Postmodernismus erklärt: Skeptizismus und Sozialismus von Rousseau bis Foucault - Teil 21v100

in #deutsch7 years ago (edited)

Das Buch "Explaining Postmodernism" von Stephen Hicks setzt sich kritisch mit dem Postmodernismus auseinander und liefert eine Erklärung für dessen Funktionsweise. Als Leitkultur westlicher Kulturen wird der Postmodernismus von vielen Intellektuellen, Akademikern, Künstlern und Politikern vehement unterstützt. Gleichzeitig zeigen sich aber auch in Deutschland immer mehr die negativen Auswirkungen dieses Systems philosophischer - oder sich philosophisch gebender - Axiome, weshalb es von größter Bedeutung ist, den Postmodernismus in seinen Eigenschaften und in seiner Tragweite zu verstehen. Die Vorlage ist das Buch "Explaining Postmodernism" von Stephen Hicks, die Übersetzung ein Eigenprodukt.

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Dialektik und die Rettung der Religion

Wir haben es nun aber leider mit einer völlig anderen Art der Vernunft zu tun, als es in der Aufklärung der Fall war. Hegels Vernunft ist eine fundamental kreative Funktion, keine kongitive. Sie kennt die vor ihr existierende Realität nicht mehr; sie selbst erst lässt die Realität entstehen. Noch einschneidender ist, dass Hegels Vernunft mit dialektischen und gegensätzlichen Mitteln funktioniert und nicht mehr nach dem aristotelichen Prinzip des Nichtwiderspruchs.

Hegels Dialektik wurde teilweise davon beeinflusst, dass Anfang des 19. Jahrhunderts die ersten Ideen zur Evolution in der Luft waren. Im Gegensatz zu Kants Glauben, dass die subjektiven Kategorien der Vernunft notwendigerweise unveränderlich und allgemeingültig sein müssen argumentierte Hegel, dass die Ausprägung der Kategorien veränderlich ist. Hegels Dialektik ist eine spezielle Anwendungsform der Evolution, die weniger auf biologische Kausalitäten abzielt, sondern vielmehr auf jene der judäo-christlichen Kosmologie.

Die judäo-christliche Kosmologie war traditionell geplagt von metaphysischen Annahmen, die der Vernunft völlig entgegen standen. Der mit der Aufklärung neu enstandene Respekt für die Venunft hatte unter Intellektuellen entsprechend einen bedeutenden Rückgang des religiösen Glaubens zur Folge. In der aristotelischen Vernunft gibt es keinen Gott, der etwas aus dem Nichts erschafft und das gleichzeitig sowohl drei als auch eins ist, das perfekt ist, aber auch eine Welt erschafft, die zugleich Böses enthält. Entprechend hat die Verbreitung der Aufklärung dazu geführt, dass die Religion so verändert wurde, dass ihre widersprechenden Elemente entfernt wurden, um sie mit der Vernunft in Einklang bringen zu können. Hegels Strategie bestand nun dagegen darin, die judäo-christliche Kosmologie in ihrer Widersprüchlichkeit zu akzeptieren - und vielmehr die Vernunft so zu verändern, dass sie vereinbar wird mit den theologischen Widersprüchen.

Hierzu ging Hegel einen weiteren bedeutenden Schritt weiter weg von der Aufklärung als Kant. Hegel war überzeugt, dass Kant der Wahrheit recht nahe kam, als er in der Ersten Kritik die Widersprüche der Vernunft herausarbeitete. Kant wollte damit laut Hegel zeigen, dass die Vernunft nicht in der Lage war, subjektive Wahrheiten über die Realität zu erklären. Seine Beweisführung erfolgte über die Konstruktion von vier parallelen Argumenten zu vier metaphysischen Themen, mit denen er zeigen konnte, dass die Fälle mit der Anwendung der Vernunft zu widersprüchlichen Ergebnissen führen.

Es lässt sich beweisen, dass das Universum einen zeitlichen Beginn gehabt haben muss, aber man kann genauso eindeutig beweisen, dass das Universum ewig sein muss. Man kann beweisen, dass sich die Welt aus einfachsten Kleinteilen zusammensetzt und auch, dass dies nicht möglich ist, dass wir einen freien Willen haben und auch, dass das genaue Gegenteil wahr ist, dass Gott existieren muss und dass es ihn definitiv nicht gibt. Diese vernunftsbasierten Widersprüche zeigen laut Kant, das die Vernunft unmöglich die Realität kennen kann unsere Vernunft daher begrenzt ist auf das Strukturieren und das Verändern subjektiver Konstrukte.

Für Hegel hat Kant hier einen wichtigen Punkt übersehen. Die Widersprüche sind kein Problem für die Vernunft wie Kant dachte, sondern vielmehr der Schlüssel zum gesamten Universum. Die Widersprüche der Vernunft sind nur dann ein Problem, wenn man logische Widersprüche für ein Problem hält. Das war Kants Fehlannahme - er war zu sehr verhaftet in der alten aristotelischen Logik. Was Kants Widersprüche zeigen ist nicht die Begrenztheit der Vernunft, sondern vielmehr, dass wir eine neue und bessere Vernunft benötigen, eine in denen Wiedersprüche zur Erkenntnis gehören, und in der die gesamte Realität gesehen wird als eine Evolution sich widersprechender Kräfte.

Ein solches Konzept einer sich widersprechenden Evolution ist mit der judäo-christlichen Kosmologie vereinbar. Diese Kosmologie beginnt mit einer Kreation ex nihilo, postuliert ein perfektes Wesen, das Böses erschafft, glaubt an ein gerechtes Wesen, das den Menschen einen freien Willen gibt, bestraft diese aber, wenn sie diesen anwenden, und es gibt auch einen Platz für jungfräuliche Geburten und andere Wunder, das Unendliche wird endlich, das ätherische wird fühlbar, die Einheit wird zur Pluralität und so weiter. Im Angesicht der Vorfahrt für die Metaphysik muss die Vernunft einlenken. In etwa, indem sie den Forderungen der Metaphysik hinsichtlich der Schöpfung beugen muss:

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