Zitate 063 - Stephen Kevin «Steve» Bannon in Zürich - Die Rede 1/2

in #deutsch7 years ago (edited)

08. März 2018

Einleitung


Vorgestern, am 06. März 2018 trat der US-Amerikaner Stephen Kevin «Steve» Bannon (geboren 1953) [1], der als Chefstratege der Kampagne Donald Trumps in der Präsidentschaftswahl 2016 Furore machte und als Leiter der alternativen Medienseite «Breitbart News» [2], erstmals in Europa auf. Der Auftritt fand in Zürich statt, also in meiner unmittelbaren Umgebung. Veranstaltet wurde der Anlass von der Wochenzeitung «Die Weltwoche» [3] und Mitarbeit des «Efficiency Club Zürich» [4]. Vor Ort war ich nicht, da ich am Dienstagabend jeweils Musikprobe habe. Um interessante Menschen zu treffen, wäre die Veranstaltung wohl sehr geeignet gewesen, für den Vortrag von Herrn Bannon musste man nicht anreisen, da er bereits online veröffentlicht wurde [5].

Mitbekommen habe ich, dass auch Besuch aus Deutschland in Zürich anwesend war. Es gab vor der Veranstaltung ein Treffen zwischen Steve Bannon und der Fraktionsvorsitzenden der AfD im Deutschen Bundestag, Alice Weidel [5]. Ob sie der Veranstaltung selbst beiwohnte, weiss ich nicht. Aber ich weiss, dass einige Mitarbeiter der AfD Fraktion im Landtag Baden-Württembergs zugegen waren. Wer sich sonst noch im Publikum befand, kann ich nicht sagen, vielleicht auch Vertreter anderer Parteien, damit sie sich ein Bild davon machen können, welche Pfeile aktuell im Köcher von Steve Bannon stecken, der als einer der Rädelsführer der weltweiten sogenannten «Populisten» ist.

Dass ich «Populismus» als eine Notwendigkeit in der Demokratie betrachte und nicht als einen Gegenstand, den man zu seiner hauptsächlichen Ideologie machen kann, habe ich schon mehrfach erklärt. Auch, dass ich davon nicht nur begeistert bin, weil man in populistischen Botschaften allerhand realitätsferne Dinge miteinbauen kann, die in der Politik nicht zu einer Rückkehr zu mehr Ehrlichkeit und Geradlinigkeit führen müssen. In Demokratien ist es aber so, dass der hauptsächliche Wettbewerb um Wählerstimmen geführt wird. Ob es einem gefällt oder nicht hat man sich dieser Tatsache zu fügen.

Steve Bannons Vortrag dauerte etwa 30 Minuten. Danach gab es eine Reihe interessanter Fragen, die Bannon zumeist interessiert beantwortete. Er zeigte sich als exzellenter Redner, der es sehr gut versteht, seine Ansichten und Inhalte zu vertreten und zu bewerben. In meinem Artikel sieht man vor allem eine Gliederung und eine Auflistung aller Namen, die Steve Bannon erwähnt hat. Anders als in sonstigen Zitate-Artikeln finden sich hier kaum Original-Zitate, sondern eine Sammlung von Notizen. Dazu sind kaum Kommentare meinerseits angefügt. Man kann sich also in den untenstehenden Zeilen ein weitgehend ungefärbtes Bild davon machen, ob man mit Herrn Bannons Ansichten konform geht oder nicht.

Im ersten Teil geht es um den Vortrag von Steve Bannon, im zweiten Teil wird es um die Fragen gehen.


Roger Köppel: Begrüssung und Einführung


(00:01-06:20)

Steve Bannon


(06:30-10:20)
2016 - Mitte Juni. Brexit. Nigel Farage [8], Breitbart News London und die sich über Jahre anbahnende «populistische Revolte».


