Das Schwein ist tot

in #deutsch8 years ago

Seit 4 Jahren kaufe ich Schweinefleisch nicht mehr im Supermarkt oder beim Schlachter, sondern ich kaufe ein Ferkel beim Züchter und lasse es von einem Bauern aufziehen und wenn seine Zeit gekommen ist (die vom Schwein) von einem Fleischer schlachten, Schweineleasing halt.

Schweineleasing hat einige Vorteile. Man weiß, welche Rasse  es ist,  unter welchen Bedingungen das Schwein aufwächst, was es zu fressen bekommt und wie lange es leben darf. Man zahlt mit dem Ferkel, der monatliche Rate, dem Tierbeschauer und dem Schlachter zwar ungefähr so viel wie im Supermarkt, hat aber wesentlich besser schmeckendes Fleisch und wer es braucht, auch ein gutes Gewissen.

Schweinefleisch, welches man beim Fleischer oder im Supermarkt kaufen kann, kommt fast zu 100% aus der herkömmlichen Schweinemast. Da werden bereits die Ferkel ab 2 Wochen an Kraftfutter gewöhnt, um optimales Wachstum, also mageres Fleisch und davon so viel wie möglich, zu erreichen. Bewegung wird soweit wie möglich eingeschränkt, weil das das Wachstum verlangsamen würde, gefüttert wird gleichmäßig, damit viel Muskelmasse und so wenig wie möglich Fetteinlagerungen aufgebaut werden. Nach rund 6 Monaten ist es auch schon vorbei, das Schwein hat rund 120 Kilo und ist damit schlachtreif. Sein Fleisch ist schön mager und man schmeckt jedes Gewürz sehr deutlich hervor, weil das Fleisch selbst eigentlich nach nichts schmeckt.

Zuerst hatte ich die Idee, selbst Schweine zu halten. Ein Stall wäre schnell gebaut, Weide hätte ich auch genug. Ich habe dann davon Abstand genommen, weil mehr als ein Schwein essen wir zu zweit nicht pro Jahr, ein Schwein alleine halten ist für diese Rudeltiere Quälerei und überschüssiges Fleisch zu verkaufen ist unter der deutschen Bürokratie ein Fulltimejob. Dann hatte ich die Idee, ein Pärchen Minischweine zu halten und nur die Ferkel zu schlachten, eben so, wie ich es mit meinen Schafen und Kaninchen halte. Nach ein paar Kostproben vom Fleisch von Minischweinen habe ich dies auch gelassen, weil entweder schmecken sie nicht (ranzig) oder die Elterntiere sind gar nicht so mini.

Die dritte Variante, an gutes Schweinefleisch zu kommen,ist sich irgendwelche Züchter zu suchen, die ihre Erzeugnisse versenden. Aber bei aller Liebe für handgestreichelte italienische Trüffelschweine fehlt mir dann doch das Vertrauen zu den Anbietern, welches seit meiner unbeantworteten Frage, wo denn die Eier aus deutscher Freilandhaltung bei verhängter Stallpflicht wegen Vogelpest herkommen, arg gelitten hat.

So blieb nur Schweineleasing übrig, wo man halt jederzeit hinfahren und seine zukünftigen Nackensteaks in Bewegung sehen kann.

Ich habe einen Bauern gefunden, der die Tiere ganzjährig auf der Weide lässt, in Gruppen von 8 - 12 Tiere hält, nicht mit Kraftfutter/industriellem Futter/genmanipuliertem Futter mästet. Auch leben die Tiere da 14 bis 15 Monate. Unter solchen Bedingungen bauen die Tiere ein fettreiches, kurzfaseriges Fleisch auf, welches geschmacklich wiedererkennbar ist. 

Meine ersten zwei Tiere waren Wollschweine.

(Foto von hier.)

Deren Fleisch ist wirklich sehr sehr fett, hat aber schon einen eigenen eigenen , eher Wildgeschmack, muss man mögen. Das erste von den Beiden wollte ich selbst zerlegen, weil Schafe schlachte ich ja auch. Damit habe ich mich allerdings komplett übernommen. Was der Fleischer in 15 Minuten macht, hat bei mir 8 Stunden gedauert. 120 Kilo sind eben doch was anderes als 35 Kilo, wie meine Schafe wiegen.  Aber Versuch macht klug.

