Postmodernismus erklärt: Skeptizismus und Sozialismus von Rousseau bis Foucault - Teil 51v100

in #deutsch7 years ago (edited)

Das Buch "Explaining Postmodernism" von Stephen Hicks setzt sich kritisch mit dem Postmodernismus auseinander und liefert eine Erklärung für dessen Funktionsweise. Als Leitkultur westlicher Kulturen wird der Postmodernismus von vielen Intellektuellen, Akademikern, Künstlern und Politikern vehement unterstützt. Gleichzeitig zeigen sich aber auch in Deutschland immer mehr die negativen Auswirkungen dieses Systems philosophischer - oder sich philosophisch gebender - Axiome, weshalb es von größter Bedeutung ist, den Postmodernismus in seinen Eigenschaften und in seiner Tragweite zu verstehen. Die Vorlage ist das Buch "Explaining Postmodernism" von Stephen Hicks, die Übersetzung ein Eigenprodukt.

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Und ganz an Rousseau erinnernd ist für die Korrumpierung des Menschen die unter der dem Banner der Aufklärung neugewonnene Rationalität verantwortlich. Diese unternimierte die Religion und deren moralische Kraft. "Die Aufklärung mit ihren rein materiellen Berechnungen ware jene Kraft, welche die von der Religion geknpüfte Verbindung zwischen dem zukünftigen Leben und der Gegenwart trennte." In der Folge wurde der Staat liberal und moralisch nachsichtig: "Die Schwäche der Staatsführung" erlaubte regelmässig "die ungestrafte Vernachlässigung der Pflichten."

Nun hat der Deutsche also seine Seele verkauft, sein wahres Selbst, die Identität verloren. "Daraus folgt, dass die von mir für die Rettung vorgeschlagenen Mittel darin bestehen, ein völlig neues Selbst zu schaffen, eines, das bisher vielleicht in Ausnahmefällen bei Einzelnen vorkam, aber von nun an universell in der gesamten Nation und in der Bildung der Nation vorhanden sein soll." Wieder sich auf Rousseau beziehend: "Für die neue Bildung wollen wir die Deutschen in einen korporierten Körper umformen, bei dem alle seine einzelnen Mitglieder durch die selben Interessen stimuliert und animiert werden."

Zu allererst muss die Bildung im Unterschied zu früher, als sie feudal und elitär war, gleich und allgemeingültig werden: "Damit am Ende nichts mehr getan werden muss, außer das neue System bei ausnahmslos jedem Deutschen anzuwenden, so dass es nicht mehr eine Klasse ist, die unterrichtet wird, sondern die gesamte Nation." Eine solche Bildung wird dabei helfen, die klassenlose Gesellschaft zu errichten: "Alle Unterschiede zwischen den Klassen... werden völlig entfernt und verschwinden. Auf diesem Weg wird nicht die Volksbildung wachsen, sondern eine wahre deutschnationale Bildung."

Wahre Bildung wiederum beginnt damit, die wahre Quelle der menschlichen Natur zu erfassen. Von der Bildung ist zu erwarten, dass sie "ihren Einfluss auf die Wurzeln der vitalen Impulse und Taten ausübt." Hier lag ein großer Fehler der traditionellen Bildung, da sie sich auf den freien Willen der Schüler verließ und an diesen appelierte. "Ich sollte wiederholen, dass die Anerkennung und das Verlassen auf den freien Willen im Schüler der erste Fehler des alten Systems war."

Zwang und nicht Freiheit ist das beste für Schüler:

Auf der anderen Seite muss die neue Bildung vollkommen den freien Willen in jenem Boden ausmerzen, den sie zu kultivieren gedenkt und im Gegenzug die strikte Notwendigkeit in den Willensentscheidungen erzeugen, dass das Gegenteil unmöglich ist. Auf solch einen Willen lässt sich dann fortan mit Selbstvertrauen und Gewissheit bauen.

