Zitate 060 - Thilo Sarrazin über die wichtigsten Punkte aktueller deutscher Politik

in #deutsch6 years ago (edited)

20. Februar 2018

In der heutigen Ausgabe von Weltwoche Daily [1], einer Spezialsendung zum Thema Deutschland, wurde der erste Teil eines Gesprächs mit Thilo Sarrazin [2] veröffentlicht. Der Chefredakteur Roger Köppel, der in der deutschen Medienszene bekannt ist, auch eine Zeit lang Chefredakteur der Welt war, befragte Sarrazin über wichtige Themen. Dieser hatte vor Wochenfrist bei der Achse des Guten [3] unter dem Titel Die AfD löst die SPD ab Einschätzungen abgegeben, die mit meinen, natürlich weitaus weniger begründeten Ansichten weitgehend übereinstimmen. In diesem Artikel werde ich ein Paar einzelne Zitate herausgreifen, also nicht den kompletten Inhalt wiedergeben.

Im Gespräch fiel mehrfach der Name Winston Churchills (1874-1965) [4] als ein Beispiel einer Ikone pragmatischer Politik, der sich vielmehr von den Ergebnissen seiner Entscheidungen leiten liess, als von moralischen Prinzipien. Mit diese Sicht auf die Dinge könnte man ihn als einen Gegenentwurf zur deutschen Bundeskanzlerin sehen.

Teil 1 - 20. Februar 2018 - Instabilität der neuen Regierung Deutschlands

Teil 2 - 21. Februar 2018 - Migrationskrise, AfD, Zukunftsaussichten


(03:42) - Thilo Sarrazin:

«Es gibt eine historische Parallele, mit der man allerdings sehr vorsichtig umgehen muss. Es ist so, dass historische Parallelen meist zu kurz greifen und deshalb missverständlich sind.
Wenn Sie beobachten oder wenn Sie sehen wie die Sozialdemokraten sich entwickelten in der Weimarer Republik. Da begannen sie als grösste Partei und sind dann von Wahl zu Wahl geschrumpft. In den letzten Jahren vor 1933 war ihr Verhalten, was das Verlieren angeht, auch immer durch die Angst vor weiteren Verlusten geprägt. Im Nachhinein kann man sehen, dass letztlich die fehlende Zustimmung der SPD zu einem höheren Sozialversicherungsbeitrag, die die letzten Neuwahlen auslösten - die vorletzten vor dem Ende der Republik - die dann am Ende zum Machtgewinn Hitlers führten...
Die SPD schmolz und man wusste nicht mehr, was ist das eigentliche Publikum, was ist der Adressat. War das unser kleiner Mann, der keine höheren Beiträge zahlen soll, ist es das Staatswohl, sind es die Sparmassnahmen von Brüning oder was auch immer? Diese tiefe Unsicherheit darüber, was der Adressat der eigenen Politik ist und wofür man selber steht, das kann man auch an der heutigen SPD sehr gut beobachten.»

Tabelle: Wahlergebnisse der SPD.
Zur Verdeutlichung hier die Wahlergebnisse der SPD in der Weimarer Republik [5]. Die ganz grosse Aussagekraft hat die Tabelle so einseitig aber nicht, dazu soll man sich die vollständige Version unter [5] ansehen. Zunächst gab es mit der Unabhängigen SPD, der USPD eine direkte Konkurrenzpartei, die 1924 verschwand. Es war auch so, dass die Kommunistische Partei KP in der zweiten Hälfte der Tabelle ihre Erfolge wohl auf Verlusten der SPD aufbaute. Rechts davon sind die jüngsten Ergebnisse der SPD bei Bundestagswahlen zu sehen. Da die Legislaturperioden meist nicht vorzeitig beendet wurden, erstrecken sich die Ergebnisse rechts über 30 Jahre, links sind es gerade einmal deren 14.

WahlErgebnis [%]Änderung [%]WahlErgebnis [%]Änderung [%]
1919-0137,9--198737,0-3,0
1902-0621,6-43,0199033,5-9,7
1924-0520,5-5,1199436,4+8,7
1924-1226,0+26,8199840,9+12,5
1928-0529,8+14,6200238,5-5,9
1930-0924,5-17,8200534,3-11,1
1932-0721,6-11,8200923,0-32,8
1932-1120,4-5,6201325,7+11,8
1933-0318,3-10,3201720,5-20,3

(05:35) - Roger Köppel:

«Wie schlimm ist es eigentlich, dass Deutschland eine geschwächte Regierung mit einer stark geschwächten SPD, mit einer ebenfalls angeschlagenen, angezählten und destabilisierten Kanzlerin hat? Ist das objektiv für Deutschland eigentlich ein Problem? Es gibt ja auch andere Länder, die nicht so starke Regierungen haben.»