Mein drittes und vorerst letztes Schwein ist oder besser war ein Bentheimer, dessen Einzelteile oben im ersten Bild zu sehen sind.  Ich bin zum Bentheimer geschwenkt, weil mir die Speckschicht beim Wolschwein zu dick und vor allem die Steaks zu klein waren. Beim Bentheimer hats handelsübliche Größen, kein Wunder, bei 135 Kilo Lebendgewicht. Aber auch hier ist es kein mageres Fleisch, sondern nach Schwein schmeckendes, gut marmoriertes. 

Hier als Jungschwein, als Läufer:

(Foto von hier. Auf dieser Seite ist auch der Kontakt zu "meinem" Bauern zu finden)

Nach 4 Jahren und 4 Schweinen, das vierte war ein 50Kilo Ferkel für den Grill, haben wir vorerst genug , vor allem von geräucherten Speckseiten und Bauchspeck und Schinken. Deshalb setzen wir erst einmal aus und kaufen Schwein bei den immer mehr werdenden Hofschlachtereien, die mittlerweile auch alte Rassen anbieten.




Sort:  

Früher haben wir auch noch geschlachtet. Da hat man ein Schwein beim Bauern gehabt und wenn die Zeit reif war, kam ein befreundeter Metzger. Das war das letzte mal 1976. Auf jeden Fall für Fleischesser die beste Lösung, finde ich gut.

Sehr interessante Art Fleisch zu kaufen und zu konsumieren!

Ich bin mir sicher, dass es in Deutschland locker ohne Tiermast ginge, wenn wir von der unsäglich zentralistischen Denkweise abkommen und zur dezentralen Landwirtschaft zurückkehren würden.

Dazu bedarf es aber auch einer Regulierung des Imports von billigen Fleischprodukten aus aller Welt.

ABER das wichtigste ist in meinen Augen der Geiz der Deutschen, wenn es ums Essen geht. 30,- EUR für ein Kg Rinderfilet ist zu teuer aber jede Woche ins Kino, einen geleasten 5er BMW fahren, jedes Wochenende saufen und feiern. Jedes Jahr 2 x Karibikurlaub und immer die neuesten Smartphones. Ach ja und das Päckchen Kippen darf natürlich auch nicht fehlen. Tja da reicht das Geld natürlich nur noch für Antibiotika-Schnitzel to go. ;)

Keine Ahnung, um welchen Faktor größer die landwirtschaftliche Fläche in der BRD sein müsste, da gibt es zu viele Studien mit Ergebnissen, die nur bestimmten Interessen nutzen.
Aber ich kann ein 2 Preise nennen.
Ein natürlich gehaltenes Suppenhuhn kostet zwischen 16 und 19€, das Pendant aus der Mast 3.99. Natürlich gehalten bedeutet , auf einem Hof in Gruppen nicht größer als 50 Tieren mit max 10 Gruppen insgesamt. Alles darüber bringt die Hackordnung durcheinander, da gibt es so einen Hühnerpapst, der das schlüssig darlegt.
Ich schrieb oben, nicht teurer als im Supermarkt, das funktioniert nur als Nische für den Bauern und als Hobby für den Kunden. Mit der Logistik, die man für mehr als Nischenproduktion braucht (Flächenverbrauch, Futterlagerung, Futteranbau, Verarbeitungs- und Verkaufsstrecke) kommt auch da noch mal das Doppelte oben drauf.
Zu Fleischpreisen vom Rind habe ich , angeregt von Deiner Frage, eine etwas aufführlichere Antwort geschrieben.
https://steemit.com/deutsch/@dirkzett/welches-rindrassen-schmecken-eigentlich-und-sind-noch-bezahlbar

Ach ja, auf Deinen letzten Absatz will ich nicht eingehen; ich halts eher mit König Friedrich: Jeder sollte nach seiner Fasson glücklich werden.

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