Dein Gewicht ist nicht dein Schicksal – (K)ein Plan von Ernährung

in #de-stem6 years ago

For my English readers: this is a German translation of one of my earlier series, so you will not miss anything. You can find the original posts here:


Jetzt ist es an der Zeit für positive Gedanken und praktische Ratschläge. Ich werde euch mit dem Wissen versorgen, wie ihr eure Ernährung planen könnt, was für das Gewicht sonst noch relevant ist und einige interessante Auswirkungen von Sport auf euren Körper.


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Mythos 6: Ich kann keinen Sport machen, deshalb kann ich kein Gewicht verlieren

Diese Idee ist, leider, sehr verbreitet bei vielen Leuten. Es gibt ein Sprichwort, welches ich vor einer Weile gehört habe, das diese Fehlwahrnehmung sehr schön umschreibt:
„Sixpacks werden in der Küche gemacht, nicht im Fitnessstudio.“

Nie wurden weisere Worte gesprochen. Ok, vielleicht schon, aber ihr versteht den Punkt. Die Regel bezüglich Gewicht und jeder Veränderung, die ihr versucht, ist das Verhältnis von 80% Ernährung zu 20% Sport. Aus welchen Gründen auch immer ihr keinen Sport machen könnt – ihr seid weit davon entfernt, dazu verdammt zu sein, euer Gewicht zu behalten. Also selbst wenn ihr nicht trainieren könnt, gibt es immer noch Möglichkeiten, an eurem Gewicht zu arbeiten.

Ein amüsanter Aspekt bezüglich Sport ist, dass viele Leute, die damit beginnen, tatsächlich sogar an Gewicht zulegen – doch nicht Muskelmasse, sondern Fett. Wie kommt das zustande? Sawyer et al. (1) stellten dazu 2014 in einer Studie entsprechende Forschungen an. Es hat wieder einmal mit dem Problem der Wahrnehmung zu tun. Da ich dies bereits im letzten Teil sehr ausführlich beschrieben habe, werde ich euch die Details ersparen. Denn es gibt ein anderes „Problem“ mit Sport: Ihr werdet wahrscheinlich wesentlich mehr Appetit als zuvor haben. Wie Finlayson et al. (2011) (2) gezeigt haben, bekamen 41% der Probanden so einen starken Appetit, dass ihr höheres Aktivitätslevel nahezu nichts dazu beitrug, an Gewicht zu verlieren, da sie sogar noch mehr als zuvor aßen.

Davon abgesehen gibt es gute Gründe dafür, den Beginn eines regelmäßigen Trainings noch etwas hinauszuzögern. Wenn ihr an irgendeiner Art von Krankheit leidet, kann es sinnvoll sein, zuerst eure Gesundheit wiederzuerlangen. Auch wenn euer aktuelles Gewicht momentan einfach zu hoch ist, solltet ihr mit einer Ernährungsumstellung beginnen. Der Grund dafür ist recht offensichtlich: Die zusätzliche Belastung durch das Training könnte eure Gelenke und das Herzkreislaufsystem noch mehr beschädigen. Eine Ausnahme hierbei wäre allerdings das Schwimmen, denn die Belastung der Gelenke ist im Wasser nicht so groß. Allerdings kann es für einige adipöse Menschen eine mentale Herausforderung sein, in ein öffentliches Schwimmbad zu gehen. Eure Küche ist allerdings euer persönlicher Schutzraum und hier könnt ihr ebenfalls anfangen, an eurem Körper zu arbeiten – und das sogar noch effizienter.

Doch wie stellt man das an? Wenn ihr noch nie wirklich über Ernährung nachgedacht habt, ist jetzt ein guter Zeitpunkt, um das zu ändern.

