Besser Texten - Tipps vom Ghostwriter - Folge 5

in #deutsch7 years ago (edited)

Rechtschreibung, Werkzeuge und gefährliche Wörter

Besser Texten - Tipps vom Ghostwriter

"Sex sells - Sex verkauft sich" ist wohl eine der bekanntesten Weisheiten aus der Werbeindustrie. Das Gegenteil ist aber genauso wahr. Was ist das Werbe-Gegenteil von Sex? Alles, was uns wegen Form, Inhalt oder vom Aufwand her abstößt. Im voraussichtlich letzten Teil dieser Serie erläutere ich Methoden, mit denen ich subtile Stolpersteine aus dem Weg räume, welche mir den Weg zu gutem Content versperren.

Rechtschreibung

Die deutsche Rechtschreibung leidet noch immer unter dem Nackenschlag, den ihr die Rechtschreibreform der 90er Jahre versetzt hat. Seither schwingt bei jedem geschriebenen Satz die Hoffnung mit, die eben verfassten Wörter könnten ja zufällig nach irgendeiner Reformregel korrekt sein.

Eine einwandfreie Rechtschreibung bedeutet jedoch mehr, als das bloße Befolgen stupider Regeln. Je nach Schwere der vorhandenen Fehler sinkt das Ansehen, welches vom Text auf den Autor abfärbt. Lass mich das in zwei kurzen Beispielsätzen demonstrieren:

"Zur Zeit überhäuft ein wohlgesonnener Freund, der den Sommerurlaub diesen Jahres in einer ländlichen Idylle verbringt, mein Postfach mit Emails."

Fünf Fehler stehen da in einem Satz. Mir rollen sich zwar die Fußnägel hoch, aber diese Art der Fehler mag ich noch verzeihen. Selbst mein Rechtschreibprogramm erkennt gerade einmal zwei Fehler davon.
Im Gegensatz dazu höre ich jedoch sofort mit dem Lesen auf, wenn ich auf Sätze stoße wie:

"Füsik ist im wesentlichen die Wissenschaft der Natur und weltlichen Gesetzmässigkeiten."

Das sind zwar nur drei Fehler, aber deutlich sichtbarere. Schon wenige Rechtschreibfehler am Anfang eines Textes zerstören komplett das Vertrauen in die Kompetenz des Autors. Fehlerkorrekturprogramme und Duden sind daher meine ständigen Begleiter, sozusagen die Schutzengel meines beruflichen Lebens. Wichtige Texte gebe ich zum Korrekturlesen auch gerne in vertrauenswürdige Hände oder an professionelle Lektoren ab.

Gefährliche Wörter


Wer klug ist, liest an dieser Stelle nicht weiter.

Da Du weiter liest, heiße ich Dich hiermit herzlich willkommen im Klub der Idioten. Wie Du und ich tun sich die meisten Menschen schwer damit, das Wort "nicht" wahrzunehmen, ihm die nötige Wichtigkeit beizumessen oder gebührende Konsequenzen aus dessen Einsatz zu ziehen.

Sagst Du einem Kleinkind "Tritt nicht in den Hundehaufen", holst Du besser schon einmal die Taschentücher zum Putzen der Schuhe heraus. Der Ausruf "Vorsicht, tritt neben den Hundehaufen", wirkt deutlich besser und erklärt dem Kind, wie es sich verhalten soll. Gleiches gilt beim Schreiben. Ich versuche daher alle negativen Formulierungen zu vermeiden, vor allem "nicht" und Adjektive, die mit "un" beginnen.

Vorsichtig gehe ich auch mit Worten wie "muss" oder "sollte" um. Viele Leser nehmen diese Aufforderung als Bevormundung wahr und sträuben sich innerlich gegen die Textaussage. Ich versuche lieber die Gedanken auf das Ergebnis zu lenken. Anstelle von "Du solltest Dein Auto waschen" schreibe ich, "Ein sauberes Auto erhältst Du durch gründliches Waschen".