(10:21-19:00)
2016 - August. Nahezu katastrophaler, zweistelliger Rückstand in der Kampagne Donald Trumps, neue Strategie mit Kellyanne Conway [9] und David Bossie [10]. Dazu brachte man sich auf Linie mit der Parteiführung der Republikanischen Partei unter Reince Priebus [11]. Bannon hielt viel von Donald Trump und schätzte ihn als den besten Redner seit William Jennings Bryan (1860-1925) [12] ein.

3 Kernpunkte in der Neuaufstellung des Wahlkampfes

  1. illegale Einwanderung muss gestoppt, Souveränität muss wiedererlangt und die Arbeitsplätze geschützt werden.
  2. mehr industrielle Produktion und Arbeitsplätze in den USA
  3. Ausstieg aus sinnlosen Kriegen im Ausland

Das war das Programm, dem alle Aktivitäten untergeordnet wurden. Dazu kam ein Programm der scharfen Kontrastierung Donald Trumps zu Hillary Clinton. Sie wurde gezielt als Mitglied einer korrupten, inkompetenten, globalistischen Elite bezeichnet. Ziel war, in 85 Tagen aus der Situation Kapital zu schlagen, dass 75 % der US-Amerikaner das Gefühl hatten, das Land befinde sich im Niedergang was von Pat Caddell [13] ermittelt wurde. Donald Trump wurde sozusagen zu einer panzerbrechenden Waffe gegen das Establishment. Trump hatte das Netzwerken zu den normalen Menschen drauf wie kein anderer. Bannon versicherte Trump, dass er mit 95 % metaphysischer Wahrscheinlichkeit gewinnen würde, wenn er sich an den Plan hält, da die Menschen ihr Land zurückhaben wollen.

Wichtig war, alles getan zu haben, was man in der gegebenen Zeit tun konnte. Und es zahlte sich aus. Die etablierte politische Klasse hat man auch danach noch zum Gegner, da viele in der Verwaltung dazu gehören.

Die Löhne der Arbeiter in den USA wurden über lange Zeit gedrückt, etwa durch Masseneinwanderung. Die Clintons verloren wegen ihrer Identitätspolitik [14]. Damit kann man keine Wahlen gewinnen.


(19:02-25:12)
Italien, Wahlen vom 04. März 2018. Auch da ist der Ruf nach Wandel laut geworden. Wichtig ist, dass man nie aufhört, mit der Bewegung weiterzumachen, bis man bekommt, was man anstrebt. Solche Bewegungen gibt es auch in Deutschland und Frankreich.

Die Probleme mit der Einwanderung können nicht vom europäischen, westlichen Mittelstand gelöst werden. Das politische Establishment will aber, dass der Mittelstand und die Arbeiter all diese Probleme lösen. In der «populistischen Revolte» oder der «populistisch-nationalistischen Bewegung» - wie Bannon die Sache nennt - geht es darum, sich dagegen aufzulehnen und stabile, souveräne Länder zu haben oder wiederzubekommen.

Die Schweiz ist ein Beispiel dafür, wie sich Menschen um ihre Länder kümmern sollen. Etwa der Kampf 1992 gegen den Beitritt zum Europäischen Wirtschaftsraum EWR, wobei der Abstimmungskampf der Nein-Kampagne von Christoph Blocher [15] angeführt wurde.


(25:15-29:45)
Die unheilvolle Rolle der Zentralbanken besteht darin, dass sie die Währungen abwerten. Die unheilvolle Rolle der Zentralregierungen ist die, dass sie die Staatsbürgerschaften entwürdigen. Die grossen Technologiefirmen sind als ein Konglomerat dabei, die persönliche Freiheit der Menschen und das Bestimmungsrecht über die eigenen Daten abzuschaffen. Diese Leute halten einen im Hamsterrad und der Schuldenknechtschaft. Währung - Bürgerrecht - eigene Daten, sind ein Dreigestirn, das unter starkem Beschuss steht.

