1000 Gesichter der Inspiration: #004 Elisabeth Victoria Reisenhofer | Sci-Fi trifft Musical

in #musik6 years ago

Über die 1000 Gesichter der Inspiration

Inspiration hat viele Facetten und noch mehr Gesichter: Künstler, aber auch Lehrer, Trainer, Eltern, Großeltern, Freunde, Nachbarn, Freiwillige inspirieren uns im Alltag, unser Leben und unsere Handlungen zu überdenken und die großen und kleinen Dinge des Lebens anzupacken. Wir alle leben von Inspiration. Wir tragen sie in uns. In meiner Reihe „Die 1000 Gesichter der Inspiration“ möchte ich euch Menschen vorstellen, die mich inspirieren – in der Hoffnung, dass sie mit euch dasselbe tun. Viel Spaß beim Lesen und beim Sich-Inspirieren-Lassen!

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Elisabeth Victoria Reisenhofer: Vollblutmusikerin und Sci-Fi-Autorin. Foto: Marie Bleyer

Elisabeth Victoria Reisenhofer: Sci-Fi trifft Musical und Handwerk

Studierte Musicalsängerin, Singer-Songwriterin, gelernte Klavierbauerin, Qualitätstechnikerin bei einem großen Möbelhaus - und nun auch Sci-Fi-Romanautorin. Elisabeth Victoria Reisenhofer ist der Inbegriff des Wortes Multitalent: Mit dem Elektropop-Soloprojekt Alice Abbeth und im Singer-Songwriter-Duo VanDa tobt sich die gelernte Musicaldarstellerin musikalisch aus. Seit einigen Monaten schreibt sie an ihrem ersten Science-Fiction-Mystery-Roman, der zum Teil im niederösterreichischen Baden spielt. Im Interview erzählt sie vom Schreibprozess, ihrem Bezug zur Musik und warum man auch einmal ein Stück harter Arbeit einfach so in den Mistkübel werfen darf.

Steckbrief

Name: Elisabeth Victoria Reisenhofer
Jahrgang: 1985
Beruf: Qualitätstechnikerin, Musicaldarstellerin, Klavierbauerin
Land: Österreich

Von den Badener Weinbergen zum Kampf gegen Maschinen

Servus Elisabeth! Danke, dass du dir für das Interview Zeit genommen hast!
Ich danke dir, Theo! Es ist mir eine Ehre.

Aus einer ausgebildeten Musicalsängerin wird nicht oft eine Schriftstellerin. Du arbeitest aber aktuell an deinem ersten Science-Fiction-Roman. Wie kam es dazu?
Ich hab schon als Kind viel gelesen und früh begonnen, meine ersten Geschichten zu schreiben. Um genau zu sein, hab ich die Schulzeit hauptsächlich damit verbracht, meiner Fantasie freien Lauf zu lassen – zum Leidwesen aller, die mit mir zu tun hatten. Irgendwann bin ich mit dem Lernstoff nicht mehr hinterhergekommen, hab die Schule geschmissen, wollte eigentlich gleich Musical studieren, durfte aber damals mit sechzehn die Aufnahmeprüfung noch nicht machen. Also ging ich in die Lehre, wurde Klavierbauerin und hab im Anschluss Musical studiert. Meine letzte vollendete Geschichte, ein Vampirroman, ist während des Studiums entstanden. Dann kam das Berufsleben.

Aus Musical als Brotberuf ist bei mir nie etwas geworden. Mal ein Job hier, mal ein Job da, aber nichts, wovon man leben konnte. Darum nach weiteren zwei Jahren der Entschluss, einen sicheren Job zu suchen und die Kunst nebenbei zu betreiben.

Dass ich jetzt wieder schreibe, ist das Resultat meiner letztjährigen Japanreise. Dort hab ich meinen alten Freund René getroffen, der mich gefragt hat: "Wo siehst du dich in zehn Jahren? Auf der Bühne?" Und da war mir klar: Nein, die Bühne ist es nicht. Aber ich würde wahnsinnig gerne wieder schreiben. Diese Reise nach Tokyo war der Startschuss für meinen Roman.

Wieso eigentlich ausgerechnet Science-Fiction?
Reine Science-Fiction ist es im Grunde nicht. Es ist ein Mix aus Science-Fiction und Mystery, gespickt mit Fantasyelementen und realitätsbezogenen Konflikten. Die Geschichte meines Protagonisten beginnt hier, in Österreich. Und das nicht in ferner Zukunft, sondern im Jahr 1999, kurz vor seinem fünfzehnten Geburtstag.

Der Roman vereint alles, was mich schon immer fasziniert hat: Maschinen, fremde Welten und die tiefsten Abgründe der menschlichen Seele.

