Just a Frog in the STEEM of whales.

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In dieser Reihe ist bisher erschienen: Land der großen, weißen Wolke I, II, III, IV und V.

Awards

Meinen geheimnisvollen Award für diesen Artikel nehme ich dankbar entgegen. Die ersten Voter dieses Artikels waren in der Reihenfolge:

@afrog @thedeplorable1 @Erde @Feuer @Wasser @einwandfrei @Luft @und @fyrstikken.
Ich denke, thedeplorable1 ist irgendwie dazwischen gerutscht. Im Timing. Ja, das ist seltsam! Der Avatar heißt @und!

Sort:  

wunderbare Gedichte. Ich entspannte bereits beim Lesen. Bin gespannt auf die Geschichte mit Olav bzw wie es damit weitergeht. :)

Danke @sumsum. Schön, dich auch mal wieder deutsch schreiben zu sehen. Du bekommst den Olav.

@afrog so it's a poem? I didn't understand but I read sumsum's comment but I wonder what about
I upped cause you toured me there :D
good night.. you're staying up arent you?

Dear @englishtchrivy, as you are going to be a true friend of sophisticated locust–ribbits, I like to explain it to you, my fair lady, because frogs are real fans of these on two legs falling walkers. If you don't hit them by rubber tires to flatten their whole being. My ribbits are poems in every case. As you read my froggish writings by opened eyes you will see, my sentences are rimes by routine. They are very long. Sometimes as long as a whole posting and the fitting words, to make it a rime will often come in the next posting. @sumsum as a writer and a poet too is able to recognize the overall fitting iambic pentameter. You and me, we still have to study the theory.
I have to admit every genesis of my poems happens just by chance.

great work! :)

Thanks a lot, @mars9.

Herrlich geschrieben wieder! #German-trail qualifiziert ob Du magst oder nicht :-)

Vielen Dank Uwe. Wenn ich nur endlich wüsste, was es bedeutet sich für den #German-trail zu qualifizieren. Lieber @uwelang, ich muss gestehen, bei aller interessierter Steem–Forschung, das Thema hat sich mir bisher noch nicht erschlossen was mir jetzt wirklich leid tut, weil es offensichtlich deine Aufgabe ist, den Trail zu pflegen. Ich bin aber sicher, dass du mich und all die anderen, neugierigen Newbies bald darüber in Kenntnis setzen wirst.

Ist nicht so einfach vor allem Da Du Streemian account brauchst plus OpenLedger, ist man erst mal drin geht das, ich versuche meine Bestes um Posts in meinen Kategorien zu pushen #Deutsch #German #Beer #History - final Entscheiden die #Steemtrail Betreiber wer die Stimmen aller Trailer bekommt :-)

Ich bin kein Freund von Bots. Ich drohe nur damit, einer zu werden.

Resteemed :-)

Danke, lieber @lichtblick. Für so liebe Menschen schreibe ich selbst in solch steemlosen Zeiten seitenweise Romane.

Sehr gerne @afrog. Wenigstens kann ich dir einen 100% upvote mit einem Cent wiedergeben :-)

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