Der Blockchain-Technologie könnte eine Schlüsselrolle in der Rebellion zukommen, da sie die Menschen möglicherweise von der monopolisierten Zentralsteuerung unabhängig machen könnte.

Als Bannon auf der Harvard Business School war, wurde als wirtschaftliche Hauptdoktrin die Maximierung des «Shareholder-Value» propagiert, also die Maximierung des Wertes von Firmen für die Aktionäre. Es ging also weder um die Angestellten, noch um die Kunden. Die «populistische Bewegung» hat als Hauptziel die Maximierung des Wertes des Bürgerrechts in einem Land.

Es muss also die Kontrolle über die Währung, das Bürgerrecht und die Daten wiedererlangt werden.


(29:45-31:30)
Die «Time Is Up!» (Die Zeit ist um!) Bewegung auf der linken Seite. Bannon sieht diese Bewegung in der Tradition der Französichen Revolution von 1789 [16] und akzeptiert sie als Graswurzelbewegung, währenddessen er die populistisch-nationale Bewegung in der Tradition der Amerikanischen Revolution von 1776 [17]. Die Fragen, die in der linken Bewegung gestellt werden, müssen beantwortet werden. Aber es wird zu Konflikten zwischen beiden Bewegungen kommen, wobei es für Bannon nicht klar ist, welche Seite gewinnen wird.


(31:40-35:20)
Bannon zieht noch Parallelen zu den 1930er Jahren, wegen der wechselnden Dynamiken im weltweiten Politikgefüge. China wird wegen seiner industriellen Überkapazitäten gefürchtet. Die Chinesen exportieren ihre Deflation. Wegen der Auswirkungen auf Europa und Amerika kamen auch die Voten Brexit und die Wahl Donald Trumps zustande.

Weil China ein politisch totalitäres, merkantilistisches System ist, sieht Bannon grosse Probleme im freien Handel mit China. Die Chinesen haben auch aufgrund ihrer grossen Währungsreserven und der geringen Bürgerrechte offensichtlich mehr Stellschrauben zur Verfügung als der Westen. Es wird eine Antwort des Westens auf die geopolitische Expansion Chinas brauchen. In Begriffen von Eskalationsstufen sollte das weit unterhalb der Kriegsschwelle stattfinden, aber Informations- und Wirtschaftskonflikte beinhalten. Diese Sache wird schon seit Jahren von China vorangetrieben. China hat sich mit seiner Version der «New Economic Policy» viele Technologien angeeignet

Zum Abschluss des Vortrages gab es die Anpassung des berühmten Zitats von William Buckley (1925-2008), einem konservativen, amerikanischen Autor [18], welches unten angefügt ist und schon einmal bei mir zu lesen war [19]. Bannon sagte, dass er lieber von den 100 Menschen aus dem Publikum regiert würde, die den Saal als erste betraten, als von den ersten 100, die in Davos am WEF eintrafen oder von 100 guten Partnern von Goldman-Sachs.

Das Zitat von William Buckley:

«I would rather be governed by the first 200 names in the Boston telephone directory than by the faculty of Harvard.»

«Ich möchte lieber von den ersten 200 Menschen, die im Telefonbuch der Stadt Boston eingetragen sind, regiert werden, als vom Lehrkörper der Universität Harvard.»


Zum Abschluss ein echtes Zitat von Herrn Bannon. Auf die Frage, ob er ein jemand sei, der hellhäutige Menschen für überlegen hält, ob er ein Feind von Fremden oder ein Rassist sei, wies er den Vorwurf weit von sich und erklärte auch, dass er aus einer demokratisch geprägten Familie stammt. Die Menschen, die ihn wegen seiner Ansichten kritisieren, seien «Limousine Liberals», also wohlstandsverwöhnte, grosse Autos fahrende Liberale, die den Problemen der unteren Schichten entrückt sind. Deren Hass trage er wie ein Ehrenzeichen. Unmittelbar darauf, sagte er, wie man auf Stigmatisierungen reagieren sollte:

(38:17-38:25)

Remember! When they call you a Racist, a Nativist, a Xenophobe, when they call you all that, you are over the target! Just let the bombs go!

