Kann man zerbrochenes Urvertrauen zurück gewinnen?
Dieser Artikel richtet sich an diejenigen unter uns, die in ihrer Kindheit ein Trauma erlebt habe, welches ihr Urvertrauen in sich und die Welt zerstört hat.
Wenn wir eine Erfahrung machen, die uns so sehr bedroht das etwas in unserer Seele zerbricht, verändert das einfach alles.
Wenn die Seele bricht
Als ich etwa 4 Jahre alt war, wurde mir eine Tatsache klar, die mein Leben formte.
Mir wurde vollumfänglich bewusst, dass niemand kommen würde, um mich zu retten.
Es war nicht so, das meine Eltern mir nicht hätten helfen wollen. Sie konnten nicht, weil sie nicht wussten, was mir passierte oder weil sie es nicht sehen wollten. Ich konnte mit niemandem darüber reden und war ganz alleine.
Die Erkenntnis erwischte mich an einem Sonntag. Die Morgendämmerung brach gerade an und mattes Licht fiel durch die Jalousie ins Zimmer hinein. Ich wusste genau was gleich kommen würde und mir wurde schlagartig klar, es würde wieder passieren und wieder und wieder und wieder. An diesem speziellen Morgen erkannte ich, das kein strahlender Ritter kommen würde um mich zu retten, auch kein Gott oder Engel, niemand. Ich lag da und diese Erkenntnis schnitt sich tief in meine Seele hinein und etwas in mir brach auseinander. Das Vertrauen in meine Welt war erschüttert und das Leben selbst wurde sehr gefährlich und einsam.
Dieses Gefühl begleitete mich mein weiteres Leben, war immer ein wichtiger Teil von mir. Es schützte mich, ließ mich immer daran denken, wozu Menschen fähig sind und niemals vergessen, dass man es ihnen von außen selten ansieht.
Ich konnte nie voll entspannen, nie Kontrolle abgeben und nie wirklich vertrauen, niemandem. Ich wusste immer, am Ende bin ich alleine. Ich kann mich nur auf mich verlassen und alle anderen Menschen sind eine potenzielle Bedrohung für Leib und Leben.
Jede Beziehung, jede Entscheidung, die ich jemals traf, wurde von diesem tiefsitzenden Schmerz geformt.
Doch in letzter Zeit fühle ich einen Wandel.
Ich bin tatsächlich in der Lage eine Bindung einzugehen, die sich für mich so sicher und stabil anfühlt, dass ich loslassen kann. Es ist keine Liebesbeziehung, sondern Familie und zum ersten Mal in meinem Leben kann ich die Augen schließen und fühle ganz tief in meiner Seele, ich bin in Sicherheit. Dieser Umstand hat gar nicht so viel mit dem Gegenüber zu tun, sondern vielmehr mit mir selbst. Ich kann zum ersten mal das Angebot annehmen weil ich mir selber wieder vertraue.
Meine Mutter hatte mal mein Vertrauen zerstört in dem sie mir etwas von einem Geistwesen als Kind erzählt hat. Leider war meine Mutter sehr abergläubisch.
Bis zu dieser Zeit hatte ich als Kind vor nichts Angst. Vor allem hatte ich keine Angst im Dunkeln und vor dem Einschlafen.
Aber seit dem Tag hatte ich solche schlimmen Ablträume und Ängste entwickelt, dass ich dadurch auch Krank wurde und mehrere Therapien machen musste. Zum Glück noch in der DDR, die sich mehr um soziale Dinge gekümmert hat als das heute üblich ist.
Ich denke mal meine Mutter war sich zu dieser Zeit nicht bewusst, was sie mir antat. Sie wollte sicher nur, dass ich nicht ständig abends aufstehe und im Bett bleibe, denn ich war schon als Kind ein Nachtaktiver.
Das Wissen über Kinderspychologie und Erziehung war sicher noch nicht so druchdrungen wie heute. Ich persönlich bin ein sehr empfindsamer Mensch.
Ich hab Meiner Mutter nach Ihrem tot alles verziehen, was Sie tat. Heute hab ich nicht mal mehr die Möglichkeit all das mit Ihr zu besprechen und darüber zu reden.
Meine Mutter war selber auch, wie ich Opfer häuslicher Gewalt durch meinen Vater, der gern was trank und zuschlug.
Gut das du ihr verziehen hast. Manchmal hilft es, wenn man einen Brief an die verstorbene person schreibt oder so. Vielleicht wäre das eine Option?
Ich bin sehr rational veranlagt, was mir diese Option unmöglich macht. Ich kann mir selber nichts vormachen. Ich glaube, dass sowas vielen helfen würde. Was ich besser kann ist mit Menschen darüber reden. Das hilft mir mehr.
Ja so geht es mir auch. Diese Gefühle können nur aus dir selber kommen und haben etwas mit deiner Liebe für dich zu tun.
Die Antwort hängt von der Schwere des Traumas ab würde ich sagen - abhängig von den Narben, der Schwere und Dauer der Übergriffe und die familiäre Veranlagung (Thema: Trauma in der DNA). Eine zerbrochene Seele kann man nicht "kleben" - da hat jede Behandlung ihre Grenzen: ein schwer sexuell misshandeltes Kind mit assoziativen Störungen wird niemals ein "normales" Leben als Erwachsener führen können.
