19. November bis 25. November 2018 - Wochenrückblick in eigener Sache

in #wochenrueckblick6 years ago

Sonntagszeit - BRenNgLASzeit !

Ein gut gelauntes Hallo an alle, die auch in dieser Woche wieder den Wochenrückblick aufgeschlagen haben.

Über mangelnde Leserreaktionen konnte ich mich in dieser Woche mit Sicherheit nicht beschweren. Obwohl die Themenverteilung sich auf alle Beiträge in dieser Woche verteilten, fiel mir auf, dass eine Frage meine Leser (egal ob vom Wochenrückblick, dem Übersetzer oder beim Ausflug in die Küche) ständig auf der Zunge liegt:
Was hat dieser Typ, dort unten in Kroatien, eigentlich getrieben, als andere Menschen sich für einen vernünftigen Beruf entschieden haben?
Es ist keine neue Frage, die ihr mir hier auf den Schreibtisch gelegt habt. Sie wurde mir tatsächlich bereits vor 10 Monaten gestellt und ich gab geduldig eine Antwort darauf. Das Problem war lediglich, als ich die Antwort endlich über die Lippen brachte, hat es dann doch nur noch 9 Leser wirklich interessiert.
Sehr ernüchternd, wenn man bedenkt, dass ich mir wirklich Gedanken gemacht hatte!

Somit ist der heutige Rückblick in eigener Sache quasi wörtlich zu sehen.


… und das sind dann die Themen für diese Ausgabe:

  • Rückblick in eigener Sache oder der gläserne Chefredakteur
  • Der Buchtipp entpuppt sich in dieser Woche als Autorentipp
  • Was die Musik betrifft, hatten wir Besuch von einem alten Bekannten
  • Der Abspann darf als Tummelplatz für all jene angesehen werden, die es nicht auf die Titelseite, bzw. in die Ganz fetten Schlagzeilen geschafft haben
  • Etwas Werbung sichert das Überleben
  • Das Impressum setzt den Schlusspunkt

Was soll aus dem bloß werden?

Während Rudi Dutschke das Mikrofon im Audimax der FU-Berlin oder das Megafon auf der Straße nutzte, Dany le Rouge (Daniel Cohn-Bendit) die Studenten aus der Sorbonne raus auf die Champs-Élysées führte, saß ich in meiner Bank des Knabenrealgymnasiums und freute mich wie Bolle über die erstmals eingeführte Oberstufenreform. Physik und Chemie gehörten ab sofort der Vergangenheit an und wurden als Hauptfächer von Sport und Musik ersetzt. Ungewollt hatten die Kultusminister für mich das maßgeschneiderte Abi auf den Weg gebracht.

Die Planung für die Zukunft konnte also beginnen. Ganz weit oben auf dieser Liste war das Vorhaben verankert, endlich eine Freundin zu finden, die nicht so viele Fragen auf Lager und keinen Hang zum Klammern hat. Denn die mit den Fragen und dem UHU an den Händen kannte ich bereits.

Dass es solche Exemplare live und in Farbe gibt, wusste ich genau, da die Fernsehreportagen über die Studentendemonstrationen in Berlin oder Frankfurt voll davon waren. Das Problem war lediglich, dass ich frustriert an der Saar und die Objekte meiner Begierde an der Spree saßen. Doppelt kompliziert machte es der Umstand, dass ich körperliche Schmerzen eigentlich gar nicht leiden kann. Die Aussicht, mir vor dem Axel-Springer-Haus einen harten Stock von einem Polizisten auf meinen Kopf schlagen zu lassen, fand ich jetzt wirklich überhaupt nicht sonderlich prickelnd. Da konnte meine sexuelle Begierde auch noch so hohe Wellen schlagen.

Außerdem hatte ich mich gerade erst daran gewöhnt nicht mehr mit Franc, sondern mit der Deutschen Mark den Mohrenkopf bei Feinkost Herrmann zu kaufen. Für zehn Pfennig gab es den Kaugummi aus dem Automaten. Darüber hinaus hatte es sich herumgesprochen, dass es außer Französisch, Latein und Altgriechisch auch noch eine andere Fremdsprache gibt. Und die ertönte immer lauter aus den Transistorradios. Radio Luxemburg war gestern.

