Biestjaeger: Die Schwarze Pyramide - 003 - Die Bürde eines Lebens

in #deutsch7 years ago

Am gleichen Abend kam eine Gruppe aus dem Dorf den Weg zum Anwesen hoch. Sie trugen Fackeln und wurden vom Dorfvorstand, dem Priester und Nirven angeführt. Von der Bank, auf der der Halbelf saß, konnte er ein Pärchen sehen, dass sehr verstört wirkte denn die Frau weinte bitterlich und ihr Mann versuchte sie zu trösten obwohl auch ihm die Tränen in den Augen standen. Der Dorfvorstand deutete auf den Grundherr und sie eilten auf ihn zu. Dimitrion stand auf und begrüßte die Leute.

»Herr, etwas furchtbares ist geschehen«, eröffnete Jergen, der Dorfvorstand.
Er war in einen Mantel gehüllt und man konnte in dem schwächer werdenden Licht nur eine Stoffhose und ein Baumwollwams erkennen. Auf seinem Kopf saß eine Kappe die ihn als den Dorfvorstand erkenntlich machte und ihm im Rat eine Stimme zuteilte.
»Was ist denn passiert? Setzt euch, ihr seht erschöpft aus.“
»Danke, Herr.“

Jergen setzte sich unter einem keuchendem Schnaufen auf die angebotene Bank und tupfte sich mit einem Tuch die Schweißtropfen von der Stirn. Nach zwei tiefen Atemzügen fing er an zu erzählen.

»Die Kinder wurden entführt.«
»Welche Kinder?«, fragte Dimitrion.
Der Dorfpriester trat vor, an seiner Seite das Pärchen, dass dem Halbelf schon vorher aufgefallen war.

»Dies sind der Weber Kemen und seine Frau Gritt«, sagte der Priester Birdan.

»Sie kamen gegen Nachmittag zu mir und sagten, dass sie ihren Sohn vermissten. Er sei zwar ein kleiner Streuner aber zu den Mahlzeiten immer zuhause, doch weder zum Mittag noch zum Abendbrot war er daheim. Sie suchten ihn im Dorf und fragten die Nachbarn ob sie ihren Sohn gesehen hätten. Hefrim, der Schmied sagte dann, dass er einen Jungen gesehen hat, der in Richtung Berge gelaufen wäre. Danach sind sie zu mir gekommen und wir haben den Dorfvorstand und den Heiler geholt um eine Versammlung abzuhalten. Wir kamen überein, dass wir euch zu Rate ziehen sollten. Ihr wart doch ein Abenteurer und wir hoffen, dass ihr uns helfen werdet.«

»Ihr dachtet wohl und selbstverständlich werde ich meinen Leuten helfen. Weber Kemen, tretet vor und sagt mir wie euer Sohn aussieht und wie er heißt«, sagte Dimitrion.

»Ja, Herr«, sagte Kemen und mit seiner Frau im Arm stellte er sich vor seinen Grundherren und mit zittriger Stimme teilte er ihm das geforderte mit.

»Er heißt Jillen und ist zehn Jahre alt, hat braunes Haar und dunkelbraune Augen und geht mir fast bis zur Brust.« Er machte ein entsprechendes Handzeichen. »Er ist ein guter Junge, ein kleiner Forscher, dass will er nämlich werden, Herr, und er streunt ständig im Dorf oder in den Feldern oder am Waldrand herum. Gritt sagt, dass er heute eine kurze grüne Hose und ein braunes Hemd trug. Wahrscheinlich hat er auch seine Forscherkappe auf, Herr, ohne die geht er nirgendwo hin. Eine kleine, flache, dunkelrote Kappe, die ich ihm zu seinem achten Geburtstag geschenkt habe.«
Gritt verfiel wieder in heftiges Weinen und Dimitrion bemerkte, dass ihr Bauch sich wölbte und vermutete das sie schwanger sei.

