Österreichische Regierung plant Ende für Anonymität im Netz.

in #politik6 years ago (edited)

Die Maßnahme soll sich gegen "Hass im Netz" richten... Wer's glaubt...


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So, ich hab euch vollkommen bewusst einen ganzen Tag Zeit gegeben. Man stelle sich vor, eine linke Regierung würde so was planen, da würde keine zwei Stunden später unsere Blockchain explodieren. Planen aber Rechte eine weitere Einschränkung der Grundfreiheiten, na dann ist's hier still. Ganz still. Und so muss dann wohl die linkslinke Zecke (bin ich überhaupt links, nur weil ich verkappte autoritäre Faschos ablehne?) namens Sco ausrücken, um das offensichtliche auszusprechen: Kehrt zuerst mal vor eurer eigenen Tür! Bzw. vor der Tür jener, die ihr gewählt habt.
Wegen der Glaubwürdigkeit warads...

Was ist geschehen?

Wie mehrere Zeitungen gestern berichteten, hat sich die österreichische Bundesregierung (bekanntlich eine rechtskonservative Koalition) darauf geeinigt, ein Maßnahmenpaket gegen "Hass im Netz" zu schnüren.Ref, ref Statt auf Prävention und Erziehung wird der Fokus wohl auf Kontrolle und Zensur liegen (surprise). Zentraler Punkt: Social Media Plattformen sollen verpflichtet werden, auf Anfrage der Behörde die Klarnamen verdächtiger Personen rauszurücken. Und zwar ohne richterliche Anordnung.
Der Aufhänger dafür ist ein Fall einer ehemaligen Politikerin, die eine sexuelle Belästigung via Facebook öffentlich machte, und daraufhin zu einer Geldstrafe wegen Rufschädigung verurteilt wurde, weil der Betreiber des Profils Zweifel daran geltend machen konnte, dass die Nachrichten tatsächlich von ihm selbst verschickt worden seien.

Viel mehr weiß man noch nicht, die Regierung ist wie gewohnt eher sparsam mit Informationen, und man darf vermuten/hoffen, dass das Ganze mehr ein abstrakter Ideenhaufen ist, der zur Augenauswischerei ins Volk geworfen wurde. Aber wenn nicht...

Warum regt mich das auf?

  • Der Anlassfall ist insofern ein Witz, weil die neue Regelung hier nichts ändern würde, da der Klarname des Profilbetreibers ohnehin ermittelt werden konnte. Wenn die Regierung den Fall als Anlass für so ein Gesetz nimmt, fühle ich mich verarscht. Für wie dumm halten die uns?
  • Dürfen Behörden einfach so an den Gerichten vorbei und bei bloßer Verdachtslage die Klarnamen hinter Pseudonymen ermitteln, leidet die Meinungsfreiheit, weil die Menschen ganz automatisch anfangen werden, sich vorsichtiger auszudrücken - und zwar weit über die "hate speech" hinaus, vor allem auch bei politischen Meinungen. Darüber hinaus nimmt man Leuten, die wegen sozialer Zwänge nur unter Pseudonym posten können, eine der letzten Möglichkeiten zur freien Rede.
  • "Verdachtslage" ist ein sehr volatiler Begriff, da sich Gesetze ändern lassen. Wer weiß, was morgen schon verboten ist, und wegen welcher "Vergehen" man dann im Ermittlungsfokus steht?
  • Solche Gesetze werden, nachdem der erste Sturm sich gelegt hat, gerne ausgeweitet. Die Ausweitung auf unbescholtene, unverdächte Bürger zwecks Massenüberwachung ist ein absolutes Horrorszenario, dem man keinen Zentimeter Raum geben darf.
  • Gemeinsam mit den Plänen zur Reform des Verfassungsschutzes (samt nicht-polizeilicher "Vorfeldermittlung", aka bezahltes Denunziantentum) kann man das Paket durchaus als den Versuch sehen, eine Art österreichische Stasi zu errichten.
  • Wer tatsächlich Straftaten im Netz begeht, wird sich auch durch diese Regelung nicht beeindrucken lassen. Die technischen Möglichkeiten zu Anonymisierung verschwinden ja nicht, nur weil eine Regierung was beschließt. Über bleibt der Ottonormalposter, der diese Möglichkeiten nicht nutzt. Mit dem Hammer gegen ein Problem, das ein Skalpell benötigen würde...

Fazit

Wehret den Anfängen. Oder zumindest dem Fortschritt des Überwachungsstaats. Und nochmal an alle Homeboys der Regierung: Das Pendel schwingt irgendwann auch wieder zurück. Das tut es nämlich immer. Und wenn es so weit ist, wollt ihr sicher nicht, dass so ein Gesetz in Kraft ist. Also steht jetzt mit auf, auf euch hören sie vielleicht.

