Nur ein einziger Schritt

in #deutsch7 years ago (edited)

von diesem Steg

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und ich fiel wie ein Stein. Das kalte Wasser schlug über mir zusammen, drang sofort in meinen Anzug, kroch die Beine, die Arme empor, lief mir den Hals herunter. Krampfhaft hielt ich die Luft an, bis mein Restverstand zu mir durch drang: "Atme einfach weiter und blas endlich das Tarierjacket auf, die Anderen warten. Wiedermal."

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Das war mein erster Kontakt mit richtigem Wasser in meiner Taucherkarriere und mein zweiter Tag überhaupt.

Den ersten Tag der praktischen Ausbildung habe ich im Waldbad Grabow absolviert und dort sicherlich zur Unterhaltung der Badegäste beigetragen.
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Erste Übung, einfach auf dem Grund knien:

1.Versuch
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geht ja doch!
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Die nächsten beiden Bilder sind weder Tanz noch Kampf, mein Tauchlehrer gibt mir lediglich Hilfe beim Ab- und Anlegen des Jackets.
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Der Tag da war zwar anstrengend, auch ein wenig peinlich, wenn ich wiedermal feststellte, wie wenig Körperbeherrschung ich nur noch habe, aber es lief gut, bis auf:

Maske ausblasen

Wenn die Tauchermaske teilweise oder ganz voll Wasser gelaufen ist oder man sie aus Gründen Unterwasser mal abgesetzt hatte, muss das Wasser da ja wieder raus, damit man wieder sehen kann. Man entleert sie, indem man stoßartig durch die Nase ausatmet und dabei die Unterseite der Maske entlastet, so daß das Wasser dort hinausgedrückt wird.
Stoßweise durch die Nase ausatmen in trockener Umgebung und ohne Maske würde man von in die Gegend rotzen sprechen.... und ich hatte eine gute Erziehung. Nach literweise Verkostung von gechlortem Wasser durch die Nase und endlosen Versuchen hatte ich es dann aber doch begriffen. Das Gute daran war und ist, meine Nase war, und ist, wie seit Jahren nicht mehr so frei.

Nach 6 Stunden waren wir fertig und wir waren auch fertig, besuchten aber trotzdem noch einen Werksverkauf.

Grabow ist allemal ein Abstecher wert, wenn man in der Gegend ist. Nicht nur wegen des extrem gepflegten Waldbades mit seinem temperierten Wasser im Edelstahlbecken, sondern auch um vom Werksverkauf dieses zuckerhaltigen Gebäcks, formerly known as Negerkuss zu profitieren.
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Zurück zum zweiten Tag, denn der Schritt ins Wasser war nicht der Höhepunkt des Tages.
Nachdem ich mich im Wasser gesammelt hatte, ging es runter zur Taucherplattform auf 5 Meter, das erste mal "so tief".
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Nach ein paar Augenblicken der Anpassung und Ruhe sollte ich eine kleine Übung absolvieren. Ich sollte meine Mundstück rausnehmen, fallen lassen, wieder einfangen, in meinen Mund stecken und weiter atmen. Nichts besonderes also und am Vortag bereits geübt. Also Mundstück raus und fallen lassen und dann bemerkte ich, dass Kosie, mein Tauchlehrer, mir sein zweites Mundstück vor die Brust hielt. Nach kurzem Nachdenken was er wohl will (soll ich seines nehmen?), schon etwas knapp an Luft, beschloss ich halt dann dieses zu nehmen, tat es, steckte es mir in den Mund....
Nur was mache ich mit dem Wasser, welches bereits in meinem Mund war? Runterschlucken?Mit einatmen? Ausspucken ging nicht mehr, meinen Lunge war leer.
Kosie half mir und drückte die Munddusche und blies mir somit Luft in dem Mund.
In meinen Mund?
Unerwartet?
Ungefragt?
Luftmangel hin oder her, aber das ging zu weit!

Meine Mutter kann sich heute noch gut daran erinnern, als sie versuchte, mir etwas in den Mund zu tun.
Einen Löffel
mit Spinat
als ich zarte 5 Jahre alt war
es wäre übertrieben zu behaupten, dass man danach die Küche renovieren musste, aber nur ein wenig.

If you panic then panic first!

Brüllen, Schreien, um mich schlagen ging wegen Luftmangel nicht, ich bin also ersatzweise raketengleich an die Oberfläche und habe den Tauchgang abgebrochen. War auch gut so. So hatte ich eine Stunde Zeit darüber nachzudenken, ob ich wirklich unbedingt tauchen lernen will und ob der Begriff Dramaqueen geschlechtsübergreifend gilt. Ich entschied mich für Tor2 und zur Wiederholung des Tauchgangs, welcher problemlos lief.
Mein Dank hier an Kosie, dem Chef von Kosies D.I.V.E Center am Schweriner See, der all dies mit engelhafter Geduld ertrug (und weiterhin ertragen muss).

