Zitate 046 - Felix Zulauf, Schweizer Finanzspezialist - Teil 2

in #deutsch7 years ago (edited)

05. Oktober 2017

Dies ist der zweite Teil des Interviews [1] des bürgerlich-konservativen Magazins Schweizerzeit mit Felix Zulauf [2]. Zu sagen ist noch, dass das Interview am 02. Oktober 2017 veröffentlicht, aber kurz vor der Wahl des deutschen Bundestages aufgenommen wurde. Das wird in einigen Antworten erkennbar.

Der erste Teil findet sich hier, der dritte hier.

2017-10 - Schweizerzeit Zulauf 2.jpg
Screenshot aus dem Video [1].

(20:25-23:22)
F. Zulauf: «Die Folge davon widerspiegelt sich in der Politik. Es kommt dazu, dass die Verlierer jemanden wählen, der ihre Interessen vertritt und etwas ändern möchte. So ist der Brexit passiert, den ich erwartet habe, so wurde Donald Trump gewählt, wie ich es erwartet habe. Aus den genannten wirtschaftlichen Entwicklungen heraus ist das entstanden. Das führt zu einem Konflikt zwischen der VR China und den USA. Das ist übrigens nicht das Problem des Herrn Trump. Von diesem kann man charakterlich halten, was man möchte. Vielleicht ist er nicht der geeignete Mann für das Amt des US-Präsidenten, aber er ist demokratisch gewählt worden. Und er ist deswegen gewählt worden, weil er versprochen hat, dass er in genannter Richtung etwas tun wird. Die Wähler in den USA wollen, dass Trump im Bereich des Handels eingreift und etwas für die eigene Nation tut, nicht für andere. Den aufkommenden Nationalismus kann man auch in Europa erkennen. Die EU hat sich stets als ein Projekt gegen Nationalismus und für Frieden verstanden. Sie ist aber das genaue Gegenteil. Wir haben mehr Nationalismus denn je. Selbst Herr Macron, der sich als Europäer verkauft hat, ist wie die meisten Franzosen ein grosser Nationalist. Er ist deswegen ausgeprägter Nationalist, weil etwa vor kurzem die Schiffswerft Chantier l'Atlantique (immerhin gut 2'000 Angestellte, Anm.) [3] von einem italienischen Schiffsbauer hätte übernommen werden sollen (Fincantieri aus Triest [4], Anm..) und Macron diese am letzten Tag vor der Übernahme verstaatlichte. Er hat damit eindeutig zu verstehen gegeben, dass die Firma französisch bleiben wird. Dass französische Modehäuser und -gesellschaften italienische übernehmen und aufkaufen, stört die Franzosen aber kaum. Es ist eine aufkommende nationalistische Tendenz zu erkennen.
Ich gehe aber davon aus, dass sich ein heisser Konflikt primär im südostasiatischen Raum anbahnt. Den Nordkoreaner Kim Jong Un halte ich für eine Marionette an der langen Leine Chinas. Für die Chinesen ist die Situation ziemlich bequem. Sie haben einen, der etwas verrückt spielt, bis zu einem gewissen Punkt, und die Amerikaner reizt. So können sie mit Herrn Trump besser umgehen, da er in dieser Region nur beschränkten Handlungsspielraum hat. Er kann keinen echten militärischen Erstschlag machen, denn die Chinesen haben durchaus angetönt, dass sie an der Seite der Nordkoreaner stehen werden (aus den USA tönt das von unabhängigen wie Joel Skousen anders, Anm.). Das wäre die Entstehung des nächsten Weltkrieges. Trump muss die Sache folglich politisch lösen. Wird eine politische Lösung angestrebt, können die Chinesen stets versichern, sich dem Nordkorea-Problem anzunehmen, im Tausch gegen mehr Spielraum im Handel. Für die Amerikaner ist das ein grosses Problem, weil nicht wirklich klar ist, wie mit der Sache umzugehen ist.»

(23:23-27:50)
U. Schlüer: «Jetzt stehen die Amerikaner aber auch noch vor einem anderen Problem mit Donald Trump. Man spricht von einer gespaltenen Nation. Wenn man bei uns Zeitungen liest, kommt kaum jemand auf die Idee, dass Trump demokratisch gewählt wurde. Stattdessen wird gesagt, dass mit ihm ein Verrückter an der Macht ist. Wenn Amerika den von Ihnen genannten Herausforderungen gegenübersteht, mit einem Präsidenten, der im eigenen Land immer wieder untergraben wird, von Gerichten in Sicherheitsfragen und anderen Bereichen zurückgepfiffen wird. Die Handlungsfähigkeit dessen, der bisher die Sicherheit der ganzen Welt garantierte, scheint in erheblichem Masse angeschlagen zu sein.»