Die Nähe zu K-Town (Kaiserslautern), Baumholder und Ramstein machte sich bemerkbar. AFN war ganz schwer angesagt. Während Wolfman Jack uns den Nachhilfeunterricht in Sachen Musik erteilte, begriff ich, dass ich bei der Auswahl meiner Musikinstrumente den Griff ins Klo getätigt hatte. Keine Sau spielte mehr Saxophon und Klarinette. Außer den Jazzern – aber die Musik öffnete zu der Zeit keinen einzigen BH-Verschluss. Also noch ein Problem mehr. Keine Lust auf Schmerzen und keine Gitarre zur Hand.

Kaum hatte sich das mit der Schule erledigt, hielt der Staat die nächste Überraschung für mich bereit. Ich sollte mich umziehen. Und zwar komplett in olivgrün. Einen Hut aus Stahl wurde mir ebenso versprochen. Außerdem sei für Unterkunft und Verpflegung bestens gesorgt.

Die Sache war nur die, dass ich schon als Kind ziemlich bockig war, was meine Mutter in die Nähe der Verzweiflung und meinen Vater vergessen ließ, dass Gewalt auch keine Lösung ist. Aber und da war ich mir ganz sicher, olivgrün steht mir überhaupt nicht. An der Farbe fehlte es mir an der Heiterkeit, etwas, was man auf seinem Weg durch den Tag eigentlich immer dabei haben sollte.

Mir boten sich drei Möglichkeiten. Der Umzug nach Berlin (inklusive Transit und Schlagstock), der damals gleichbedeutend mit einer Wehrdienstbefreiung war, ab ins Ausland verschwinden oder die unsägliche Gewissensprüfung. Während in Prag die Menschen erkennen mussten, dass nach dem Frühling auch die Eiszeit kommen kann, die Amerikaner der Welt bewiesen, wie man Menschen bei lebendigem Leib grillen kann, sollte ich mich den Fragen alter Männer stellen, die sich vielleicht mit Uniformen, aber nicht mit heiterer Kleidung auskannten. - Hallo Basel. Ich wäre dann auch mal da.

Von Basel ging es über Auxerre dann nach London, wo mir augenblicklich bewusst wurde, dass ich in der Schule eigentlich gar kein Englisch gelernt hatte. Wäre mein Lehrer nicht ein solcher Versager gewesen, ich hätte den Portier bei Harrods höchstwahrscheinlich verstanden. Den musste ich nämlich um Hilfe bitten, das Gebäude zu finden, an dessen Tür ich klopfen wollte, um an einen Job zu gelangen. Dass ich auch mit einem besseren Englisch den freundlichen Herrn nicht verstanden hätte, fand ich erst später heraus. Der hatte sich nämlich mit Haut und Haaren dem Cockney verschrieben.

Soweit der erste Teil meines Rückblickes. Am nächsten Sonntag geht es dann ans Eingemachte!

Der Buchtipp

Damit er nicht bis in alle Ewigkeit der Geheimtipp in Österreich bleibt, habe ich mich in dieser Woche dazu durchgerungen, endlich einen Mann vorzustellen, dessen literarisches Schaffen in Deutschland, dem Saarland und in der Schweiz nahezu unbekannt ist.
Wenn es in der letzten Woche Eckhard Henscheid, war, der diese Bühne besetzte, so bin ich mir fast sicher, dass genau dieser Könner aus der Neuen Frankfurter Schule mit Sicherheit auch den einen oder anderen Band von dem Mann im Regal stehen hat, um den es heute geht.

Peter Altenberg

Peter Altenberg, eigentlich Richard Engländer, wurde 1859 in Wien in eine wohlhabende jüdische Kaufmannsfamilie geboren. Er scheiterte beim Versuch, ins bürgerliche Erwerbsleben einzutreten: Matura im zweiten Anlauf; Abbruch des Studiums, Abbruch einer Buchhändlerlehre. Schließlich trennte er sich von seiner Familie. Altenberg ging keiner geregelten Beschäftigung nach, tagsüber schrieb er im Kaffeehaus (Cafe Griensteidl, Cafe Zentral) seine kurzen Prosaskizzen, nachts fand man ihn im Nachtlokal; er lebt im Hotelzimmer. Bald war er eine stadtbekannte, exzentrische Erscheinung. Alkohol- und Drogenkonsum; im letzten Lebensjahrzehnt mit Unterbrechungen in Nervenheilanstalten. Altenberg, der heute als einer der maßgebenden Vertreter des Wiener Impressionismus gilt, war befreundet mit dem Kulturhistoriker Egon Friedell, dem Architekten Adolf Loos. Außerdem genoss er eine hohe Bekanntheit in der Wiener Literaturszene (Karl Kraus, Richard Beer-Hofmann, Felix Salten, Alfred Polgar, Arthur Schnitzler u.a.). Er starb 1919 in Wien.
Quelle

