VieAnna Calling #31 : Secession – die Künstlervereinigung (Vienna/Austria)

Die Abkehr vom Historismus.

Nachdem ich das Ausstellungsgebäude der Wiener Secession bereits in diesem Beitrag vorgestellt habe, geht es heute um die Secession als Institution.

Das Wien um die Jahrhundertwende ist geprägt von unterschiedlichen historischen Baustilen. Stilistische Rückgriffe auf vergangene Kulturepochen sind das Kennzeichen des Historismus.

Dabei lehnt sich der Historismus an die verschiedenen Kunstrichtungen der Vergangenheit wie Antike, Romanik, Gotik, Renaissance und Barock an, wobei die verschiedenen Stilelemente untereinander vermischt werden und dadurch ihren unverwechselbaren Charakter erhalten. Dabei erfolgt eine Anpassung des Gebäudestils an die jeweilige Funktion.

Die Bauten der Wiener Ringstraße sind ein Paradebeispiel dafür. So wurde das Parlament als neohellenistischer Tempel konzipiert, der Wissenschaft wurde ein Renaissance-Palast (Universität) errichtet und der Kaiser residierte in einem römischen Forum (Hofburg).

Parlament (Quelle: Pixabay)

Hofburg (Quelle: Pixabay)

Die Standesvertretung der Wiener Architekten, Maler und Bildhauer war seit 1861 die Genossenschaft der bildenden Künstler , die ihren Sitz im Künstlerhaus hatte. Bis heute dient das Künstlerhaus im Stadtzentrum als Ausstellungsgebäude für zeitgenössische Kunst. Die derzeit laufenden Sanierungs- bzw. Umbauarbeiten sind nicht nur aus Gründen des Denkmalschutzes umstritten.

Die folgende Abbildung zeigt die Briefmarke, die 2011 anlässlich des 150-jährigen Bestehens des Künstlerhauses aufgelegt wurde.

Quelle

Zurück in das Jahr 1897. Eine Gruppe junger Künstler probt den Aufstand und wendet sich öffentlich gegen die vorherrschende Orientierung der Kunstakademie am Historismus, kritisiert die mangelnde Innovationsfreude und tritt für die Freiheit des individuellen künstlerischen Schaffens ein. Gefordert werden neue ästhetische, dem modernen Leben adäquate Ausdrucksformen auf allen Gebieten der Kunst.

Unter der Führung von Gustav Klimt spalten sich neunzehn progressive Mitglieder vom Wiener Künstlerhaus ab, darunter Koloman Moser, Josef Hoffmann und Joseph Maria Olbrich.

Gutstav Klimt 1913 (Quelle)

Die Wiener Secession (Abspaltung) als Vereinigung bildender Künstler Österreichischer Secession war geboren. Damit verliert das Künstlerhaus seine Funktion als maßgebliche Interessenvertretung aller Künstler.

Mit der Gründung der Wiener Secession begann in der österreichischen Kunst das Zeitalter der Moderne. Das konservative und in künstlerischer Hinsicht verschlafene Wien des 19. Jahrhunderts wurde plötzlich zu eine der kreativsten Metropolen weltweit.

Der Secessionsstil, besser bekannt als die Wiener Variante des Jugendstils war Teil einer gesamteuropäischen Kunstströmung, die in Frankreich als l'art nouveau und in Großbritannien als Modern Style bekannt wurde. Mit seinen typischen künstlerischen Gestaltungsprinzipien setzte er vor allem in der Architektur und Malerei neue Akzente.

Siehe dazu auch meine Beiträge Otto Wagner Pavillon Karlsplatz sowie Majolikahaus.

Das Gemälde Adele Bloch-Bauer I, entstanden 1907 wurde im Jahr 2006 um mehr als 106 Millionen Euro versteigert. Klimt hatte jahrelang an diesem Werk gearbeitet und dafür feinstes Blattgold, um ein Vielfaches dünner als menschliches Haar, verwendet.

Adele Bloch-Bauer I (Quelle)

Der Kuss ist eines der bedeutendsten Werke des Wiener Jugendstils und gilt als Klimt bekanntestes Werk, da es vielfach reproduziert und weltweit verbreitet wurde. Entstanden ist das Gemälde in Klimts goldener Phase in den Jahren 1908/09. Ausgestellt ist das Meisterwerk in der Österreichischen Galerie Belvedere in Wien.

Der Kuss (Quelle)

Dekorativ geschwungenen Linien und florale Ornamente fanden sich aber auch auf Möbeln, Teppichen, Tapeten, Geschirr, Mode und Schmuck. Damit strebten die Secessionisten eine Verschmelzung von Kunst und Alltag an.

Mit der Zeitschrift Ver Sacrum, schuf man ein weitreichendes und einflussreiches Sprachrohr für die Moderne Kunst. Der Zeitungstitel, der lateinisch für heiliger Frühling steht, ziert auch das im Jahr 1898 eröffnete Gebäude der Secession, das jungen Künstlern die Möglichkeit bot, ihre Werke einer großen Öffentlichkeit zu präsentieren.

Fassadendetail am Wiener Secessonsgebäude

Die Gruppe um die Wiener Secession brachte erstmals Künstler wie van Gogh oder die französischen Impressionisten nach Wien.

Für die Beethovenausstellung im Jahr 1902 gestalteten mehrere Künstler wandbezogene Arbeiten wie Mosaike, Reliefs und Skulpturen. Gustav Klimt schuf mit dem Beethovenfries ein secessionistisches Gesamtkunstwerk, das seit der Renovierung des Gebäudes Mitte der 1980er Jahre in einem speziell klimatisierten Raum im Untergeschoss des Secessionsgebäudes besichtigt werden kann.

Auszug aus dem Beethovenfries (Quelle)

Die Wiener Werkstätte wurde 1903 von Josef Hoffmann und Koloman Moser als Produktionsgemeinschaft bildender Künstler mit dem Ziel gegründet, das Kunstgewerbe zu reformieren. Es wurden sowohl Alltagsgegenstände als auch Schmuck und Möbel produziert.

Museum der Wiener Werkstätte der Firma Backhausen in Wien (Quelle)

Im Laufe der Zeit kam es zwischen den Secessionskünstlern aufgrund unterschiedlicher Kunstauffassungen immer wieder zu Meinungsverschiedenheiten.

Nachdem Gustav Klimt, Koloman Moser, Joseph Hoffmann sowie einige weitere Mitglieder im Jahr 1905 aus der Künstlervereinigung aus Protest gegen den "naturalistischen Flügel" austraten, verlor die Wiener Secession rasch an Bedeutung.

Bisherige Teile der Serie VieAnna Calling:
#01 - #30 Übersicht