Unpersönliche Wörter wie "man" oder Ausdrücke mit "kann" oder "werde" sind langweilig und schaffen Distanz. Mit aktiven Formulierungen involviere ich den Leser stärker und hebe den Text auf eine persönliche Ebene. Außerdem definiere ich genau, wer die Akteure meiner Handlung sind. So wird aus einem "Man wäscht sich nach dem Toilettengang die Hände" ein viel freundlicheres "hygienebewusste Menschen waschen sich nach dem Toilettengang ihre Hände". Ich überlasse dem Leser, ob er sich zu dieser Gruppe zählt.

Andere Wörter bereiten Probleme, weil Leser den Bezug nicht erkennen. Ein allein gestelltes "es" oder "das" ist mehrdeutig, eine fremdartige Abkürzung verwirrend. Lese ich "er kann das/es schaffen", dann beginne ich zu rätseln, was derjenige schaffen kann.

Das nächste sprachliche Minenfeld stellen Füllwörter dar, also Wörter wie "so", "etwa", "auch" oder "dann". Sie streiche ich wo immer möglich, damit mein Text knapp und prägnant bleibt.

Ich will hier kein Verbot der problematischen Wörter aussprechen, da sie einen wichtigen Platz in der deutschen Sprache einnehmen. Die oben genannten Wörter sind nur jene, bei denen ich grundsätzlich ein zweites Mal drauf schaue, ob sie wirklich angebracht oder doch vermeidbar sind.

Werkzeuge

Zum Abschluss meiner Plauderei aus dem Nähkästchen gebe ich noch einen kurzen Überblick über die Programme und Internetseiten, die meinen täglichen Arbeitsablauf erleichtern. Diese Programme sind sowohl auf Linux-Rechnern, wie auch auf Windows-Computern nutzbar.

Kate - KDE Advanced Text Editor

Ich liebe an diesem Texteditor die Möglichkeit, durch einen einfachen Doppelklick auf ein Wort zu erkennen, wo und wie oft ich dieses Wort benutzt habe. Zusätzlich markiert mir der Editor, an welchen Stellen im Text ich Veränderungen vorgenommen habe und er zählt sowohl markierte Wörter, wie auch die Wortanzahl im gesamten Text.

Woxikon

Woxikon ist ein Online-Synonym-Wörterbuch, mit dem ich meinen Texten eine größere sprachliche Tiefe gebe. Es mag bessere oder hübschere Synonym-Wörterbücher geben, aber Woxikon verfügt über ein angenehm schnelles Interface.

Duden

Klar, das Standard-Regelwerk der deutschen Sprache ist omnipräsent, selbstverständlich auch auf meinem Schreibtisch. Ich habe mir angewöhnt, beim geringsten Zweifel die Schreibweise im Duden nachzuschlagen. Früher vermied ich Wörter, bei denen ich mir unsicher war. Heute liebe ich den Facettenreichtum, der mir beim Schreiben zur Verfügung steht.

LanguageTool

Wie im ersten Abschnitt erwähnt, steht und fällt das Vertrauen in einen Autor mit seiner korrekten Orthografie. Das LanguageTool ist ein wunderbares Hilfsmittel, um Flüchtigkeits- und Beugungsfehler aufzuspüren. Es steht als Online-Tool, als Browsererweiterung, für LibreOffice oder als Desktop-Programm zur Verfügung. Letztere ist meine bevorzugte Variante.

So, damit beende ich den kleinen Einblick in die Arbeitsweise eines Ghostwriters, der seine Worte anderen Menschen zur Verfügung stellt. Fühle Dich frei, so viele oder so wenige Tipps dieser Serie für Deine Blogbeiträge zu adaptieren.

Eventuell erstelle ich in nächsten Tagen oder Wochen noch einen Spickzettel, auf dem ich stichpunktartig die wichtigsten Punkte in einer Übersicht zusammenfasse. Wer möchte, findet die letzten Folgen hier noch einmal zum Nachlesen aufgeführt:

Folge 1: Die Vorbereitung
Folge 2: Recherche, Stichworte und roter Faden
Folge 3: Zielgruppen, Überschrift und Einleitung
Folge 4: Aufteilung, Struktur und Formatierung

Danke an Pixabay für die Bilder und @javehimself für die Trennlinien.



