Der Gral 1
"Sie müssen erst die Bescheinigung beibringen, sonst kann ich gar nichts machen." Ich glaube nicht, das es sinnvoll ist weiter zu diskutieren. Seit einer viertel Stunde bemühe ich mich jetzt, der Dame klar zu machen, warum ich das nicht kann. Aber ich habe wohl keine Wahl. Eigentlich wollte ich Maschienenbau studieren, aber bevor das geht, scheine ich noch einen Abschluss in Verwaltungswissenschaften zu brauchen.
Ich schau auf zum Deckenventilator. Unbeeindruckt dreht er seine Kreise. Er fährt auf der immer gleichen Bahn und kommt doch nicht von der Stelle. Ich atme durch, zähle innerlich bis fünf und beginne auch eine weitere Umdrehung. "Noch einmal: ich kann Ihnen die Meldbescheinigung nicht bringen, da ich keine bekomme, solange ich keine Adresse habe. Eine Adresse habe ich nicht, da die Wohnung doch schon vermietet wurde, obwohl ich eine Zusage hatte. Und ins Nofall-Wohnheim kann ich nur mit Matrikelbescheinigung. Und ohne Platz im Wohnheim habe ich keine Adresse für eine Meldebestätigung."
"Dafür haben wir Ihnen doch die vorläufige Matrikel gesendet.." - "Die ich ja nicht bekommen habe. Der Brief wurde gesperrt, da die Immatrikulationsunterlagen unvollständig waren. Haben Sie doch eben selber gesagt.."
Die Sekretärin schaut mich verwirrt an. Als sie anfängt mir zu erklären das das eigentlich nicht möglich ist driften meine Gedanken weg. Die Topfpflanzen auf der Fensterbank sehen aus, wie traurige Artefakte einer längst untergegangenen Zivilisation. Draußen, auf den Bänken eines kleinen Rondells, fährt jemand mit einem Einkaufswagen voller Plastiktüten. Aus irgend einem Grund hat sich hier, mitten im Universitätsviertel ein Treffpunkt für Obdachlose und Profi-Alkoholiker gebildet. Ich hab gelesen, das ein Fernsehsender vor einigen Jahren die schönsten Plätze des Landes suchte und die Studentenschaft den Pennertreff bis ins Finale befördert hatte. Was für ein genialer Stunt.
Nach weiteren 15 Minuten verlasse ich das Studierendensekretariat endlich mit einem vorläufigen Studierendenausweis. "Entschuldigen Sie bitte." Einer der Obdachlosen ist auf mich zugekommen. "Mein Name ist Artur. Können Sie mir eventuell in meiner misslichen Zwangslage eine kleine Unterstüzung zukommen lassen." Er scheint um die 40 zu sein, vielleicht älter. Über mehreren Lagen schmutziger Kleidung in verschiedenen Braun und Gelbtönen trägt er einen völlig zerschlissenen Trenchcoat.
"Mir ist nämlich der Gral abhanden gekommen, und wie Sie wahrscheinlich wissen kann er großen Schaden anrichten." Die wachen blauen Augen des Mannes blitzen mich an. Ich hoffe, das mein Studium dafür sorgt, das ich nie auf der Straße lande. Wie kann man nur so komplett den Verstand verlieren. Ich drücke dem Mann die handvoll Münzen aus meiner Tasche in der Hand und gehe weiter. Er geht neben mir her und redet Unzusammenhängendes über Königreiche, Burgen und Monster, gegen die er antreten muss.
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