Deutsche Sprache, schwere Sprache?steemCreated with Sketch.

in #deutsch7 years ago (edited)

Wahrscheinlich bin ich einfach ein hoffnungsloser Pedant und Korinthenkacker - dann sei es so, ich hoffe, ihr verzeiht mir :-) - aber wenn ich mir in letzter Zeit so die Kommentarspalten von Zeitungen und selbst von Journalisten geschriebene Artikel durchlese, stehen mir ob der zahlreichen grammatikalischen Lapsus und Rechtschreibfehler oft die (wenigen) Haare zu Berge - in solchen Momenten empfinde ich beinahe Mitleid mit unserer doch eigentlich so schönen deutschen Sprache!

Geht es euch genauso, dass das Lesen mancher Texte zuweilen geradezu spürbare Schmerzen aufgrund der Verletzung eures Sprachgefühls verursacht, oder bestätige ich mit diesem Satz nur obige Eingangsvermutung über mich selbst? :)


Quelle: pixabay.


Ich habe im Laufe der Zeit einige Beispiele gesammelt, die euch nun wahlweise zum Lachen, Weinen oder gar dazu bringen mögen, etwas Neues zu lernen. Hier nun einige wenige ausgewählte 'Stilblüten' (über die Namen der jeweiligen Schreiber hülle ich den Mantel des Schweigens):

"Wie" oder "als"?


Dass "wie" und "als" falsch verwendet werden, gehört inzwischen fast zum "guten Ton". Mir ist dabei bewusst, dass in einigen Regionen die Verwendung von "wie" statt "als" im Rahmen dort gesprochener Dialekte völlig korrekt ist. Im Hochdeutschen ist und bleibt es jedoch falsch, wenn jemand behauptet:
"Ich spreche viel besser Deutsch wie du."

"Wie" wird verwendet, um Gleichartigkeit auszudrücken, "als" steht für Verschiedenheit.

Beispiele:

"Ich spreche besser Deutsch als du."
"Du sprichst genau so gut Deutsch wie ich."
Aber:
"Sie spricht doppelt so schnell wie er." (Hier haben wir zwar Verschiedenartigkeit, aber das 'Schlüsselwort' "so" erfordert immer ein "wie".)

Kürzlich las ich in einem Politikforum einen Satz, der (abgesehen vom Inhalt) aufzeigt, wie kreativ Menschen werden können, wenn es darum geht, "wie“ und "als" zu vertauschen:

"Linke und FDP haben die gleichen politischen Gegensätze als CSU und Grüne ich halte die Option (Rot-rote Ampel) im Gegensatz zu einer Option mit der AfD für durchaus denkbar."

Uff!

"Das" oder "dass"?


Kann man sein Nichtwissen bezüglich des Gebrauchs von "das" und "dass" in der gesprochenen Sprache noch ziemlich gut verbergen, so fällt es im Schriftlichen umso stärker auf. Der Satz ...

"Ich finde, das dass Kind, dass ich gerade unterichte, einen besseren Deutschlehrer als mich verdient hat."

... ist inhaltlich sicher richtig, aber dafür in grammatischer Hinsicht umso inkorrekter. :)

"Das" mit einem 's' ist ein Artikel oder Pronomen (das sich hinter einem Komma auf ein bereits vorher im Satz genanntes Substantiv bezieht).
"Dass" mit 'doppel-s' ist eine Konjunktion und kann nicht durch Wörter wie 'dieses', 'jenes' oder 'welches' errsetzt werden.

Unser obiger Beispielsatz lautet also korrekt:

"Ich finde, dass das Kind, das ich gerade unterichte, einen besseren Deutschlehrer als mich verdient hat."

In der Praxis unterscheiden viele Schreiber so gut wie gar nicht mehr zwischen 'das' und 'dass'. Aus diesem Grund habe ich ein beliebiges Beispiel unter vielen herausgegriffen:

"Macht weiter und wehrt euch, die Zukunft eurer Kinder steht auf dem Spiel! Vielen Dank das ihr kämpft!" (Aus der Kommentarspalte unter diesem ZEIT-Online-Artikel.)

