Die Piratenattacken waren wohl eher das kleinere Problem der spanischen Silberflotte, um die es heute gehen soll. Der erste Teil heute dreht sich aber auch weniger um Piraten, sondern mehr um historische Hintergründe!

Die spanische Silberflotte

---

Werte Mitleser,

nun mal wieder ein „geschichtliches Thema“, mit dem ich mich schon länger etwas befasst habe, in dem viel Spannendes steckt und über das ich schon lange etwas schreiben wollte.

Den ersten Teil dieser wohl dreiteiligen Mini-Serie konnte ich an diesem entspannten Sonntag-Nachmittag, meinem Muße-Tag, fertigstellen, Teil 2 (und 3, ich werde sehen) folgen je nach Verlauf der nächsten Wochen.

Die Lektüre erfordert etwas Zeit, ich hoffe das manche sie sich nehmen werden.

Heute geht es mir vor allem um eine „grobe“ geschichtliche Einordnung, „naturgemäß“ stammt hier viel Information aus Wikipedia, aber auch aus anderem „Wissen“ und „Quellen“ des Balten, auch hier gibt es wieder „sideways“ und „shortcuts“, die ich gehen muss.

Ich erhebe keinen Anspruch auf Vollständigkeit, hier soll vielmehr etwas Freude an „Bildung“ und „Befassung“ mit derartigen Themen vermittelt werden, als „Silberbug“ liegt eine Beschäftigung mit der „spanischen Silberflotte“ für mich aber auch nahe.

Als "spanische Silberflotte" (spanisch Flota de Indias) wird der Flottenverband bezeichnet, in dem Handelsschiffe vom 16. bis zum 18. Jahrhundert, begleitet von Kriegsschiffen, Konvoi-fahrten nach Mittel- und Südamerika und nach Spanien zurück unternahmen.

Oft bestand der Konvoi aus 50-70 Schiffen.

Diesen kommerziellen Meeres-Highway bzw. das „System“ nannten die Spanier auch „Carrera de las Indias“.
In der Regel zweimal jährlich transportierte die Silberflotte auf dem Hinweg Waren des täglichen Bedarfs in die neue Welt, z.B. waren Manufakturen in der neuen Welt ja zunächst verboten.
Auf dem Rückweg belud man sich mit den Erträgen der Kolonien in Amerika, v. a. aber mit Silber.

Die Manila Galeone und Handelsrouten

Beladen wurde aber auch mit Erträgen der Philippinen und Waren aus Ostasien, die mit der „Manila-Galeone“ (meist 1-3 „Galeonen“) über den Pazifik einmal jährlich nach Acapulco transportiert und von dort dann auf dem Landweg nach Veracruz oder über Panama weiter nach Portobello oder Cartagena auf "die andere Seite" gebracht wurden.

So erklärt sich der große Einfluss des spanischen Silbers auf die chinesische Währungsgeschichte, über die der Balte bei seinen Recherchen zu diesem Thema gestolpert war, denn auf dem Rückweg waren die Manila-Galeonen natürlich voll mit Silber.
https://steemit.com/deutsch/@balte/wertstabiles-geld-gold-geldgeschichte-teil-5-was-bisher-geschah-zwei-ueble-gesellen-kaiser-hongwu-ming-dynastie-tael

Hier eine Graphik der Handelsrouten!
Grafik aus Wikipedia, "gemeinfrei" zur verwenden, aus unten verlinktem Artikel über die Silberflotte, die "Portugiesischen Routen" sind hier mit abgebildet!

Leider klappt es hier mit dem Vergößeren nicht, bitte Grafik ggf. unter https://de.wikipedia.org/wiki/Silberflotte
ansehen!

Der Schiffsverkehr auf der Manila-Acapulco-Route begann erst nach der Eroberung Manilas durch Miguel López de Legazpi im Jahr 1570 und war streng geregelt.
Von den 108 Galeonen, die im Verlauf von 250 Jahren die Reisen unternahmen, gingen 30 verloren, nur 4 davon wurden von Piraten aufgebracht.

Skorbut und andere Dramen

Hunger und Krankheiten, v. a. dabei der Skorbut, der Vitamin-C-Mangel, der von den Spaniern als „holländische Krankheit“ bezeichnet wurde, machten auch den Mannschaften der Manila-Galeonen auf der meist zwei Monate dauernden Reise regelmäßig und schwer zu schaffen.

Einige Dramen sind bekannt, so wurden in den 1630er Jahren auf zwei Galeonen 105 Matrosen von der übrigen Mannschaft über Bord geworfen, damit die anderen dem drohenden Hungertod entgehen konnten.
Und Im Jahr 1657 wurde die Manila-Galeone "San José" an der Küste nahe Acapulco entdeckt: an Bord waren nur die Leichen von Verhungerten und Verdursteten mit verfaulten Zähnen, und im Frachtraum sehr viel Seide!

