Ist Programmierung Kunst?

in #yolo5 years ago (edited)

Die geistige Anstrengung die ich empfinde wenn ich vor einer leeren Leinwand sitze und versuche meine Vision auf neuartige Weise darzustellen fühlt sich 1 : 1 so an, wie wenn ich vor einem leeren Java-Projekt sitze und überlege, wie ich meine Vision als Methoden und Klassen beschreiben könnte.
Diese Anstrengung ist nicht zu vergleichen mit der, die ich verspüre, wenn ich eine mathematische Formel zu verstehen probiere (Note: ich nehme an, dass Mathe auch kreativ sein kann, jedoch nicht im Rahmen meiner Lehrveranstaltungen).

Ich hatte vor zwei Jahren so ein Erlebnis. Ich wollte zum ersten Mal seit Jahren etwas anderes als Hyperrealismus zeichnen. Etwas kreatives und neues. Es fiel mir unglaublich schwer und ich kann mich noch erinnern wie ich 4 Stunden vor einem leeren Papier saß und mir trotzdem nichts einfallen wollte. Wenige Wochen später musste ich an einem Programm arbeiten und als ich an dem Entwurf der Funktionalitäten saß und am Überlegen war, wie ich den am besten umsetze, hatte ich auf einmal ein Flashback. Ich hatte das Gefühl, dass ich diese Anstrengung genau in derselben Form vor Kurzem erst verspürt hätte. Ich habe erst ein paar solcher Erlebnisse später realisiert, dass es genau dieselbe Empfindung ist wie beim Zeichnen. Es fühlt sich für mich wirklich so an, als wäre sowohl bei der Kunst als auch bei der Programmierung das selbe Gehirnareal aktiv.

Wenn ich gefragt werde, warum ich so scheinbar entgegengesetzte Interessen verfolge, antworte ich immer mit dieser Erkenntnis. Dass der Zusammenhang zwischen den zwei Disziplinen mir klar und deutlich erscheint. Und gerade dieser kreative Aspekt zieht mich an.
Wobei ich sagen muss, dass die Programmierung viele Phasen beinhaltet und die Kreativität hauptsächlich in den ersten Phasen der Erfindung und Gestaltung zum Vorschein tritt. Für die Implementierung wird dann eher die logische und die lenguale Intelligenz genutzt, denke ich.
Ich habe dieses Thema um ehrlich zu sein nie recherchiert, obwohl es mich doch mega interessiert. Deswegen werfe ich diese Frage mal in den Raum um mir eure Gedanken dazu einzuholen :D

videogirl_official.png
von meiner wenigkeit gezeichnet, mit extra schlechter quali~

Sort:  

(Note: ich nehme an, dass Mathe auch kreativ sein kann, jedoch nicht im Rahmen meiner Lehrveranstaltungen).

Es kommt darauf an, was du unter Kreativität bezüglich Mathematik verstehst. Man hat eine Idee und prüft erst dann, ob es logisch haltbar ist. Also ich würde sagen es gibt eine Idee, die aus der Kreativität kommt und dann eine Überprüfung, die eben rein formal und logisch ist.

Häufige Aufgaben bestehen auch daraus Beispiele oder Gegenbeispiele zu finden. Da muss man auch ein wenig kreativ werden. Und dann irgendwie danach Definition anwenden und eben logisch gucken.

Ja, genau das meinte ich!
Da die mathematischen Fächer in meinem Studium eher nebensächlich sind, bleibt nur Raum für Formeln lernen und anwenden

Ich bin kein Gehirnforscher und kann dir folglich keine qualifizierte Antwort auf deine Frage geben. Aber wenn sich die beiden von dir beschriebenen Situationen so ähnlich anfühlen, wird es wohl einen verborgenen Zusammenhang geben. Du könntest nun noch ein Beispiel aus der Musik hinzunehmen, bei dem es um das Komponieren geht.

Die gemeinsame Überschrift lautet wohl "Kreativität", und die ist ein Hintergrundprozess, ein "Daemon" sozusagen, wenn man die Sprache der Informatik benutzen möchte.