Sort:  

Danke für Tipps. Ist nicht einfach umzudenken, vor allem Wirtschaftsdeutsch versuche ich modern anzuwenden. Man fällt einfach in die Gewohnheiten zurück...

Ich lerne nie aus... da dachte ich doch glatt, dass Wirtschaftsdeutsch schon recht modern wäre. Wirtschaftsdeutsch modern angewendet nähme ich wohl nur noch als Tinnitus wahr. 😆

Hi,
danke für den tollen Beitrag!
Du hättest zum Finden der Fehler in diesem Satz aufrufen sollen:

"Zur Zeit überhäuft ein wohlgesonnener Freund, der den Sommerurlaub diesen Jahres in einer ländlichen Idylle verbringt, mein Postfach mit Emails."

Ich beiße mir daran immer noch die Zähne aus. 😆
Folgende Fehler konnte ich finden:

  • Zurzeit
  • wohlgesinnter
  • ...dieses Jahres...
  • E-Mails

Erleuchte mich, ich bin zu doof. 😉

Viele Grüße

Marla

PS: Ein weiteres nützliches Tool: www.canoo.net
Am Beispiel wohlgesinnt : Rechtschreibung, Wortform, Flexion, Morphologie, Wortbildung und Synonyme werden unter Anderem angezeigt.

Danke für canoo.net, das werde ich sicherlich demnächst mal testen.

Bei dem Fehlertext hast Du alles richtig gefunden und mich ertappt. Der letzte Fehler ist nicht wirklich falsch, er verdreht nur den Inhalt. Eine Idylle ist ein Text, der ein Idyll beschreibt. Der in dem Satz genannte Freund kann seinen Urlaub durchaus mit der Nase in einem ländlichen Buch verbringen. Von daher gebe ich Dir volle Punktzahl beim Auflösen des Fehlertextes. 😉

Sehr cooler Beitrag zu gutem Content auf Steemit.

Ich habe dazu eine etwas kontroverse Frage: ist es denn wirklich so wichtig, dass ein Text zu 100% perfekt und in exzellenter Rechtschreibung inklusive aller Kommata geschrieben ist? Ich habe manchmal das Gefühl, das ist gar nicht mehr so wichtig, vielmehr geht es um die Aussage, die der Text mit sich bringt.

Hallo Rebecca,

den Text von Tufeau verstehe ich so, dass 100 % lesefreundlich, nicht 100 % perfekt angestrebt ist.

Wenn ich selber einen Text schreibe und dabei den einen oder anderen Satz gleich dreimal überarbeite, dann "passt die grammatischen Formen" (sic) manchmal nicht mehr zusammen. Dir als Leser fällt das sofort ins Auge. Es hält Dich, wenn auch nur einen kurzen Moment, in Deinem Lesefluss auf.

Passiert das dann vielleicht mehrmals, dann führt Dich das jedes Mal etwas weiter vom Inhalt weg. Vielleicht musst Du dann einen Satz noch einmal lesen, um den Faden wieder aufzunehmen. Wenn Dich mein Inhalt interessiert, wirst Du diese Mühe leicht auf Dich nehmen, doch wie viele Leser werden das nicht tun?

Wenn Du möchtest, dass Deine Leser Deinen Text bis zum Ende lesen, lohnt es sich, gerade diese Flüchtigkeitsfehler radikal auszumerzen. Das gemeine ist, dass sie ausgesprochen schwer selbst zu finden sind. Als Autor bin ich mit dem Inhalt jedes Satzes so gut vertraut, dass mein Gehirn genau weiß, was dort stehen sollte - und mir manchmal vorgaukelt, dass es dort auch richtig steht.

Ein externer Lektor ist ideal, doch nicht immer möglich oder nötig. Mir hilft es, einen geschriebenen Text eine Nacht liegen zu lassen. Dann habe ich wieder genügend Abstand. Wenn das nicht geht, hilft es schon, einen anderen Font zum Korrekturlesen zu verwenden. Eine andere Anregung ist es, den Text von hinten nach vorn zu lesen.

