Postmodernismus erklärt: Skeptizismus und Sozialismus von Rousseau bis Foucault - Teil 76v100

in #deutsch6 years ago (edited)

Das Buch "Explaining Postmodernism" von Stephen Hicks setzt sich kritisch mit dem Postmodernismus auseinander und liefert eine Erklärung für dessen Funktionsweise. Als Leitkultur westlicher Kulturen wird der Postmodernismus von vielen Intellektuellen, Akademikern, Künstlern und Politikern vehement unterstützt. Gleichzeitig zeigen sich aber auch in Deutschland immer mehr die negativen Auswirkungen dieses Systems philosophischer - oder sich philosophisch gebender - Axiome, weshalb es von größter Bedeutung ist, den Postmodernismus in seinen Eigenschaften und in seiner Tragweite zu verstehen. Die Vorlage ist das Buch "Explaining Postmodernism" von Stephen Hicks, die Übersetzung ein Eigenprodukt.

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Marcuse und die Frankfurter Schule: Marx plus Freud - oder Unterdrückung plus Verdrängung

Marcuse war lange in den Tiefen der wissenschaftlichen Philosophie und Sozialtheorie vergraben, bevor er in den 1960ern in Amerika zu Berühmtheit gelangte. In Freiburg studierte er unter Husserl und Heidegger Philosophie und wirde dann bei beiden Assistent. Seine erste große Veröffentlichung war ein Versuch, Heideggers Phenomenologie mit dem Marxismus zu vereinen.

Seine starke Verbindung zum Marxismus in Verbindung mit Heideggers Misstrauen in die rationalistischen Elemente des Marxismus führte dazu, dass Marcuse sich der aufkommenden Frankfurter Schule für Sozialforschung anschloss. Die Frankfurter Schule bestand aus einer losen Verbindung aus überwiegend deutschen Intellektuellen am Institut für Sozialforschung, das ab 1930 von Max Horkheimer geleitet wurde.

Auch Horkheimer war in Philosophie ausgebildet, wobei er seine Dissertation im Jahr 1923 zur Philosophie von Kant abschloss. Von dieser Arbeit ausgehend ging Horkheimer direkt über zu den Fragen der Sozialpsychologie und der praktischen Politik. Ende der 1920er, als Marcuse gerade an seiner theoretischen Verbindung von Marx und Heidegger arbeitete, kam Horckheimer zu einigen pessimistischen Schlüssen hinsichtlich der Möglichkeit von politischen Veränderungen in der Praxis.

Unter der Fragestellung, warum sich das deutsche Proletariat nicht erhebt, bot Horkheimer eine Zusammenfassung der relevanten politischen Einheiten und vertrat dabei die Ansicht, dass es keiner einzigen davon möglich war, etwas bedeutendes zu erreichen. Selbstverständlich begann Horkheimer mit einer Analyse der Arbeiterklasse, die er in Arbeitslose und nicht Arbeitslose unterteilte. Den nicht Arbeitslosen, so sein Urteil, ging es gar nicht so übel und scheinen zufrieden genug zu sein. Es sind die Arbeitslosen, denen es am schlechtesten geht. Ihre Lage verschlimmert sich sogar mit der zunehmenden Maschinisierung der Produktion, weshalb sich auch die Arbeitslosigkeit vergrößert. Arbeitslose aber sind gleichzeitig die am wenigsten gebildete Klasse und die am schlechtesten organisiserte, und dies verhindert die Bildung eines gemeinsamen Klassenbewusstseins. Ein klares Zeichen dafür ist die Unentschlossenheit, die sich darin zeigt, dass sie einmal die Kommunisten wählen, die blind Moskau folgen, und dann wiederum wählen sie die Nationalsozialisten, die munja, ein Haufen Nazis sind. Die einzige andere sozialistische Partei sind die Sozialdemokraten, allerdings sind diese zu pragmatisch und reformistisch, um effektiv zu sein.

Horkheimers Schlussfolgerung aus dieser Lageeinschätzung bestand darin, dass es hoffnungslos ist für den Sozialismus. Den nicht Arbeitslosen geht es zu gut, die Arbeitslosen sind zu unfähig, die Sozialdemokraten sind zu wischiwaschi, die Kommunisten sind zu obrigkeitshörig und die Nationalsozialisten sind indiskutabel.

Als Weg aus diesem Morast begannen die Mitglieder der Frankfurter Schule die Idee zu debattieren, eine ausgefeiltere Sozialpsychologie zur marxistischen wirtschaftlichen und historischen Logik hinzuzufügen. Der traditionelle Marxismus hob die unausweichlichen Gesetze der wirtschaftlichen Entwicklung hervor, während die Rolle des Einzelnen in den Hintergrund trat. Angesichts dessen, dass die marxistischen Gesetzmässigkeiten aufgrund des Nichteintretens etwas näher erläutert werden sollten, schlug die Frankfurter Schule vor, dass die Geschichte genauso sehr von Einzelnen getrieben wird, und dies vor allem dann, wenn diese sich selbst ihrer psychologischen und ihrer existenziellen Lage bewusst sind. Die Integration einer besseren Sozialpsychologie in den Marxismus würde dann hoffentlich erkären, warum die Revolution noch nicht kam und dazu künfig Entscheidungshilfen anbieten, damit sie endlich beginnt.

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Wie hirnverbrannt. Weil die Realität exakt in die andere Richtung läuft als die Theorie, der man so gerne anhängt ändert man seine Theorie also nicht dahingehend, dass sie die Realität passend widerspiegelt, sondern so, dass man seinen Theoriesenf trotzdem bekommt.

Das ist dann damit auch das exakte Gegenteil von Wissenschaft. Ich frage mich, warum man das zugelassen hat. An eine Universität gehört so etwas eigentlich nicht.

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