Es existieren eine Menge verschiedener Ernährungsprogramme, Nahrungsergänzungsmittel, Versprechungen und so weiter auf dem Markt. Ich werde für nichts von hier werben.
Ich denke nicht, dass es DIE beste Diät gibt, weshalb auch kein Grund existiert, warum ihr Geld für Ernährungsprogramme ausgeben solltet, wenn ihr stattdessen selbst einfach ein wenig in die Erkenntnisse der Ernährungswissenschaften eintauchen könnt. Im vorangegangen Teil der Serie habe ich erklärt, wie die Menge der Kalorien kalkuliert wird, die ihr am Tag benötigt. Mit der daraus folgenden Erkenntnis, dass ihr garantiert an Gewicht verlieren werdet, wenn ihr weniger esst als ihr braucht.
Daran führt kein Weg vorbei – es ist simple Physik. Jeder, der etwas anders behauptet und euch erzählt, dass Diätprogram HYPER-DIET-ULTRA-OVER-9000 euch dabei hilft, so viel zu essen, wie ihr wollt (=mehr als ihr braucht) und dabei trotzdem noch Gewicht zu verlieren, ist ein Lügner. Ich muss diesen Punkt so klar herausstellen, denn es existiert ein ganzer Industriezweig, dessen einziges Ziel ist, mit Angst, Pseudowissenschaften und Bullshit Milliarden zu verdienen. Ich hoffe, ich kann euch mit meinen Artikeln einige überzeugende Gegenargumente liefern.

Ok, zurück zum Thema. Grundsätzlich sollte eure Ernährung Essen mit einem hohen Anteil an Proteinen beinhalten. Für diesen Rat existieren mehrere Gründe.
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  1. Euer Appetit wird geringer als vorher sein
    2005 haben Weigle et al. (3) eine Studie durchgeführt, in der sie beweisen konnten, dass eure Kalorieneinnahme durchschnittlich um 440 Kalorien reduziert ist, wenn eure Mahlzeiten hohe Mengen an Proteinen beinhalten. Diese sättigen euch für längere Zeiträume und beeinflussen euer Blutzuckerlevel nicht so stark wie Zucker oder Weißmehl.
    Ihr könnt es selbst ausprobieren: Esst ein Stück Kuchen mit etwa 500 Kalorien und eure nächste Mahlzeit ist ein Stück Fleisch mit Gemüse, welche etwa dieselbe Menge aufweist. Ich denke, es ist sicher, anzunehmen, dass ihr einen bemerkenswerten Unterschied feststellen werdet hinsichtlich der Zeit, die ihr gesättigt seid.

  2. Eure Mahlzeiten haben größeres Volumen, aber weniger Kalorien
    Denkt nur einmal über das Folgende nach: Ein halbes Kilo Möhren hat weniger als 200 Kalorien – aber ein 50g Snickers-Riegel bereits 242. Wie einfach ist es wohl, ein halbes Kilo Möhren oder ein Snickers zu essen?
    Aber bedeutet das, ihr dürftet nur noch Gemüse, Nüsse und Fleisch von jetzt an zu essen?
    Natürlich nicht. Es ist völlig ok, von Zeit zu Zeit Süßigkeiten zu essen. Der wichtige Aspekt ist, dass ihr einen Bezug zur Menge an Energie bekommt, die ihr mit dem Essen aufnehmt. Dann ist es nämlich wesentlich einfacher, die notwendige Nahrungsmenge entsprechend anzupassen: Ihr könnt Gewicht verlieren und trotzdem satt von euren Mahlzeiten werden.
    Wenn ihr keine Ideen habt, wie ihr eure Mahlzeiten zusammenstellen könnt, dann schaut zum Beispiel in die WHO-Richtlinien (4) oder sucht selbst ein bisschen bei seriösen Institutionen. Es gibt eine ganze Menge an Möglichkeiten im Netz und ich bin zuversichtlich, dass ihr jene finden werdet, die am besten zu euch passt.

  3. Erhöhter Reparaturbedarf für Muskelgewebe
    Wenn ihr euch dazu entschieden habt, regelmäßig Sport zu machen, werden es euch eure Muskeln die zusätzlichen Proteine danken. Jedes Mal, wenn ihr trainiert, beschädigt ihr eure Muskeln ein kleines Stück und nachdem ihr fertig seid, beginnen sie damit, sich wieder zu regenerieren, um schließlich neues Muskelgewebe aufzubauen. Proteine sind ein notwendiger Bestandteil dafür, dass dieser Prozesses des Aufbaus und der Reparatur erfolgreich gelingt. Ihr tut euch also selbst einen Gefallen, wenn eure Ernährung eurem Körper dabei hilft, mit der zusätzlichen Belastung fertig zu werden.