Denken Sie daran! Wenn man Sie einen Rassisten, einen Nativisten, Fremdenfeind oder alles zusammen nennt, befinden Sie sich oberhalb des Ziels! Lassen Sie die Bomben ruhig hochgehen!


[1] https://en.wikipedia.org/wiki/Stephen_Bannon
https://de.wikipedia.org/wiki/Stephen_Bannon
[2] http://www.breitbart.com/
[3] https://www.weltwoche.ch/
[4] https://www.efficiency.ch/
[5] Weltwoche On the Road: Steve Bannon & Roger Köppel. Die Weltwoche YouTube Kanal, 06. März 2018
[6] «Blocher war Trump vor Trump». bazonline.ch, 07. März 2018, von Vincenzo Capodici https://bazonline.ch/schweiz/standard/blocher-war-trump-vor-trump/story/17767792
[7] https://en.wikipedia.org/wiki/Roger_K%C3%B6ppel
https://de.wikipedia.org/wiki/Roger_K%C3%B6ppel
[8] https://en.wikipedia.org/wiki/Nigel_Farage
https://de.wikipedia.org/wiki/Nigel_Farage
[9] https://en.wikipedia.org/wiki/Kellyanne_Conway
https://de.wikipedia.org/wiki/Kellyanne_Conway
[10] https://en.wikipedia.org/wiki/David_Bossie
[11] https://en.wikipedia.org/wiki/Reince_Priebus
https://de.wikipedia.org/wiki/Reince_Priebus
[12] https://en.wikipedia.org/wiki/William_Jennings_Bryan
https://de.wikipedia.org/wiki/William_Jennings_Bryan
[13] https://en.wikipedia.org/wiki/Patrick_Caddell
[14] https://en.wikipedia.org/wiki/Identity_politics
https://de.wikipedia.org/wiki/Identit%C3%A4tspolitik
[15] https://en.wikipedia.org/wiki/Christoph_Blocher
https://de.wikipedia.org/wiki/Christoph_Blocher
[16] https://en.wikipedia.org/wiki/French_Revolution
https://de.wikipedia.org/wiki/Franz%C3%B6sische_Revolution
[17] https://en.wikipedia.org/wiki/American_Revolution
https://de.wikipedia.org/wiki/Amerikanische_Revolution
[18] https://de.wikipedia.org/wiki/William_F_Buckley_Jr.
[19] Zitate 029 - Gary North. @saamychristen, 19. Juni 2017 https://steemit.com/deutsch/@saamychristen/zitate-029-gary-north


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Haha, habe mir gerade dazu einige Vids auf YT im Weltwochekanal angesehen.
Ich wollte auch mal den "angeblichen Teufel" etwas näher kennenlernen. ;-)

Danke für den Kommentar!

Ich kenne Bannon wirklich nicht gut und habe mich bisher auch nur selten auf Breitbart News herumgetrieben. Er ist auf jeden Fall eine streitbare Figur und es ist wichtig, bei unrealistischen, populistischen Auswüchsen genau hinzusehen. Es besteht die realistische Gefahr, dass solche Bewegungen übersteuern, dass sie in alte, bereits gescheiterte Denkmuster getrieben werden oder dass sich ihre Anhänger illegal betätigen.

Ich habe gedacht, dass ein Artikel mit einer Zusammenfassung in diesem Stil wohl gefragt sein könnte.

Schade, dass Bannon das Weiße Haus verlassen musste, er war der einzige, der die ständigen Kriegseinsätze beenden wollte.

Danke für den Kommentar!