Hm ich denke das ist alles sehr individuell. Ich habe gelernt das auch die Art wie wir Übergriffe und Missbrauch wahrnehmen sehr unterschiedlich ausfallen kann. Vermutlich hängt das am Ende von sehr vielen Faktoren ab und Normal ist ja auch relativ. Ein zufriedenes Leben ist ja oft schon gut genug.
Hi,
das Urvertrauen konnte ich für meinen Teil bis heute nicht wieder zurück gewinnen, aber ein Partner, der einen versteht und deine Eigenarten versteht kann helfen.
Viel hat sich für mich geändert, als jemand in mein Leben trat, dem ich selbst das Urvertrauen vermitteln konnte. Mein Sohn.....
Ja das stimmt, Menschen können viel heilen oder zerstören und manchmal lohnt es sich ihnen sein vertrauen zu schenken. Schön das du in deinem Sohn das findest was dir gefehlt hat, freut mich voll.
Sehr guter Beitrag. Habe ihn resteemed.
Danke <3
Hallo!!
Ein ganz toller Beitrag. Als Pflegevater von zwei schwerst traumatisierten Pflegekinder und auch beruflich seit über 25 Jahren in dem Bereich unterwegs, kann ich nur sagen: Nein, das Urvertrauen kann man nicht zurückgewinnen.
Aber mit sehr guten Traumatherapeuten kann man zuminndest den Glauben an Vertraute zurück gewinnen.
Habe dazu auch etwas gepostet: http://pflegekind-aufnehmen.de/traumatisiertes-pflegekind/
Erst mal danke für deine Arbeit mit den Kids, damit tust du etwas wirklich wichtiges wovor ich den grössten Respekt habe. Werd glei mal bei dir vorbei schauen.
Vielleicht ist das Urvertrauen nicht mehr 100% zurück zu gewinnen aber es gibt mit Sicherheit ein Spektrum an Glück und Vertrauen das man wieder zurückerobern kann im eigenen Rahmen der Möglichkeiten.
Ich merke bei mir ein sehr grosser Wachstum in dem Bereich weil ich wirklich intensiv daran arbeite. Bin mir einfach sicher das es viel zu meinem Glück beitragen wird.
Damit bist Du sicherlich auf einem sehr guten Weg. Aber viele Menschen haben auch einfach nicht die Kraft und/oder den Mut den Weg alleine zu gehen.
Ohja, und das kann ich super gut vorstellen, hat bei mir auch Jahre gedauert und der Prozess ist noch ein leben weit weg von einem Ende :)
Ich glaube nicht, dass es möglich ist. Man will es vielleicht, manchmal kann man auch einfach nicht mehr kontrollieren, weil man ne Pause braucht.
Aber was weg ist, ist weg.
Hm eine klare Ansicht hast du da. Warum bist du dazu so hart eingestellt, hast du es wirklich versucht und es nicht geschafft ?
wunderbar geschrieben wie immer.
ich denke man kann alles wieder zur essenz bringen...:-P
doch es ist einem jeden selbst überlassen altes los zu lassen oder zu transformieren und sich zu ändern.
einer chaffst einer vielleicht weniger...
der weg ist das ziel.
huggies to ya
meld dich enn was ist sweety
hugs
Danke und klar, mach ich :)
Man muss es halt wollen, sich verändern und daran arbeiten.
Vielen Dank, dass du das mit uns geteilt hast!
Es ist sicher schwer solch ein Urvertrauen wieder zu gewinnen. Dazu braucht es viel Mut! - Wie es aussieht biest du auf den richtigen Weg. Ich drück dir die Daumen, dass du dein Urvertrauen wiederfindest!
Danke. Es ist definitiv ein langer Prozess aber die Mühe werr, denke ich :)
auf jeden FALL!!!
Hallo Rachel,
wow, dass du dich noch so weit zurück erinnern kannst!
Meine Kindheit liegt zum größten Teil hinter dunklen Vorhängen. Das ist wahrscheinlich auch besser so und kann von mir aus auch so bleiben. Ich habe gemerkt, dass das im Prinzip unwichtig ist. Obwohl ich ja schon auch neugierig bin und schade finde, dass ich auch die schönen Dinge, von denen es sicher auch ein paar gab, nicht mehr finde.
Wichtig ist, es ist alleine meine Entscheidung was ich jetzt in meinem Leben möchte. Und dafür trage ich alleine die Verantwortung.
Bis ich an dem Punkt war, hat ein bisschen gedauert ;)
Oh echt, is ja spannend. Also ich hab natürlich viele Jahre meines Lebens an die ich mich quasi kaum erinnere. Meist bleiben ja nur einschneidende Momente hängen.
Ja genau so ist es. Als Erwachsene sind wir alleine verantwortlich für die Gefühle und Erinnerungen die wir uns tagtäglich so geben. Schön das du auch auf dem Weg bist :)
Ja, es ist schön. Ich bin froh, dass ich auf dem Weg jetzt auch mal an einem Punkt angelangt bin, an dem ich mir nicht mehr so viele Gedanken über den Weg an sich mache, sondern halt einfach gehe... Klingt irgendwie komisch, aber ist so. ;)
Ich habe gelernt meinem Lebem zu vertrauen :) einfach tief in mir zu wissen, der Weg wird für mich sein, dass Leben geschieht für und nicht gegen mich.
Das ist doch das Beste was einem passieren kann!! :)
Hi.
das erste Bild gefällt mir sehr gut :) hast du das selber gemacht? :O
Unteb in Arikel steht, woher die Bilder kommen :)