Der alte Chinakoch (joru004)

joru (47)in #story • 6 years ago (edited)

Der alte Chinakoch

Lang ist’s her, als der alte Chinakoch zum letzten Mal den Schöpfer im heißen Wok rotieren hat lassen. Lang ist’s her, seit sich der alte Mann das letzte Mal am rauchenden, heißen Öl die Hand verbrannt hat …

… und dann wollte er wieder kochen, kochen für alle, zumindest für viele, eher wenige, aber genug, um wieder mal fein aufzukochen – so, wie er es vor vielen Jahren gelernt hatte; aber nicht so, wie inzwischen die ganze Welt die Chinesische Küche kannte – die alten Rezepte hatte er im Kopf, die richtigen. Nicht die Rezepte mit Nummern, deren Namen keiner kannte.

Aber er wollte nicht sein bestes Rezept kochen, nicht seine schmackhafteste Speise. Nein, dieses Mal wollte er was anderes machen; dieses Mal – nach so langer Zeit – wollte er seine hohen Kochkünste mit einem uralten Rezept aus seiner Kindheit unter Beweis stellen.
Seit Jahren schon gab es diese Kästen, welche flimmerten – bald dann auch in Farbe. Sachen zeigten die … Sachen, Sachen und noch mehr Sachen. Stundenlang konnte der alte Chinakoch vor dem Kasten sitzen und einfach nur schauen und zusehen, was in der Welt so vor sich geht.

Einfach nur im Zimmerchen sitzen, sich zurücklehnen in den alten Sessel, der sich schon lange an die Gestalt des Chinakoches geformt hatte – da hatte es noch gar keine Flimmerkästen gegeben, als der damals schon alte Chinakoch noch dem Erzähler aus dem anderen Kasten zuhörte – stundenlang. Stundenlang und dann wieder stundenlang … eigentlich lief das Leben des Chinakochs schon sehr lange nur noch in einem kleinen Kasten ab, der nun wie gesagt schon eine Weile in Farbe flimmerte, und das Essen bekam er geliefert – vom Chinesen nebenan.

Aber jetzt wollte er wieder mal kochen – er war wach geworden, besann sich. Er sah aus dem Fenster. Da waren Menschen „live“. Sie liefen vorbei, lachten, weinten oder machten gar Nichts – aber alles war echt. Der alte Chinakoch staunte, sah seinen alten Sessel fragend an und ging in die Küche.

Was war da noch vor einiger Zeit, was hatte ihm so gefallen in der Flimmerkiste? So gefallen, dass er das jetzt als spezielle Speise kochen wollte?

Betrunkenes Huhn
Er war schon im Halbschlaf gewesen, als der Film lief und so bekam er nicht alles mit. Aber das „Betrunkene Huhn“ blieb ihm in Erinnerung und dieses wollte er kochen, aber eben mit der alten Rezeptur, die er damals von seinem Vater bekommen hatte – und dieser auch von seinem Vater.

Ein einen ganzen Tag benötigte er, um Lebensmittel und Zutaten einzukaufen. Da war ja nichts zu Hause – der Chinese nebenan kochte doch sonst immer für ihn.

Betrunkenes Huhn
… aber das Huhn, das er bekam, das war schon tot! Es konnte doch nichts mehr trinken – und sich schon gar nicht betrinken! Der Hals war weg, der Kopf war weg. Wie sollte das Huhn da betrunken werden?