F. Zulauf: «Das ist richtig. Es hat mit dem fehlgeleiteten Zeitgeist zu tun. Der Zeitgeist ist heute so, dass nur noch der als politisch korrekt gilt, der sozialdemokratisch oder links orientiert ist, der ökologisch ist und etatistisch denkt. Das ist politisch korrekt und alles, was nicht in diesen Rahmen hineinpasst, ist politisch inkorrekt, wird angezweifelt und angepöbelt in der Presse. Wenn Sie die amerikanischen Medien betrachten, so sind von den eingeschriebenen Journalisten 7 % Republikaner, von denen wiederum etwa die Hälfte von anfang an gegen Donald Trump waren. Er steht also einer unglaublichen, medialen Übermacht gegenüber. Leider ist Trump durchaus ein schwieriger und vielleicht auch unappetitlicher Charakter. Würde er seine Aufgabe etwas eloquenter erledigen, dann könnte er viel mehr für die Anliegen seiner Wähler tun. Wie gesagt, wurde er demokratisch gewählt und nicht nur das. In der Ausmarchung innerhalb der republikanischen Partei, Trump ist ursprünglich kein Republikaner, hat er 15 Vertreter des republikanischen Establishments, geschlagen, mit entsprechenden Argumenten. Wer Donald Trump als gewählten amerikanischen Präsidenten anzweifelt, ist er fehlgeleitet. Aber Trump hat eine Agenda, die nicht der Agenda der links, ökologisch und etatistisch denkenden Medien und Politiker entspricht. Er hat auch ein grosses Problem mit der eigenen Partei, die nach meiner Ansicht jetzt die Führung übernommen hat.
Denn, Trumps ideologisches Hirn oder Kompass war Steve Bannon [5]. Dieser wird als rechtsradikaler dargestellt. Vielleicht hat er sich gewissen Dingen auch sehr rechtsaussen positioniert. Aber, in einer nach links gedrifteten Welt wäre es gut, wenn man von einem wirklich Rechten gewisse Ideen übernehmen würde. Um eine Korrektur gegenüber der Entwicklung der vergangenen 25, 30 Jahre anzubringen. Diesen Bannon hat Trump verloren und das republikanische Establishment übernommen. Die Wirtschaftspolitik wird jetzt von Treasurer Steven Mnuchin [6] und dem Economic Advisor Gary Cohn [7] gemacht. Die Notenbank [8] ist sowieso schon lange auf der sehr lockeren Linie. Man kann davon ausgehen, dass Donald Trump im eigenen Land nicht mehr allzuviel zu sagen hat. Mehr Handlungsspielraum hat er in der Aussenpolitik. Das ist grundsätzlich so geregelt in der amerikanischen Verfassung. Von daher wird interessant sein, wie er sich gegenüber den Chinesen verhält. Das ist eigentlich der grosse Prüfstein. Die Sanktionen, die die USA vor kurzem gegen Russland verhängt haben, kommen nicht von Herrn Trump, er wollte diese nicht. Trump hatte die Idee, mit den Russen zu reden, um da und dort in der weltweiten Politik in Kooperation mit den Russen bessere Ergebnisse zu erzielen (die USA sind noch lange stark genug, jede Kooperation mit den Russen zu dominieren, von den Russen müssen sie sich also nicht gängeln lassen, Anm.). Frieden in Syrien usw., da hat Trump Recht. Auch wenn Putin durchaus ein diktatorischer Politiker ist, aber er ist ein Politiker für das Volk, welches ihn gewählt hat. Die Sanktionen sind eigentlich nicht gegen Russland, sondern gegen Deutschland und Europa gerichtet.»

(27:50-31:30)
U. Schlüer: «Jetzt haben Sie die Situation und Bedeutung Chinas breit geschildert. Dann die USA und jetzt kommen noch die Europäer dran, am Schluss. Wo steht Europa, wo die EU, wo stehen die Gegensätze in der EU, die aktuell heruntergespielt werden? Wo steht Europa in der geschilderten Auseinandersetzung?»

