Alles zweifelhafte muss angezweifelt werden.
Lange Zeit habe ich nicht verstanden, was Kant mit „Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit“ [1] meinte. Erfreulicherweise habe ich trotzdem irgendwann angefangen, Behauptungen zu hinterfragen. Ironischer Weise missfällt das insbesondere den Menschen, die fordern, alles zu hinterfragen.
Hier stelle ich einige typische Behauptungen aus den sozialen Netzwerken vor, die man durchaus hinterfragen sollte. Man sollte aber nicht nur die Behauptung hinterfragen, sondern auch die Beweggründe derjenigen, die sie äußern...
Ich führe die Urheber der Behauptungen absichtlich nicht auf, weil ich für Aufklärung aber gegen offensives, respektloses Verhalten bin. Wer sich für die Quellen bzw. die Urheber der Behauptungen interessiert, kann mich gerne im Steemit-Chat anschreiben.
1. Behauptung:
Ein Berufssportler (Athlet) kann nur mit einer veganen High-Carb-Low-Fat-Ernährung erfolgreich sein und einen Wettkampf gewinnen.
Widerlegt:
https://www.si.com/edge/2016/08/12/shalane-flanagan-rio-2016-olympic-marathon-diet-cooking-tips
2. Behauptung:
Das Ordnungswidrigkeitsgesetz wurde („still und heimlich“) abgeschafft.
Widerlegt:
http://landesverband.bayernpartei.de/existiert-das-ordnungswidrigkeitengesetz-noch/
3. Behauptung:
Der Gorilla ist ein Pflanzenfresser.
Erklärung:
„Mordsmäßig“ überzeugte[3] Veganer möchten Mischköstler gerne von mit ihrer überlegenen Ernährung beeindrucken, indem sie ein herbivores Säugetier nennen, das ausgewachsen von Natur aus größer ist als der ausgewachsene Mensch und sich dafür nicht von anderen Tieren ernähren muss.
Widerlegt:
„Unklar ist, in welchem Ausmaß Insekten und andere Kleintiere verzehrt werden. In freier Natur wurde das Fressen von Fleisch nur selten beobachtet, es gibt aber Berichte, wonach Westliche Flachlandgorillas Termitenhügel aufbrachen und die Insekten verzehrten.“ [2]
4. Behauptung:
Ölziehen ist eine Betrugsmasche, die es erst seit 2016 gibt.
Widerlegt: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/19336860
Zugegeben, die letzten beiden Beispiele sind unproblematisch, da sie kaum Schaden anrichten dürften. Es ging mir in diesem Beitrag vor allem darum zu zeigen, mit welchen einfachen und leicht widerlegbaren Behauptungen Menschen im Zeitalter des Populismus Aufmerksamkeit erlangen möchten.
Die Behauptungen sind harmlos, wenn jemand einfach nur Hörensagen wiedergibt, um, wie im Beispiel 3, Aufmerksamkeit zu erlangen. Wenn wir uns aber daran gewöhnen, alles unkritisch zu glauben, können sie gefährlich werden und uns verunsichern.
Es reicht aber nicht, nur auf andere zu zeigen. Ein aufgeklärter Mensch wird auch dazu stehen, wenn er in seiner Argumentation einen Fehler gemacht hat.
Im Grunde sind das alles einfach nur journalistische Grundprinzipien. Aber diese verwischen in den Neuen Medien so sehr, dass einem manchmal schwindlig wird.
Eure Nerdine
For the longest time I didn't understand, what Kant meant with "Enlightenment is man's release from his self-incurred tutelage." [1] Luckily I nevertheless started questioning claims one day. Ironically, of all people those who request others to question claims are the most likely ones to disaprove this.
In this post I'm listing some typical questionable claims I found in the social media. My tip is to not just question the claim but the motive of their authors aswell.
I'm purposely not mentioning the authors of those claims, because I'm against disrespectful and offensive behaviour. If you are interested in the sources or the authors of those claims you may contact me in the steemit chat.
1. claim:
A professional athlete will only be successfull and win competitions if he follows a vegan high-carb-low-fat diet.
Disproved:
https://www.si.com/edge/2016/08/12/shalane-flanagan-rio-2016-olympic-marathon-diet-cooking-tips
2. claim:
The law on minor breach of the law has been abolished ("quietly and secretly").