Vielleicht schaut ihr jetzt nach weiteren Ausreden (ist ok, das ist etwas sehr Menschliches). Ihr könntet argumentieren, dass ihr nicht genügend Zeit habt, um gesundes essen vorzubereiten und zu kochen. Obwohl darin vielleicht etwas Wahrheit steckt, denke ich, dass es zumindest ein paar Gelegenheiten pro Woche gibt, bei denen ihr die Zeit finden könnt, euch mit vernünftigem Essen zu versorgen. Eine smarte Entscheidung ist zudem, für jene Tage zu planen, an denen es euch nicht möglich ist, frisch zu kochen. Nutzt einfach die Zeit, die ihr habt, um zusätzliches Essen vorzubereiten, friert es ein und erhitzt es wieder, wenn ihr es braucht. Das mag vielleicht nicht ideal sein, aber es ist immer noch so viel besser, als einfach eine Pizza zu bestellen oder sich mit Burgern an einem Fast-Food-Palast eurer Wahl vollzustopfen.

Alles, was ich euch bisher erklärt habe, zielte maßgeblich auf jene Menschen ab, die unter Übergewicht und Adipositas leiden. Ich bin mir des Umstandes sehr bewusst, dass es für einige Menschen genau andersherum sein kann.
Wenn ihr mit dem Gedanken spielt, mehr Gewicht zu bekommen, würde ich zwei Dinge stark empfehlen:
Mehr Essen als ihr benötigt und Sport. Wie ich bereits oben erklärt habe, kann das Training euren Appetit erhöhen, weshalb es einfacher für euch wird, mehr als zuvor zu essen. Was mich zu meinem nächsten Punkt bringt.



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Die versteckten Wunder des Sports

Wie ihr sehen könnt, bin ich erst einmal mit den größten Mythen durch und werde meinen Fokus entsprechend neu justieren. Physische Aktivität und dessen Einfluss auf den Körper und Gehirn ist seit einigen Jahrzehnten ein Bereich intensiver Forschung.
Sport ist daher nicht nur nützlich, um ein gesundes Gewicht zu erlangen, sondern ebenso in der Vorbeugung von Krankheiten und der Verbesserung eurer grundlegenden mentalen Verfassung.

Krebsvorsorge

Wie ich in einem früheren Teil dieser Serie gezeigt habe, sorgen Übergewicht und Adipositast für ein signifikant erhöhtes Risiko, an verschiedenen Arten von Krebs zu erkranken.
Neben der Gewichtsreduzierung durch eine bessere Ernährung könnt ihr dieses Risiko durch regelmäßiges Training sogar noch weiter reduzieren. Wie Bernstein et al. (1994) (5) gezeigt haben, waren Frauen, die ein sportliches Aktivitätslevel von 1-3 Stunden pro Woche hatten, imstande, ihr Risiko von prämenopausalem Brustkrebs, im Vergleich zu inaktiven Frauen, um 30% zu reduzieren. Das wurde durch eine Meta-Studie von Lee et al. (2003) (6) noch einmal bestätigt. Zusätzlich verringerten sich die Risiken für Darm- und Lungenkrebs mit einem höheren Aktivitätslevel ebenfalls.

Stärkung von Hirnfunktionen

Der verfügbaren Forschung zufolge, ist es sehr wahrscheinlich, dass regelmäßige sportliche Aktivität ebenfalls zu verbesserten Hirnfunktionen führen kann. Eine Studie mit Ratten von Ang et al. (2006) (6) zeigte signifikante Beweise dafür, dass Sport einen positiven Einfluss auf das räumliche Lernen und Gedächtnis hat. Natürlich, Menschen sind keine Ratten, doch Studien mit Menschen zeigten ähnliche Resultate.

Cotman et al. (2007) (7) berichteten, dass ihre Probanden positive Ergebnisse hinsichtlich allgemeiner Hirngesundheit, Resilienz, Lerneffekten und Gedächtnisfähigkeiten erzielten. Sport half ebenso dabei, besser mit Stress, Angst und Depressionen umzugehen. Doch dazu mehr im nächsten Teil.


Fühlt euch jederzeit frei, meine Ideen zu diskutieren und eure Gedanken über die Dinge, die ich thematisiere, zu teilen. Niemand ist allwissend und wenn wir alle ein bisschen klüger als zuvor daraus hervorgehen, werden wir eine Menge erreicht haben.
Danke fürs Lesen und bleibt gesund.
Ego


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Falls ihr euch für Wissenschaft begeistern könnt, dann schaut unbedingt unter #steemstem bzw. #de-stem vorbei!


