Heilige Bastarde, Kapitel 25

in #deutsch5 years ago

Roy Snyder Heilige Bastarde kürzer.png

"Heilige Bastarde" ist eine High-Fantasy Web Novel und wird Kapitel für Kapitel über das Netz veröffentlicht. Zum Inhalt:

Einstmals wandelte der Gottheld Cherus unter dem Volk der Merowa. Er sang mit ihnen, kämpfte mit ihnen, trank mit ihnen und wie jeder Mensch liebte er. Der menschgewordene Gott hatte viele Frauen und zeugte mehrere Töchter und Söhne. Einer dieser Söhne, Hartried, ist nun König und herrscht über das Reich, das sein göttlicher Vater geschaffen hatte. Doch nicht jedes Gotteskind und nicht jeder Füst ist zufrieden mit seiner Herrschaft. Und während das Reich droht, auseinanderzubrechen, zieht in der Ferne eine neue Gefahr heran. Können die heiligen Bastarde ihr Land retten oder werden sie es in einem Machtkampf zerstören?

Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24

Heilige Bastarde, Kapitel 25, Gunlaug

„Dort“, sprach der Grenzreiter und zeigte von seinem Pferd aus auf ein großes Zelt. Er trug grün, wie die meisten Grenzreiter, und auf seinem Mantel war der Bär vom Fürstentum Bärenschlucht genäht. „Der Fürstensohn wartet bereits im Zelt auf Euch. Ich soll Euch ausrichten, dass der Fürst von Bärenschlucht Euch heute nicht in seinem Haus empfangen kann. Hermann selbst wird Euch alles erklären.“

„Gut“, sagte Hartried. „Und was ist mit …?“

„Seine Gattin ist ebenfalls im Zelt.“

Hartried und Hedwinna, beide auf ihren Pferde nahe beieinander, sahen sich an. Ein sanftes Lächeln huschte über das Gesicht der Königin. Der junge Gartmund saß auf Hedwinnas Pferd und schaute zum Zelt hinüber. Hinter dem Zelt, mehrere hundert Meter entfernt, erhob sich das Fürstenanwesen von Bärenschlucht auf einem hohen, steilen Felsen. Gunlaug sah viele Feuer auf dem Hügel brennen und schloss daraus, dass sie dort ein Fest feierten.

„Bitte sei so freundlich“, sprach nun die Königin den Grenzreiter an, „und reite voraus, um ihnen Bescheid zu geben.“

„Natürlich, Königin von Merow.“ Der Mann drehte sein Pferd und ritt auf das Zelt zu. Dabei schaute sie das Wappen von Bärenschlucht auf dem Rücken des Reiters beständig an.

Hartried gab ein Zeichen und der gesamte Treck setzte sich in Bewegung. Sie waren wegen einer wichtigen Angelegenheit hier: den Orks.

Heilige Bastarde, Kapitel 25, Teil 2

Bewaffnete Freie des Fürsten standen um das Zelt aufgereiht. Hier weiter im Süden trugen die Krieger eiserne Masken an den Helmen, von denen einem Bart gleich ein eisernes Kettengeflecht Kinn und Hals schützte. Die Kämpfer des Fürsten blickten sie aus den kleinen Sehschlitzen an. Dazu pflegten die Freien hier kurze Schwerter am Gurt zu tragen. In den Händen jedoch hielten sie Äxte an langen Stielen oder Speere.

Hermann, der Fürstensohn, trug ebenfalls das Kurzschwert im Gürtel, war abgesehen davon aber unbewaffnet und ohne Rüstung. Mit dem Armen hinter dem Rücken schränkt wartete er am Eingang des breiten Zeltes

Wie lange ist das her?, fragte sich Gunlaug. Zwei Jahre vielleicht? Damals hätte er Hermann noch als Burschen bezeichnet. Mittlerweile war aus ihm jemand geworden, den er getrost Mann nennen konnte. Die langen, welligen schwarzen Haare machten sich bei ihm gut, der Bart war jedoch noch im Wachsen begriffen.

„Grüße, Herr von Merow, Erster unter den Ersten und Vorsteher des Königs-Things.“

„Sei auch du gegrüßt“, antwortete Hartried, „Sohn des Fürsten von Bärenschlucht.“ Hartried stieg ab, Gunlaug, Hedwinna und der ganze reisende Hofstaat taten es ihm gleich.

Der König und Hermann sahen sich kurz an, dann schlossen sie sich kurz in die Arme.

„Schön dich zu sehen“, sprach Hartried.