Disproved: http://landesverband.bayernpartei.de/existiert-das-ordnungswidrigkeitengesetz-noch/
3. claim:
Gorillas are herbivores.
Explanation:
Totally convinced[3] vegans like to impress mixed dieters with their superior diet by refering to an herbivorous mammal, that in its grown state is naturally bigger than a human in his grown state and still does not need to live on other animals.
Disproved:
(My translation:) „It's uncertain, how high the amount of consumed insects and small animals is. In the great outdoors eating of meat is rarely observed, but there are reports on Cross River-Gorillas opening termite hills and consuming the insects.“[2]
4. claim:
Oil pulling is a scam that exists only since 2016.
Disproved:
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/19336860
I have to admit that the last two examples are not very problematic since they supposedly won't harm anyone. In this post I just wanted to show, how people try to get attention with these kind of easyly falsifiable claims in the age of populism.
The claims may be harmless, if someone is just repeating hearsay to get attention as is shown in the third example. But if we get used to believe everything without questioning it, they may become harmful and unsettling.
On the other hand it is not sufficient to only point the finger at others. An open-minded human should also be able to accept if he or she used an argument that proved wrong.
Essentially these are all just basic journalistic principles. But they get so mixed up lately in the new media that one gets really dizzy.
Yours, Nerdine
Textquellen // Text sources
[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Beantwortung_der_Frage:_Was_ist_Aufkl%C3%A4rung%3F
[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Gorillas
[3] https://steemit.com/deutsch/@leroy.linientreu/ein-gruss-an-alle-die-mordsmaessig-ueberzeugt-sind
Bildquellen // Image sources
https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Immanuel_Kant_2.jpg- https://pixabay.com/de/soziale-medien-soziale-netzwerke-2778056/
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Es freut mich sehr zu sehen, dass der gute Kant noch nicht zum alten Eisen gehört und immer noch gelesen wird. :)
Ich hab' ihn ehrlich gesagt nur als Aufhänger "benutzt" ;) , aber ja, es wäre definitiv gut, wenn man ihn noch lesen würde.
werte Antikesdenken,
Kant prägt mein leben seit dem Gymnasium wesentlich mit!
Immer gut, wenn man sicher immer wieder seiner Worte und Werke bewußt wird und auch versucht, danach zu handeln,im eigenen Alltag und natürlich auch in den new social media.
Die Mainstreammedien und unsere Politik allerdings haben Kant schon lange vergessen.
Du darfst mich übrigens auch Nadine nennen :) Ich hab Kant auf dem Gymnasium eigentlich nicht so intensiv behandelt. Das kam erst im Studium. Wie viele andere war auch ich fasziniert von einem mehr oder wenigen klaren System, nach dem man handeln kann oder sollte (der kategorische Imperativ), einem moralischen Wegweiser sozusagen. Ich habe mich aber auch mit seinem Gottesbeweis und seiner Position zur Unsterblichkeit der Seele beschäftigt. Das klare, strukturierte Denken ist einfach eine wunderbare Sache. Und auch wenn mir Hegel danach mehr zugesagt hat, war Kant doch ein wichtiger Wegbereiter dafür.
Werte Nadine,
Karl Popper wendet sich in "Feinde der offene Gesellschaft" gegen alle totalitären Staatsformen wie Faschismus, Nationalsozialismus und Kommunismus.
Er führt Ursprung dieser massenhaften Leid, Verarmung und millionfachen Tod erzeugenden Staatsformen auf die geistigen Väter Platon, Hegel!!! und Karl Marx sowie deren Anhänger zurück. Die Lehre des Historizismus lehnt er ab.
Leider ,missbraucht der sog. "Philantroph" George Soros gerade mit seinem Open Society Institute (OSI) Karl Popper ein wenig.
Ludwig von Mises lehnt die bei uns weit verbreitete idealisitische Staatsauffassung nach Hegel ebenfalls ab. Lies mal dieses: http://diepaideia.blogspot.de/2013/03/ludwig-von-mises-und-die-aufgaben-des.html
Der Staat ist auch für mich nicht der gute sorgende Vater oder die sorgende Mutter, er ist ein Leviathan, der über grobe Rahmenbedingungen wachen soll, aber dessen Macht endlich begrenzt gehört zu Gunsten der Entfaltung der Fähigkeiten und Talente von freien Bürger, dies bedeute aber auch eine Begrenzung der welfare und Umverteilung durch den Staat. Im persönlichen Handeln ist Kant mit seiner Grenzziehung der "Sittlichkeit" ein ganz guter Wegweiser.