Da ich Bannon bis auf diesen Vortrag kaum kenne, bin ich auch nicht wirklich in der Lage einzuschätzen, wie sich sein Einfluss im Weissen Haus geäussert hat. Zu den Kriegen kann ich sagen, dass es einerseits Verpflichtungen gegenüber Bündnispartnern gibt, aber andererseits die USA sich in einigen Konflikten in letzter Zeit etwas verrannt haben, mit schlimmen Konsequenzen für einige Länder, etwa den Irak, Syrien, Jemen usw. Libyen sehe ich vor allem auf dem Mist der Franzosen gewachsen, wobei mir der wahre Grund für den Krieg, sofern es einen solchen gibt, immer noch nicht bekannt ist.

Dem Geldbeutel der USA hat das auch nicht gutgetan.

Es gibt kaum Kriege, wo die USA irgendwelchen Bündnispartnern beigesprungen wären. Ganz im Gegenteil, man hat erst eine Gruppe oder einen Diktator hochgerüstet, um in hinterher zu bekämpfen: Ho Chi Minh,Bin Laden, Saddam Hussein, die moderaten Rebellen, aus denen dann ISIS wurde. Es gibt seit dem 2. Weltkrieg keinen größeren Aggressor als die USA.

Danke für die Antwort!

Meine Lektüre ist ja ziemlich breit gestreut. Von libertären Inhalten, über nationalkonservatives zu anti-kommunistischem und sozialistischem Material ist da einiges dabei. Qualitativ liegt viel vor, mit der quantitativen Einordnungen habe ich durchaus Schwierigkeiten wie die meisten anderen Zeitgenossen auch.

Dass die USA als globale Supermacht an nahezu jedem Konflikt beteiligt ist, ist natürlich kein Wunder, ich sehe das auch nicht positiv. Trotzdem war auch die Gegenseite nicht inaktiv und es ist so, dass nicht nur die USA, sondern auch der internationale Sozialismus über ein Sendungsbewusstsein verfügen. Es gibt einige Bücher über Auslandseinsätze von KGB und GRU, da die meist über sehr schwierig zu durchschauende Personennetzwerke vorgehen, sind die Aktivitäten entsprechend schwer zu durchschauen. Die Literatur von Überläufern liest sich jedenfalls nicht gerade angenehm. Was darüber hinaus auch nicht klar ist, ist die Loyalität der Eliten in den USA gegenüber den USA. Wenn man schon die UdSSR und die VR China tatkräftig zur späteren Grösse verhalf, darf man die Loyalität durchaus in Zweifel ziehen.

Es ist einfacher, aus einem Land wie Russland verdeckte Operationen zu tätigen, als den USA. Die Möglichkeiten der Verschleierung sind in einem Staat wie der UdSSR und dessen Rechtsnachfolger Russland einfacher, als einem Land wie den USA oder Deutschland. Beim islamischen Terrorismus sind auch alle dabei, auch die Russen, so wie die Sowjetunion beim Abdriften vieler afrikanischer Länder in grosse Armut nach dem Kolonialismus bei weitem nicht unbeteiligt war. Zum Thema Russland und ISIS hat Tilman Knechtel vor bald 2 Jahren ein längeres Video veröffentlicht. Lustig ist dessen Inhalt definitiv nicht.

Wie gesagt, mir fehlen die Zeit und auch die Möglichkeiten, in Originalquellen herumzulesen. Was ich sagen kann, ist, dass es für ein Land höchst unangenehm ist, wenn es zum Spielball der Grossmächte wird. Deutschland ist aus meiner Sicht garantiert ein Spielball der Grossmächte, verfügt aber über eine beeindruckende Wirtschaftskraft.