Falsch ist der Satz, weil das Komma vor dem 'dass' sowie ein 's' fehlen.

Akkusativ oder Dativ?


Dass es dem armen Genitiv an den Kragen geht, ist kein Geheimnis mehr, was der wohlbekannte (und grammatikalisch absichtlich falsche) Titel einer sechsteiligen Buchreihe von Bastian Sick, die aus der Sammlung Zwiebelfisch-Kolumnen entstanden ist, ...

"Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod." (korrekt wäre "Der Dativ ist der Tod des Genitivs."),

... persifliert.

Inzwischen ist es aber soweit, dass selbst der Dativ aufgrund eines in der Umgangssprache erstarkenden Akkusativs mehr und mehr in Bedrängnis gerät. Man könnte fast (wieder absichtlich falsch) sagen:

"Der Akkusativ ist den Dativ sein Tod." :-)

Als Beispiel diene mir ein Kommentar, den ich unter einem ZEIT-Online-Artikel las:

"Vergleicht man TV-Bild und Realität, kommt es einen vor, als handelte es sich um zwei unterschiedliche Veranstaltungen.“
Korrekt wäre: "... kommt es einem vor ..."; "Wem-Fragen" verlangen nach dem Dativ! Wem kommt es so vor? Einem.

Auch auf Deklinationen sowohl bei Dativ- als auch Akkusativkonstrukten wird oft komplett verzichtet, wie beispielsweise in einem Kommentar zu diesem Spiegel-Online-Artikel:

"Um dann den Google Konzern mit mein sprachmuster dabei zu helfen seine KI Dienst zu verbessern?"
Korrekt ist: "... mit meinem Sprachmuster ... seinen KI-Dienst ..." (erst Dativ- dann Akkusativ-Deklination).

Es sind aber bei Weitem nicht nur die Leser, welche es in ihren Kommentaren mit der Grammatik nicht so genau nehmen, sondern auch die Journalisten selbst. Zwei Beispiele:

"Haugneland rät Autofahrer in Oslo davon ab, sich ein strombetriebenes Fahrzeug anzuschaffen - wenn sie nicht die Möglichkeit haben, es zu Hause zu laden." (Quelle)
Korrekt wäre: "... Autofahrern ..."

"Mit Wohnungen, ohne Krieg, mit Heizungen, warmen Wasser, genug zu Essen, kostenloser Ausbildung und Ärzten, mit Transportmitteln, die unpünktlich sind." (Quelle).
Korrekt wäre: "... warmem Wasser ..."

Einen oder ein, keinen oder kein, denen oder den?


Wie bereits erwähnt, gehört korrektes Deklinieren mittlerweile offensichtlich zu den eher hohen Hürden zeitgenössischen Schreibens. Folgende Sätze fielen mir auf:

Ein Lehrer(!) schrieb in der Kommentarspalte zu folgendem Spiegel-Online-Artikel:
"Viele meiner Schüler haben inzwischen wirklich kein PC / Laptop Zuhause. ... dass ein Großteil der Schüler ein PC Zuhause hat."
Natürlich heißt es "... keinen PC .... einen PC ..." (Akkusativ; "Wen-Frage").

Unter den Zuschriften zu diesem Artikel der als gehobener geltenden "ZEIT" las ich:
"Was passiert mit den Verpackungen auf den das Unwort Amazon steht?????"
Korrekt ist "... auf denen ..."

Ja, ist das denn sooo schwierig? :-)

Die Verkürzung 'nen bzw. 'n.


Während 'n die Abkürzung für "ein" (und theoretisch auch für einen) sein kann und 'ne für "eine", sollte 'nen (wenn überhaupt) nur dazu verwendet werden, um "einen" zu ersetzen. Ein langer Artikel darüber für weitergehend Interessierte findet sich hier. Anders als der Autor des Artikels empfinde ich die häufige Verwendung von 'nen statt 'n allerdings nicht als "sprachliche Innovation" - zumindest jedoch widerspricht sie meinem (altmodischen?) Sprachgefühl.

