Postmodernismus erklärt: Skeptizismus und Sozialismus von Rousseau bis Foucault - Teil 77v100

in #deutsch6 years ago (edited)

Das Buch "Explaining Postmodernism" von Stephen Hicks setzt sich kritisch mit dem Postmodernismus auseinander und liefert eine Erklärung für dessen Funktionsweise. Als Leitkultur westlicher Kulturen wird der Postmodernismus von vielen Intellektuellen, Akademikern, Künstlern und Politikern vehement unterstützt. Gleichzeitig zeigen sich aber auch in Deutschland immer mehr die negativen Auswirkungen dieses Systems philosophischer - oder sich philosophisch gebender - Axiome, weshalb es von größter Bedeutung ist, den Postmodernismus in seinen Eigenschaften und in seiner Tragweite zu verstehen. Die Vorlage ist das Buch "Explaining Postmodernism" von Stephen Hicks, die Übersetzung ein Eigenprodukt.

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Zur Entwicklung einer eingehenden Sozialpsychologie wandte sich die Frankfurter Schule an Sigmund Freud. Freud selbst wandte seine psychoanalytischen Theorien in Freuds Das Unbehagen in der Kultur (1930) auf die Sozialphilosophie an und meinte dazu, dass die Zivilisation ein instabiles Oberflächenphänomen sei, das auf der Unterdrückung von instinktiven Energien beruht. Biopsychologisch handelt es sich beim Menschen um ein Bündel aggressiver und sich widersprechender Instinkte und diese Instinkte verlangen permanent die sofortige Bedürfnisbefriedigung. Eine solche Sofortgratifikation aber würde ein soziales Leben unmöglich machen, weshalb die Kräfte der Zivilisation sich entwickelten, um diese Instinkte zu unterdrücken und sie in höfliche, ordentliche und rationale Wege zu lenken. Die Zivilisation ist damit ein künstliches Konstrukt, das der siedenden Masse irrationaler Energien des Es übergestülpt ist. Der Kampf zwischen dem Es und der Zivilisation ist dauerhaft und gelegentlich brutal. Dies geht bis zu dem Punkt, an dem das Es gewinnt und die Gesellschaft sich in Richtung Konflikt und Chaos bewegt; sobald aber die Gesellschaft gewinnt, dann wird das Es wieder unterdrückt. Diese Unterdrückung allerdings sorgt lediglich dafür, dass die Energien des Es psychologisch ins Unbewusste gedrängt werden, wo diese Energien in diffuser Weise schlummern und oftmals in irrationale Kanäle geleitet werden. Der Druck dieser unterdrückten Energie, so Freud, muss aber irgendwann abgelassen werden und oftmals tritt dies dann in neurotischer Form zutage - als Hysterien, Obsessionen und Phobien.

Die Aufgabe des Psychoanalytikers ist daher, diese Neurosen auf ihren irrationalen, unbewussten Kanälen zurück zum Ursprung zu verfolgen. Leider greifen Patienten oftmals in diesen Prozess ein: Sie weigern sich unbewusste und irrationale Elemente in ihrer Psyche freizulegen und sie klammern sich an die bewussten Formen des zivilisierten und rationalen Verhaltens, das sie anerzogen bekamen. Daher muss der Psychoanalytiker einen Weg finden, die Oberfläche zu durchbrechen, Verhaltensweisen zu blockieren und die Zivilisationsschale herunterzureissen, um das siedende Es darunter zu ergründen. Freud schlug dazu vor, dass die Verwendung nichtrationaler psychologischer Mechanismen elementar sind - Träume, Hypnose, freies Assoziieren, Versprecher. Solcherlei Manifestationen des Irrationalen geben oftmals Hinweise auf die darunter liegende Realität, da sie an den bewussten Schutzmechanismen des Patienten vorbeigelangten. Ein geübter Psychoanalytiker ist entsprechend in der Lage, im Irrationalen die Wahrheit zu entdecken.

Für die Frankfurter Schule bot Freud eine psychologisch perfekt passende Diagnose der Pathologien des Kapitalismus. Der Kapitalismus wie wir ihn von Marx kennen basiert immer auf ausbeuterischem Wettbewerb. Die moderne kapitalistische Gesellschaft aber ist eine Technokratie und leitet damit ihre konfliktbeladenen Energien in das Konstruieren von Maschinen und Konzernbürokratien. Diese Maschinen und Bürokratien bieten genügend Mitgliedern des Bürgertums eine künstliche Weltordnung, Kontrolle und Bequemlichkeiten - das aber zu einem hohen Preis: Die Menschen im Kapitalismus entfremden sich immer mehr von der Natur, sie werden immer weniger spontan und kreativ und gleichzeitig ist ihnen nicht klar, dass sie von Maschinen und Bürokratien kontrolliert werden und zwar sowohl physisch als auch psychisch und sich dazu immer weniger dessen bewusst sind, dass die offenbare und bequeme Welt, in der sie leben nicht mehr ist als eine Maske, unter der das Reich des brutalen Konfliktes und Wettbewerbs herrscht.

Marcuse erklärte, dass das Bild der Frankfurter Schule vom Kapitalismus am ehesten in der am weitesten entwickelten Nation, den Vereinigten Staaten, zu finden ist.

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