ISIS ist ein Produkt des KGB - 10 Anhaltspunkte. TrauKeinemPromi, 15. Juli 2016

Danke für die Antwort.
Ich will natürlich das Tun der Russen und Chinesen nicht schön reden.
Aber die Gehirnwäsche, die wir während dem Kalten Krieg bekommen haben, also Amis gut - Russen böse, ist Gott sei Dank verflogen. Mittlerweile glaube ich das, was die Mainstreammedien über die Russen schreiben gar nicht mehr. Ich war während des Kosovokrieges bei der Bundeswehr, Du kannst Dir gar nicht vorstellen, wie wir da alle belogen wurden.
Deshalb ist mir die Schweiz so sympathisch, ihr habt noch nie in eurer Geschichte in anderen Ländern irgend einen Schaden angerichtet.
Hier noch eine gute Doku für Dich, in der man sieht, wie uns die ständigen Provokationen der Amis fast das Ende der Welt bereitet hätten:

Ich gehe jetzt wieder hierhin, damit der Thread nicht zu rechtslastig wird...

Gut, dass ich lesen durfte, dass du einmal aktiv im Dienst warst. Das ist eine Erfahrung, die viele überhaupt nicht gemacht haben, aber trotzdem mitdiskutieren dürfen, sogar im Verteidigungsministerium. Den Balkankrieg habe ich zwar für mich nie tiefgreifend aufgearbeitet, aber er erscheint mir bis heute konstruiert und nicht notwendig.

Die Schweiz war früher schon ziemlich involviert in die Konflikte durch ihren Export von Söldnern. Aber das ist lange her, spätestens nach der Schlacht bei Marignano, als viele Eidgenossen in fremden Diensten dem eigenen Land eine Niederlage beibrachten, musste man langsam erkennen, dass das nicht das beste Geschäftsmodell ist. Seit der Gründung des Bundesstaates hat man sich mehr auf das Bankwesen fokussiert, auch durch die erst späte Übernahme des Patentwesens hatte man bei der Industrialisierung gewisse Vorteile. Ganz sauber ist man in der Schweiz sicherlich nicht, da braucht es auch etwas Selbstkritik und Demut.

Dass die Mainstreammedien in Sachen Russlandkritik nicht glaubwürdig sind, wundert mich keineswegs. In Europa verteidigen sie linksdrehende, zentralistische und kartell- bis planwirtschaftliche Politphantasien. Russland hebt sich davon nur sehr wenig ab und unter Schröder gab es eine öffentlich gemachte Annäherung, die eine Erwartungshaltung befördert hat, die aber nicht zur Erfüllung kam.

Die verlinkte Doku habe ich schon einmal gesehen, aber ich schaue sie gerne mal wieder an. Zum Ende des Kalten Krieges hat man bei den Amerikanern die UdSSR auf den Boden der Tatsachen drücken wollen. Dieses Spiel war absolut gefährlich. Wie sicher die USA sich waren, stets die Oberhand und Kontrolle bewahren zu können oder ob sie es einfach darauf ankommen liessen, weiss ich nicht.

Ich bin als Kind direkt am Eisernen Vorhang (an der Grenze zu CSSR) aufgewachsen.
Die Stimmung war damals schon immer irgendwie bedrückend. Irgendwie hat man immer darauf gewartet, dass der Russe bei uns einmarschiert. Zumindest haben uns das die Medien eingetrichtert. Die ständigen Truppenbewegungen im Grenzgebiet waren für uns Kinder natürlich aufregend.
Ein paar Wochen nach der Grenzöffnung haben dann die deutschen und tschechischen Grenztruppen gegeneinander Fußball gespielt. Dann wurde einem erst bewusst, wie sinnlos das Ganze war, was man jahrzehntelang veranstaltet hat.

Beim einfachen Volk liegen die Probleme meist erst dann, wenn es ordentlich instrumentalisiert und gehirngewaschen wurde. Aber, was man auch wissen sollte:

Spätestens seit den Nürnberger Prozessen und den Prozessen gegen Nazi-Verbrecher danach ist klar, dass man sich als einfacher Mensch widerspruchs- und verantwortungsloses Befehlsausführertum höchstens aufseiten der späteren Sieger leisten kann. Trotzdem wird es auch heute wieder verteidigt.