Jetzt habt ihr zwei Möglichkeiten, euch diesem außergewöhnlich humorvollen und oft sarkastischen Autor zu nähern. Nach und nach (denn nach spätestens dem zweiten Werk beginnt die Sucht) von “Wie ich es sehe” über “Was der Tag mir zuträgt” bis zu “Prodomus” oder “Semmering” alles zu verschlingen oder den Blick in eine kurze Zusammenfassung zu werfen. Ich rate zur ersten Variante. Jedoch sind Ratschläge, die umsonst zu haben sind, erst einmal mit Vorsicht zu genießen.😉

Ich verspreche euch beste Unterhaltung mit Peter Altenberg


In der letzten Woche klopfte ein alter Bekannter an die Tür der Redaktion und bat um einen Moment der Aufmerksamkeit, da er uns sein neues Album vorstellen wollte. Dem kamen wir gerne nach, denn von unserem Besucher wurden wir in dieser Richtung noch nie enttäuscht.

Robben Ford - Purple House

Robben Ford, 1951 in Kalifornien geboren, wird liebend gerne als ein Fusion-Gitarrist bezeichnet. In die Schublade werden bevorzugt die Musiker gesteckt, die mit ihrem Können verschiedenste Musikrichtungen zusammenführen. Ja, es ist unbestritten, dass er, neben Ry Cooder, wohl einer der besten auf diesem Gebiet ist. Meiner Ansicht nach, liefert Robben Ford, egal welches musikalische Gebiet er gerade mit den sechs Saiten beackert, hervorragende Musik ab. Und nur das zählt.
Nach seiner letzten Zusammenarbeit mit Larry Carlton auf der Jazz-Wiese, legt Robben Ford nun mit dem Purple House wieder ein eher vom Blues geprägtes Album vor.
Für mich eine absolute Kaufempfehlung an euch!

Robben Ford "Bound For Glory"

Was ist in dieser Woche noch so passiert?

Theresa May zeigt sich erneut überrascht von der Tatsache, dass Brüssel doch nicht dem Erdboden gleichgemacht wird, obwohl ihre drei Löwen zukünftig keinen Bock auf Landgang haben. Die Frage wird bleiben, wie lange diese Raubkatzen sich im kleinen Gehege wohlfühlen?

Friedrich Merz hat sich aus dem Bauhof Hammer und Meißel besorgen lassen (natürlich auf Kosten der CDU), um endlich die Mauern zwischen der AfD und seiner politischen Heimat einzureißen.

Spanien erinnert sich urplötzlich an einen vermoderten Wurmfortsatz namens Gibraltar. Italiens Regierung, nicht in der geistigen Verfassung frei stehende EU-Gelder ordnungsgemäß abzurufen, setzt lieber auf Abschottung und Provokation.
Und gleichzeitig suchen die Wellen des Mittelmeeres weiter Futter unter Frauen, Männern und Kindern auf ihrer Suche nach etwas Menschlichkeit.

Weil uns diese Sorgen ja nicht plagen und wir uns über viel schlimmere Dinge aufregen, werden wir auch immer kreativer, wenn es darum geht unserer Wut Ausdruck zu verleihen. So ein Autofahrer auf der A48, dem ein überholendes Auto entweder nicht gefiel oder einfach auf den Senkel ging. So beschleunigte er kurzerhand, unterrichtete den anderen Verkehrsteilnehmer mit dem ausgestreckten Zeigefinger, was er von ihm und seiner Kiste hält, beließ es jedoch nicht bei dieser Freundschaftsbekundung, sondern klatschte ihm noch so ganz nebenbei sein Mettbrötchen auf die Windschutzscheibe.
Es geht also doch mit der Menschlichkeit. Man muss halt nur genauer hinschauen.

In diesem Sinne verabschiede ich mich bis zu nächsten Ausgabe

Der Chefredakteur

Werbung in eigener Sache:

So bleibt mir nur noch der Hinweis auf den

#jazzfriday, der sich jede Woche meldet, den

#brennglas #wochenrueckblick am Sonntag und

#ganzwenigtext dann doch mit vielen Worten und Rezepten u.a. aus meiner Feder

Impressum

Sort:  

Soweit der erste Teil meines Rückblickes. Am nächsten Sonntag geht es dann ans Eingemachte!