Je mehr Mühe ich mir beim Fehler ausmerzen gebe, desto leichter mache ich es meinen Lesern, meinen Text schon beim ersten, vielleicht sogar flüchtigen, Lesen zu verstehen und dessen Inhalt aufzunehmen.

Liebe Grüße
Anouk

Von der Seite der leichteren Lesbarkeit habe ich es ehrlich gesagt noch gar nicht wirklich betrachtet.. wenn ich meinen Lesern natürlich was gutes tun kann, werde ich in Zukunft noch einmal mehr Korrektur lesen. ✌️ danke auch für den Tipp mit dem erstmal liegen lassen, das hilft bestimmt auch!

Eine perfekte Rechtschreibung sollte immer das Ziel sein. In Deinem Tagebuch wirst jedoch nur Du allein Dich an den Fehlern stören. Ich kann Fehler verzeihen, wenn sie weder den Sinn verändern, noch auffällig sind. Doch weißt Du immer, was Deine Leser bemerken werden? Nimm folgenden Satz:

@rebeccaontheroof sagt @tufeau beherrscht die Komma-Regeln nicht.

Dem Autor ist klar, was er sagen möchte. Doch wer von uns beiden darf sich jetzt auf den Schlips getreten fühlen?

Kommunikation ist das, was beim Leser ankommt. Ich versuche bei meinen Aussagen auf Nummer sicher zu gehen und Sätze eindeutig zu formulieren. Das schließt die korrekte Komma-Setzung mit ein.

Im Endeffekt muss jeder Autor selbst entscheiden, ob er verstanden und wie er angesehen werden möchte.

selbstverständlich:eine schlechte Rechtschreibung darf den Sinn nicht verändern. Das ist schon klar. Ich meinte auch eher, ob ich während dem Schreiben eines Textes wirklich 20 mal irgendetwas nachschlagen möchte/sollte oder nicht.

Im Vordergrund steht natürlich stets der Leser. Für den soll ein Text ja ein Mehrwert bringen. Aber auch für mich als Autor, gerade in dieser flüchtigen und schnelllebigen Welt, ist es wichtig Spaß zu haben. Da kann auch (wenn es passt) mal im Dialekt schreiben oder halb fünf grade sein lassen...

Ich hoffe ihr verzeiht mir das =)

Danke für die tollen Tips!
ich werde mal sehen, ob ich die Tools auch mit dem Mac benutzen kann, denn die scheinen mit sehr nützlich.

Ohje ja, wie wahr wie wahr.
Für mich eines der grössten Probleme. Ich liebe es, zu schreiben.
Aber ich würde mich niemals trauen, für andere als Texter zu arbeiten, weil ich meine Rechtschreibung einfach für zu schlecht halte.

Gut, dass Du Deine Rechtschreibung nur für zu schlecht hältst. Hättest Du geschrieben, Deine Orthografie sei zu schlecht, müsste ich Dir widersprechen. Hättest Du denn Interesse, Dich als Texter zu versuchen?

Danke dir für den super Artikel! :)
Greets!

Sehr guter Beitrag, danke vielmals. Kann ich noch lernen als Kommaidiot und Sohn einer Deutschlehrerin :)

Grüße an einen Leidensgenossen. Den Beruf des Lehrers haben gleich fünf Menschen aus meiner Familie ergriffen. Kamen sie alle an Geburts- und Feiertagen zusammen, war die Themenauswahl entsprechend vorbestimmt. :)

Schön, wenn wenigstens bei Dir etwas hängen geblieben ist ;) So kann ich hier und da noch bei Dir nachlesen :)

Danke für den tollen Artikel. Da sind einige Punkte drin, die ich mir an den Bildschirm hängen sollte. Die Übersicht mit den Tools ist sehr praktisch.

Dein Name verrät mir, dass Du die Begeisterung für das Puzzeln mit Worten bereits für Dich entdeckt hast. Deine Worte freuen mich daher umso mehr.

Hab jetzt keine Zeit mehr - aber klingt auf jeden Fall so, als ob ich mir das nacher noch genauer durchlesen sollte :)

Lass Dir Zeit, in der Blockchain bleibt alles zum späteren Lesen erhalten. :)

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