Angst - ein wichtiges Regulativ ?

in #deutsch6 years ago

Das ist mein Beitrag zum Wochenthema Angst, ausgerichtet von @tineschreibt.
Vor diesem Artikel ist bereits der von Tine selbst erschienen, hier ist der Link und morgen ist @love-your-wild an der Reihe.

Zu unrecht ein Buhmann ?

Angst, ein großes Wort. Zudem meist negativ belegt.
Aber warum ist das eigentlich so? Ist Angst nicht auch ein Lebensretter? Ein Regulativ innerhalb unserer Persönlichkeit, dass auf die Bremse tritt wenn wir uns möglicherweise um Kopf und Kragen bringen?
Ist es wirklich immer sinnvoll seiner Angst die Zunge rauszustrecken? Und wenn nicht, wie erkenne ich was ich wann tun sollte?
Schwierige Fragen, ich bin mir aber sicher das jeder von uns viele Beispiele hat, für beide Seiten der Medaille, denn genau wie alles im Leben hat Angst diese teilweise beängstigende Dualität von Gut und Schlecht, Hell und Dunkel, Gas geben und Bremsen.

Die Anfänge

Ein Indianer kennt keinen Schmerz, und auch keine Angst.
Mit diesen Worten sind viele Jungs in den 70ern und 80ern groß geworden, ich bin mir nicht ganz klar aus welcher Folklore sich da bedient wurde, vermutlich war es Karl May, der alte Fuchs, der diese Worte ins Leben gerufen hat.
Was es auch nicht richtiger macht, denn Indianer kennen sehr wohl Schmerz und auch Angst.
Also wächst man auf und versucht dabei eine innere Stimme zu ignorieren.
Aus meiner Sicht eine schlechte Idee, hat diese mich doch vor der ein oder anderen ernsthaften Dummheit bewahrt!

logo

Umgang mit der Angst

Ich hab vor vielen Jahren in einem sehr bekannten Buch folgenden Spruch über den Umgang mit der Angst gelesen:

I must not fear.
Fear is the mind-killer.
Fear is the little-death that brings total obliteration.
I will face my fear.
I will permit it to pass over me and through me.
And when it has gone past I will turn the inner eye to see its path.
Where the fear has gone there will be nothing.
Only I will remain.

Die angebotenen Übersetzungen fand ich alle fehlerhaft, daher hier meine eigene Interpretation:

Ich darf mich nicht fürchten.
Angst tötet das Bewusstsein.
Angst ist der kleine Tod, der totale Zerstörung bringt.
Ich werde mich meiner Angst stellen.
Ich werde ihr erlauben über und durch mich zu gehen.
Und wenn sie vorrüber ist werde ich mein inneres Auge auf ihren Pfad richten.
Es wird Nichts sein wohin die Angst gegangen ist.
Es bleibt nichts ausser mir.

Es ist aus meiner Sicht nicht damit getan entweder der Angst die Zunge herauszustrecken oder auf der anderen Seite nur noch ängstliche Entscheidungen zu treffen.
Ganz im Gegenteil, die Angst ist eine der vielen Hilfestellungen die uns das Leben anbietet, in Zeiten des inneren Konflikts eine Möglichkeit Rat zu suchen und zu finden.
Sicherlich nicht die einzige, Mut, Ratio, Herz gehören genauso zu diesem Kanon dazu wie die Angst.
Die anderen Stimmen haben offensichtlich eine wesentlich bessere Marketingabteilung, oder wie sonst ist es zu erklären, dass diese in einem deutlich besseren Licht dastehen?

Und jetzt?

Dem Statement aus dem Buch folgend und durch eigene langjährige Erfahrungen belegt, breite ich die Arme aus und akzeptiere meine Angst, als das was sie ist, eine Stimme in mir, einzig und allein da um mir zu helfen.
Ich habe erkannt das ich nicht alle meine Fragestellungen mit der Stimme der Angst lösen kann, ich kann auch nicht alle Reparaturen mit nur einem Werkzeug erledigen!
Aber die Angst ist ein wesentliches Merkmal eines wunderbar ausgestatteten Werkzeugkoffers, so wie ein Schraubenzieher der genau an eure Hand angepasst ist.
Ein euch eigenes und einzigartiges Werkzeug, das es so keine zwei Mal auf der Welt gibt!
Also hört auf die Stimme, nehmt an was sie zu sagen hat und entscheidet wie ihr letztlich entscheiden wollt.
Die Stimme der Angst wird nicht beleidigt sein wenn ihr euch gegen sie entscheidet, sie wird auch das nächste Mal wieder da sein um zu beraten und zu helfen!
Wie ein guter und treuer Freund!