»Setzt euch doch. Ihr seid schwanger, nicht wahr?«, sagte Dimitrion.
Die Frau nickte unter ihrem Schluchzen nur und setzte sich neben den immer noch schnaufenden Dorfvorstand.

»Hefrim. Ihr saht den Jungen in die Berge laufen?«

»Ja, Herr. Heute Vormittag schmiedete ich einige Kettenglieder und während einer kurzen Pause lief der Junge an meiner Schmiede vorbei und grüßte mich höflich. Ich fragte ihn, wohin er denn grade gehen wollte und er sagte er hätte gestern ein Eichhörnchen am Waldesrand gesehen und heute wollte er es wieder suchen. Ich wünschte ihm viel Glück und dann lief er auf die Berge zu. Das ist alles, Herr.«

»Danke Hefrim. Ich schlage vor, dass wir noch Serrin holen, die ist häufig im Wald und den Bergen unterwegs und sie könnte uns mit ihrem Wissen sehr von Nutzen sein. Wir holen uns noch mehr Fackeln und versuchen noch heute Abend eine Spur zu finden. Rasch, wir haben nicht mehr viel Zeit bevor die Sonne untergegangen ist.«

Alle stimmten zu und nachdem sie auch Serrin geholt hatten, machten sie sich auf die Suche nach dem verschwundenen Jungen. In der ersten Stunde fanden sie keine Spur. Nach zwei weiteren Stunden fing es an dunkel zu werden, da hörten sie die tiefe Stimme von Hefrim rufen.
Sofort liefen alle zu ihm und der Schmied hielt eine Kappe in der Hand.

»So wie der Weber die Kappe beschrieben hat, müsste das die Kappe des Jungen sein«, sagte der Priester.

Sie hatten das Pärchen in Magruns Obhut gelassen, sie waren zu erschöpft um an einer so großen Suche teilzunehmen.

»Dann haben wir unsere erste Spur. Der Junge war hier und etwas muss ihm zugestoßen sein. Ich kann sehen, dass der Junge wieder auf das Dorf zugerannt sein muss. Die Fußspuren liegen weiter als normal auseinander und sie kommen aus südwestlicher Richtung. Dann hat er sich hinter diesem Baum versteckt. Dort enden die Spuren und der Boden ist aufgewühlt. Wir sollten die Spur zurückverfolgen, vielleicht finden wir etwas, das uns Aufschluß darüber gibt, wovor er weggerannt ist. Hoffentlich finden wir ihn bevor die Sonne untergeht und wir die Suche abbrechen müssen«, sagte Dimitrion und die Dorfleute waren aufgrund seiner Erkenntnisse erstaunt.

Nur sehr wenige kannten die Fähigkeiten von anderen Rassen wie den fast ausgelöschten Elfen und Zwergen. Die meisten Dörfler waren Bauern und ihr Acker war ihr Leben, von den erdverbundenen Kräften hatten sie nie oder nur in Märchen und Legenden gehört.

»Ich kann auch Spuren von etwas anderem erkennen, aber ich kann sie nicht genau bestimmen.«
»Vielleicht versuchte der Junge sich vor einer Rotte Keiler in Sicherheit zu bringen. Wenn sie ihre Frischlinge bedroht sehen, greifen sie alles an. Wenn der Junge sich hier in der Nähe versteckt hält, sollten wir ihn bald finden«, sagte der Dorfvorstand.


Dimitrion nickte, doch an eine Rotte Keiler glaubte er nicht.
Sie folgten den unbekannten Fußspuren und der Halbelf erkannte an den tieferen Eindrücken, dass jemand den Jungen getragen haben musste. Außerdem schätzte er, dass es drei gewesen sein mussten. Nach einer knappen halben Stunde endeten die Spuren an einem Bergbach. Die Bäume standen hier weiter auseinander und sie sahen die Mondeverdeckt im wolkigen Abendhimmel aufsteigen. Ohne Zweifel würde es bald anfangen zu regnen. Zusätzlich zur Schneeschmelze, die Flüsse und Bäche überflutete käme niemand mehr voran. Der Bach war tief und kalt. Sie folgten dem Verlauf der nach einer Biegung im Gestein verschwand und unterirdisch weiter floss. Es war inzwischen dunkel geworden und sie zündeten die Fackeln an. Bis auf Dimitrion versuchten alle angestrengt etwas von dem Jungen oder seinen Entführern zu finden.

