Räum‘ deine Zellen auf! Der beste Schutz gegen Altern, Krebs, Alzheimer & Co: 4.Die mTOR: Aufbau oder Abbau, das ist hier die Frage.

in #steemstem6 years ago

„Und sie laufen! Naß und nässer
wirds im Saal und auf den Stufen.
Welch entsetzliches Gewässer!
Herr und Meister! hör mich rufen! –
Ach, da kommt der Meister!
Herr, die Not ist groß!
Die ich rief, die Geister
werd ich nun nicht los.“

        (Aus der Ballade „Der Zauberlehrling“ von Johann Wolfgang von Goethe.) 

Ja ja, der Alte Goethe. Wer kennt ihn und seine Werke nicht? Besonders interessant ist diese Zeitlosigkeit in seinen Arbeiten. Und auch wenn Goethe und sein Schaffen dem einen oder anderen nicht ganz so bekannt sein könnte, so weiß doch bestimmt jeder, dass es immer und überall Probleme gibt. Doch selbst der Alte Goethe wusste bereits, dass die einzige Konstante bei unheilvollen Entwicklungen meistens man selbst ist. Und dies trifft leider auch auf die Gespenster in uns zu.

Hallo schön, dass ihr wieder dabei seid und wir haben es auch schon fast geschafft. Teil 4 von 5 der großen Serie über mTOR und Autophagie. Ich weiß es ist lange her seit dem letzten Artikel. Ich war ziemlich beschäftigt was Job, Familie & Freunde angeht. Doch bevor es zum großen Finale im fünften Teil geht, müssen wir noch ein paar Sachen klären. Wir hatten im dritten Teil erfahren wer dieser Packman in uns ist und wie er entsteht. Dieser Packman steht sinnbildlich für den Recyclingmechanismus der Autophagie und wird von unheilvollen Gespenstern penetriert. Diese Gespenster wiederum versuchen Packman die ganze Zeit an seiner Arbeit zu hindern (wie im echten Leben also), so dass die große Frage ist wer diese Gespenster sind und was man gegen sie tun kann. Die Beantwortung dieser Fragen könnte uns dem Geheimnis ewiger Jugend, Gesundheit und Glückseligkeit ein Stück näherbringen. Los geht’s also.

Wahrscheinlich hat es der eine oder andere schon geahnt, bei den Gespenstern geht es natürlich wieder um etwas was genetisch manifestiert d.h. kodiert ist, im Idealfall also Proteine. Proteine sind wie wir bereits lernen konnten äußerst flexible, vielgestaltige Maschinen, die wirklich unheimlich viele Aufgaben für uns erfüllen (mehr dazu an anderer Stelle). Dabei gibt es von diesen Maschinen eine unglaubliche Vielzahl in unseren Zellen und alle arbeiten sowohl zusammen als auch gegeneinander [1]. Die Gespenster gehören vor allem zu einer bestimmten Protein- bzw. Enzymklasse, nämlich den sogenannten Kinasen [2].