Beispiel (Quelle: Kommentarspalte zu diesem Artikel):
"... nen richtiges Gericht ... nen richtiges Essen ... nen Imbiss ..."
Korrekt wäre "... 'n richtiges Gericht ... 'n richtiges Essen ... 'n Imbiss ..." (da keines der Substantive weiblich ist).

Auch der Kundenservice gibt sich oft keine Mühe mehr ...


Selbst Personen, von denen man gewisse Schreibfertigkeiten erwarten würde (z. B. Kundenservice-Mitarbeiter) lassen eine gewisse Sorgfalt beim Verfassen von Texten häufig vermissen. Von "jameda.de" erhielt ich beispielsweise eine E-Mail, deren Auszüge ihr nun 'genießen' dürft:
"Leider haben wir kein Einfluss auf die Veröffentichung von Bewertungen die nicht aktiviert worden sind."
Wie jetzt sicher alle wissen, heißt es "... keinen Einfluss ..." (und vor das zweite "die" gehört ein Komma).
"Die Bewertung für Frau Dr. xxx haben Sie leider nach mehrmaligen Hinweis und Zusendung des Aktivierungslink nicht bestätigt."
Und hier: "... mehrmaligem Hinweis ... Aktivierungslinks ..." ("Wem-Frage", also Dativ und später Genitiv-s".)

Zum Schluss etwas zum Schmunzeln. :)


Hier geht es um eher Lustig-Komisches (Wortverwechslungen, versehentlich ins Gegenteil verkehrte Aussagen etc.), das mir beim Schmökern bisher so beggenet ist:

  • "Wie so oft steht nicht der Täter am Pranger sondern, der der die Tat begangen hat..." (Aus der Kommentarspalte zu diesem Artikel).
    Der, der die Tat begangen hat, ist doch der Täter!

  • "Tja ja jetzt wo es sich gegen die Medien selbst richtet, erscheint der viel gelobte, ja gerade zu zum Messias sterilisierte Obama nicht mehr in einem so glänzenden Licht..." (Aus der Kommentarspalte zu diesem Artikel).
    Ich wusste noch gar nicht, dass Obama sterilisiert ist! (Natürlich war "... stilisierte ..." gemeint.)

  • "Alle Werbung für russische Produkte sofort verbieten!! Keine Gazprom-Werbung in Radio und Fernsehen, TV abschalten bei Champignon-Spielen!" (Aus der Kommentarspalte zu diesem Artikel).
    Ich bevorzuge da eher Steinpilzspiele! :-)

  • "H. Clintons Ehrgeiz ist schuld. Jeder andere Kandidat, ibs. Sanders, hätte wohl Trump geschlagen, nur Clinton eben nicht. Clinton hat sich zum Jonas ihrer Partei gemacht. Mitgefühl dafür sehe ich nicht." (Aus der Kommentarspalte zu diesem Artikel).
    Ist da jetzt nicht "Judas" gemeint? Oder bin in diesem Fall ich selbst der Unwissende? :)

  • Schön ist auch folgender Wortwechsel, für den ich allerdings keinen Beleg (Link) mehr habe (es ging darum, dass Merkel den französischen Präsidenten beeinflussen wollte):
    Forist 1: "Halb zog sie ihn, halb fiel [sank!] er hin." (Versuchtes Zitat aus Der Fischer von Goethe.)
    Forist 2: "Was soll der Salmon!" [statt Sermon!]

Eines ist mir natürlich völlig klar: Wer einen solchen Artikel schreibt, muss damit rechnen, dass nun sein eigener Text ganz akribisch nach Fehlern durchleuchtet wird! :-) OK, das ist mehr als fair - und ich bin mir dessen bewusst, selbst keineswegs stets absolut fälervrai zu schreiben.
Viel Spaß beim Suchen! :)

Sort:  

Ein wunderbarer Artikel, der mich wieder einmal sehr amüsiert hat. Da ich mir jedoch selbst (gerade beim) Chatten immer mal wieder durchaus einige schöne Stilblüten leiste, werde ich mich jetzt hüten hier aus meinem Glashaus mit Steinen zu werfen.