(05:57) - Thilo Sarrazin:

«Das ist objektiv überhaupt nicht schlimm. Weil man sich immer wieder klarmachen muss, wozu ist eine Regierung da. Eine Regierung ist die Verbindung zwischen der Verwaltung, die eigentlich das Land regiert und dem Parlament, welches die Gesetze macht, nach denen das Land regiert wird. Wenn die Gesetzeslage eindeutig ist, die Gerichte und Beamten funktionieren, braucht es keine Regierung damit es einem Land gut geht.»

(07:14) - Thilo Sarrazin, ob Deutschland in der EU jetzt viel schwächer dasteht:

«Es war eine halluzinierte Stärke, die sich daraus ergab, dass alle immer etwas aus dem deutschen Geldbeutel wollten. Es war aber keine wirkliche Stärke, denn es ist uns ja nicht gelungen, in irgendeiner Weise in den vergangenen 10 Jahren Europa nach unseren Vorstellungen zu gestalten. Der Stabilitätspakt rund um die gemeinsame Währung brach grundlos zusammen, unsere Prinzipien bei der Rettung Griechenlands haben wir nicht eingehalten, die Europäische Zentralbank hat sich mehr oder weniger verselbständigt. Und in der Flüchtlings- und Asylpolitik ist es uns nicht gelungen, die übrigen Länder auf eine gemeinsame Linie zu bringen, unabhängig davon, ob unsere Politik falsch oder richtig war.»

(08:24) - Thilo Sarrazin über die angebliche Schwäche:

«So ist die Schwäche jetzt eigentlich auch eine imaginierte und keine tatsächliche. Wir haben ein Land, wo die Regierung im Augenblick politisch nicht handeln kann und das ist doch gar nicht schlecht. Denn, solange sie nicht viel tun kann, kann sie auch keinen Unsinn machen.»

(09:48) - Thilo Sarrazin, über die wichtigste Eigenschaft eines Politikers:

«Das wichtigste, was ein Politiker beherrschen muss, ist Wesentliches von Unwesentlichem unterscheiden zu können und daraus abzuleiten, was wichtig ist.
Konrad Adenauer (1876-1967) [6] sagte 1949: 'Wesentlich ist, dass die Westdeutschen vor dem Kommunismus gerettet werden. Darum werden wir uns den Amerikanern unterordnen. Wichtig ist, dass die Westdeutschen noch nicht die politische Mündigkeit erlangen, darum treten wir in die NATO ein. Wesentlich ist, dass wir uns mit den Franzosen nie wieder streiten, darum machen wir die Montan-Union [7]. Aus ganz einfachen Überlegungen heraus hat er seine Entscheidungen gefällt. Und dann hat er gesagt, die Wirtschaft muss auch laufen, davon verstehe ich nichts, aber ich habe dafür den Erhard [8].'
Dann war die Sache gebongt und das konnte man auch als alter Mann in einem normalen Arbeitstag mit einer gewissen Ruhe die Dinge im Auge behalten und gut regieren.»

(11:05) - Thilo Sarrazin, was ist heute wesentlich:

«Ich würde mal sagen, wichtig ist, dass wir eine langfristige Einwanderungsstrategie haben. Dass wir eine langfristige Islam-Strategie haben (langfristig heisst 20+ Jahre, nicht 20 Sekunden... Anm.). Wesentlich ist, dass wir eine wirksame Grenzkontrolle haben, ob mit oder ohne Europa ist erst einmal sekundär. Wesentlich ist, dass wir eine funktionierende Verteidigung haben und zwar in Europa und nach Osten (und Süden? - Anm.) hin. Das sind die wesentlichen Fragen deutscher Politik!
Unwichtig ist, ob der Meeresspiegel in 100 Jahren 3 Millimeter mehr oder weniger beträgt!»

(11:45) - Roger Köppel - was tut die Regierung:

«Diese Regierung beschäftigt sich ja gar nicht mit dem Wesentlichen. Sie haben in einem Artikel besprochen, dass es die grossen Elefanten in der Mitte des Raumes gibt, einer ist z. B. die Migration, über die die Regierung nicht redet.»

