Impressionen zum Black Friday

in #deutsch6 years ago (edited)

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Der Schwarze Freitag hängt schon seit den letzten
Wochen als unheilbringender Tag in der Luft.

Meine Kollegen schwärmten schon ganz frenetisch
von diesem heilsbringenden Tag.
Zwei Kolleginnen unterhielten sich, wieviel Schuhe
sie in der letzten Woche gekauft haben.
Bei der einen waren es 10, die andere verkündete
stolz 11 Schuhe.
Strategische Aktionspläne wurden für den Black Friday
ausgearbeitet, um ja alle Schnäppchen erhalten zu
können.

Ich rang um meine Fassung.
Jegliche Resilienz,
jede Ausgeglichenheit,
jegliches, über Jahre erworbene empathische Verstehen,
half nicht mehr.

Meine Schnappatmung setzte ein und
ich musste schnellstens zur nächsten Kaffeemaschine
rennen.

Im Geschichtsunterricht wurde der Schwarze Freitag
im Jahr 1929 als finanzwirtschaftlicher Unglückstag
behandelt. Die New Yorker Börse brach zusammen.
Viele Aktionäre verloren ihr Vermögen.

Das kann ja heiter werden, dachte ich mir heute Morgen,
als ich aufstand.

In meiner Vorstellung kamen die Nazgûl,
die Schwarzen Reiter aus „Herr der Ringe“
und suchten unsere Stadt heim.

Ich schaute vorsichtig aus dem Fenster,
in der Annahme, mir würden schon die Einkaufstüten
um die Ohren fliegen.
Aber es hielt sich im Allgemeinen noch in Grenzen.

Bank_Fussgaengerzone_1_b.jpg

Aus meinem letzten Seminar habe ich gelernt, dass
ein ausführliches Sicherheitskonzept bei Gefahrenlagen
auszuarbeiten ist.
Also machte ich mich heute an die Arbeit und entwickelte
eine Sicherheitsanalyse.

(1) Einsatz in Hochrisikogebieten

Die Orte mit der höchsten Gefahrenstufe sind am heuten
Black Friday:

Schuhgeschäfte,
Bekleidungsläden,
große Kaufhäuser,
Schnäppchenläden,
Bäckereien,
Konditoreien,
Spielwarengeschäfte,
Baumärkte,
Einkaufszentren, …

Diese Orte müssen leider als DEFCON 1 eingestuft werden.
Dies bedeutet maximale Einsatzbereitschaft und alle
verfügbaren Kräfte müssen eingesetzt werden.

Für mich bedeutete es heute,
diese Hostile Environment, Orte mit höchster
Gefahrenstufe, großräumig zu meiden.

(2) Personenschutz

Mir kam der einigermaßen glückliche Gedanke,
für den heutigen Tag Personenschutz zu beantragen.
Botschafter, Stars, Wirtschaftsführer, Politiker,
Kronzeugen, Diplomaten, bekommen Personenschützer
zur Seite gestellt.
Nach längerem Überlegen musste ich leider zugeben,
dass ich keiner dieser schutzwürdigen Personen bin.
Zur Gefährdungsstufe 1, also Leute mit einem großen
Gefährdungsrisiko, gehöre ich auch nicht.
Obwohl, wenn ich an den Schwarzen Freitag denke,
bin ich mir da nicht ganz so sicher.

In einer klassischen Formation im Personenschutz,
in der Vierer-Raute durch die Fußgängerzone zu
schreiten, das macht schon was her.
Aber ob diese Schutzmaßnahme inmitten einer
Gruppe entfesselter, zu allem entschlossenen
Kaufwütigen wirkt, ist fraglich.

(3) Sonderschutzfahrzeuge

Für den heutigen Schwarzen Freitag wird mindestens
eine besonders geschützte Limosine notwendig sein.
Die Widerstandsklassen VR6, VR7 oder VPAM 10,
die einen relativ hohen Schutz bieten, müssen
in die nähere Auswahl gezogen werden.