Etwas Sauerkraut oder Zitronen als „Beimischung“ wären klüger gewesen, aber damals wusste man es eben nicht besser.

Da können sich heute Matrosen schon etwas glücklicher schätzen, auch wenn es weiter ein harter Job ist.

Als erstem großen Kapitän gelang es übrigens erst James Cook, seine Besatzung fast frei von dieser Krankheit zu halten, in dem er der Mannschaft Sauerkraut und verdünnten Zitronensaft gab, sonst starben ja häufig bis zu 75% der Besatzung an Skorbut.

Skorbut war schon seit dem 2. Jahrtausend v. Chr.den alten Ägyptern als Krankheit bekannt. Hippokrates und Plinius schrieben darüber.

1601 verfasste Ernst Hettenbach d. Ältere, Professor in Wittenberg, eine Schrift über Skorbut in Latein, die heute im Besitz der Sächsischen Staatsbibliothek Dresden ist, 1734 forderte der Theologe und Mediziner Johann Friedrich Bachstrom den Verzehr von frischem Obst und Gemüse zur Vermeidung von Skorbut.
Der britische Schiffsarzt James Lind 1754 zeigte dann in einer für die damaligen Verhältnisse sehr modernen Arbeit, dass Zitrusfrüchte gegen Skorbut helfen, und er gab entsprechende Empfehlungs-Listen an die Royal Navy weiter.

Aber erst James Cook hielt sich 1776 auf seiner dritten Expedition an diese Empfehlungen und die Krankheit verlor ihren Schrecken.

Doch zurück zur Silberflotte!

Hier Philipp II., Bild "gemeinfrei" zu verwenden aus https://de.wikipedia.org/wiki/Philipp_II._(Spanien), mit typischer Habsburger Unterlippe.

Philipp II.

Am 16. Juli 1561 hatte König Philipp II. angeordnet, dass zwei Flotten pro Jahr zu den Kolonien aufbrechen sollten. Schiffe auf der Amerikaroute durften nur von Sevilla und später von Cádiz aus starten und nur im Flottenverband fahren.

Seit 1538 durften zunächst auch nur Bürger Kastiliens am Amerikahandel teilnehmen und nach Amerika reisen, wobei das Problem für ausländische Investoren oft über Strohmänner gelöst wurde.

Das „Kapital“ findet immer Möglichkeiten-damals wie heute-, ab 1620 sah man die Vorschrift dann etwa lockerer.

Phlipp II., der mit der typ „Habsburger Unter-Lippe“, einer erblichen Überentwicklung des Unterkiefers („echte“ Progenie) augestattet war, äußerlich eher einem Flamen als einem Spanier glich und in dessen Regierungszeit -bedingt durch die enormen Gold- und Silberlieferungen aus der Neuen Welt (Stichworte „Potosi“, „Cerro Rico“="reicher Berg", die einen eigenen Post wert wären, wie so vieles hier)- das spanische Weltreich den Höhepunkt seiner weltweiten Vormachtstellung erlangte.

Die hohe Blüte von Kunst und Kultur in dieser Zeit nennt man auch „Siglo de Oro“, das goldene Jahrhundert.

Das „silberne Jahrhundert“ wäre wohl ein besserer Begriff nach Meinung des Balten.

Im Jahr 1594 z. B. betrug der Wert des Silbers 95,5 % des Gesamtwerts der Ladung der Flotte, in der Zeit zwischen 1747 und 1778 waren es 77,6 %.

Offiziell kamen zwischen 1503 und 1660 181 t Gold und 16.887 t Silber in Spanien an, rechnet man den Schmuggel mit ein, waren es etwa 300 t Gold und 25.000 t Silber.

Phillip II. war der einzige legitime Nachkomme Karls V.

Er regierte nach der Abdankung seines Vaters ab 1555/56 die „Länder der spanischen Krone“, also Spanien, die Niederlande, das Königreich Neapel, das Königreich Sardinien, das Königreich Sizilien, das Herzogtum Mailand sowie das spanische Kolonialreich.

Da dies wohl ein bischen zu wenig für unseren spanisch-habsburgischen Flamen war, regierte er 1580 als Philipp I. in Personalunion auch das Königreich Portugal.

Philipp war im Geist der Renaissance umfassend gebildet worden, in Humanismus und Naturwissenschaften unterrichtet, neben der spanischen Muttersprache beherrschte Philipp Portugiesisch und Latein, hatte jedoch größere Schwierigkeiten mit Deutsch und Französisch. Er hatte die Jagd, den mittelalterlichem Zweikampf und Tanz erlernt, besaß insgesamt eine herausragende Bildung und entwickelte später eine große Sammelleidenschaft.

Sein Privatbibliothek galt als die größte des damaligen Abendlandes und hatte mehr als 13.500 Bände.