War der erste Teil schon ein äusserst interessanter, wie amüsanter Rückblick auf das Leben, des mit den Worten jonglierenden jungen W., bin ich nun höchst gespannt wie es weiter geht und freu mich schon auf den nächsten Sonntag. 😎

... wenn mir nicht irgend so ein Trottel auf der Weltbühne oder zuhause im Kleiderschrank einen Strich durch die Rechnung macht und ich diese Ochsen zuerst zurück vor den Karren zerren muss?!
Bis dann
Wolfram

Hi @w74 - ich kann noch genau festmachen, wann du mir wirklich über den Weg gelaufen bist: es ist 6 Monate her, sagt mir die Kette ohne Alsheimer. Für alle, die es verpasst haben, hier der Link
Komm und begleite mich durch diese Nacht

Hallo Kadna,
danke dir, dass du damals an meiner Seite warst. Alleine hätte ich den Ausflug wohl nicht durchgestanden.
L.G.
Wolfram

Danke, dass Du uns Deine Erlebnisse mitgeteilt hast.
Ich finde Lebensgeschichten immer sehr interessant.
Man kann sehr viel von ihnen lernen.
Vielen Dank und nette Grüße.

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Be sure to leave at least 50SP undelegated on your account.

Hallo ich bin Mikrobi,

dein Beitrag hat mir sehr gut gefallen und du bekommst von mir Upvote.
Ich bin ein Testbot, wenn ich alles richtig gemacht habe, findest du deinen Beitrag in meinem Report wieder.

LG

Mikrobi

Danke für den Literaturtipp. Werde booklooker konsultieren.

Auf jeden Fall! Könnte ganz deine Wellenlänge sein.

Danke lieber Chefredakteur Wolfram für ein weiteres Erscheinen vom Brennglas, wieder sehr amüsant. Liebe Grüße Alexa

Hallo Alexa,

für ein weiteres Erscheinen vom Brennglas

... die Werbeeinnahmen ermöglichen es 😉

wieder sehr amüsant

das heißt, ich muss ganz harte Zeiten durchleben, um dich später amüsieren zu können????😎

L.G.
Wolfram

Hallo Wolfram,

wie jeden Sonntag wurde der Zeitungsjunge ungeduldig erwartet und, sobald er am Horizont wahrnehmbar war, abgefangen, damit er bloß nicht auf die blöde Idee käme, die aktuelle BRenNgLAS-Ausgabe in den Briefkasten zu werfen und damit die angespannte Wartezeit durch Schlüsselsuche und lange Wege unnötig zu erhöhen.

Schau an, das BRenNgLAS im neuen Gewand! Sehr angenehm, ist die Farbe Gelb doch bestens dazu geeignet, Sonnenlicht zu suggerieren und gute Laune zu verbreiten, was an einem trüben, nasskalten Novembersonntag keinesfalls als Nebensächlichkeit abgebügelt werden sollte.

Und wenn der Chef das Nähkästchen öffnet, ist sowieso alles paletti. Okay, mir ist eine leichte voyeuristische Ader vermutlich nicht abzusprechen, sonst würde ich die 20-Fakten-Beiträge nicht so gerne lesen, aber das gesamte Dorf, das sogleich im Verteiler landete, war ebenfalls begeistert ;-)
Sag, kann es sein, dass ich tatsächlich schon vor zehn Monaten zu den neun interessierten Lesern gehörte? Junge, wie die Zeit vergeht! Da können wir ja langsam mit den Vorbereitungen für unser einjähriges Jubiläum beginnen...

Danke für die Lese- und Hörinspirationen, ich freue mich auf nächste Woche,
liebe Grüße,

Christiane

Hallo Christiane,

der Verweis auf die 20 Fakten war sogar ursprünglich im Rohformat, musste jedoch weichen, da es dem Ganzen den Anschein der Selbstbeweihräucherung verliehen hätte.
Das kleine Facelifting im Outfit war dringend notwendig, da ich nicht im grauen Ausgehrock dem Winter nähern wollte.
Das mit der Kontaktfreudigkeit vor 10 Monaten muss überprüft werden! Dazu gibt es eine Extra-Meldung.
L.G.
Wolfram

Dazu gibt es eine Extra-Meldung.

Bitte?! Ich verlange eine Extra-Ausgabe... :-D

LG, Chriddi

Servus,

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