Kannst du den Lesern schon etwas über dein Erstlingswerk verraten? Worum wird es gehen?
Christopher Vallant ist fünfzehn, als er in den Testzonen des operativen Kerns landet. Eben noch in den Badener Weinbergen, kämpft er nun in einer Welt aus Maschinen und wechselnden Klimazonen ums Überleben. Nach einem halben Jahr gelingt ihm die Flucht, doch seine Freundin Jen kann er nicht retten.
Siebzehn Jahre und konsequente Verdrängung später, holt Chris die Vergangenheit in Form zweier Kinder wieder ein. Die Reise führt ihn zurück in die Zonen. Und damit zurück zu Aarin, dem alten Mann mit den eisblauen Augen, der ihn schon vor siebzehn Jahren tot sehen wollte.

Woher kommen die Ideen für deine Charaktere?
Schwer zu sagen. Es ist, als gäbe es sie schon und ich müsste sie nur beschreiben. Und je weiter die Geschichte voranschreitet und je mehr ich mit den Charakteren in die Tiefe gehe, desto mehr Ecken und Kanten bekommen sie. Genauso, wie sie plötzlich andere Züge annehmen, wenn ich mich entscheide, ihre Namen zu ändern. Das ist sehr spannend zu beobachten. Mein Kripobeamter hieß ursprünglich Keno Runea, jetzt heißt er Gerd Schachner. Damit ändert sich alles :D

So ein Buch zu schreiben ist keine einfache Angelegenheit – woher hast du die Energie und Motivation genommen, das Projekt anzugehen?
Es war mir ein ganz, ganz tiefes Bedürfnis, mich nach all den Jahren wieder hinzusetzen und zu schreiben. Extra Motivation dazu hat es nicht gebraucht, und die Energie ziehe ich zum Großteil aus dem Schreiben selbst. Geschichten können eine ungeheure Eigendynamik entwickeln.

Ich arbeite jetzt seit knapp einem Jahr an diesem Roman, stehe damit in den letzten Zügen des ersten, vollständigen Entwurfs. Die allererste Version, die im Grunde eine völlig andere Geschichte war, hab ich nach 200 Seiten gekübelt und von vorne begonnen.

Es ist ein Fluss, ein Prozess, und ich liebe jede einzelne Phase davon. Klar stößt man immer wieder auf Mauern, hat sich in eine Sackgasse geschrieben, weiß nicht weiter. Dann geh ich zwei Schritte zurück und reise mit meinen Charakteren tiefer in die Vergangenheit. Und sobald ich hier wieder ein Puzzlestück mehr habe, geht es auch plötzlich in der Geschichte wieder weiter.

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Manchmal greift das Jungtalent auch ganz altmodisch zu Stift und Papier. Foto: Elisabeth Victoria Reisenhofer

Was ist dein Rat an all jene, die sich mit Buchideen tragen und nicht wissen, wo sie mit der Umsetzung beginnen sollen? Wie strukturierst du deine Arbeit?
Ich finde es wichtig, einfach mal zu beginnen, völlig egal, an welcher Stelle der Geschichte. Sobald man die erste Idee niedergeschrieben hat, kann man sich stetig voranarbeiten. Das Wesentliche in meinen Augen ist die Zeichnung der Charaktere. Alle Personen, die näher mit der Geschichte zu schaffen haben, brauchen ihren Hintergrund. Wo kommen sie hier, was ist ihnen in ihrem bisherigen Leben widerfahren? Damit legst du ihre Persönlichkeit fest, ihre Art, wie sie reagieren und kommunizieren. Und im Grunde an selber Stelle steht ihre Umgebung, denn die prägt Charaktere als auch Geschichte gleichermaßen.

Was für mich gerade für die Struktur sehr wichtig ist, ist ein geeignetes Schreibprogramm. Ich habe mir in der Anfangsphase meines Romans Scrivener zugelegt und liebe das Programm heiß und innig. Es bietet mir die Übersicht, die ich sowohl für meine eigentliche Geschichte, als auch für die gefühlt tausend Nebenplots, Charakter- und Ortsbeschreibungen brauche. Ohne diesem Programm würde ich mich ins Unendliche verzetteln. Gerade bei umfangreicheren Romanideen erspart einem eine gute Übersicht verdammt viele Nerven, und auch Plotfehler.

Mit VanDa bist du ja außerdem Teil eines Singer-Songwriter-Duos. Inspirieren dich zur Musik und zum Schreiben unterschiedliche Dinge?
Nein, das Gefühl dahinter ist dasselbe. Dazu muss ich allerdings sagen, dass mir das Songschreiben nie leicht von der Hand gegangen ist. Songtexte schreiben schon eher, aber ein Lied daraus zu machen, darin ist meine Bandkollegin Sizzy (Elisabeth Hirschhofer) die Göttin. Aus ihr sprudeln die Songs nur so heraus, was ich schon immer bewundert habe. Ich liebe es dann, mir alle möglichen zusätzlichen Stimmen dazu einfallen zu lassen und die Songs auszufeilen; so trage ich meinen Teil dazu bei. Aber in der Zeit, in der ich an einem Song sitze, hat Sizzy schon zehn geschrieben. Meine absolute Heldin.