„Es ist mir eine Ehre, Euch zu empfangen, König.“

„Ich hoffe, im Zelt können wir diese Förmlichkeiten hinter uns lassen. Wieso das Ganze überhaupt?“

Hermann trat zur Seite und deutete auf den Eingang des Zeltes. „Bitte, drinnen. Ihr auch, werte Mutter Königin, und Gartmund. Und natürlich auch Ihr, Gunlaug.“

Gunlaug musste schmunzeln: Hermann übertrieb es wirklich mit den Höflichkeiten.

Nacheinander traten Hartried, Hedwinna und Gartmund ein.

„Du machst dich gut“, sagte Gunlaug, als er neben Hermann getreten war. „Aber du könntest auch etwas weniger dick auftragen.“ Er klopfte ihm auf die Schulter und folgte dem Königspaar.

Ein kurzes, nach Luft schnappendes Aufheulen und schon waren Hedwinna und ihre Tochter ineinander verschlungen. Die Königin drückte Fryda ganz eng an sich. Eine Träne kullerte die elfenbeinweiße Wange des Mädchens herunter. Dann blickte sie mit feuchten Augen zu ihrem Vater. Hedwinna ließ von Fryda los, wischte sich über das Gesicht und versuchte Haltung anzunehmen.

Gunlaug stand neben Hermann und beobachtete mit ihm diese rührende Szene. Seit Jahren hatten sich die Fryda und ihre Eltern, der König und die Königin, nicht mehr gesehen.

Fryda suchte nach irgendwelchen Worten, die sich zur Begrüßung eines Königs der Merowa ziemen würden. Hartried jedoch unterbrach sie und nahm sie herzlichst in den Arm. Er gab ihr einen Kuss auf die Stirn und fragte: „Geht es dir auch gut, Fryda? Fehlt es dir hier an nichts?“

„Hermann könnte mir kein besserer Gemahl sein“, antwortete sie. „Und der Fürst ist ein guter Schwiegervater. Mache dir keine Sorgen.“

Schließlich trat auch der kleine Gartmund mit einem lauten „Fryda!“ heran. Sie beugte sich zu ihm herunter und knuddelte den Jungen ordentlich.

„Wie geht es dem Vater?“, fragte Gunlaug Hermann.

„Das Alter macht sich bemerkbar, aber er hat das Fürstentum noch immer fest im Griff. Im Moment ist er mit dem Vorerntefest beschäftigt.“

„Das Vorerntefest?“, wunderte sich Gunlaug. „Wäre das bei uns nicht schon längst vorbei?“

„Wir feiern immer zum Vollmond.“

„Wir feiern zum Halbmond“, sagte Hartried. Er hatte seine Frau und seine Kinder allein gelassen, damit die sich unter Tränen über das Wiedersehen freuen konnten.

Hermann zuckte mit den Schultern. „Da werden wir uns wohl nie einigen können. Und was macht es schon für einen Unterschied?“

Hartried verschränkte die Arme. „Es zeigt nur, wie zerstritten wir Merowa noch immer sind. Wir feiern unsere Feste nicht am selben Tag, denn wir haben keine einheitlichen Kulte, keinen einheitlichen Kalender. Im Grunde keine eigene Identität. Nur eine Ansammlung von Stämmen, durch Cherus vereint.“

„Ich bin mir sicher, der Glaube an Cherus wird die einigende Kraft sein, die dieses Reich braucht.“

„Bist du dir das?“ Hartried trat näher an Hermann heran. „Ihr huldigt noch immer den Feueraltären wie einst, oder?“

„Aber …“ Hermann stockte, die Worte kamen nur langsam. „Aber natürlich … Ist daran irgendetwas falsch? Wir opfern hier dem heiligen Feuer seit hunderten von Jahren. Trotzdem glauben die Menschen hier auch an die Göttlichkeit von Cherus, ohne Frage. Schließt das eine denn das andere aus?“

Hartried klopfte ihm auf die Schulter. „Nein, natürlich nicht. Cherus hat sich nie schlecht über das heilige Feuer von Bärenschlucht oder sonst einem anderen Stamm geäußert.“

Hermann schien sich zu beruhigen.

„Nur gehört dieses heilige Feuer euch“, sprach Hartried weiter, „aber Cherus gehört zu uns allen. Vergiss das nicht.“

Hermann nickte eifrig.