»Serrin, wisst ihr wohin der unterirdische Verlauf führt?«, fragte Dimitrion.

»Er fließt in Richtung Süden. Dort können wir nicht hin, das Gelände ist zu stark zerklüftet. Wenn ich richtig liege, tritt der Bach erst hinter der Gebirgskette wieder an die Oberfläche.«

»Falls der Junge da hinein gefallen ist oder gestoßen wurde, dann wird er ertrunken sein«, flüsterte der Halbelf. »Auf jeden Fall beenden wir die Suche für heute. Wir gehen zurück und suchen morgen weiter, dann können alle wieder mehr sehen und je mehr Augen mithelfen desto eher finden wir vielleicht noch etwas«, rief er den Dorfleuten zu.

»Warum hören wir jetzt auf … der Junge muss hier doch irgendwo sein?«, rief jemand.
»Selbst ich sehe kaum noch etwas und gleich wird es wie aus Eimern regnen, die Fackeln werden dann auch keine Hilfe mehr sein.«

Gemurmel kam aus der Gruppe. Natürlich wollte jeder den Jungen finden. Doch wie sollten sie das schaffen, wenn sie keine zwei Schritte mehr sehen konnten?

Mit einem letzten besorgten Blick in den Wald zurück, führte er die Gruppe wieder zum Gut. Unterwegs dachte er über die Spuren nach, die er gesehen hatte. Er kannte kein Tier oder Kreatur zu denen sie passten oder die in diesen Wäldern heimisch waren. Es gab auch kein Blut, der Junge wurde also nicht von Tieren gerissen. Solange sie nicht wussten wie es ihm in Wirklichkeit ergangen war, ging er davon aus dass er noch lebte und sie ihn finden würden. Gab es einen Zusammenhang zwischen der wahrscheinlichen Vergiftung des Strabanweibchens und dem Verschwinden des Webersohnes?

In seine Gedanken vertieft, merkte Dimitrion den Regen erst als ihm eine nasse Strähne ins Gesicht fiel. Passend zu dem heutigen Tag, würden sie alle auch noch durchnässt nach Hause kommen.
Magrun und Hildrin erwarteten sie schon mit Decken und einer Schale dampfender Hühnersuppe. Sie trockneten sich und schlürften die dampfende Suppe. Die Küchenmagd ging auf Dimitrion zu.

»Herr, ich habe euch neue Kleidung rausgelegt.«
»Danke dir Hildrin.«

Hildrin wurde rot und schaute sich verstohlen um ob jemand sie beobachtete. Es schickte sich nicht das ein Grundherr seinen Mägden, zumindest in der Öffentlichkeit, gegenüber Gefühle zeigte oder sie gar küsste. Schnell huschte Hildrin weiter um die nächste Suppe auszuschenken. Auch Dimitrion wurde klar was er eben getan hatte, doch niemand schien es bemerkt zu haben. Außer Serrin. Sie sah zu dem Halbelfen rüber und er sah dass sie versuchte ihr wissendes Lächeln hinter der Schale zu verstecken. Magrun teilte ihm mit, dass sie das Weberpärchen in eine Kammer gebracht hatte damit sich die Frau ausruhen konnte.

»Wann wollen wir morgen mit der Suche fortfahren?«, wollte Jergen wissen.
»Bei Sonnenaufgang.«

wird fortgesetzt ...

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(Das Thumbnail ist von mir, die anderen Bilder sind von pixabay)

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