1000 Gesichter der Inspiration: #001 Günther Fiala | Musicalkomponist

in #life6 years ago (edited)

Über die 1000 Gesichter der Inspiration

Inspiration hat viele Facetten und noch mehr Gesichter: Künstler, aber auch Lehrer, Trainer, Eltern, Großeltern, Freunde, Nachbarn, Freiwillige inspirieren uns im Alltag, unser Leben und unsere Handlungen zu überdenken und die großen und kleinen Dinge des Lebens anzupacken. Wir alle leben von Inspiration. Wir tragen sie in uns. In meiner Reihe 1000 Gesichter der Inspiration erwarten euch Interviews und Wordraps mit Menschen, die mich persönlich inspirieren. Viel Spaß beim Lesen und beim Sich-inspirieren-Lassen!

Günther Fiala, Musikalisches Multitalent

Günther Fiala ist vielseitig: Pianist, Sänger, Komponist zahlreicher Musicals für Kinder und Erwachsene, Germanist, Logopäde und allgemein kreativer Kopf. Bereits im Alter von 12 Jahren komponierte der Gewinner zahlreicher Kompositions- und Musikwettbewerbe sein erstes Musical für Kinder – und stellte es prompt selbst auf die Beine. Der Theatergruppe, die um ihn herum entstand, entsprangen einige junge Künstler, die sich auf der ganzen Welt einen Namen machen. Jetzt steht Günthers neuestes Werk kurz vor dem großen Durchbruch in London: V for Victory heißt das Musical, das 1940 auf der besetzen Insel Jersey spielt. Ich habe mich für euch mit dem bodenständigen und liebenswerten jungen Multitalent unterhalten.

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Der junge österreichische Komponist Günther Fiala startet gerade in London durch. Foto: Florian Schulte

Steckbrief

Name: Günther Fiala
Jahrgang: 1982
Beruf: Logopäde und Komponist
Land: Österreich

Im positivsten Sinne sehr, sehr neugierig

Zuerst einmal danke dir, dass du dir die Zeit genommen hast, dich meinen Fragen zu stellen. Du bist Musiker, Komponist, Logopäde, Germanist – wie bekommt man das alles unter einen Hut? Und was davon bist du am liebsten?
Erst einmal danke, dass ich mit dir dieses Gespräch führen darf.
Wie bringe ich alles unter einen Hut? Ja, wie geht das? Das frage ich mich im Rückblick auch desöfteren. Hauptberuflich bin ich als Logopäde tätig, allerdings nur in Teilzeit. Den Rest meiner Zeit kann ich mich voll und ganz auf mein künstlerisches Dasein konzentrieren. Das ist auch das, was mich als Person ausmacht und mir am Herzen liegt.

Woher nimmst du deine vielen Ideen? Wer oder was inspiriert dich?
Ideen kommen von überall her. Ich glaube, dass es wichtig ist, mit offenen Augen und Ohren durch die Welt zu gehen. Eigentlich mit allen Sinnen. Ich höre zum Beispiel gerne unterschiedliche Arten von Musik, gehe immer wieder gerne ins Theater oder schaue Filme an. Und natürlich der Kontakt mit vielen unterschiedlichen Menschen. Ich finde auch Biographien von Menschen sehr spannend. Dabei ist es mir gar nicht so wichtig, ob es sich dabei um eine berühmte Persönlichkeit oder einen meiner Freunde handelt. Ich finde es sehr spannend, wie Menschen die unterschiedlichsten Lebenssituationen und -stationen meistern und ihren Weg gehen. Ich bin - im positiven Sinne - sehr, sehr neugieriger Mensch. Ich will viel wissen und hinterfrage viele Dinge. Ohne diese Neugier und Wissbegierigkeit würde mir wohl vieles an Inspiration gar nicht zugänglich sein. Ich weiß nicht, ob das allgemein gültig ist, für mich stimmt es jedenfalls.

Wie ist es eigentlich mit dir und der Musik losgegangen? Was ist deine älteste Erinnerung, die du mit Musik verknüpfst?
Meine älteste musikalische Erinnerung ist das Blockflötenspielen im Kindergarten. Daran erinnere ich mich noch sehr vage. Ich glaube, wir waren drei oder vier Kinder, die das Instrument gemeinsam gelernt haben. Später bin ich dann auf Klavier umgestiegen - ich glaube, da war ich acht Jahre alt. Ich muss sagen, dass mir die Notenschrift anfangs gar nicht so sehr vertraut war. Ich war immer ein guter Beobachter und habe Dinge schnell auswendig gelernt. So auch die Lieder, die ich im Unterricht gespielt habe. Mit zwölf wollte ich dann bei meiner damaligen Klavierlehrerin in der Musikschule unbedingt auch zum Gesangsunterricht gehen. Allerdings musste ich erst meinen Stimmbruch abwarten. Mit 16 war es dann endlich so weit. In dieser Zeit habe ich mich auch intensiv mit Musiktheorie auseinandergesetzt. Ich habe alles richtiggehend in mich aufgesaugt.