Leider ist dies angesichts der gegenwärtigen Lebensbedingungen nur schwer erreichbar, da die Kinder in die Schule gehen und dann wieder nach Hause, wo sie den Rest des Tages dem korrumpierenden Einfluss ihrer Familien und ihrer Nachbarn ausgesetzt sind. "Es ist elementar," so Fichtes Aufruf, "dass der Schüler bereits ganz zu Beginn fortlaufend und vollständig von der Bildung beeinflusst wird, und er sollte auch komplett von der Gemeinschaft getrennt werden und es sollte ihm der Kontakt mit ihr verboten werden."

Sind die Kinder dann erst einmal getrennt, können die Lehrer ihe Aufmerksamkeit auf innere Belange ausrichten. In seinem Aufsatz über die Bildung vertrat Kant natürlich die Ansicht, dass "Gehorsam als grundlegende Eigenschaft wichtiger als alles andere ist für den Charakter eines Kindes, vor allem wenn es ein Schüler oder eine Schülerin ist." Fichte dagegen verwies darauf, dass Kinder Kinder seien, und dass sie also solche keine natürliche Neigung dazu haben, sich selbst Pflichten aufzuerlegen. Daher sind es die Schulbehörden, die ihnen die Pflichten nachdrücklich beibringen müssen:

"Die Gesetzgebung sollte entprechend einen hohen Grad der Strenge verlangen und sie sollte das Ausüben vieler Dinge verbieten. Solche Verbote, die einfach existieren und von denen die Gemeinschaft abhängt müssen durchgesetzt werden falls es die Notwendigkeit gibt, Angst einzuflößen oder eine sofortige Strafmaßnahme durchzuführen, und dieses Strafrecht muss absolut ohne jegliche Nachsicht oder Ausnahme durchgesetzt werden."

Eine dieser Pflichten für den Schüler besteht auch darin, den bedürftigeren Schülern zu helfen. Doch "er sollte weder erwarten, dass ihm dies belohnt wird, da in diesem Regierungssystem alle ziemlich gleich sind und dies unabhängig von ihrer Arbeit und ihren Vorlieben, und auch nicht, dass er dafür gelobt wird, da die vorherrschende Einstellung in dieser Gemeinschaft darin besteht, dass "jeder die Pflicht hat, so zu handeln." In Antizipation von Marx glaubte Fichte, dass die Schule ein Mikrokosmos dessen sein sollte, was die ideale Gesellschaft ausmachen würde: "Dahr wird unter diesem Regierungssystem die Aneignung von Fähigkeiten und die damit verbrachte Zeit ausschließlich in neuen Anstrengungen und Arbeit resultieren, und es wird der fähigere Schüler den Rest oftmals beaufsichtigen während die anderen schlafen und reflektieren, wenn die anderen spielen."

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Der Herr Fichte hatte also ordentlich einen an der Schüssel. Angesichts seines Einflusses wundert es nicht wirklich, dass 3 Generationen nach ihm traumatisierte und dysfunktionale Massen bereitwillig in den Tod gerannt sind. Fichtes Bildungskanon wirkt wie die deutsche Version einer Vorbereitung auf den Dschihad.

Äußerst unangenehm beim Übersetzen seiner Textpassagen war, dass die englische Version offenbar nahe am dt. Original gehalten wurde. Ich konnte es kaum entziffern. Die deutschen Denker haben sich und ihre Gedanken offenbar damals bereits für so wichtig gehalten, dass es ihnen egal war, wie lange es dauert bis man sie versteht.

Wie sehr die deutsche Sprache unnötig verkompliziert wurde sieht man im Direktvergleich mit englischen Schriften wie etwa von Adam Smith, der zur selben Zeit wie Kant lebte. Ein Blick in sein Hauptwerk The Wealth of Nations zeigt, dass man sich auch einfach ausdrücken kann. Man muss nur wollen. Um es zu lesen genügen durchschnittliche Fremdsprachenkenntnisse in Englisch. Tatsächlich wirkt das Buch, als wäre es gestern geschrieben worden.

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