Auch ÖR-Journalisten, die kaum eine Gelegenheit auslassen, sich als Moralapostel zu präsentieren, haben z. B. schon gesagt, sie müssten im Sinne der Regierung berichten. Das ist natürlich hanebüchen, weil es sie ausser möglicherweise ihren Arbeitsplatz nichts kosten würde. Ich stelle nicht in Abrede, dass sich oft jeder selbst der nächste ist, aber trotzdem gingen die in der Vergangenheit nicht zu knapp hin und verlangten im Nachgang von den Deutschen im Dritten Reich, sie hätten mehr Widerstand leisten müssen. Im Unterschied zu heute hätte man damals schwerste Repression bis hin zu Folter und Tod in Kauf nehmen müssen.

Nassim Taleb schreibt darüber in Skin in the Game, dass man als Angestellter (am besten noch mit Hypothek, Frau, Hund und Kindern) noch besser als ein Sklave ist. In der selben Situation sind auch die Journalisten und Beamten, bestimmt haben sie manchmal moralische Bedenken, aber sie haben Angst ihren Job zu verlieren und dadurch ihren Familien zu schaden.

Bannon ist schon ein ziemliches Talent. Er hat rechtzeitig gerochen, wie sich der Wind dreht. Ich denke auch, dass er Glück hatte nicht umgebracht zu werden wie Andrew Breitbart, der sich offenbar in die Pädophilennummer der Eliten zu sehr reingearbeitet hat. Breitbart als Persönlichkeit hat mir eigentlich besser gefallen. Er war sehr libertär eingestellt und war sicherlich näher an Roger Köppel dran, als es Bannon ist, der zu populistisch und im Grunde genommen auch staatsdoktrinär daher kommt. Interessant wäre mal eine Diskussion oder ein Vergleich zwischen Dugin und Bannon, ich glaub die beiden haben viel gemein, wobei Dugin wohl der bessere Theoretiker ist während Bannon eigentlich "nur" als Praktiker geeignet ist.

Was Bannons theoretischen Überbau betrifft bin ich insgesamt recht skeptich. Er folgt da offenbar einer seltsamen US amerikanischen hegelianischen Strömung, in der die Geschichte der USA über sich steigernde Krisenwellen verläuft. Hier gibts einen längeren Analyseartikel auf Englisch, in dem das gut herausgearbeitet wird.

Im Vergleich dazu habe ich über Dugin bislang nicht allzu viel gelesen, nehme aber an, dass der das besser kann. Als Praktiker, der es versteht die Masse zu lesen allerdings ist Bannon ein ganz großer. An ihm kommt niemand vorbei.

Danke für den Kommentar und den Link!

Du hast dich wohl schon einiges mehr mit Bannon und dem Russischen Ideologen Dugin beschäftigt als ich. Ich sehe Bannon definitiv nicht unkritisch, für stark umkämpfte Wahlkämpfe dürfte er sicher der richtige Mann sein, weil er wie es scheint über ein gutes Gespür darüber verfügt, was zum jeweiligen Zeitpunkt gerade gebraucht wird. Als grossen Theoretiker und Ideologen würde ich ihn nach den bisherigen Eindrücken definitiv nicht sehen. Da sind wir uns wohl ziemlich einig.

Alexander Dugin mag vielleicht ein interessanter Theoretiker sein, nur haben er und Moskau durchaus ein Problem mit der Glaubwürdigkeit. In Russland könnte man noch heute zur Modernisierung locker Billionenbeträge in € ausgeben, wobei es aufgrund der mangelhaften Rechtssicherheit praktisch nur für Konzerne wirklich interessant ist, dort zu investieren. Dugins Angebot kann eigentlich nicht besonders verlockend sein. Von den schwerreichen Oligarchen abgesehen, ist man in Russland wohl eher auf der Suche nach Geld, Bauten für allerlei Produktion und Know-How.