F. Zulauf: «Um das Thema von vorher noch zu beenden. Die Sanktionen gegen Russland sind Sanktionen gegen Europa. Damit soll verhindert werden, dass es neue direkte Erdgaspipelines geben wird, von Russland nach Deutschland durch die Ostsee (der Ausbau wurde 2015 beschlossen, BASF Wintershall, E.ON und Gazprom sind beteiligt [9], Anm.). Die USA wollen das verhindern, da sie selber Erdgas zu verkaufen haben. Sie möchten, dass die Europäer von ihnen Flüssiggas einkaufen. Da gibt es also keinen geopolitischen Hintergrund, es sind wirtschaftliche Gründe. Europa hätte im Machtkampf zwischen diesen beiden Giganten eine sehr gute Rolle spielen können. Durch geschicktes Vermitteln und gleichzeitig wirtschaftliches Profitieren. Dafür bräuchte es aber eine saubere Ordnung und einen sauber eingestellten Kompass, der genau zeigt, wo man hin will (und das auch alle wissen, kein Leading from behind und keine Schwurbeleien bei kleinen Problemen, die man zu grossen hochschreibt und dann nicht löst, Anm.). Das fehlt Europa aktuell. Europa ist in Unordnung aufgrund der unglücklichen Konstruktion der EU, die vor allem durch die Einführung des Euros forciert worden ist. Damit wurde eine Spaltung Europas erwirkt. Der Euro wurde als Projekt der Einigung, des Friedens und als wirtschaftlich positiv dargestellt. Tatsächlich ist er das genaue Gegenteil. Das habe ich vom ersten Tag dieses Projekts gesagt. Jeder, der etwas wirtschaftlichen Sachverstand hat, hat das sehen müssen. Der Vertrag von Maastricht [10], der die Währungsunion regelt, ist bisher über 100 Mal gebrochen worden. Es wird also mit allen Tricks, legal wie illegal, gearbeitet, um die Sache zusammenzuhalten. Denn, von den Verantwortlichen wird gedacht, dass es das vereinigte Europa als Monolith braucht. Die Idee, die Vereinigten Staaten von Europa hinzubekommen, besteht weiterhin. Die Völker, die einfachen Bürger wollen das aber nicht. Sie wollen ihren Nationalstaat (vielleicht auch ihre Region in möglichst grosser Souveränität, Anm.). Es ist eine grosse Trennung eingetreten, zwischen den regierenden Eliten, teilweise auch den Wirtschaftseliten, die den Euro sehr gerne mögen, da er ihre Geschäfte vereinfacht, und den Völkern. Da gibt es einen Graben, der aktuell grösser wird. Der Euro treibt einen Spalt zwischen die Habenden und die Nicht-Habenden. Die wettbewerbsschwachen Volkswirtschaften geraten zunehmend in eine schlechte Situation. Man kann das gut am Beispiel Italien erkennen. Das heutige Italien ist politisch nicht reformierbar, vielleicht ist es gar nicht regierbar, aber man konnte sich über lange Zeit mit Währungsabwertungen usw. durchwursteln. Der Italiener, der im eigenen Land geblieben ist, hatte Arbeit, war mehr oder weniger zufrieden, konnte Chianti trinken usw. Heute ist das nicht mehr der Fall. Italien gleitet zunehmend in einen Zustand wirtschaftlicher Depression, in der die jungen Leute keine Zukunft mehr haben. Sie auswandern müssen und es deswegen eine Entvölkerung geben wird.»

(31:30-32:15)
U. Schlüer: «... und die Italiener zudem noch das Haupteinwanderungsproblem Europas zu bewältigen haben.»

F. Zulauf: «Das auch und dabei werden sie alleinegelassen. Europa ist de facto führungslos. Die stärkste Politikerin in Europa ist, Kraft ihres Amtes als Deutsche Bundeskanzlerin, Angela Merkel. Wenn sie Frau Merkel betrachten, wofür steht sie? Sie steht nur noch für die Verteidigung ihres Sitzes. Sie hat die Parteiprogramme der Sozialdemokraten und der Grünen in das der CDU hineinverwurstet. Würden Sie einen alten CDU-ler nehmen, der 30 Jahre eingefroren gewesen wäre und heute zurückkäme, der würde seine Partei nicht mehr erkennen. Da ist nichts mehr übrig von konservativen und freiheitlichen Grundgedanken.»

(32:16-35:28)
U. Schlüer: «Wenn man in Deutschland den Wahlkampf betrachtet und mitverfolgt hat, das bewegt einen schon und es ist auch hochinteressant, dann hat man zwei Kandidaten gesehen, die dasselbe vertreten haben. Sie gehören zwar nicht zur selben Partei, aber vertreten haben sie dasselbe. Da war also kein Gegensatz. Dazu haben alle Medien behauptet, Frau Merkel sei alternativlos und deswegen sei es selbstverständlich, dass sie auch wiedergewählt wird. Auf der Strasse musste sie aber teilweise extreme Angriffe über sich ergehen lassen. Die Frau, die als erfolgreich dargestellt wird, die die Probleme in Europa in der Hand hält, wurde in einem Ausmass verbal angepöbelt und angerempelt, dass es einen völligen Widerspruch zur behaupteten Alternativlosigkeit darstellt. Was braut sich da zusammen?»