So sehr ich deinen Drang zum Verstehen und Hinterfragen bewundere, rate ich dir hiermit, manchmal den Fluss des Lebens einfach wahrzunehmen und sich daran zu erfreuen.

Einen herzlichen Gruß vom kalten München in das kalte Wien!

Stimmt, eine Freundin von mir hatte mal eine wissenschaftliche Arbeit über den Zusammenhang von Mathematik und Musik geschrieben. Fand ich damals spannend, kann mich aber leider nicht mehr an die Schlüsse die sie gezogen hat erinnern. So ähnlich wird es wohl hier sein.

Ugh.. mit Daemons habe ich zurzeit tatsächlich Probleme

Liebe Grüße zurück!

Ich finde wie du auch, dass da ein zusammenhang besteht.
So gesehen sind ja die meisten Arbeiten, die man verrichtet Kunst. Ob man jetzt ein Buch schreibt, sein Wohnzimmer einrichtet, ein eigenes gericht kreiirt (kochen), bildhauerei usw.

Interessante Gedanken, krasses Bild

Jetzt wo du´s sagst, fällt mir ein, dass es tatsächlich davon abhängt, wie sehr man sich in eine Sache hineinsteigert. Und dann gibt es noch viel mehr Probleme die man kreativ lösen kann. Diese Lösungen könnte man als Kunst sehen. hmmmm
Danke für den Hinweis! Find Diskussionen über Kunst ja generell ziemlich spannend

Yo Liana, um mit dir hochphilosophische Fragen zu erörtern, betrete ich doch gerne mal wieder diese tote Plattform!

Hier also ein paar Gedanken von mir zu dem Thema.

Steigen wir ein mit einer gängigen Definition, was Kunst genau ist. Und die geht ungefähr so:

Kunst ist etwas vom Menschen Geschaffenes, das keine klare praktische Funktion hat.

Ein Bild mag zwar schön anzusehen sein, sich dekorativ im Wohnzimmer machen und hat dadurch auch einen nicht zu verneinenden ästhetischen, ja einen menschlichen Wert. Aber eine richtige praktische Funktion, einen rationalen Nutzen, hat es eher nicht.

Ganz anders ist da z. B. ein Hammer. Auch wenn in seinen Schaffungsprozess durchaus Manpower, aber auch kreative Überlegungen, geflossen sind, können wir uns doch darauf einigen, dass ein Hammer kein Kunstprodukt ist. Er ist ein Werkzeug, mit einer klaren Funktion. Bei einem Bild eines Hammers sähe das schon ganz anders aus.

Mit diesen Beispielen sieht es erstmal einfach aus, aber was ist mit den Dingen, die genau dazwischen liegen? Was ist mit deinem Java-Programm? Wo lässt sich da die Grenze ziehen?

Für diese Grauzone zwischen Kunst und Nicht-Kunst, zwischen Ästethik und Funktionalität, kennen wir einen Begriff: Angewandte Kunst. Hier geht es um die Schaffung von Dingen, die auf der einen Seite künstlerisch-schön sind, aber eben auch funktionieren. Architektur oder Industriedesign sind wunderbare Beispiele, aber auch deine Programmierung wird meiner Meinung da ebenfalls drunter fallen.

Natürlich kann man da noch bisschen differenzieren. Während ich den Front-End eher als angewandten Künstler sehe, ist der Back-End dann doch eher der technisch-funktional orientierte "Hammerschmied". Aber in ihnen steckt auch ein bisschen von beidem.

Wenn du dann noch die subjektive Erkenntnis hast, dass bei deinem Programmieren und Malen ähnliche Hirnareale angesprochen werden, heißt das, dass die Hirnforschung noch zu einer weitaus größeren Erweiterung des Angewandte-Kunst-Begriffs führen könnte...