Wie seht ihr das?

Euer
Jan


Content Credit :

  • Bild Pixabay
  • Zitat aus Dune von Frank Herbert, 1965
Sort:  

Angst, Schmerz, Unzufriedenheit etc. sind wichtige Warnsignale, die aus gutem Grund Teil des gesamten Spektrums unserer Gefühlswelt sind, neben positiveren Empfindungen wie z. B. Freude oder Wonne. Man sollte sie nicht ignorieren sondern ernst nehmen, denn sie erfüllen wichtige Funktionen. Hätten sich solche 'negativen' Empfindungen stets negativ auf uns ausgewirkt, wären sie im Verlauf der Evolution ausselektiert worden ...

Keine Angst oder auch Schmerz empfinden zu können, führt zu unvorsichtigem, riskantem Verhalten - was sich ungünstig auf die Wahrscheinlichekit auswirkt, seine eigenen Gene weiterzugeben (worunter sich dann auch diejenigen befinden, die für die schädliche Angstfreiheit sorgen ...).
Zu zufrieden mit dem zu sein, was man hat, kann zu Stagnation führen. Unzufriedenheit (solange sie nicht das gesamtes Leben dominiert), kann Triebfeder für Weiterentwicklung und Veränderung sein ...

Sehr starker Artikel, der auf jeden Fall zum Denken anregt!

Ich fand ja schon, dass du bei deinem Peotry-Slam-Text bewiesen hast, dass du poetisch bist, aber auch hier wieder erste Sahne! Ich würde mich, wie von @love-your-wild bereits erwähnt, sehr darüber freuen, wenn hin und wieder auch solch ein Text mal in deinem Blog auftaucht :)

Ich schätzte dich bisher als sehr intelligenten, wortgewandten sowie auch scharfzüngigen Programmierer mit Führungsqualitäten ein, bin aber sehr von deiner schreibfreudigen Seite überrascht und auch überzeugt!
Hoffentlich war das keine einmalige Aktion!

So genug der Schleimerei und mal zum Thema! Angst umgibt uns ja alle und jeder hat schon mal Angst gehabt. Wer behauptet, noch nie Angst gehabt zu haben und vor nichts Angst hat, würde ich, dreist wie ich bin, als einen Lügner bezeichnen. Ein Lügner, der sich selbst etwas vorzumachen versucht, weil er wahrscheinlich nicht mit der Angst zurecht kommt und deshalb ihre Existenz negiert. Angst ist wichtig, auch wenn sie hin und wieder unser größter Gegner zu sein scheint. Es geht nicht darum, die Angst mit aller Macht zu bekämpfen, sondern um das Überwinden und das Akzeptieren ihrer Existenz.

Damit möchte ich auch nochmal ein Zitat beisteuern, welches mir ziemlich passend erscheint. Ich bin der Meinung mal so ein ähnliches Zitat gehört oder gelesen zu haben, habe dieses aber für mich selbst aufgeschrieben (Quelle bin demnach primär ich selbst)

Die Angst ist wie ein guter Freund. Sie ist stets hilfsbereit und beschützt dich, aber manchmal bist du ihrer auch überdrüssig und ihr kommt mal nicht so gut miteinander klar. Letzten Endes könnt ihr aber nicht ohne einander, du brauchst sie und die Angst braucht dich!

Soo das mal soweit von mir :)

Greets

k3lda

PS: Sry, dass es so lang wurde, hat mich einfach mitgerissen... :D

Ich bin der Meinung, dass Angst, wie du es beschreibst, ein sehr hilfreiches Werkzeug ist, das uns hilft Gefahren abzuschätzen und entsprechend zu handeln.
Wenn wir die Schraube mit dem Schraubenzieher festziehen, sollten wir sie dennoch nicht zu festdrehen, sonst bleibt sie stecken, und es wird immer schwerer sie zu lösen.
Noch weiter: je mehr wir versuchen, die Schraube festzuziehen, desto abgenutzter wird sowohl das Werkzeug als auch die Schlitzschraube, bis der Schraubendreher schließlich gar nicht mehr in den Schlitz passen will.

