Postmodernismus erklärt: Skeptizismus und Sozialismus von Rousseau bis Foucault - Teil 22v100

in #deutsch7 years ago (edited)

Das Buch "Explaining Postmodernism" von Stephen Hicks setzt sich kritisch mit dem Postmodernismus auseinander und liefert eine Erklärung für dessen Funktionsweise. Als Leitkultur westlicher Kulturen wird der Postmodernismus von vielen Intellektuellen, Akademikern, Künstlern und Politikern vehement unterstützt. Gleichzeitig zeigen sich aber auch in Deutschland immer mehr die negativen Auswirkungen dieses Systems philosophischer - oder sich philosophisch gebender - Axiome, weshalb es von größter Bedeutung ist, den Postmodernismus in seinen Eigenschaften und in seiner Tragweite zu verstehen. Die Vorlage ist das Buch "Explaining Postmodernism" von Stephen Hicks, die Übersetzung ein Eigenprodukt.

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Und doch ist da nichts, aus dem etwas entstehen soll. Der Anfang besteht nicht aus purem Nichts, sondern einem Nichts, aus dem etwas entstehen kann; daher ist auch das Sein mit im Anfang enthalten. Im Anfang ist daher sowohl das Sein als auch das Nichtsein enthalten und bildet damit die Einheit zwischen Seins und des Nichtsein; anders gesagt ist das Nichtsein gleichzeitig das Sein und das Sein ist gleichzeitig das Nichtsein.

Während diese Auffassung aus der aristotelischen Perspektive inkohärent ist, so ist dieses poetisch klingende Drama einer aus einem Widerspruch geborenen Evolution völlig rational - vorausgesetzt, man lässt es zu, dass die Vernunft in sich selbst den Widerspruch trägt, wonach eine jede Analyse behinhaltet, dass man in allem nach impliziten Widersprüchen suchen muss, um diese gezielt in Spannung gegeneinander zu setzen, um dann eine Lösung zu finden, die einer höheren evolutorischen Stufe entspricht als es der ursprüngliche Widerspruch war, der gleichzeitig erhalten bleibt. Was auch immer das heissen mag.

Hegel hat damit explizit das Gesetz der Widerspruchsfreiheit von Aristoteles abgelehnt: Absolut alles hängt ab von der "Identität der Identität und der Nicht-Identität," so Hegel in *Die Wissenschaft der Logik". Hegels dialektische Vernunft unterscheidet sich von der Vernunft der Aufklärung auch mit einem stark ausgeprägten Relativismus, der gegen die Allgmeingültigkeit der Aufklärungsvernunft steht. Trotz Hegels Ausschweifungen zur ultimativen universellen Prspektive des Absoluten bleibt aus anderer Perspektive letztlich nichts für lange bestehen: Die Dialektik trägt permanent Widersprüche in die Realität und das in jeden Bereich. Entwickelt sich alles aufgrund des Zusammenpralls von Widersprüchen, dann ist das, was metaphysisch und epistemologisch in einer Epoche als wahr gilt von der nachfolgenden Epoche widersprochen und so weiter.

Schliesslich unterscheidet sich Hegels Vernunft von jener der Aufklärung darin, dass sie nicht nur Realität schafft und Widersprüche sucht, sondern auch, dass es sich bei ihr um eine grundsätzlich kolletivistische Funktion handelt und weniger um eine individualistische. Hegel ging auch hier deutlich weiter als Kant in seiner Ablehnung der Aufklärung. Während Kant einige elemente der individuellen Autonomie erhält, so lehnt Hegel alle ab. So, wie die judäo-christliche Kosmologie alles aus der Perspektive sieht, dass Gott seinen Plan in uns und um uns herum umsetzt, so ist der Verstand des Einzelnen und der Einzelne an sich für Hegel nichts weiter als eine Funktion tieferer Kräfte des Universums, das sich dieser Funktion bedient.

Individuen werden konstruiert über die sie umgebenden Kulturen, wobei auch diese Kulturen selbst ein evolutionäres Leben führen und sie dem Universum auf noch tieferer Ebene als Funktion dienen. Der Einzelne darin ist ein winziges Element eines viel größeren Ganzen, das vom kollektiven Subjekt bearbeitet wird und das auch für die Schaffung der Realität verantwortlich ist, etwas, für das der Einzelne kaum eine Bedeutung hat. Das Individuum sitzt eher passiv auf dem Beifahrersitz. In den Vorlesungen über die Philosophie der Weltgeschichte stellte Hegel fest, dass die universelle Vernunft sich selbst nicht bewusst ist und wir daher auf empirischer Ebene als Individuen in keinem Bezug dazu stehen"; "Dieses Gute, diese Vernunft in ihrer konkretesten Form ist Gott. Gott beherrscht die Welt; die tatsächliche Funktionsweise seiner Herrschaft - das Ausführen seines Planes - ist die Geschichte der Welt."

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Mir kommen diese Aussagen manchmal so vor als ob diejenigen die sie vortragen, gar keinen Glauben haben, aus irgendeinem Grund aber nicht bereit sind auf einen, wie auch immer gearteten Glauben zu verzichten.
Es ist wohl doch wie beim schwanger sein, entweder die Frau ist schwanger, oder eben nicht, ein bischen schwanger geht nicht.
Ob das was damit zu tun hat, dass Hochmut die erste aller Todsünden ist? Weil sie diejenige ist die am meisten auf die Menschen wirkt?

Freu mich jedenfalls auf die weiteren Teile!

Absolut, wobei es teilweise auch so extrem verkopft ist, dass der Bezug zur Realität völlig verloren geht. Das ist ja auch so eine Glaubensform. Sich ohne Rücksicht auf Verluste extremst in etwas reinsteigern.

Freu mich jedenfalls auf die weiteren Teile!
;-)

Huh, dachte ich da beim übersetzen, Hicks mag Hegel offenbar gar nicht und noch viel weniger als Kant, für den er offenbar etwas Respekt hat. Ich selbst muss sagen, dass mich Hegel ziemlich beeindruckt, da er mit seiner Methode die Widersprüche extrem elegant umschifft - auch wenn ich mich selbst definitiv nicht zu den Dialektikern zähle.

awesome post...i liked this post..

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