how kinases work deutsch.png

Kinasen sind prinzipiell Proteine, die negativ geladene Phosphationen auf andere Proteine (und weitere Moleküle) übertragen [3]. Ihr müsst wissen, dass jedes Protein aus Aminosäuren besteht und diese können verschiedene Eigenschaften haben. Zum Beispiel können diese fettliebend, wasserliebend oder eben geladen sein [1, 4, 5]. Da jedes Protein eine unterschiedliche Aminosäurezusammensetzung aufweist, sind auch die Ladungen unterschiedlich über die verschiedenen Proteine verteilt [6]. Wenn nun eine Kinase daherkommt und ein negativgeladenes Phosphation auf ein anderes Protein überträgt, so bringt dieses negativ geladene Ion die Gesamtladung des Proteins komplett durcheinander. Dies hat zur Folge, dass ein Protein seine Form (die sogenannte Konformation) abändert und dadurch aktiviert oder auch inaktiviert wird (je nachdem) [6, 7]. Im Beispielbild stülpt das Zielprotein seine Werkzeuge erst nach Phosphatübertragung (lila Kreis mit Minuszeichen) aus, welche vorher im Inneren des Proteins verborgen waren. Das Ziel dieser ganzen Szenerie ist es, Proteine je nach Notwendigkeit aus- oder anschalten zu können, sowie ganze Ketten aufzubauen, die dann Signale quer durch die Zelle senden [5]. Dieses gesamte Feld der zellulären Verschaltung wird als Signaltransduktion bezeichnet und erinnert an total ausgeflippte Schaltkreise oder sowas, die kein Mensch bisher so richtig begreift. Ich will euch jetzt auch gar nicht mit dieser überaus spannenden, aber äußerst komplexen und gerade für Einsteiger extrem anstrengenden Problematik überfordern. Es soll eigentlich nur eines schonmal bei euch hängen bleiben und zwar, dass ihr die Kontrolle habt. Euer Verhalten bestimmt bis zu einem gewissen Maße was signaltechnisch in eurem Körper so los ist. Und dabei ist gerade die Overlord-Kinase mTOR eine jener Kinasen an die ihr hoffentlich spätestens nach dem 5. Artikel permanent denken müsst. Was macht mTOR beziehungsweise wie wird mTOR aktiviert? Die Kinase mTOR wird im Wesentlichen durch andere Kinasen beziehungsweise durch eine Kaskade von Schritten aktiviert [2]. Häufig gibt es in der Zelle einen Sensor, z.B. einen Rezeptor an der Zelloberfläche [5]. Solch ein Rezeptor kann zum Beispiel der Insulinrezeptor sein. Insulin wird von der Bauchspeicheldrüse freigesetzt sobald Zucker ins Blut gelangt, seht dazu bitte auch den Artikel von Scienceblocks. Anschließend gelangt Insulin zu seinem Rezeptor und aktiviert dort eine Signalkaskade, welche primär die Zuckeraufnahme in die Zellen des menschlichen Körpers ermöglichen soll. Infolge der durch den Insulinrezeptor ausgelösten Signalkaskade wird u.a. auch die Overlord-Kinase mTOR aktiviert [2, 8].

mTOR signaling deutsch.png

Die Aktivierung von mTOR führt zu einer vermehrten Synthese von Proteinen, fördert die Zellteilung und verhindert auch die Autophagie [2]. mTOR ist demnach das Hauptgespenst, aber es gibt noch zahlreiche mehr, die jetzt hier aber nicht so entscheidend sind. Nun ist es natürlich vollkommen klar, dass Mechanismen wie Zellteilung und Proteinsynthese absolut wichtig für uns sind. Man denke nur an Sportler oder Kinder. Alles muss wachsen und gedeihen, gar keine Frage. Die Problematik bei mTOR ist lediglich, dass permanentes Wachstum ohne nach links und rechts zu schauen natürlich irgendwann schädlich sein kann [9]. Man stelle sich nur an eine ohne Ende wachsende Weltwirtschaft vor. Kann das gut gehen? Wenn es nachhaltig erfolgt vielleicht, aber ohne auf Mensch und Natur Rücksicht zu nehmen werden irgendwann alle Nachteile haben. Und genau so ist es auch in unseren Zellen. Wenn ohne Ende der Zellzyklus angeheizt wird, ohne dass auch mal geschaut wird ob alles geordnet ist, ohne dass geschaut wird ob sich vielleicht schädliche toxische Substanzen (wie kaputte Proteine) angesammelt haben [10]. Ja ohne, dass auch mal richtig überprüft wurde ob die Zelle wirklich für den Eintritt in die nächste Teilungsrunde bereit ist, also dass auf DNA-Ebene alles in Ordnung ist, gibt es irgendwann Probleme [11]. Und bei diesen Problemen sind schlechte Haut oder schlechte Laune noch die harmlosesten [12].