(11:56) - Thilo Sarrazin:

«Eine ganze Elefantenherde! Schauen Sie, das geht in den Köpfen der Beteiligten los. Wenn Sie sich Angela Merkel vorstellen, wie sie sich hinter ihren grossen Schreibtisch setzt und auf den Reichstag guckt sich die vier wichtigsten Punkte aufschreibt. So habe ich das immer gemacht, als ich Politiker war. Ich habe den Eindruck, dass auf diesem Zettel mit den wichtigsten vier Punkten, tauchen die Fragen, die ich persönlich für Deutschland objektiv am wichtigsten finde und ein wachsender Teil der Deutschen auch, offenbar gar nicht auf.»

(12:38) - Roger Köppel:

«Heisst das, dass die Kanzlerin und diese Regierung organisierte Realitätsflucht betreiben in diesem Koalitionsvertrag? »

(12:45) - Thilo Sarrazin:

«Ich kann nur sagen, wenn man letztlich die Fragen an ein langfristig-historisches Verständnis des guten und gesunden Menschenverstandes anlegt, kommt man zum Schluss, dass diese Regierung oder die sie tragenden Personen das Gespür für das Wesentliche verloren haben. Dies zeigt sich über den ganzen Koalitionsvertrag. Dass dann noch solche peinlichen technischen Fehler vorkommen, wie dass der amtierende Finanzminister Altmaier nach Brüssel einen Vorschlag schickt, das Klima zu retten, indem man bei uns in Deutschland künftig umsonst U- und S-Bahn fährt, das ist dann absolut verrückt.»

(13:48) - Roger Köppel:

«Ich war immer ein Merkel-Versteher, habe sie immer verteidigt gegen gewisse Kritik. Ich habe gesagt, Deutschland sei ein kompliziertes Land mit einer komplizierten Geschichte, da kann man nicht so gerade durchregieren, wie das in anderen Ländern der Fall ist. Ist diese Frau Merkel überschätzt, glaubt sie das, was sie sagt, verdrängt sie die Probleme, hat sie kapituliert vor der Realität? Wie deuten Sie die Realität? Wie deuten Sie die politische Psyche der Kanzlerin?»

(14:15) - Thilo Sarrazin:

«Wir können einem Politiker nicht hinter die Stirn schauen. Wir wissen nicht, ob Herr Churchill aus Ruhmsucht oder aus staatsmännischem Verantwortungsgefühl heraus gesagt hat, dass er keinen Sonderfrieden schliesst.»

(14:53) - Thilo Sarrazin:

«Es ist nur sekundär, hinter die Stirn amtierender Politiker schauen zu wollen. Man muss den Gegencheck machen und sich fragen: 'Was halte ich oder der allgemein anerkannte gesunde Menschenverstand für wesentlich?' Was kommt heraus, wenn ich den Politiker daran messe? Die Frage, was ich für wesentlich halte, wird grossenteils nicht intellektuell bestimmt, sondern emotional.»

(15:38) - Thilo Sarrazin:

«Wenn ich nicht erkenne, was wesentlich ist, hilft mir meine ganze Intelligenz nicht, weil ich sie dann dafür einsetze, die Prioritäten falsch zu setzen.»

(16:34) - Thilo Sarrazin:

«Natürlich war Deutschland in der Lage (2015 bis heute Anm.), die Grenze zu kontrollieren... Hinter dem Ausdruck 'wir können das nicht', verdeckte sich ein 'wir wollen das nicht', was sich aber auch nicht mutig hervortraute.»

(17:30) - Thilo Sarrazin:

«Wo sie steht (die Kanzlerin Anm.), das weiss sie vermutlich selbst nicht. Sie hat hier ein Wort von Churchill falsch beherzigt. Churchill war ja meist in der verfemten Minderheit. Er hatte ein Prinzip. Never explain, never complain - Erkläre nie, beklage dich nie. Wer souverän rüberkommen will, muss nicht das eigene Verhalten ständig erklären. Das wirkt unsouverän. Es darf sich aber auch nicht darüber beklagt werden, dass man schlecht behandelt wird, das ist in der Politik normal. Nur wer schwach ist, erklärt sich ununterbrochen.»

(18:30) - Thilo Sarrazin:

«Hinter dem Vorhang, den man aufspannen muss, never explain, never complain, muss natürlich ein wacher Geist Prioritäten ununterbrochen überprüfen... Wenn man den Eindruck hat, dass bei einer Person diese Überprüfung abgeschaltet ist, stattdessen ein Autopilot angeschaltet ist, dann fliegt das Flugzeug schnell in die Irre.»