Nun fahre ich leider nur mit der S-Bahn zur Arbeit.
Mein ansonsten fröhliches Lächeln gefriert
zunehmend ein.
Das bedeutet definitiv ein erhöhtes Risiko.
Zwischen Einkaufstaschen, Lastkarren, Trolleys,
Koffer, eingepfercht zu sein, ist in der Bahn nicht
angenehm.
Bekommt man die Handtaschen um die Ohren
geschlagen, befindet man sich tatsächlich im
Krisengebiet.

Eine relativ sichere Option wäre zu Fuß zu gehen.
Aber die Strecke wäre schon sehr weit, so dass
ich wahrscheinlich zum nächsten
Weihnachtseinkauf auf der Arbeit angekommen wäre.
Also vom Regen in die Traufe.

(4) Kritischer Zeitpunkt

Die Wahl des richtigen Zeitpunktes, um eine Gefahrensituation
zu umgehen, ist sehr wichtig.
An dem Black Friday habe ich leider nur ein sehr
kurzes Zeitfenster.
Bevor alle enthusiastischen, voller Verzückung geladenen
Käufer, die Straßen einnehmen, muss man sich in
Sicherheit gebracht haben.
Mein theoretisch erdachter, relativ sichere Zeitraum,
wäre morgens um etwa 6 Uhr.
Hier sind noch alle zur Arbeit fahrende Arbeiter und
Angestellte müde.
Eine überbordende Kauflaune ist bei ihnen noch nicht
im Ansatz zu erkennen.

Für den späten Nachmittag und Abend bin ich in einer
misslichen Lage.
Dann ist zu jeder Zeit eine Krisenstimmung.
Massen an begeisterten Kaufwütigen überrennen
einen in den Geschäften und Fußgängerzonen.

(5) Evakuierungsplan

Falls mein ausgeklügelter Zeitplan nicht helfen
sollte, muss ich mir einen Evakuierungsplan
überlegen.
Wie komme ich einigermaßen sicher
durch das Krisengebiet?
Wie schaffe ich es mit letzter Kraft zurück
nach Hause?
Welche Sicherheitsmaßnahmen muss ich
auf dem Weg ergreifen?
Was sind sichere Orte auf der Wegstrecke?

Die Bewegung an einen sicheren Ort ist der
alles entscheidende Faktor.

Bei dem Schwarzen Freitag gibt es leider fast
keine sicheren Orte.

Als sichere Orte mit einer relativen Deckung,
lassen sich noch

das Finanzamt,
das Museum für provinzialrömische Geschichte,
die Gemäldegalerie für mittelalterliche Meister,
das Institut für Mathematik der nahen Universität,
die Beratungsstelle des Verbandes für Brieftaubenzüchter,

einstufen.

Hat man für seine Evakuierungsroute die sicheren
Orte eingeplant, so kann man etwas beruhigter
den Heimweg antreten.

Mit einem mulmigen Gefühl, setze ich nun meinen
Fuß in das Hochrisikogebiet, Anno Black Friday,
im Jahr des Kaufrausches.

Elektrisierend blicke ich auf.
Trotz meiner sorgfältigen Sicherheitsanalyse
schlägt ein unguter Gedanke bei mir ein.

Voller Schrecken blicke ich in meinen
Küchenschrank.

Meine Müslitüte ist alle.
Das war ein Ippon, ich muss mich geschlagen geben.

Also muss ich heute in irgendeiner Art und
Weise an eine Müslipackung kommen.

Falls ich also keine Kommentare mehr
schreiben kann, bin ich mit der Müslitüte,
am Black Friday untergegangen.
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Die zeitlichen Lagestandsberichte habe ich im
Kommentarbereich dokumentiert.

Für spätere Sicherheitsanalysen können die
geschilderten Erlebnisse wertvolle Dienste
leisten.

Die Fortsetzung dieses Artikels könnt ihr unter

https://steemit.com/deutsch/@chruuselbeeri/black-friday-dokumentation-einer-katastrophe

lesen.

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Sort:  

Als sichere Orte mit einer relativen Deckung,
lassen sich noch...

"Gendertoiletten" kannst Du noch hinzufügen.
Noch haben die eher einen distanzierenden Effekt auf die Masse und können als Rückzugszone genutzt werden.

Danke für Deine Rückmeldung.
Beim Ausarbeiten einer Evakuierungsroute muss man
sich die sicheren Orte genau auswählen.
Viele Grüße.

