Biestjaeger: Die Schwarze Pyramide - 005 - Die Bürde eines Lebens(3)

in #deutsch7 years ago

»Ich werde nach Therben sehen. Die Hand muss gut versorgt werden sonst entzündet sie sich und dann müssten wir sie abtrennen.«
»Ich bin hinten auf dem Übungsplatz. Kommt dorthin wenn ihr fertig seit.«
»Wie ihr wünscht, Grundherr.«

Er wollte mit den Übungen anfangen aber das Frühstück machte ihn dafür zu träge und nach wenigen Minuten hätte er sich übergeben müssen. Mit seinem Schwert hockte er sich schwer atmend auf den Übungsplatz. Gedankenfetzen blitzen auf. Der Straban, wie er Therbens Hand zerfetzte, Hildrins Gesicht, sie lächelte, dann Therben wie er schlief, der Regen, rauschende Blätter, die Kappe des Jungen, Tatzen mit gelben Krallen, Reißzähne, Dunkelheit. Dimitrion wurde schwindelig und er fiel nach hinten, das Schwert fiel ihm klirrend aus der Hand und jemand rief seinen Namen. Ein Gesicht tauchte über ihm auf und er wurde hoch gehoben. Undeutlich konnte er hören wie sein Name gerufen wurde. Doch es war wie durch einen Nebel verschleiert und klang hohl und entfernt.

»Hört ihr mich, Grundherr?«
Es roch scharf und sein Blick klärte sich. Benommen sah er sich um und gewahrte Serrin und Merthan neben sich.
»Herr, geht es euch gut? Was ist passiert?«, fragte Merthan besorgt.
Dimitrion stützte sich an Merthans Schulter ab.

»Schon gut. Mir geht es gut, Merthan. Ich bin nur unglücklich gefallen, dass ist alles«, log er ihn an.
Doch Serrin konnte er nicht täuschen. Sie wusste was Dimitrion widerfahren war aber sie schwieg.
»Ich mache euch einen Tee, Grundherr«, sagte sie und ging ins Haus zurück.
»Danke. Ich bin tatsächlich durstig«, stellte er fest.
»Seid ihr krank, Herr? Der Regen war gestern schlimm, vielleicht eine Erkältung?«
»Ja, dass wird es sein, Merthan. Keine Sorge, Serrin hat bestimmt etwas in ihrer Kräutertasche was mich wieder auf die Beine bringt.«

Er schloss die Augen und atmete mehrmals tief ein. Er roch den Stall, die blühenden Bäume, Blumen, Merthans Schweiß, den Sand auf dem Platz. Merthan betrachtete seinen Herrn trotzdem besorgt. Dann holte er das Schwert und lehnte es an den Zaun neben Dimitrion.


»Wie geht es Therben?«, fragte der Halbelf.
»Er war nur kurz wach und hatte starke Schmerzen. Die Kräuterfrau hat ihm Tropfen gegeben und er schlief wieder ein. Dann hat sie die Salbe und den Verband gewechselt. Sie sagte, dass sie ihn jeden Tag so behandeln wird bis eine Woche vorbei wäre.«

Dimitrion nickte. Das waren gute Neuigkeiten. Wenn die Wunde bis morgen kein Wundbrand entwickelte, könnte Therben seine Hand behalten. Serrin kam mit dem Tee zurück. Früchtetee, einfacher Früchtetee befand sich im Becher. Serrin unterdrückte ein Grinsen. Nach dem der Becher zur Hälfte leer war, stellte er ihn beiseite.

»Merthan, geh in den Vorderhof und falls die Suchgruppe eingetroffen ist, begrüße sie in meinem Namen und sage ihnen, dass ich gleich kommen werde.«
Merthan blickte zur Kräuterfrau, dann zu seinem Herrn. Er nickte.
»Ja, Herr.«

Nachdem er gegangen war, sprach ihn Serrin an.
»Ihr hattet eine Vision, Grundherr. Euer Volk ist tief mit der Natur verbunden. Ich hatte mich schon gefragt, wann ihr eine haben werdet. Wir Druven brauchen dafür Kräuter und Liederformeln um uns in eine Trance zu versenken. Was habt ihr gesehen?«

Dimitrion sagte es ihr. Die Kräuterfrau nickte und stützte ihr Kinn mit beiden Händen ab nachdem sie neben dem Grundherren Platz nahm.

»Es gibt große Tiere in den Bergen, Bären, die einem Mann mit einem Schlag das Genick brechen können. Ein Junge wie Jillen würde von der Größe her zu ihrem normalen Beuteschema passen.«
»Dann werden wir Jillen wohl nicht mehr lebend finden«, mutmaßte Dimitrion. »Zumindest wissen wir was ihm zugestoßen ist.«
»Noch ist er nicht tot, Grundherr…«
»…er ist nur weit weg«, beendete er den Satz.
»Genau.« Serrin stand auf. »Wir sollten aufbrechen damit wir keine Zeit verlieren.«


Die beiden gingen in den Vorderhof, wo schon zwei dutzend Männer warteten und sich angeregt unterhielten. Sie grüßten den Grundherrn und die Kräuterfrau. Dimitrion sah Jergen und Birden, doch Nirven war nicht dabei. Nach kurzer Absprache brachen sie in den Wald auf. Doch Dimitrion hatte wenig Hoffnung wegen dem gestrigen Regen noch verwertbare Spuren zu finden. Er irrte sich. Dimitrion stand in der Nähe des Baches wo dieser unterirdisch weiter lief, als er an einem Felsen einen durchnässten, kleinen Lederbeutel fand. Aus dem geöffneten Beutel kullerte der Inhalt in seine Hand.