[1] Weltwoche Daily 20.02.2018 | Deutschland Spezial Teil 1. Die Weltwoche (Wochenmagazin) YouTube Kanal, 20. Februar 2018
[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Thilo_Sarrazin
https://en.wikipedia.org/wiki/Thilo_Sarrazin
[3] Die AfD löst die SPD ab. Die Achse des Guten, 12. Februar 2018, von Thilo Sarrazin http://www.achgut.com/artikel/die_afd_loest_die_spd_ab
[4] https://de.wikipedia.org/wiki/Winston_Churchill
https://en.wikipedia.org/wiki/Winston_Churchill
[5] https://de.wikipedia.org/wiki/Reichstagswahlen_in_Deutschland#Ergebnisse_1919_bis_1933
[6] https://de.wikipedia.org/wiki/Konrad_Adenauer
[7] https://de.wikipedia.org/wiki/Europ%C3%A4ische_Gemeinschaft_f%C3%BCr_Kohle_und_Stahl
[8] Zitate 050 - Ludwig Erhard über drei Kategorien von Menschen. @saamychristen, 31. Oktober 2017 https://steemit.com/deutsch/@saamychristen/zitate-050-ludwig-erhard-ueber-drei-kategorien-von-menschen


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Hi Saamy,

von der Analyse her ist das Ganze von Sarrazin noch ziemlich harmlos, im Grunde vermeidet er es, die Inkompetenz Merkels in vielen Gebieten klar zu benennen. Man könnte mit dieser schwachsinnigen Energiewende anfangen, die uns die mittlerweile höchsten Energiekosten der Welt beschert haben, als angebliche Physikerin (dieser Titel ist ihr in der DDR wohl geschenkt worden, denn ihre Doktorarbeit ist "chemisch") sollte sie die ganze Problematik für eine Industrienation verstanden haben.

Aber mit dieser Entscheidung war Deutschland noch nicht genug beschädigt, deshalb die Grenzöffnung bis zu Unkenntlichkeit. Es muss "Schaden" her. Und Sarazzin vergisst dann wohl auch ganz aus Versehen so Begriffe wie "Replacement Migration" von der UN...

Danke für den Kommentar!

Möglichkeiten für sachliche Kritik und zum Meckern gibt es genug. Die Frage ist, welchen Bereich will man abdecken und wie fundiert tut man das. Aus dem SPD-Umfeld, in dem ich mich zugegebenermassen schlecht auskenne, ist mir niemand bekannt, der ein Thema wie Replacement Migration behandeln würde. Neben dem, was ich schon gesagt habe, stören mit vor allem das gequält wirkende, ewige Weiterwursteln ohne Ohren für Bürgerinteressen und dazu die Feigheit der CDU-Leute, die sich von Angela Merkel, Beate Baumann & Co. schon zahlreich absägen liessen und das hinnahmen.

Zur Doktorarbeit von Frau Merkel kann ich nicht viel sagen, nur das, dass sie schon zur Physik gehört. In der Physik nennt man die Forschungsbereiche mit Bezug zur Chemie chemische Physik, der umgekehrte Fall von der Chemie her gedacht nennt sich physikalische Chemie. Das ist ein interdisziplinärer Bereich, es ist also nichts völlig ungewöhnliches, wenn Physiker schlussendlich bei der physikalischen Chemie landen. Der umgekehrte Fall ist eher aussergewöhnlich, weil die Physiker im Normalfall gerade in mathematischer Theorie besser sind als Chemiker.

Der Titel der Dissertation war: Untersuchung des Mechanismus von Zerfallsreaktionen mit einfachem Bindungsbruch und Berechnung ihrer Geschwindigkeitskonstanten auf der Grundlage quantenchemischer und statistischer Methoden. Für eine Dissertation von 1980 [1] erscheint mir das Thema als ein eher einfaches und fundamentales, das wohl kaum wirklich neue Ergebnisse hervorgebracht hat.


[1] Informationen über Angela Merkels Dissertation bei Plagipedi.Wikia.

Hi mal ein interessanter Artikel, passt zum Teil zu Sarrazin. Falls Du Danish-Blog noch nicht kennst, kann ich Dir nur empfehlen...

https://www.journalistenwatch.com/2018/02/24/verfassungsgericht-und-umvolkung-merkel-ist-nicht-an-allem-schuld/

Danke für den Kommentar!

Ja, so ist es eben, die Justiz fährt der Politik in die Parade und umgekehrt. So wie es eigentlich nicht sein sollte, weil die Zuständigkeiten schon geregelt wären.

Hadmut Danischs Blog ist mir bekannt. Ich schaue dort nicht gerade täglich rein, aber schon regelmässig. Informatiker und ihre Denkweise sind mir meist ziemlich sympathisch. Ihre Algorithmen müssen bis zum Ende durchdacht sein, damit ihre Anwendungen funktionieren. Da sind sie der Politik weit voraus...