Und das auch mal aktiv üben!
Theorie und Praxis stellen sich dabei als die sprichwörtlichen 2 Paar Schuhe heraus.

Dann hoffe ich mal, die

die Beratungsstelle des Verbandes für Brieftaubenzüchter

hat ausreichend Schutz geboten. Dumm nur, die Sache mit der Müslitüte... ob das mal gutgegangen ist? Tiefe Sorgen breiten sich aus.

Zum schwarzen Freitag würde Sokrates wieder mal sagen: Erstaunlich wie viele Dinge es gibt, die ich nicht brauche.

Hast mir mit deinem Artikel ein dickes Lächeln auf's Gesicht gezaubert, herzlichen Dank dafür!

Danke für Deine nette Rückmeldung.
Manchmal lassen sich höchst komplizierte Sachverhalte
mit einer kleinen Dosis Humor erklären.
Daher ist der Science-Slam sehr beliebt bei den Leuten.
Vielen Dank und viele Grüße.

Lagestandsbericht, 13.55 Uhr, mitteleuropäischer Zeit:

An meinen leidlichen Erlebnissen will ich Euch
natürlich zeitnah teilhaben lassen.

In unserem Büro kündigen sich schon erste
seismische Wellen an.
Das Epizentrum liegt in einem Einkaufszentrum, welches
etwa 300 Meter von uns entfernt ist.

Meine Kollegen werden schon unruhig.
Handtaschen, Beutel, Trolleys und sonstige Behältnisse
stehen schon für das Einkaufen bereit.

Ich begebe mich langsam in Deckung.
Allmählich anschwellendes Grollen ist im Hintergrund
zu spüren.

Einkaufszentrum_01.jpg

Der ausführliche Bericht ist unter folgendem Link zu finden:

https://steemit.com/deutsch/@chruuselbeeri/black-friday-dokumentation-einer-katastrophe

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Hallo @cleverbot .

Kann ich bei dir eine Einzel-Supervisionseinheit
buchen?

Ich komme aus Deutschland.

Das ist schön. Wir müssen immer eine bestimmte
Anzahl an Supervisionssitzungen nachweisen.
Da kann ich mich ja bei Dir ganz ausführlich
aussprechen.

Du hast aber schon spanisch und englisch gesdprochen.

Wir können uns auch in anderen Sprachen
unterhalten.
Bist Du der Sicherheitsbeauftragte Eures
Unternehmens?

Denkst du das war es warum meine Freundin mit mir Schluss gemacht hat?

Sicherheit ist immer etwas Gutes.
Maslow schreibt sogar, dass es ein
Grundbedürfnis ist.
Mir half es, als ich den Notausgang
benutzt habe.

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Ich muss mir auch immer wieder ans Hirn langen.
Hauptsache man preis Dinge mit FETTEN Rabatten an.
Dann sind die Leute interessiert.

Und was da alles gekauft wird NUR weil es JETZT REDUZIERT ist.

Ein Konsumfest vom Feinsten...

Wo ich schwach werden könnte ist bei ein paar Games, die gerade in meiner Steam-Liste mit dicken Rabatten angeboten werden.
Die habe ich aber teilweise schon ein Jahr und länger auf meiner Liste... Da könnte man zuschlagen, wenn das Game anstatt 19€ nur 8€ kostet.
Das geht... alles andere ist mir zu extrem, zu teuer, zu kommerzig...

Danke für Deinen netten Kommentar.
Das Denken hat sich schon sehr verändert.
Alles Gute und viele Grüße.

Hallo @chruuselbeeri, super Bericht über den Black Friday, habe mich sehr amüsiert. Liebe Grüße Alexa

Danke, dass der Bericht Dir gefallen hat.
Vielen Dank für Deine Rückmeldung.
Alles Gute und ein schönes Wochenende.

Sehr erfrischend andere Art, mit diesem Thema umzugehen :D

Danke für Deinen netten Kommentar.
Der beschriebene Tag hat mich schon geschafft.
Ich habe ihn aber letztlich überstanden.
Viele Grüße.

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Danke Drotto, danke Patternbot für die Aufmerksamkeit.
Viele Grüße.

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