Medikamentenstudie.

Ich wurde zur Teilnahme an einer Medikamentenstudie eingeladen. 2 Gruppen. Gruppe 1 erhält ein neues, vielversprechendes Medikament, Gruppe 2 die bestmögliche bisher praktizierte Behandlung. Erforscht werden soll der Heilungserfolg und die Auswirkung der Behandlung auf das Gesamtbefinden der Probanden.

Es geht um GvHD, Graft-versus-Host Disease, eine nach einer Stammzellentransplantation oft auftretende Reaktion, bei der sich das Transplantat, also die neuen Stammzellen und die von ihnen gebildeten Abwehrzellen, gegen den Wirt, den Patienten, also mich, richten. Betroffen ist oft das Verdauungssystem (so auch bei mir), die Haut oder die Augen. GvHD ist nicht nur äußerst unangenehm, sondern kann unbehandelt zum Organversagen und zum Tod führen.

Zum Glück gibt es Medikamente, die diese Überreaktion des Immunsystems unterdrücken. Aber es ist schwierig, die richtige Dosierung zu finden. Das Immunsystem darf ja nicht zu stark unterdrückt werden. Zudem müssen diese Medikamente zeitlebens eingenommen werden. Deshalb wird intensiv an Alternativen geforscht. Ziel ist, mit möglichst geringer Dauermedikation das neue Immunsystem zu einer partnerschaftlichen Kooperation zu bewegen.

Zurück zur Studie. Ich nehme Teil. Der Zufallsgenerator ordnet mich Gruppe 2 zu. Die bestmögliche bisher praktizierte Behandlung. Extrakorporale Photopherese, ECP heist das Zauberwort. Also eine Behandlung außerhalb der Körpers. Licht spielt auch eine Rolle. Konkret: in regelmäßigen Abständen finde ich mich zur ambulanten Behandlung im Aphrese-Zentrum der UNI-Klinik Dresden ein. Ich werde an eine Maschine zur "Blutwäsche" angeschlossen. Über eine dicke Kanüle wird mein Blutkreislauf angezapft und innerhalb der Maschine werden die Blutbestandteile separiert. Die Leukozyten werden gesammelt, das Restblut erhalte ich sofort zurück. Nach ca. 2 Stunden beginnt die eigentliche Behandlung. Die gesammelten Leukozyten werden ca. 20 Minuten lang mit intensivem UV-Licht bestrahlt (innerhalb der Maschine also Extrakorporal) und anschließend zurück infundiert.

Worin besteht nun der therapeutische Ansatz? Das Ziel ist eine gezielte Beschädigung der bestrahlten Leukozyten. Diese beschädigten Zellen werden nun in meinem Körper dem neuen Immunsystem präsentiert. Jetzt ist da ein Feind da, an dem es sich schadlos austoben kann. Irgendwie wird dadurch das gesamte Immunsystem stimuliert und in rechte Bahnen gelenkt. Wenn auch die genauen Wirkmechanismen der ECP noch nicht völlig verstanden werden, die Behandlung bekommt mir sehr gut. Jetzt, Ende August 2017 habe ich bereits 10 Behandlungstermine hinter mir. Meine Medikamentendosierung konnte regelmäßig verringert werden, meine Blutwerte werden von Woche zu Woche besser. Ich bin froh, an dieser Studie teilnehmen zu dürfen.

Mit diesem Genesungstagebuch will ich nicht nur über meine Fortschritte (und eventuelle Rückschläge) berichten. Vor allem möchte Menschen in ähnlichen Situationen Mut machen. Egal ob sie selbst oder Angehörige bzw. Freunde betroffen sind.

Teil 17: Unter den Lebenden.
Teil 10: Land in Sicht!
Teil 1: Das Leben ist schön.