Den dritten und letzten Tag der praktischen Ausbildung habe ich auch überstanden, sogar ohne großes Drama und mit Flossenschlägen von jemanden, der tauchen kann, wurden wir zum Openwaterdiver geschlagen.
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Das Üben und Trainieren kann beginnen, der Spaß hat dies schon längst.

PS. Ich hätte gern bessere Bilder in diesem Post, aber so lange ich im Wasser vornehmlich mit Überleben beschäftigt bin, wird das wohl nichts. Diese Bilder sind auch von späteren Tauchgängen.

Sort:  

Sehr sehr cool.
Ich hab eine ambivalente Beziehung zum Tauchen.
Einerseits würde ich gerne Tauchen lernen.
Andererseits läuft es mir bei deinen Anfangsworten eiskalt den Rücken runter weil ich als Kind 2 mal beinahe ertrunken wäre. Das kann ich einfach nicht vergesse und wenn die Wellen über mir zusammen schlagen, kriecht die Panik in mir hoch.
Dabei finde ich die Unterwasserwelt so bezaubernd, wunderschön und irgendwie...etwas magisch.

Diese Panik beim "Erstkontakt" hat wohl jeder, der schon mal unfreiwillig im Wasser gelandet ist. Aber die vergeht nach den ersten paar Tauchgängen bzw ist nur noch eine Erinnerung.

Danke.
Da ich zu den Menschen gehöre, dei Ängste gerne überwinden, werde ich definitiv irgendwann einen Tauchkurs machen :)

das Tauchen ist eine coole Sache. Meine Tauchausbildung hat 2 Stunden gedauert :-) Diese war auf der Domenikanischen Republik im pool, dort nehmen die das alles nicht so eng ;-) Dannach ging es ins Meer bis auf 12 Meter tiefe. Ich weiß, ich weiß, alles ziemlich verantwortungslos, aber ich lebe noch. Vielleicht mache ich noch einen richtigen Tauchschein. Übrigens, schön geschrieben. Dir alles Gute.

Wahrscheinlich hätte ich es genauso gehandhabt wie Du. Ich stand auch einmal in einer Tauchbasis in Thailand, um tauchen zu lernen. Nur leider hatte ich am nächsten Tag eine Mittelohrentzündung.
Jetzt bin ich froh darüber.
Jetzt bin ich froh darüber, denn ich glaube nicht, dass sich die Tauchlehrer in den Urlaubsgegenden soviel Zeit für einen Schüler nehmen können. Deren Geschäftsmodell ist ja ein anderes.
Ich habe jetzt 17 Tauchgänge und hätte immer noch ein ungutes Gefühl, wenn ich mich auf jemand mit meiner Erfahrung und (Nicht-)Können als Buddy verlassen müsste.

sehr cool..., will auch mal tauchen !!!

Probier es einfach aus, such eine Tauchbasis bei Dir in der Nähe. Das Tauchrevier oder besser dessen touristische Attraktivität ist dabei eher nebensächlich. Mach einfach ein Schnuppertauchen.
Ich war schon immer wasseraffin, aber ich hätte nie angenommen, dass die Unterwasserwelt in den hiesigen Seen so vielfältig ist. Da sind Fische, die kommen Dir so nahe, dass Du sie bald streicheln kannst.
Ich kann mich noch an das erste mal im Wasser erinnern, nicht nur, weil ich diesen Panikanfall hatte, sondern vor allem, weil rings um diese Plattform Dutzende von kleinen Fischen standen und uns beäugten, wie wir da versuchten, die geplanten Übungen zu absolvieren.
Es ist einfach faszinierend.

Oh man, dieser Beitrag erinnert mich so stark an meinen ersten Tauchgang in Australien. Ja, beim Tauchen Wasser in den Mund zu bekommen, kann einen schon verunsichern :D
Gratuliere zum Schein. Wohin gehts damit?

Ich will im November nach Koh Tao und bei derselben Tauchbasis beginnen, wo ich das letzte Mal (vor 15 Jahren) wegen einer Mittelohrentzündung nicht starten konnte.
Ob ich den gesamten Urlaub da verbringe oder weiter ziehe, weiß ich noch nicht; ich habe 4 Wochen Zeit.
Aber vorher muss ich noch viiieeeel üben; ich bin immer noch viel zu unruhig, zu hektisch, zu viel in meinen Bewegungen, meine Körperhaltung ist nur im Ansatz die eines Tauchers, ich bin immer noch überbleit und perfekt tarieren kann ich nur theoretisch zufriedenstellend.
Übrigens , Atemregler wechseln, Mund ausblasen habe ich fast einen gesamten Tauchgang geübt, jetzt ist das fast Routine (aber frag nicht, wieviel Wasser ich dabei geschluckt habe :))