Im übertragenen Sinn heißt das, dass je mehr wir das Werkzeug Angst (= als Problemlöser) anwenden, desto empfindlicher werden wir, und je tiefer wir die Schraube Angst (= das Problem selbst) setzen, desto schwerer wird sie zu lösen.
Zudem, wenn sowohl das Werkzeug Angst (= als Problemlöser) als auch die Schraube Angst (= das Problem selbst) sich abnutzen, werden beide unnutzbar und somit hinderlich. Werkzeug und Schraube greifen nicht mehr ineinander da sie verformt sind. D.h wir haben nicht mehr das passende Werkzeug Angst (= als Problemlöser) für die Schraube Angst (= das Problem selbst). Das hat zur Folge, dass wir andere Werkzeuge ausprobieren, um selbe verformte Schraube zu behandeln, aber alle passen einfach nicht in die verformte Schraube. Wir vergessen somit immer mehr die ursprüngliche Form der Schraube Angst(= ursprüngliches Problem) und wandeln immer mehr Im Dunkeln bezüglich dem Urspung unserer Ängste.

Das waren meine Gedanken zu der super Analogie der Angst als Werkzeug!

Sehr schön und kreativ, danke! ☺

Sehe es so wie du, Angst ist ein enorm wichtiger Bestandteil der menschlichen Gefühlswerkzeugkiste ;) Möchte garnicht wissen, um wie viele Jahrzehnte die durchschnittliche Lebenserwartung niedriger wäre, gäbe es den Schutzfaktor Angst nicht!

Ich habe vor einigen Jahren einen Roman gelesen in dem der Protagonist die Möglichkeit hatte mithilfe einer Maschine seine Angst für einen Bestimmten Zeitraum zu "deaktivieren" und konnte so einige Aufgaben bewältigen, hatte natürlich auch das Risiko der Unbedachtheit seiner Aktionen durch das fehlen seiner Fähigkeit der Risikoabschätzung. Das war einer der spannendsten Teile der ganzen Geschichte, zu beobachten wie er ohne Angst handelt und ob er die prekäre Problematik bewältigen kann oder nicht.
Dieses Buch hat mir gezeigt, dass Angst eigentlich etwas unverzichtbares ist.

Hey super!!! Ich mag deinen Artikel sehr. Vielleicht solltest Du in Zukunft öfter mal über solche Themen schreiben ;-) und ich kann deinen Worten nichts entgegen setzen, da ich es ähnlich sehe- aber mehr dazu morgen in meinem Post. Schön dass Du auch teilgenommen hast und Danke fürs Teilen Deiner Gedanken hierzu.

Alle pros und contra wurden hier schon hinreichen dargelegt. Ich denke die Angst sollte keine dominierende Rolle im Leben eines Menschen einnehmen.
Gut zu wissen dass sie da ist, wenn man sie braucht. Ich sehe sie ehr als Wächter im Hintergrund der im Unbewussten und kurzfristig die hoffentlich richtigen Entscheidungen für uns trifft.

Mutiert sie jedoch zum Dreh- und Angelpunkt in unserem Leben, hemmt sie unsere Entscheidungen und kehrt sich ins negative.
Auf diese Angst kann wohl jeder von uns verzichten.

Gedanken vom @faltermann 🐛 zum Thema Angst!

Ich würde da immer zwischen zwei Angstkategorien differenzieren:
gewöhnliche Angst und Panik.

  • Gewöhnliche Angst
    Ist wohl das, was die meisten regulär immer mal kurz erleben. Soll ich XY tun oder nicht?
    Sie präsentiert sich meist in Form eines Rational-Choice-Ansatzes: Man bewertet Für und Wider, auch wenn die emotionale Komponente des Wider-Aspektes überwiegt, bleibt dennoch Raum, dagegen zu steuern.

  • Panik
    Jegliche Rationalität wird ausgeschaltet und es gibt nur eine, die negativste Option, die als Konsequenz der eigenen Handlung resultiert. Egal, wie irrational das auch erscheinen mag, der eigene Verstand ist davon überzeugt, dass es eine absolute Katastrophe wird. Wenn man solche Zustände häufiger erlebt, sollte man sich eventuell auch professionelle Hilfe suchen.

Letzten Endes sind die meisten Leute wahrscheinlich nur von der ersten Kategorie betroffen. Da etwas analytische Distanz zur eigenen Emotion zu bekommen, das Ganze etwas abstrakter zu betrachten und am Ende abzuwägen, erscheint mir als die sinnvollste Herangehensweise.

Stimmt, im Idealfall lassen wir uns von mehreren Instinkten beraten und die Angst gehört definitiv mit dazu.

Schöner Beitrag zu dem Thema Jan :)

Toller Beitrag!
Vor allem der Spruch gefällt mir total gut.
Ich sehe das genauso
Viele liebe Grüße :-)

Coin Marketplace

STEEM 0.18
TRX 0.13
JST 0.028
BTC 57151.22
ETH 3067.19
USDT 1.00
SBD 2.32