Die des Balten umfasst insgesamt ca. 1000 Werke (geschätzt), und auch sein Reich ist mit 3000 qm geringfügig kleiner geraten!😎

Großes Interesse hatte Philipp an Geographie, Kartografie, Architektur und der Natur.
Er war introvertiert, emotional eher kühl und tief religiös.

Sein Lebensstil war geprägt vom dem aus Burgund stammenden, sehr rituellen Hofzeremoniell, sein Tagesablauf musste also einer starren Routine mit strengem Zeitplan folgen.
Er legte großen Wert auf seine Gesundheit und die körperliche Reinlichkeit.

Also, so ein bischen zwanghaft war er also schon, muss man aber wohl auch sein, wenn man über ein wenig mehr als die 3000 qm des Balten gebietet.

Philipp trat als gläubiger Katholik für die Gegenreformation (Spanische Inquisition) ein und wollte den immer stärker werdenden Protestantismus zurückzudrängen.
Dies führte zu militärischen Konflikten.

V.a. mit den Niederlanden und den Calvinisten dort, dem sog Achtzigjährigen Krieg 1568–1648.
Hieraus ging letztlich die Teilung der Niederlande hervor. Zunächst entstand die „Republiek der Zeven Verenigde Provinciën“, der südliche Teil der Niederlande blieb dagegen bei Spanien, im 19. Jahrhundert wurde daraus dann Belgien.

Und mit England führte man den Englisch-Spanischen Krieg 1585–1604, der zwar nie offiziell erklärt wurde, aber gegen das er 1588 vergeblich die berühmte spanische Armada aussandte.
Genauso vergeblich wie die englische Armada 1589 einen Gegenangriff auf Lissabon mit einem ähnlichen Aufwand an Mensch und Material unternahm, auch die englische Erorberung von Cadiz 1596 war nicht wirklich erfolgreich.

Die Protagonisten dieses Krieges auf englischer Seite, Elisabeth I. Tudor („The Maiden Queen“), nach der das Zeitalter in England benannt ist, oder „Mary Queen of Scots“, also Maria Stuart, kennen wir ja so einigermaßen aus Filmen, von Friedrich Schiller und aus der Schule.
In Ihre Zeit fallen u.a. die Namen William Shakespeare, Francis Bacon und Francis Drake.

Auch aufgrund der militärischen Konflikte ging die spanische Vormachtstellung gegen Ende der Regierungszeit Philipps langsam zu Ende, dreimal musste der Staatsbankrott erklärt werden (1557, 1575 und 1596).

Philipp hinterließ der Welt den Klosterpalast „Real Sitio de San Lorenzo de El Escorial“, also den „Escorial“, den größten Renaissance-Bau der Welt, ca. 45 km von Madrid entfernt.

Sein Wahlspruch lautete „Non sufficit orbis“ (Die Welt ist nicht genug).

Doch irgendwann hatte die Welt dann auch genug von ihm, wie immer bei uns Menschen und wie der Balte nun genug hat vom Schreiben über diesen doch beeindruckenden Herrscher.

Nach 42-jähriger Regierung verstarb Philipp II. 1598.

So, also genug "Stoff "für heute, das war jetzt zugegeben etwas „geschichtslastig“!

Ich beschreibe das alles etwas ausführlicher, weil man mit der Kenntnis Philipps II. viele Zusammenhänge geschichtlich einzuordnen weiß, aus meiner Sicht!

Im nächsten Teil(en) werde ich über den Aufbau der Flotte, die Routen, versunkene Galeonen, Hurricanes, Piraten und den Schatzsucher-Pioneer Mel Fisher und anderes berichten, wenn Zeit ist!

Peace, sisters and brothers!

Bild von Pixabay

Quellen:

https://de.wikipedia.org/wiki/Silberflotte
https://www.lai.fu-berlin.de/e-learning/projekte/caminos/kulturkontakt_kolonialzeit/kolonialzeit/silberminen_in_potosi/index.html
https://de.wikipedia.org/wiki/Manila-Galeone
https://www.planet-wissen.de/geschichte/persoenlichkeiten/james_cook_entdecker_aus_leidenschaft/pwieskorbut100.html
https://de.wikipedia.org/wiki/Skorbut
https://de.wikipedia.org/wiki/Real_Sitio_de_San_Lorenzo_de_El_Escorial
https://de.wikipedia.org/wiki/Philipp_II.(Spanien)
https://de.wikipedia.org/wiki/Habsburger_Unterlippe
https://de.wikipedia.org/wiki/Siglo_de_Oro
https://de.wikipedia.org/wiki/Achtzigj%C3%A4hriger_Krieg
https://de.wikipedia.org/wiki/Republik_der_Sieben_Vereinigten_Provinzen
https://de.wikipedia.org/wiki/Englisch-Spanischer_Krieg(1585%E2%80%931604)
https://de.wikipedia.org/wiki/Elisabeth_I.
https://en.wikipedia.org/wiki/Mary,_Queen_of_Scots