Hier findest Du einen sehr guten Artikel zu: Mises, Kant und der Sozialstaat von Patrick Barron http://www.misesde.org/?p=7357
Ich bin und bleibe aber "Hobbyökonom und Abendphilosoph ohne den Anspruch alles hier wissenschaftlich korrekt darzustellen.
Beste Grüße
@balte
Ich bin mir gerade nicht sicher, ob der Staat wirklich in jeder Hinsicht so schlecht für uns ist, wie die Libertaristen es uns sagen. Gerade habe ich über das Thema Wasserversorgung nachgedacht. Es würde keinen Sinn machen, mehrere Wasserversorgungssysteme in einer Stadt zu installieren, nur um Wahlfreiheit / Konkurrenz zu haben. Die Bürger müssen sich auf ein System einigen und dem Betreiber vertrauen, dass es funktioniert. Oder sollen sie die Stadt nur wegen des Wassers wechseln müssen? Macht es nicht Sinn, die Wasserversorgung in eine verwaltende Hand zu geben?
Ich denke, die Libertaristen würden jetzt sagen, dass die Städte alles dafür tun würden, dass Menschen zu ihnen ziehen und deswegen eine besonders gute Wasserversorgung aufstellen würden. Aber wer oder was hält das System am Laufen und wartet es? Dann kommt wieder das Argument der Libertaristen "Das regelt der Markt". Ich bin einfach nicht davon überzeugt, dass der Markt gesellschaftliche Verantwortung übernehmen kann. Es stehen schließlich immer Menschen dahinter. Wie erklären die Libertaristen denn grundsätzlich Großbauprojekte wie den Berliner Flughafen, die einfach nie fertigwerden und den Steuerzahler jeden Tag eine Million Euro kosten?
Hallo Nadine,
Ich sage auf keinen Fall, dass der Staat in jeder Hinsicht schlecht ist, Mises und Liberale natürlich auch nicht, möglichst klein und möglichst wenig interventionistisch sollte er zwar sein, Mises ist aber kein Anarchokapitalist.
Hier ein schöner Absatz dazu:
http://www.freitum.de/2010/03/ludwig-von-mises-der-staat-und-die.html
Somit erteilt Mises und der Liberalismus jeglichem Anarchismus eine Absage, da es in unserer Gesellschaft immer Unholde geben wird, die die moralischen Regeln des gesellschaftlichen Zusammenlebens brechen. Die einzige Aufgabe des Staates beschränkt sich somit auf den Schutz des Eigentums, der Freiheit und des Friedens.
Die Beschränkungen in den Aufgaben des Staates, die der Liberalismus propagiert, verschafften ihm unzurechterweise das Etikett der ,,Staatsfeindlichkeit''. Amüsant kontert Mises diesen Vorwurf wie folgt:
,,Wenn ich der Ansicht bin, daß es nicht zweckmäßig sei, der Regierung die Aufgabe zuzuweisen, Eisenbahnen, Gastwirtschaften oder Bergwerke zu betreiben, dann bin ich kein ,,Feind des Staates''. Ich bin es ebensowenig, wie man mich etwa einen Feind der Schwefelsäure nennen darf, weil ich der Ansicht bin, daß Schwefelsäure, so nützlich sie auch für viele Zwecke sein mag, weder zum Trinken noch zum Waschen der Hände geeignet sei.'' (ibid.: 34)"
Beim Gut Wasser kann man viel diskutieren, ein "Gut" ist Wasser auf jeden Fall, hier ein Artikel von Tommy Cassagrande dazu mit entsprechend guter Diskussion in den Kommentaren
http://www.freitum.de/2013/01/uber-das-wasser.html
Persönlich hätte ich nix dagegen, wenn es verschiedene Wasseranbieter geben würde, die Praktikabilität allerdings scheint hier schwierig.
Und der Berliner Flughafen ist ja gerade zu das!!! Beispiel dafür, was inkompetente SPD-Politiker, die meinen, der Staat müsse Unternehmer spielen, anrichten.