Ich glaube, dass ich mit zwölf Jahren ein Keyboard von meinen Eltern geschenkt bekommen habe. Das war großartig für mich. In meinem „Wahn“ bin ich oft schon sehr früh aufgestanden und habe um 5 Uhr früh (!) mit Kopfhörern Keyboard gespielt. Wenn ich daran zurückdenke, ist das schon ein bisschen verrückt.

Du hast schon als Kind selbst Musicals geschrieben und in deinem Heimatort auf die Bühne gestellt. Solche Riesenprojekte erfordern viel Courage. Wie kam es dazu, dass du das gemacht hast? Was hat dich zu deinem ersten Musical inspiriert?
Ja, das Schreiben der Musicals… Das hat sich mehr oder weniger langsam entwickelt. Mit dem Komponieren an und für sich habe ich ca. mit zwölf Jahren angefangen. Ausschlaggebend dafür war eine Musicalaufführung im Stadttheater Berndorf in Niederösterreich durch die damalige Hauptschule. Ich war davon so beeindruckt, dass ich mir dachte „Das will ich auch können“ - nämlich ein Musical schreiben. Dass so etwas nicht von heute auf morgen geht, war mir vielleicht zu diesem Zeitpunkt schon klar (aber wer weiß das schon).

Aber ich fange etwas davor an: 1996 hatten stand ich als 13-Jähriger mit den Pfadfindern als Schauspieler auf der Bühne. Das Spiel auf den berühmten Brettern hat einigen von uns so viel Spaß gemacht, dass wir das von nun an jedes Jahr machen wollten. Allerdings ließ sich das damals wohl nicht einfach so mit den Pfadfindern umsetzen. Also haben wir Kinder einfach eine eigene Gruppe, die Jugendtheatergruppe Pottenstein, gegründet. Ich weiß noch, dass jeder, der mitmachen wollte, 20 Schilling und einen Kleiderhaken mitbringen musste.

Ursprünglich sollte ich auf der Bühne stehen, aber da ich zu der Zeit ja mit dem Komponieren angefangen habe, wollte ich lieber das Geschehen auf der Bühne mit meinem Keyboard musikalische begleiten. Im Jahr darauf haben wir bereits ein paar kleine Lieder in das Stück eingebaut und es saßen zwei Flötistinnen und ein „Schlagzeuger“ (es waren nur ein Becken und eine kleine Trommel) bei mir und meinem Keyboard. Und dann, im dritten Jahr, kam endlich das erste Musical.

„Merlin“ war für damalige Verhältnisse ein voller Erfolg. Mit nahezu 30 Kindern und Jugendlichen ein musikalisches Werk gemeinsam auf die Bühne zu bringen ist schon eine ordentliche Leistung. Aufgrund des guten Feedbacks haben wir fortan jedes Jahr ein eigenes Musical gespielt, zu dem ich Buch, Texte und Musik geschrieben habe. Für mich war das alles Learning-by-Doing.


Ein Ausschnitt aus Günthers Musical Odysseus (2005).

Du komponierst ja nicht nur Musicals, sondern auch Lieder. Mit deiner 1 week 1 song Challenge hast du dir für 2018 einiges vorgenommen. Welche Art von Musik komponierst du am liebsten?
Ich komponiere alles gerne. Das sind die Neugier und Offenheit in mir. Letztes Jahr hab ich zum Beispiel begonnen, Musik für Blasorchester zu schreiben, obwohl ich das vorher nie gemacht habe. Es hat mich einfach so gereizt.

V for Victory ist ein Musical über die Insel Jersey im Zweiten Weltkrieg. Wie bist du als junger österreichischer Komponist auf diesen Stoff gekommen?
Das ging ganz einfach: 2015 hat Dries Janssens, ein junger Autor aus Belgien, auf Facebook nach einem Komponisten für ein Weltkriegsmusical gesucht. Ich habe ihn kontaktiert und ihm Hörbeispiele meiner bisherigen Arbeiten geschickt. Das hat im offensichtlich gefallen und so kam es, dass ich der Komponist von „V for Victory“ wurde.

Das Musical war ja euer erstes Projekt bei Kickstarter – und ihr habt es gleich geschafft, sogar eine höhere Finanzierung zu erreichen als ihr ursprünglich wolltet. Wie wird es jetzt weitergehen?
Wir sind unendlich dankbar, dass wir so viel Unterstützung und positive Resonanzen bekommen. Danke!

Am 26. und 27. März 2018 wird es im Stockwell Playhouse in London eine konzertante Aufführung des Musicals geben. Das heißt, es werden die Songs und die Handlung in etwas gekürzter Fassung präsentiert. So testen wir unser Werk das erste Mal vor Publikum. Das ist ein ganz wichtiger Schritt bei der Entwicklung eines Musicals. Falls zum Beispiel ein Lied nicht so ankommt, wie wir uns das vorstellen, oder es in der Story Unklarheiten gibt, können wir das danach noch umschreiben und perfektionieren.