„Ach ja, der Grund, warum wir Euch hier empfangen.“

„Richtig“, sagte Hartried und nahm wieder etwas Abstand von seinem Schwiegersohn. „Ist es wegen des Vorerntefestes?“

„Genau. Mein Vater meinte, das Fest gebührt seinem Volk und er kann nicht sein Volk und einen König gleichzeitig empfangen, ohne dass dabei der eine oder das andere zu kurz kommen würde. Deshalb sollte ich Euch hier draußen treffen und bitten, vorerst die Nacht hier zu verbringen. Morgen steht er Euch zur vollen Verfügung. Ich hoffe, das versteht Ihr.“

„Ja, das verstehen wir durchaus. Dein Vater hat weise gehandelt. Das Volk soll feiern und meine Anwesenheit soll dem nicht im Wege stehen.“

Heilige Bastarde, Kapitel 25, Teil 3

Es war Nacht, die Zelte waren aufgebaut. Hedwinna und Gartmund waren noch immer im Zelt von Hermann und Fryda. Seitdem sie sich wiedergesehen hatten, gab es für die beiden Frauen kein Halten mehr; unerlässlich tauschten sie sich darüber aus, was es so zu berichten gab.

Hartried hingegen schaute zum von unzähligen Lichtern erhellten Fürstenanwesen hoch. Von weitem drang der Lärm der Musik und des feiernden Volkes zu ihnen.

„Der Fürst von Bärenschlucht hat gute Gründe“, sprach der Altknecht, „Euch erst morgen zu empfangen, König. Er hat richtig gehandelt.“

„Ich glaube, er hätte auch ohne das Fest nach einem Vorwand gesucht, mich warten zu lassen. Pattmar konnte mich noch nie leiden.“

„Wir sind nicht hier“, mischte sich Gunlaug ins Gespräch, „um mit ihm diesen Streit erneut anzufangen. Wir sind hier, um ihn vor den Orks zu warnen und unser Vorgehen zu besprechen.“

„Du brauchst mich daran nicht zu erinnern. Wir kommen morgen gleich zum Punkt. Ich bringe das lieber so schnell wie möglich hinter uns und verbringe mehr Zeit mit Hermann und Fryda. Trotzdem …“

„Seid ihm nicht nachtragend“, bat der Altknecht. „Das wird uns und dem Reich Merow nicht nützen. Wir müssen uns auf die Gefahr konzentrieren und alte Streitigkeiten fürs Erste beilegen.“

„Streitigkeiten?!“, entfuhr es Hartried. „Er hat mich hintergangen!“

„Nicht das schon wieder …“, seufzte Gunlaug.

„Im Krieg gegen die Mykerios hätten seine Truppen genau den Unterschied machen können. Aber er verhielt sich neutral, wie er behauptete. Neutral!“ Hartried spuckte auf den Boden. „Wenn sich ein Merowa im Kampf gegen einen Feind neutral verhält, dann ist das Verrat.“

Der Altknecht versuchte zu beruhigen: „Wir sind hier nahe den Kolonien des Goldmeeres. Er tat es bestimmt, um sein Volk zu schützen und nicht den Zorn der Mykerios auf sich zu ziehen.“

„Ja, das behauptet er! Und dann versucht er, sich zwischen die Heirat von Fryda und Hermann zu stellen.“

„Das hat doch geklappt“, sagte Gunlaug, der diesem Thema bereits überdrüssig war. Wie lange war dieser Krieg nun her? Fünf Jahre? Es gab Anschuldigen, die vor dem Königs-Thing ausgetragen wurden, heftige Debatten, man drohte sich gegenseitig mit Blutvergießen. Es war Gunlaug, der oftmals mäßigend einschritt. Und schließlich die Heirat zwischen Fryda und Hermann vorschlug und wofür sich Hermann dankbarer zeigte als sein Vater. Aber es klappte. Die beiden waren glücklich und nun ist der Nachfolger des Fürstentums von Bärenschlucht dem König mehr als gewogen. Darum wollte Gunlaug nicht mit ansehen, wie die Gefühle wieder hochkochten. Schließlich brauchten sie nur zu warten. Gunlaug wünschte sich gewiss nicht, dass Pattmar so schnell wie möglich von der Zeit eingeholt würde … Der König würde es bestimmt nicht so offen sagen, aber wenn der Fürst von Bärenschlucht endlich das Zeitliche segnen würde und der treue Hermann die Herrschaft über das Fürstentum antreten würde, wäre der aufmüpfige Süden bestimmt wesentlich gehorsamer gegenüber dem König.

„Lass es gut sein. Wir haben die Zeit auf unserer Seite. Solange Hermann nichts geschieht, wird der Süden bald uns gehören.“

Hartried strich sich über das Gesicht und schaute zum Fürstenanwesen hoch. „Da hast du nicht unrecht.“

„Natürlich nicht. Denke am besten nicht weiter darüber nach und freue dich lieber, deine Tochter wiederzusehen.“

„Das werde ich.“ Dann wandte er sich direkt an die beiden. „Wir könnten ihm etwas vorschlagen. Sicherlich muss er sich auch bald zum Königs-Thing aufmachen. Wieso reisen wir nicht gemeinsam?“

Vielen Dank fürs Lesen!
Dieser Text erschien zuerst auf Götterdunkel.de

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