LG Jave

Aloha Jave,
über angewandte Kunst habe ich mich thematisch um ehrlich zu sein nie befasst. Mein Eindruck ist aber, dass es eine ganz schwierige und vor allem unterschätzte Disziplin ist, weil doch die Funktion im Vordergrund steht, sodass man in der kreativen Auslebung recht beschränkt ist. Und jetzt wo ich darüber nachdenke, ist es genau das worüber ich mir den Kopf zerbrechen muss: einen neuen (=kreativen) Weg zu finden um eine Funktion zu erfüllen.
Aber wenn das der Fall ist, frage ich mich, welche Funktion ich erfüllen will wenn ich etwas kreatives malen möchte. Hm. Vielleicht geht es beim Zeichnen darum, ein Gefühl oder einen Gedanken richtig auszudrücken. Abstrakt betrachtet wäre das dann die Funktion. Eventuell empfinde ich deswegen so eine Anstrengung dabei.
Vielleicht bilde ich mir diese Verbindung nur ein, aber falls da wirklich ein Zusammenhang besteht, könnte man maybe noch mehr Leute dazu animieren einen interdisziplinären Weg einzuschlagen oder dazu animieren enger mit Leuten aus anderen Disziplinen zu arbeiten.

Ich finds super cool, dass dich Kunst so interessiert. Ist es ein Hobby oder würdest du in Erwägung ziehen, dem akademisch, beruflich, oder was auch immer, nachzugehen?

Danke für den Kommentar übrigens, sowas freut mich immer total. Bussi

Finde den Gedanken interessant, dass man auch beim Malen vielleicht doch eine Funktion erfüllt, aber keine praktische, sondern eine abstrakte, wie der Ausdruck oder die Mitteilung eines Gedankens oder Gefühls. Da sieht man, dass auch die Grenzen zwischen "echter" Kunst und angewandter Kunst ebenfalls fließend, wenn nicht sogar nicht-existent sind.

Und zu der Frage, ob ich mich der Kunst akademisch oder beruflich widmen möchte: Hatte ich nach jetziger Planung erstmal nicht vor. Es ist eher ein Hobby, obwohl es nicht allzu oft vorkommt, dass ich selbst künstlerisch aktiv werde und ein Bild male bzw. auch fertig male. Ich bin aber generell sehr kunstinteressiert und häufig auch in Museen anzutreffen.

Kein Ding für den Kommentar btw, mich freut es auch immer wieder hier zu kommentieren! <3 LG

Und zu der Frage, ob ich mich der Kunst akademisch oder beruflich widmen möchte: Hatte ich nach jetziger Planung erstmal nicht vor.

Was würde dich dann interessieren? Bzw. was machst du aktuell?

Fange demnächst an, auf einem Liberal Arts College in den Niederlanden zu studieren. :)
Mit "Arts" sind dabei aber weniger Kunst, sondern die unterschiedlichsten wissenschaftlichen Disziplinen gemeint. Und ich habe vor, in eine geisteswissenschaftliche Richtung zu gehen, hauptsächlich Philosophie und Politikwissenschaften.

Sehr geil! Wünsche dir viel Erfolg dabei :)

Ja, aber nicht immer. Meistens ist es nur Kombination.

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Mikrobi

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Euer GermanBot

Wenn sich jemand für unterschiedliche Bereiche interessiert,
finde ich das sehr gut.
Es spricht sehr für eine Person, die sich auch mit völlig
anderen Themen beschäftigt.
Kreative und außergewöhnliche Lösungen können auch
nur dann gefunden werden, wenn man bereit ist, über
den Tellerrand seines Fachbereichs hinauszuschauen.
Ein Mathematikprofessor von mir war in seinem Fachgebiet
sehr gut. Er kannte sich aber auch erstaunlicherweise in
Wirtschaft, Biologie, Philosophie,
und vielen anderen Sparten aus.
Diese unterschiedlichen Themen miteinander zu
verbinden, finde ich absolut gut und ist anzustreben.
Mein bescheidener Tipp: Mach weiter so.
Ich finde das genial.
Alles Gute und viele Grüße.

sehr schöner Beitrag, DANKE

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