F. Zulauf: «Es wird so sein, dass es keine echte Alternative gibt. Die einzige (altbekannte, Anm.) Alternative, die ein gewisses konservatives und marktwirtschaftliches Denken in sich trägt, ist die FDP. Diese Partei hat sich das letzte Mal in Regierungsverantwortung unglaubwürdig gemacht, weil sie sich zu sehr untreu geworden war, im Willen, an der Macht zu bleiben. Die kommen jetzt wieder und werden vielleicht etwa 10 % Wähleranteil erreichen. Die etablierten Volksparteien CDU, CSU, SPD und Grüne werden deutliche Einbussen haben bei den Wahlen 2017. Dafür werden die Randparteien, die Linke auf der linken Seite und die AfD auf der rechten mehr Zuspruch erhalten. Die Folge wird sein, dass es sowieso eine sehr schwache Regierung geben wird, die keinen klaren Kurs wird fahren können und schon gar nicht die absolut nötigen Reformen anpacken kann. Unabhängig davon, wie die Koalition schlussendlich aussehen wird. Ob es nochmals eine grosse Koalition geben wird, was die SPD nicht will oder ob es eine Koalition aus CDU, FDP und Grünen geben wird, die Jamaika-Farben wie sie so schön sagen. Es spielt keine Rolle.
Die Reformunfähigkeit ist das Hauptproblem in allen europäischen Ländern. Das hat wohl auch mit den Völkern zu tun, die teilweise verwöhnt waren über die letzten Jahre und das Gefühl bekommen haben, sie könnten sich auf die Besitzstandswahrung beschränken (das ist absolut gefährlich, aber auch eine Propaganda, die von Regierungen, Parteien und Sozialwerken verbreitet wird, nicht zuletzt von den Sozialdemokraten, Anm.). In der Schweiz sieht man das auch mit der Abstimmung über die AHV (Alters- und Hinterbliebenen-Versicherung, Rentenkasse in der Schweiz, Anm.). Von daher befürchte ich ein Abgleiten Europas in politische Zustände der Weimarer Republik [11], dass es überall zu einer Zerbröselung der Verhältnisse in den Parlamenten kommt und schlussendlich keine notwendigen Entscheidungen mehr gefällt werden können. Anstelle davon, das Schicksal in die eigenen Hände zu nehmen, gibt es ein (realitätsverweigerndes, Anm.) Dahingleiten und man wird zu Getriebenen der Dinge, die die USA und China tun, vielleicht etwas überspitzt gesagt.»

Weiter zum dritten Teil.


[1] Weltfinanzkrise: Bewältigt oder verdrängt? Schweizerzeit Verlags AG YouTube Kanal, 29. September 2017 http://www.schweizerzeit.ch/cms/index.php?page=/seiten/-172
[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Felix_Zulauf
https://en.wikipedia.org/wiki/Felix_Zulauf
http://felixzulauf.com/
[3] https://fr.wikipedia.org/wiki/Chantiers_de_l%27Atlantique
[4] https://de.wikipedia.org/wiki/Fincantieri
[5] https://de.wikipedia.org/wiki/Steve_Bannon
[6] https://de.wikipedia.org/wiki/Steven_Mnuchin
[7] https://de.wikipedia.org/wiki/Gary_Cohn
[8] https://de.wikipedia.org/wiki/Federal_Reserve_System
[9] Zwei weitere Stränge für russische Gas-Route - BASF, Eon und Gazprom bauen Gaspipeline Nord Stream aus. Manager-Magazin.de, 31. Juli 2015 http://www.manager-magazin.de/unternehmen/industrie/basf-eon-und-gazprom-bauen-gaspipeline-nord-stream-aus-a-1046282.html
[10] https://de.wikipedia.org/wiki/Vertrag_von_Maastricht
[11] https://de.wikipedia.org/wiki/Weimarer_Republik


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Vielen Dank, auch für den Link "schweizerzeit.ch".

Gerne. Vielleicht sollte man noch wissen, dass die Zeitschrift vor allem durch Ulrich Schlüer (Gründer und Chefredakteur bis 2015) eine Nähe zur Partei SVP (Schweizerische Volkspartei) aufweist. Schlüer ist Parteimitglied und sass für diese vier Legislaturen im Nationalrat. Dazu war er auch als Gemeindepräsident tätig. Er vertritt klar nationalkonservative und auch republikanische Ansichten und denkt nicht-interventionistisch. Eine Positionierung, die weder dem aktuellen Zeitgeist entspricht, noch politisch korrekt ist.

Im hier veröffentlichten Interview geht es natürlich nicht um den Interviewer, sondern um die Aussagen des Befragten.

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