Das soll es jetzt zunächst auch erstmal zu mTOR sein. Wir haben hier gesehen wie Zellen prinzipiell funktionieren. Wir haben weiterhin Proteine näher kennengelernt und erkannt, dass spezielle Proteine, dazu in der Lage sind andere Proteine durch Änderung ihrer Gesamtladung strukturell so zu modifizieren. Diese als Kinasen bezeichneten Proteine sind verantwortlich für die Änderung der Aktivität von anderen Proteinen. Ein entscheidender Vertreter dieser Kinasen ist mTOR, welche als bedeutender zellulärer Schalter wirkt.

Im nächsten Artikel werden wir gezielt darauf eingehen welche Bedingungen mTOR und Autophagie bedingen. Wie man diese beiden Mechanismen korrekt für seine Ziele einsetzen kann. Ja, wie jeder von uns sein Leben so ausrichten kann, dass er von beiden den optimalen Beitrag zu einem gelungenen Dasein erhalten kann.

Vielen Dank für Eure Aufmerksamkeit und bis zu letzten Artikel: Artikel 5.

Euer Chapper

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Quellen:
Das Bild mit der Kinase-Aktion, sowie jenes mit der Unterdrückung von Packman durch mTOR hab‘ ich selbst-gebastelt und kann prinzipiell frei verwendet werden. Beachtet aber bitte, dass die Molekülstrukturen von www.rcsb.org stammen. Die Tools am aktiven Protein stammen von Pixabay . Es wäre aber schön, wenn ihr diesen Artikel hier zitieren könntet. Danke sehr 😉
Weitere Infos zum Thema findet ihr hier:

  1. Müller-Esterl, W., Biochemie: Eine Einführung für Mediziner und Naturwissenschaftler. 2004: Spektrum Akademischer Verlag.
  2. Laplante, M. and D.M. Sabatini, mTOR signaling at a glance. J Cell Sci, 2009. 122(Pt 20): p. 3589-94.
  3. Fabbro, D., S.W. Cowan-Jacob, and H. Moebitz, Ten things you should know about protein kinases: IUPHAR Review 14. Br J Pharmacol, 2015. 172(11): p. 2675-700.
  4. Peter Karlson, D.D., Jan Koolman, Georg Fuchs, Wolfgang Gerok, Ruth Hammelehle, Karlsons Biochemie und Pathobiochemie. Vol. Auflage: 15. 2005: Thieme.
  5. Gomperts, B., I. Kramer, and P. Tatham, Signal Transdcution. Second Edition ed. 2009: Academic Press.
  6. Kitchen, J., R.E. Saunders, and J. Warwicker, Charge environments around phosphorylation sites in proteins. BMC Struct Biol, 2008. 8: p. 19.
  7. Matte, A., L.W. Tari, and L.T. Delbaere, How do kinases transfer phosphoryl groups? Structure, 1998. 6(4): p. 413-9.
  8. Haeusler, R.A., T.E. McGraw, and D. Accili, Biochemical and cellular properties of insulin receptor signalling. Nat Rev Mol Cell Biol, 2018. 19(1): p. 31-44.
  9. Populo, H., J.M. Lopes, and P. Soares, The mTOR signalling pathway in human cancer. Int J Mol Sci, 2012. 13(2): p. 1886-918.
  10. Mathiassen, S.G., D. De Zio, and F. Cecconi, Autophagy and the Cell Cycle: A Complex Landscape. Front Oncol, 2017. 7: p. 51.
  11. Blagosklonny, M.V. and A.B. Pardee, The restriction point of the cell cycle. Cell Cycle, 2002. 1(2): p. 103-10.
  12. Whittel, N., Glow15 : a science-based plan to lose weight, rejuvenate your skin, and invigorate your life. 2018, Houghton Mifflin Harcourt,: Boston. p. 1 online resource.

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