Quellen

(1) Sawyer B.J, Bhammar, D.M., Angadi, S.S., Ryan, D.M., Ryder, J.R., Sussman, E.J., Bertmann, F.M. & Gaesser, G.A. (2014) Predictors of fat mass changes in response to aerobic exercise training in women. Journal of Strength and Conditioning Research. 29(2), 297-304

(2) Finlayson, G., Caudwell, P., Gibbons, C., Hopkins, M., King, N. & Blundell, J. (2011) Low Fat Loss Response after Medium-Term Supervised Exercise in Obese Is Associated with Exercise-Induced Increase in Food Reward. Journal of Obesity http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2945657/

(3) Weigle, D.S., Breen, P.A., Matthys, C.C., Callahan, H.S., Meeuws, K.E., Burden, V.R. & Purnell, J.Q. (2005) A high-protein diet induces sustained reductions in appetite, ad libitum caloric intake, and body weight despite compensatory changes in diurnal plasma leptin and ghrelin concentrations. American Journal of Clinical Nutrition. 82(1), 41-48

(4) http://www.who.int/entity/elena/healthy_diet_fact_sheet_394.pdf?ua=1

(5) Bernstein, Leslie, Henderson, Brain E., Hanisch, Rosemarie, Sullivan-Halley, Jane, Ronald K. Ross. JNCI: Journal of the National Cancer Institute. 86. Issue 18. 21 September 1994. 1403–1408. doi: https://doi.org/10.1093/jnci/86.18.1403

(6) Ang, Eng-Tat/Dawe, Gavin S./Wong, Peter T.H./Moochhala, Shabbir/Ng, Yee-Kong. Brain Research. 1113. Issue 1. 2006. 186-193. doi: https://doi.org/10.1016/j.brainres.2006.07.023

(7) Cotman, Carl W., Berchtold, Nicole C., Christie, Lori-Ann. Trends in Neurosciences. 30. Issue 9. 2007. 464-472. doi: https://doi.org/10.1016/j.tins.2007.06.011


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Psychologie der Moral


Debunk-Dienstag


Fiktion

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Diese Mär, wer Sport treibt wird schlank, kommt von Menschen, die mit diesem Slogan Geld verdienen.
Als ehemaliger Leistungsturner, Squash-Spieler und Freizeitfußballer kann ich lediglich auf einen zerschunden Körper blicken. Jedem, der sich darüber bewusst ist, dass der erste Marathonläufer am Ziel tot zusammengebrochen ist, kann sich ausmalen, wie gesund das Martyrium letzten Endes ist.
Daher genau richtig erklärt: Eine richtige Ernährung und du bist fit wie ein Turnschuh - und das ganz ohne Kreuzbandriss, Muskelverletzung oder Zerrungen. Ich ging beide Wege und habe mich für den gesünderen Weg entschieden.
Der Beitrag (trotz der Unmenge an Informationen) ist unbedingt notwendig. Klasse Aufarbeitung!
Gruß, Wolfram

Wie so häufig im Leben, kommt es auch hier auf das richtige Maß an. Extremsport ist eher selten nachhaltig gesund (deshalb ja auch "extrem"). Dennoch sind die positiven Effekte moderater sportlicher Betätigung mittlerweile hinreichend bestätigt - das Ganze gepaart mit einer vernünftigen Ernährung und man sollte am Ende recht zufrieden dastehen :)

Hallo @egotheist, du hast ja das Thema proteinreiche Ernährung angeschnitten. Mich würde ja mal interessieren, ob diese Protin-Shakes wirklich so wirksam sind wie immer beworben? Ich selbst nehme sie zwar auch nach diversen Trainingseinheiten, aber bin da trotzdem skeptisch. Vielleicht hast du ja Erfahrung in dem Bereich.
LG

Also soweit ich das Thema überblicke, ist es so, dass man davon ausgehen kann, dass bei genügend ausgewogener Ernährung keine Shakes benötigt werden.
Aber: Gerade weil diese ausgewogene Ernährung nicht immer gegeben ist, können Shakes eine sinnvolle Ergänzung darstellen. Bei Kraftsportlern ist das in der Regel daher durchaus sinnvoll.
Ich werde aber eventuell nochmal einen separaten Post dazu verfassen.

Oh ja das würde mich freuen.

Vielen Dank für diesen lehrreichen Artikel. Zwar wusste ich schon vieles, aber ich konnte einiges Neues mitnehmen.

This is a big post you know. I hate reading... But Thank you for your contribution and try to small post !!!

hello @egotheist
I love read your post,,,
your post is very good,give a chance to read the next post.I am glad to meet you.
@muktariza011095
thank you

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