Ich glaube jeder kann zur Zeit über die Merkel meckern, sowohl Befürworter als auch erst recht die Gegner. Aus jeder Sicht macht sie irgendetwas falsch. Manchmal weil sie etwas macht und manchmal weil sie nichts macht.
Konrad Adenauer hat also gesagt er hat von Wirtschaft keine Ahnung, interessant. Heute wissen doch Politiker immer alles. Da wird der Gesundheitsminister plötzlich zum Arbeitsminister oder ähnliches.
Früher war also doch noch alles ehrlicher.
Auf Thilo Sarrazin möchte ich nicht eingehen.

Danke für den Kommentar!

Natürlich ist das Meckern zu gegebenem Zeitpunkt einfach, besonders wenn schon einige unvorteilhafte Dinge zusammengekommen sind. Mich stören an der europäischen Politik vor allem zwei Dinge.

  1. ist es schwierig, eine klare Strategie zu erkennen, die hübsch durchbegründet ist und für jeden Bürger in Europa eindeutig identifizierbare Vorteile bringt. Es gibt kein Ziel, das die Menschen irgendwie begeistert und sie anspornt, alles dafür zu geben. Die Rhetorik von oben geht auch eher in Richtung Krisenbewirtschaftung und Lethargie, als in Richtung positive Projekte, Gestaltungsfreiheit für die Menschen und Zelebrierung der Lebendigkeit, wenn man das so sagen kann.

  2. ist es wegen 1. schwierig zu erkennen, wie die Politik die Themen qualifiziert und quantifiziert. Vieles wirkt unvorbereitet, es wirkt so, als ob nur reagiert wird und ich finde, dass das bei so hohen Steuern, wie sie in Europa gezahlt werden müssen, eindeutig zu wenig ist. Einerseits gibt es Themen, die werden aus kaum erklärbaren Gründen hochgebracht, wie sehr progressive Gesellschaftsmodelle, die mit dem durchschnittlichen Menschen, wie ich ihn kenne, allerhöchstens wenig zu tun haben. Andererseits werden Themen wie seit 2015 das Migrationsthema zunächst mit Positivpropaganda und dem Herunterspielen aller berechtigten Sicherheitsfragen und vieler Warnungen verniedlicht. Aber nur wenig später wird das Thema omnipräsent. In den Medien, der Gesellschaft und im Staatshaushalt. Ich meine, was soll das? Regierung und Verwaltung werden dafür bezahlt, dass sie sowas erkennen, bearbeiten, kommunizieren und für erträgliche Lösungen sorgen. Warum man sich gerade wieder ziemlich auf Afrika fokussiert, kann ich auch nicht nachvollziehen, abgesehen davon, dass das Bevölkerungswachstum dort den Migrationsdruck erhöht. Warum? Weil es in Europa selbst, gerade im Süden und Osten einiges an Problemen und viel Armut gibt, die auch auf ihre Lösung warten.

Zu Sarrazin kann ich nicht wirklich viel sagen, ich habe die Hälfte des extrem trockenen Deutschland schafft sich ab halbaufmerksam gelesen. Ich halte ihm zugute, dass er sich nicht zu schade ist, seine nicht von allen geteilten Einschätzungen zu verbreiten und diese in ganzen Büchern zu fundieren.

Dass es heute mit einer riesigen Menge an Spezialwissen schwierig ist, in vielen Bereichen eine ernstzunehmende Ahnung zu haben, wäre es eigentlich nur richtig, offen zuzugeben, von welchen Gebieten man keine Ahnung hat. Wobei Regierungsmitglieder nicht unbedingt die kompetentesten sein müssen, sie müssen vor allem gut netzwerken und kommunizieren können, für das Fachliche brauchen sie ohnehin die Einschätzungen von Sachverständigen.

Sarrazin hat einen großartigen Intellekt, leider fehlt im das Charisma, um mehr Menschen zu erreichen.
Merkel hat weder Charisma noch Intellekt...

Danke für den Kommentar!

Da kann ich nur zustimmen. Wobei ich Merkel am Anfang ihrer Kanzlerschaft nicht so unsympathisch fand. Damals war auch die Fussball WM in Deutschland und ich glaube mich zu erinnern, dass sie sich dort immer wieder positiv gestimmt gezeigt hat. Dieses Image hat man spätestens bei der Finanzkrise wieder eingerollt, warum auch immer, ich sehe keinen triftigen Grund dafür. Seitdem ist sie für mich nur noch die Krisenbewirtschafterin.

Ich kann gar nicht mehr glauben, dass die einmal eine Flat-Tax einführen wollte.
Damals war ich begeistert von ihrem Programm. Unglaublich wie die sich gedreht hat.

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