Angesichts der Tatsache, dass sich die Lage zwischen dem Westen und Russland seit etwa 5 Jahren wieder in Richtung Konflikt verschoben hat, sollte man da wohl eher etwas vorsichtiger sein, als einzelner Mensch kann man diese Tatsache wohl ignorieren, trotzdem ist nicht wirklich bekannt, wo das ganze noch hinführt. Für Europa sollte die vernünftige Konsolidierung der EU und die weitere Vertiefung der Beziehungen untereinander eher an erster Stelle stehen.

Jein, ich hab mich mal etwas über Steve Bannon eingelesen, als ich von seinem theoretischen Überbau hörte, weil ich ihn für einen Pragmatiker hielt und es erst nicht glauben konnte, dass er einer letztlich sentimentalen US-zentrierten und nicht wirklich tiefgehenden Analyse anhängt.

Über Dugin weiss ich nur wenig, schätze aber, dass er sich intensiv auskennt in der Literatur. Über seine Ableitungen für die russische Kultur und weitere Entwicklung bin ich nicht informiert, weis aber, dass er eine wichtige Rolle spielte bei der Aufwertung der orthodoxen Kirche in Russland und dem Entwickeln einer Art russischen Leitkultur, mit der das Vielvölkerreich zusammengehalten werden soll. Weis nicht, ob das im Detail viel taugt, aber beispielsweise das hier von Wikipedia macht ihn für mich interessant: "Er gibt an, die Wurzeln der deutschen Kultur zu lieben, behauptet aber, dass das heutige Deutschland „eine Art Gegen-Deutschland“ sei. Laut ihm lesen und verstehen die Deutschen heute ihre eigenen Autoren nicht mehr, noch diskutieren sie über diese. Ihm zufolge würden sie heutzutage in einer „degradierenden Zivilisation“ leben."

Das sehe ich ganz ähnlich^^

Insgesamt denke ich, Russland wird einfach warten und sich langsam und in kleinen Schritten konsolidieren. Das Land ist rießig und es hat in den letzten 100 Jahren die wohl schlimmsten Stürme überlebt, die man kaum überleben kann. Die hat so schnell nichts mehr um. Meine Vermutung ist, dass Russland in 100 Jahren noch immer da sein wird, während ich mir bei Deutschland und v.a. der EU nicht so sicher bin.

Was die Existenz Russlands in 100 Jahren angeht, so denke ich auch, dass das Land dann noch existiert. Die orthodoxe Kirche sehe ich ähnlich kritisch wie jede Staatsreligion. Ich sehe, dass sie für die Bevölkerung durchaus bedeutsam ist, sich aber (nahezu) vollständig mit der Politik arrangiert hat.

Bei der EU sehe ich das Problem, dass die Verantwortlichen Figuren der älteren Mitglieder offenbar von einem Machbarkeitswahn betroffen sind. Dauernd werden neue Schritte eingeleitet, die die Auflösung der Nationalstaaten befördern, anstelle einmal genau hinzusehen und die über die letzten paar Jahrzehnte aufgesammelten Probleme abzuarbeiten und durch deren Lösung eine echte Konsolidierung herbeizuführen.

Die widerstandsfreie Einreise von zahllosen Fremden in letzter Zeit, die nicht selten aus der EU nicht freundlich gesinnten Ländern kommen und von denen eine substantiell grosse Zahl in jeder Art von Sabotage und Kriegführung im zivilen Umfeld ausgebildet sein können, sollte bei jedem taktisch halbwegs verständigen Menschen eine hohe Alarmstufe herbeigeführt haben. Dass man als Bürger noch deren Unterbringung und Unterhalt mitbezahlen muss, ist noch einmal von einer anderen Qualität, die ich nicht kommentiere.

Thanks @saamychristen for news&info

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