Die Kosten dieses unsäglichen Agieren für den Steuerzahler hast du ja dargestellt.
https://www.welt.de/politik/deutschland/article162757705/Bauruine-BER-ein-Lexikon-des-Wahnsinns.html
Berechtigte Fragen.
Bin jetzt zu müde um zu argumentativ ausführlich zu antworten, mach es morgen!
Was ist ein Libertarist?
Mises ist kein Anarcho-Kapitalist wenn Du das meinst.
Dazu: Anarchokapitalismus-Kritik an einer Kritik von K-F-Israel
http://www.misesde.org/?p=12012
Die Frage, die ich mir aktuell stelle (Stichwort NetzDG) ist, ob auch die "offene Gesellschaft" zu einer totalitären Gesellschaft werden kann. Anders gesagt: Gehört es zum Wesen der offenen Gesellschaft, auch von ihrer politischen Doktrin abweichende Lebens- und Gesellschaftsentwürfe zuzulassen?
Die komplett offene Gesellschaft ist falsch aus meiner Sicht! Eben aus diesem Grunde.
Kant wäre ein guter Maßstab für die notwendige Grenzziehung ("Sittlichkeit", "Vernunft", "Aufklärung"), möglicht liberal soll sie natürlich sein, Toleranz gegenüber Intoleranten, die Toleranz als Schwäche auslegen, ist genauso falsch und da wären wir u.a. dann bei der Islamdiskussion oder der extremen Rechten und Linken, die ich als Hobbyökonom und Abendphilosoph heute aber nicht mehr führen will und kann.
Gute Frage. Ich habe da auch so meine Zweifel.
Meiner Erfahrung nach wird angeblich Unzweifelhaftes bedauerlicherweise noch weniger häufig angezweifelt als Zweifelhaftes.
Wobei sich die Frage stellt: Was ist zweifelhaft und was ist unzwifelhaft. Also, gibt es eine absolute Wahrheit, ein Richtig und Falsch? Und wer hat die Legitimation, es ggf. zu definieren?
Ich denke da immer gerne an "Nichts ist wahr und alles ist erlaubt." Die beste Position, die man einnehmen kann, ist meiner Meinung nach die von Sokrates bzw. die eines Wissenschaftlers. Sokrates hat das Nichtwissen zum Anfang des Denkens machen wollen und so machen es auch die Wissenschaften. Es ist die bescheidenste, aber zugleich wirkungsvollste Herangehensweise an eine Fragestellung.
Donald Rumsfeld sagte am 12. Februar 2002 auf einer Pressekonferenz:
„[T]here are known knowns; there are things we know we know. We also know there are known unknowns; that is to say we know there are some things we do not know. But there are also unknown unknowns – there are things we do not know we don't know.“ (Donald Rumsfeld)
Toller post! Es ist so wichtig, Dinge einfach mal zu hinterfragen und nicht alles hinzunehmen mit der Ueberzeugung, dass es schon stimmen wird..
Ja, die Welt ist so unübersichtlich geworden, dass wir uns gerne auf andere verlassen würden, um nicht selbst denken zu müssen. Aber ich glaube, es gibt nichts, das uns davor bewahrt, selbst aktiv zu werden und zu prüfen, ob etwas stimmt oder nicht.
Jap, da hast Recht. Andere denken zu lassen waer der einfachste Weg :D Aber ich liebe es Sachen zu hinterfragen ;)
Wow cooler Post, ich mag die Beispiele die du anführst und hätte gern mehr davon :D
Danke! Ich denke drüber nach, vielleicht eine kleine Serie draus' zu machen. Aber ich möchte sie auch nicht nur mit Verschwörungstheorien füllen. Ich bin da etwas vorsichtig, da hinter manchen Verschwörungstheorien ernstgemeinte und wichtige, kritische Ansichten stecken, die man zu schnell glattbügeln würde, wenn man einen Einwand sofort als Verschwörungstheorie abwiegelt. Aber danke für dein Feedback, ich werde mir auf jeden Fall Gedanken darüber machen, ob ich noch ein paar Beispiele finden kann. Mein wachsames Auge schläft nie :)
Bin stark für die Serie!
Aber ich geb dir Recht, ich befasse mich zwar auch gerne mit Verschwörungstheorien, aber nur in die Richtung bzw. der Aufwand für die Recherchen usw. scheint etwas zu Übertrieben ;)
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