Das große Ziel für „V for Victory“ ist eine Aufführung mit allem, was zu einem Musical dazu gehört, also mit Kostümen, Bühnenbild, Orchester etc.

Deiner Theatergruppe im Heimatdorf sind einige aufstrebende junge Künstler entsprungen, du hast eine Vielzahl von Preisen abgeräumt – was hast du noch für Ziele für die Zukunft?
Vielleicht kein Ziel, aber ein Traum auf alle Fälle: Irgendwann einmal von der Musik leben können. Das wäre schön.

Was würdest du Menschen raten, die ihre Inspiration im Leben noch suchen oder die sie vielleicht haben, aber die sich nicht trauen, sie in Taten umzusetzen
Für die, die sie noch suchen, kann ich nur sagen: Geht positiv durch’s Leben, erfreut euch an Kleinigkeiten, saugt alles mit all euren Sinnen auf. Und meiner Meinung nach ganz wichtig ist Geduld. Das ist in meinen Augen eine so wichtige Tugend, die gerade in unserer heutigen schnelllebigen Zeit verloren geht.

Und für die, die sich nicht trauen: Alles auf dieser Welt beginnt im Kleinen. Wer wachsen will, muss klein anfangen. Also fangt auch im Kleinen an. Das heißt zum Beispiel Freundinnen und Freunden, denen man wirklich vertraut (!), zeigen, was man kann. Wichtig ist, es zu tun, sonst verkümmert es vielleicht. Und durch das Tun kommt das Wachsen und das Selbstvertrauen.

Ganz allgemein ist meiner Meinung nach auch ein gewisses Maß an Bescheidenheit wichtig. In dieser Welt laufen genug Super-Egos herum, die sich nur aufblasen. Zerplatzt diese Blase, bleibt von diesem Ego nicht mehr viel übrig. Für mich gehören zu Talent (egal in welchem Bereich) immer Bescheidenheit und Dankbarkeit.

"Ich liebe was ich tue, weil ich so sein kann wie ich bin"

Wir kommen nun abschließend zum Wordrap. Bitte vervollständige diese sieben Sätze spontan:

  1. Musik bedeutet für mich… Leben.
  2. Meine Freunde sind… mir wichtig.
  3. Mit meiner Familie… fühle ich mich sehr eng verbunden.
  4. Liebe ist… alles.
  5. Meine größte Challenge bisher war… jede Situation, die eine Veränderung erfordert hat.
  6. Ich liebe was ich tue, weil… ich so sein kann, wie ich bin.
  7. Meine goldene Regel ist… Das klingt jetzt vielleicht abgedroschen und kitschig, aber bei meinen Eltern stand früher immer so eine kleine Wachstafel, auf dem der folgende Spruch geschrieben stand: „Immer, wenn du meinst, es geht nicht mehr, kommt von irgendwo ein Lichtlein her.“ Dieser Spruch begleitet mich wohl unbewusst mein Leben lang.

Danke, Günther, für das Interview!

Sort:  

Habe ihn kennengelernt als er noch in Wien im Spital bei uns gearbeitet hat, er ist ein herzensguter und kreativer Mann, super Interview!

Ja, das ist unser Günther wirklich. Kenne ihn jetzt schon ca. mein halbes Leben und er hat mich bewusst und unbewusst immer wieder inspiriert.

Resteemed, weil dies ein wunderbares Künstlerporträt ist, aber auch als Beitrag für die Austrian Art & Culture Challenge! Eine wertvolle Facette des vielfältigen kontemporären Kulturlebens!

Danke, liebe Lygia! Das freut mich sehr! Günther hat sich auch wahnsinnig gefreut über deinen lieben Kommentar bei der Challenge.

Und ich freue mich über diese Neuentdeckung!

Many more to come, hopefully ;-)

ich finde das ist ein sehr ambitioniertes und grandioses Projekt.. Ich werde es mit Spannung verfolgen 🤗

Oh danke! Das freut mich sehr:-)

Deine Idee, Menschen, die durch ihre Gedanken oder ihr Tun andere inspirieren, in einem Interview vorzustellen, finde ich großartig! Sprichwörtlich eine Quelle der Inspiration!

Herzlichen Dank! Ich weiß noch, dass mir solche Leute immens geholfen haben als ich selber nicht wusste wohin mit mir und meinem Talent. Ich hoffe, dass ich euch noch 999 andere spannende Menschen vorstellen kann - aus den unterschiedlichsten Bereichen.

Ich freue mich auf die nächsten 999 Porträts :-) Übrigens, die Spruch im Wordrap von Günther Fiala war auch in meiner Kindheit stets präsent und manchmal denke ich auch heute noch daran :-)

Ja, der ist zwar kitschig - wie Günther auch gesagt hat - aber stimmen tut er trotzdem.

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