Generell darf man aber hoffen, dass dieses Vorhaben gleich dilettantisch durchgeführt wird wie so viele davor, und dass es nicht am Verfassungsgerichtshof vorbei kommt, der in jüngerer Vergangenheit schon des öfteren Überwachungsphantasien unserer Regierungen zu Nichte gemacht hat.

Ich schließe mit dem sehr passenden Zitat, dessen Urheber Google leider nicht ermitteln konnte:

Jeder anständige Bürger hat was zu verbergen!

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Regierungen schränken immer die Freiheit der Bürger ein und zwar kontinuierlich immer weiter, nur die vorgeschobenen Gründe wechseln.
Mal ist es der islamische, rechte oder linke Terrorismus. Mal der Klimawandel, ein anderes Mal die soziale Gerechtigkeit, dann wieder der Kampf gegen Rechts, usw...
Das Ergebnis ist immer das gleiche.
Davor schützt auch in der Regel keine Verfassung und kein Verfassungsgericht.
Jetzt müsste man nur noch die richtigen Schlüsse ziehen...

Ich muss nicht jedes Knochi apportieren, das man mir vor die Füße wirft, daher antworte ich jetzt mal nicht mit einem Roman. ;-)

Danke fürs Lesen und deinen Kommentar!

Hahaha!
Hatte auch nicht erwartet, dass Du auf meinen Trick reinfällst.
Ja, den letzten Schritt zu gehen, ist extrem schwierig, selbst wenn es nur ein Gedankenexperiment bleibt. Hat bei mir bestimmt 10 Jahre gedauert.
Es ist trotzdem gut und wichtig, dass Du diese Dinge öffentlich machst.
Bei uns in der BRD bekommt man das gar nicht mit. Aber im Einschränken der Meinungsfreiheit sind wir wahrscheinlich auch schon etwas weiter. Aber ihr holt anscheinend auf.
Nicht umsonst nennt Hans Hermann Hoppe Politik den Wettbewerb der Gauner.
Es gibt also tatsächlich Bereiche in denen Wettbewerb nicht wünschenswert ist.

Es gibt leider wenig, was wir euch auf kurz oder lang nicht nachmachen...

Hat man ja in DE gar nicht mitbekommen, gruselig!

Ist ja leider eine übliche Vorgehensweise, die Freiheit einzuschränken, um sie angeblich vor Hass zu schützen.

Aber was soll man bei uns in DE sagen...

...wo der (hoffentlich bald ehemalige) Verfassungsschutzpräsident einer der größten Verschwörungstheoretiker rechter Ideologien ist...

...wo bestimmte Parteien fordern, Lehrer zu denunzieren, die sich, in ihren Augen, zu links präsentieren...

...wo man auf dem rechten anscheinend immer noch viel blinder ist, als auf dem linken Auge.

Wenn selbst in Europa wieder politisch motivierte Morde eine Rolle spielen, fühle ich mich leider sehr an das Ende der Weimarer Republik erinnert. Und wie heißt es so schön, wer sich seiner Vergangenheit nicht erinnert...

... der ist dazu verflucht, sie zu wiederholen. Oder so ähnlich. Gehe leider mit deiner Einschätzung d'accord.

Meinungsfreiheit ist eine der wichtigsten Pfeiler der freien Welt. Da spielt man nicht mit herum. Das sollte genauso tabu sein wie Eigentumsrechte. Ich stimme dir bei deinen Argumenten zu.

Allerdings muss ich zugeben empfinde ich schon Schadenfreude, dass Linken ihre eigene Medizin nicht schmeckt.

Das ist keine linke Medizin, das ist auch so ein Punkt. In Europa regieren vorwiegend Liberale, nicht Linke. In der letzten Regierung bei uns war's die ÖVP, die auf Dinge wie die Vorratsdatenspeicherung gedrängt hat. Bei euch ist es halt die CDU/CSU, in England die Tories und in Frankreich Macron. Das sind liberale bis konservative Politiker, aber keine Linken. Obama würde in Europa auch nicht als links, sondern maximal als liberal durchgehen.

Das Aufstehen gegen staatliche Überwachsungsphantasien sollte aber ohnehin keine Frage von Links/Rechts sein.

Edit: Den ersten österreichischen Überwachungsstaat baute im Übrigen Fürst Metternich. Auch alles andere als ein Linker.

Es wird Zeit, dass wir die Überwacher überwachen. Hoffe, dass Krypto und das Internet den Spieß umdrehen werden und Politiker nicht mehr mit allem davon kommen werden.

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