Das VanDa-Album „2nd Chance“ - aufgenommen von Tom Chloupek von Kiwisound - ist erhältlich auf Amazon, iTunes und Spotify.

Du hast die Bretter, die die Welt bedeuten weitgehend für die Bretter, die Kästen und Regale bedeuten eingetauscht. Beeinflusst dein Brotberuf im Möbelgeschäft deine Kreativität in irgendeiner Art und Weise?
Natürlich, jeder Brotberuf tut das auf die eine oder andere Art. Zum einen prägen die Dinge, die man täglich erlebt und können in die Geschichte miteinfließen. Zum anderen ist Zeit ein sehr wichtiger Faktor. Es ist nicht immer leicht, auf Abruf kreativ zu sein, was man aber sein sollte, wenn die Zeit dafür begrenzt ist. Da hilft es, ein Ziel zu setzen. In meinem Fall sind das 2.000 Wörter pro Tag. Die 2.000 Wörter gelingen mir nicht immer, und es gibt auch Tage, an denen ich einfach nur kaputt auf dem Sofa sitze und vor mich hinstarre. Aber ich habe mir angewöhnt, mich nach der Arbeit hinzusetzen und zumindest weitere Ideen zu notieren. Hauptsache schreiben.

Wie lernt man, über seinen Schatten zu springen?
Oh, eine sehr spannende Frage. Die stellst du der Richtigen :D Ich hab das bis heute nicht gelernt. Ich hab mich immer nur selbst überrumpelt, das ist alles. Wochen oder Monate im Voraus für Dinge zugesagt, bei denen ich mir am Tag selbst jedes Mal gedacht hab, "WARUM hab ich Ja gesagt?!" :D Aber bis jetzt ist es noch jedes Mal vorbeigegangen. Und nur in den seltensten Fällen desaströs. ;)

Wenn du mich fragst, zahlt es sich immer aus, über den eigenen Schatten zu springen. Entweder, es läuft wie am Schnürchen und man fühlt sich im Anschluss unverwundbar. Oder es läuft ganz okay und man kann zumindest sagen, man hat es gemacht. Oder aber es läuft katastrophal. Dann hat man eine gute Geschichte.

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Die junge Künstlerin wie sie leibt und lebt: Ein fröhlicher, kreativer und liebenswerter Mensch, den man einfach mögen und interessant finden muss. Foto: Marie Bleyer

"Kreativität bedeutet für mich Freiheit"

Bitte vervollständige diese sieben Sätze spontan.

  1. Kreativität bedeutet für mich… Freiheit.
  2. Am wichtigsten ist mir… Zeit, sowohl mit meinen Lieben als auch für mich allein. Und Kaffee. Und Essen :D
  3. Zum Schreiben inspiriert mich… Musik, Wetter, Natur, Gespräche... Alles und jede/r ist eine Inspiration.
  4. Liebe ist… Leben.
  5. Meine größte Challenge bisher war… meine Versagensängste zu überlisten. Diese Challenge wird mich vermutlich bis an mein Lebensende begleiten.
  6. Ich liebe was ich tue, weil… mir das Herz dabei aufgeht.
  7. Meine goldene Regel ist… immer hinter die Fassade sehen. Der zweite Blick ist oft der interessantere.
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Wieder ein toller Beitrag, diesmal war ich richtig mitgerissen, hab fast ein wenig das Gefühl als hätte diese Leichtigkeit, die in den Worten mitgeschwungen ist, mich ein wenig aus dem Winterschlaf in Richtung Frühling katapultiert, danke dafür, inspirierend fand ich dieses Gesicht der Inspiration definitiv! Ganz liebe Grüße freue mich schon auf den nächsten Teil!🙂

Face-to-face reißt Elisabeth einen noch mehr mit. Wirklich ein toller Mensch. Unbedingt zu einer Lesung gehen, sobald das Buch rauskommt. Heute kommt mal die englische Übersetzung, aber natürlich sind noch einige Leute in der Pipeline - es wird also bald mehr davon geben :-)

Das glaube ich dir sehr gerne :D Respekt, dass du das mit den Übersetzungen so fleißig machst, ich bin dafür leider aktuell zu faul ^^ Dann freue ich mich auf die Forsetzung und bin froh, diesmal nicht so "deppert" gewesen zu sein, mich wie das eine mal durch den englischen Artikel zu kämpfen ;-P LG!

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