Das überlasse ich dann doch lieber den Profis. :-)

Danke für das Lob ... und wer beim Chatten (wo es schnell gehen muss) keine Fehler macht, soll sich bitte melden - ich melde mich dann schon mal nicht, haha. :-)

Die deutsche Sprache ist schwer zu lernen für viele Ausländer. Verständlich. Ja Tippfehler passieren halt. Ist auch inordnung. Hab eine gute Zeit. :)

Freut mich, zu lesen, dass ich nicht alleine so ein “Sprachfetischist“ bin. Gerade diese 'nen- und 'n-Geschichte ist mir auch schon wie oft sauer aufgestoßen. Und keinen sonst scheint es zu interessieren.
Auch schön: z.B. der Unterschied zwischen scheinbar und anscheinend - was zugegebenermaßen auch etwas schwieriger zu verstehen ist.

Man muss nur aufpassen, nicht ständig andere zu korrigieren, um nicht sofort als Klugscheißer dazustehen.
In dem Zusammenhang fällt mir auch ein, dass ich mich schon wie oft über die Autokorrektur meines Handys (Genitiv! - toll, das Wort kennt sie nicht. DAS ist jetzt bezeichnend :-D) aufgeregt hab. Manchmal sind da Wörter in falscher Schreibweise drin. Beispielsweise “Intresse“. Da frage ich mich immer, für welche Klientel das programmiert wurde...

Sehr guter Artikel Jaki, Wahnsinn, wieviel Mühe du dir gibst! Volle Zustimmung. Und auch wenn es richtig sein mag, dass Sprache ständigem Wandel unterliegt (wie jemand schreibt), so sollte man es doch damit nicht übertreiben und alles Falsche ständig übernehmen :-) Mag es in der privaten Kommunikation noch angehen, wenn 1,2 Fehler mehr drin sind, so ist es für mich persönlich zum Beispiel mehr als ärgerlich, wenn im beruflichen Umfeld Texte, die mich informieren/die mir helfen sollen, voller Fehler sind, so dass teilweise der Sinn entstellt oder gar nicht mehr nachvollziehbar ist.

Auf so nen Artikel von dir hab ich schon lang gewartet. Er ist der Beleg für, das du viel besser deutsch sprichst wie die tumben Schurnalisten. Dem Spiegel seine Redaktion und den anderen Magazingesocks ihr Personal gehört ausgewexelt.

Noch eine kleine Stilblüte aus einem Artikel über ein Schachturnier:

"Während die Teilnehmer des World-Cups in Tiflis allmählich ihre Sachen packten und abreisten, in kurzen und in langen Hosen, nur noch Ding Liren und Levon Aronian um den sportlich bedeutungslosen Turnsieg kämpften, versammelte sich die Weltelite schon in der irischen See, auf der Isle of Man."
(Quelle: chessbase.de)

Wußte gar nicht, dass Schachspieler beim Turnen so begabt sind.....

Herrlich! Vielen Dank für deinen Text. Ich habe mich köstlich amüsiert 😀

Jo ich aoch.
Ich muß schohn sahgen, daß mia di Schraibveler unnt so, aoch nicht so gehvallenn. Aba wass soll mann da machchenn. Ich sachch mahl so, fiehle Läute könn ja aoch nix dafür 😂😂🤣

Ja, ja, ja!!! Endlich sagt es mal jemand. Meine Tochter würde dich lieben für das Auseinandernehmen der "wie" und "als" Problematik :D Toller Artikel, den ich gerne teile.

Danke, ich konnte Etwas lernen und auch schmunzeln ;-)

Dieser Beitrag ist sehr interessant zu lesen. viele Lektionen über das Schreiben, das ich hier nehmen kann. danke sehr viel @jaki01

hmmm...muss es später noch mal lesen..... aber nehme es erst mal mit...

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