Das hört sich richtig gut an! Oh man... Tauchen in Thailand :D
Ich drücke dir die Daumen, dass du durch das Training deinen Körper besser unter Kontrolle bekommst. Bleib dran, es lohnt sich! Oh man... Tauchen in Thailand... träum

Lustige Ähnlichkeit: Bei mir war es vor 13 Jahren in Australien, als ich den Open Water Diver nicht machen durfte, weil ich ebenfalls krank war... Habe den nie nachgeholt....

es würde mich schon reizen auch mal zu tauchen...aber der tod eines arbeitskollegen beim Tauchen (er tauchte schon viele jahre) hält mich davon ab...weiterhinn viel erfolg dirk!

Klar, jeder hat so seine Ängste ( im guten Sinne) und möglicherweise werde ich selbst nie der ambitionierte Höhlentaucher oder Wracktaucher werden (zu viele Horrorfilme :)), aber ich finde es Schade, dass ich nicht eher damit begonnen habe.
Und vielen Dank :)
Übrigens, mein bisher schönster Tauchgang war in nur 3m Tiefe, unterhalb einer Badeplattform in der Ostsee. Wenn die Kiddies da oben wüssten, was da unten alles so kreucht und fleucht..... oder vielleicht wissen sie es ja.

Ich stelle mir das schon herrlich vor....da gibt es sicherlich einiges zu entdecken...ich war mal schnorcheln in Griechenland...das war auch super...

Für Dich als passionierter Fotograf muss das aufregend sein.
Wenn ich mal soweit bin, um mich nur auf die Kamera zu konzentrieren....
Ich habe da unten Krabben beim Posen gesehen, Seesterne, Fische, deren Namen ich nicht kenne, das leichte Flirren des Wassers vor den Muscheln...
und das alles an einem belebten Badestrand, während die Kiddies 3 m über mir ihre Wasserspiele veranstalteten.

Super! Nächster Schritt, Tauchurlaub in den Tropen.

"Ich hätte gern bessere Bilder in diesem Post, aber so lange ich im Wasser vornehmlich mit Überleben beschäftigt bin, wird das wohl nichts. Diese Bilder sind auch von späteren Tauchgängen".

:-)

Aber davor will ich noch viel üben. muss ich auch.

Es ist ein unvergessliches Erlebnis. Es wirkt wie ein anderer Planet. Die Geschöpfe sind seltsam und extrem schön, die Landschaft ist jenseits von dem, was wir kennen. Es ist so ruhig, du hörst nur deinen eigenen Atem -- es macht einen "Mindful", fast wie meditieren.

Ich werde niemals das Tauchen in ein altes versunkenes Schiff vergessen, das etwa 25 Meter unter der Oberfläche lag. Es gab hunderte von leuchtenden bunten Fischen, die mich umgaben, völlig ungestört von meiner Anwesenheit. Wie ein Traum in Echtzeit, den man kontrollieren kann.

Ich freue mich darauf, wenn du nach deinem ersten Tauchgang auf einem Korallenriff posten wirst.

Also echt, was du da machst ist der Hammer, ich habe solche Panik wenn ich schon Wasser sehe :)

Ganz so schlimm ist es oder war es bei mir nicht, aber letztendlich habe ich ich auch vor jedem Unbekanntem Angst oder Lampenfieber oder wie man es nennen mag.
Ich habe festgestellt, dass das Wort Angst, ausgesprochen von Tauchschülern und Newbies, bei den Guides nicht so gern gehört wird
Es macht aber auch Spaß, diese Angst zu überwinden, wenn man Zeit hat, dies in entsprechend kleinen oder großen Schritten anzugehen.

Sehr schöner Post, ich finde die "Mitgelieferten" Bildern reichen zur Veranschaulichung deines Erlebnissen Vollkommen aus. Ich hoffe das du noch weiter Tauschen wirst und Finde es Gut wie viel Durchhalte Vermögen du Zeigst.

Danke und auf jeden Fall.
Es ist so unglaublich schön und lebendig da unten.

Richtig cooler Artikel zum Thema Tauchunterricht. Ich möchte das auch einmal lernen. Ich war vor ein paar Jahren in Neuseeland mal in so einem Haikäftig und da hatte ich vorher das mit dem aus die Nase ausatmen auch. Deine Beschreibung des Ganzen hat mich echt erheitert.

Du wirst es viel einfacher haben; Du bist sportlich :)
Und Du wirst Dich wahrlich ärgern, dass Du nicht eher mit dem Tauchen begonnen hast.

Tauchen ist etwas wirklich Tolles (ich war auch mal in Kroatien)
Die Fotos sind schon toll geworden.

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