Trollbeeren.

Nach der Größe des Beutels zu urteilen, waren weniger drin als hinein passten. Dimitrion sah auf und Serrin dachte dasselbe wie er.
»Der Junge hat wohl gedacht, er würde dem Strabanvogel eine süße Abwechslung bieten und wusste nicht, dass die Beeren erst abgekocht werden müssen, damit das Gift unschädlich gemacht wird und sie anfangen süß zu schmecken«, sagte sie.
»Dann fing der Vogel an Schaum zu spucken, er bekam Angst und flüchtete in die Berge. Hier traf er auf die Tiere und er rannte wieder zurück.«
»Die meisten Raubtiere reagieren auf Flucht wie ein Stier auf ein herum geschwungenes Tuch. Er muss furchtbare Angst gehabt haben«, sagte Serrin.
Hätte er seine Tat gebeichtet, hätte er zwar eine Bestrafung bekommen aber wäre noch am Leben. Nun schien die Lage schlimmer als eine Strafarbeit und den Hosenboden von seinem Vater versohlt zu bekommen.
»Wir machen Rast«, rief er und die Sucher begannen die eingepackten Mahlzeiten gierig zu verdrücken.
Währenddessen teilten er und die Druvin der Suchgruppe mit was sie vermuteten. Dennoch würden sie ihre Suche fortsetzen, bis sie den Jungen gefunden hätten ... doch in Dimitrion nagte der Zweifel.

Folgte man dem Verlauf des unterirdischen Baches kam man nach wenigen Metern an eine Stelle die zu einer hausgroßen Höhle führte. Die Wände waren mit Moos bewachsen und etwas Licht schien durch den Bach schwach herein. Der Junge lag gefesselt und geknebelt auf dem Kalten Boden und betrachtete ängstlich seine schlafenden Entführer. Er rieb seine Fesseln an einem Felsvorsprung auf und hoffte, dass die Echsen nicht aufwachten. Jillen war geflüchtet als der Vogel anfing zu würgen und zu spucken. Ohne das ihn jemand bemerkt hatte, schlich er sich davon. Zu Hause angekommen schnappte er sich Brot, Käse und Wurst. Im Wald wollte er ein paar Tage bleiben, bis niemand mehr an den toten Vogel dachte. Mama und Papa würden sehr böse sein und wenn Vater auf ihn wütend war, was selten vorkam, dann legte er Jillen übers Knie und danach konnte er eine Woche nicht richtig sitzen. Die Kreatur regte sich. Jillen verharrte. Doch das Wesen schlief weiter. Jillen zerschnitt die Seile immer schneller und er fühlte, dass sich die Fasern zu lösen begannen. Es konnte nicht mehr lange dauern, dann wäre er endlich frei. Zum Glück hatten sie nicht seine Beine gefesselt, dass würde ihm mehr Zeit geben zu flüchten. Die Kreatur regte sich wieder. Doch diesmal schnitt er weiter seine Fesseln auf.


Jetzt. Ja.
Sie lösten sich von seinen Handgelenken und er war frei. Frei. Er nahm den Knebel aus dem Mund und während er seine tauben Hände rieb, sammelte er Speichel. Durch den Knebel war sein Mund ganz fürchterlich trocken und die Hände taten ihm weh. Ganz langsam kroch Jillen auf den Bach zu. Einen Meter, dann zwei. Jillens Herz klopfte laut. Dann war er am Bach und er wollte gerade hinein springen als er hinter sich ein Zischen hörte. Sein Herz stockte und Jillen sprang verzweifelt los.
Zu spät. Eine Klaue packte ihn und zog in zurück in die Höhle. Ein zweites, wütendes Zischen ertönte und das letzte was der Junge sah, war eine Klauenhand die auf seinen Kopf zuraste. Dann war da nichts mehr…

Gegen späten Nachmittag löste sich die Gruppe auf Dimitrions Hof auf und alle gingen ihrer Wege. Serrin ging in die Küche um für Therben noch mal einen Tee zu brühen. Der Halbelf stand noch einen Moment da und dachte, dass er dringend jemand bräuchte der ihm helfen könnte.
Nein, keine Jemands ... Waffenbrüder ...
Er ging geradewegs auf das Haupthaus zu und dort in den Keller. Dort gab es ein geräumigen Zimmer, zu dem nur er den Schlüssel besaß. Dimitrion öffnete die Tür und verschloss sie hinter sich. In dem Raum befanden sich ein großer Tisch mit allerlei Gerätschaften wie Ampullen, Röhren, Gläsern, Drähten und Schüsseln. Daneben stand ein Regal gefüllt mit verschiedensten Büchern über Schamanismus, Alkemy, Heilkunst, Waffen, Rüstungen und Legendenerzählungen. Auf der anderen Seite des Raums waren Waffen an der Wand aneinander gereiht. Es gab einen Abzug der für frische Luft sorgte und ein schlichtes Bett in der hinteren linken Ecke. In der Mitte stand ein hüfthohes und halben Meter breites Kohlebecken, dass mit Runen verziert war. Dimitrion zündete es an und begann die Formel für den Äther anzustimmen. Es war dasselbe Ritual, dass die Aetherkundigen in ganz Khayren verwendeten um mit jemanden Kontakt aufzunehmen. Nach vielen langen Stunden spürte Dimitrion ein Prickeln auf der Haut. Er hatte es geschafft seine Freunde zu erreichen.

wird fortgesetzt ...

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(Das Thumbnail ist von mir, die anderen Bilder sind von pixabay)

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