Gemeinschaftseigentum vs. Privateigentum (Teil 2 einer Reihe)

in #libertarismus5 years ago (edited)

Teil 1 über den Kapitalismusbegriff verpasst? Hier entlang, bitte! Und nun geht es weiter mit Teil 2 der Übersetzung von Larken Rose' vierteiliger Reihe über grundlegende Konzepte, diesmal dreht sich alles um das Thema "Eigentum". Der Originaltext ist hier zu finden.

Eine der grundlegendsten Unstimmigkeiten zwischen Kapitalisten und Kommunisten ist der Gegensatz zwischen "Privateigentum" und "Gemeinschaftseigentum". Dies lässt sich auf die Frage herunterbrechen, ob Individuen Dinge besitzen sollten oder ob alle gemeinsam Dinge besitzen sollten. Allerdings fußt sogar diese Frage auf einem grundlegenden Missverständnis.

Etwas zu "besitzen" bedeutet, das exklusive Recht auf die Entscheidung zu haben, was mit dieser Sache gemacht wird. Wenn ich ein Sandwich "besitze", dann ist es meins, ich kann mich dafür entscheiden, es zu essen, es für später aufzuheben, es wegzugeben, es gegen etwas einzutauschen (wenn jemand anderes bereit ist zu tauschen), es den Tauben zu füttern, es in den Schlamm zu werfen, etc. Es ist meine Entscheidung und nur meine Entscheidung. Kein anderer hat das Recht, ohne meine Erlaubnis irgendetwas mit meinem Sandwich zu veranstalten. Das bedeutet es, etwas zu besitzen. Das Konzept ist ziemlich einfach.

Wendet man diese Definition allerdings auf "Gemeinschaftseigentum" an, entsteht sofort Unordnung, sowohl begrifflich als auch in der Praxis. Wenn zehn Menschen "kollektiv" Anspruch auf ein Sandwich erheben, was würde das überhaupt bedeuten? Bei zehn Individuen kann offensichtlich nicht jeder das Recht haben zu entscheiden, was mit dem Sandwich passiert. Und wenn die zehn Menschen darüber abstimmen, teilen diejenigen, die die Wahl verlieren, die "Eigentümerschaft" überhaupt nicht mehr. Und wenn das Sandwich in zehn Teile geteilt und jedes Stück einer Person gegeben wird, dann besitzt keiner von ihnen das ganze Sandwich, sondern jeder ist der individuelle Eigentümer eines jeweiligen Stückchens.

Sogar im einfachsten Fall, wenn zwei Menschen beide eine Sache wollen, und diese Sache für verschiedene Zwecke nutzen wollen, entsteht ein Konflikt. Es macht nicht einmal Sinn zu sagen, dass sie beide die Sache "besitzen", da dies bedeuten würde, dass jeder der beiden das exklusive Recht hat, zu entscheiden, was mit der Sache passiert. Es ist super, wenn sie sich einigen können, aber wenn einer die Erlaubnis des anderen benötigt, um die Sache zu benutzen, "besitzt" keiner von beiden sie wirklich. Der Begriff "Gemeinschaftseigentum" – und sogar der Begriff "Miteigentum" (im Falle zweier Personen) – machen also einfach keinen Sinn.

Natürlich können Menschen freiwillige Vereinbarungen treffen. Zum Beispiel können zwei Menschen zusammen ein Boot bauen und vereinbaren, dass sie es abwechselnd nutzen. Aber keiner von beiden "besitzt" es wirklich in dem Sinne, dass er, wenn er an der Reihe ist, es an einen anderen verkaufen oder es zu Feuerholz zerhacken kann. Realität und Logik gebieten, dass nicht beide das "letzte Wort" darüber haben können, was mit dem Boot gemacht wird.

Lasst uns nun das Problem von zwei Menschen und einer Sache auf alle Menschen und alle Sachen ausweiten, so wird schnell offensichtlich, wieso wirklicher Kommunismus (bei dem vermeintlich das "Kollektiv" alles besitzt) ein Ding der Unmöglichkeit ist. Zu sagen, dass etwas von jedem besessen wird, bedeutet in Wirklichkeit, dass niemand es besitzt, da es unsinnig ist, zu sagen, dass jeder das exklusive Recht hat, zu entscheiden, was mit einer bestimmten Sache geschehen soll. Kommunismus führt so oft zu Gewalt, weil wenn niemandem dieses exklusive Recht zugeschrieben wird, jeder denkt, dass er dasselbe Recht hat, diese Sache zu benutzen. Dies entwickelt sich dann zu einem Streit darüber, wer es mehr "braucht" (à la "jedem nach seinen Bedürfnissen").

Was unausweichlich jedes Mal passiert, wenn es "Gemeinschaftseigentum" (manchmal "öffentliches Eigentum" genannt) gibt, ist, dass ein Individuum oder eine Gruppe, das bzw. die von sich behauptet, im Namen "der Menschen" zu handeln, das Recht für sich beanspruchen wird, zu entscheiden, wie die Dinge für "das Gemeinwohl" genutzt werden. Aber wenn diese Menschen diejenigen sind, die Entscheidungen treffen, dann sind sie es, die jeder vernünftigen Definition nach alles besitzen. Und das bedeutet erzwungene zentralisierte Kontrolle, und zentralisierter Besitz (auch wenn sie es nicht so nennen) von allem.

(Das dem "öffentlichem Eigentum" am nächsten kommende potenziell erfolgreiche Konzept ist die als "die Allmende" bekannte Situation, bei der Menschen in einer bestimmten Region gewisse Ressourcen teilen, so z.B. die Wasserversorgung, einen Hafen, oder ähnliches. In diesen Fall "besitzt" niemand wirklich diese Ressource, also hat auch niemand das Recht zu tun, was auch immer er damit tun möchte. Jede Person kann es nutzen, oder Ressourcen daraus extrahieren, die er dann selbst besitzt, vorausgesetzt, dies hindert nicht andere daran, ebenfalls davon zu profitieren. Aber selbst dieses Best-Case-Szenario führt oft zu dem als "die Tragik der Allmende" bekannten Phänomen, bei dem jedes Individuum den Anreiz verspürt, so viel wie möglich der "Allmende" für sich zu bekommen, bevor die anderen es nehmen können.)

Trotz aller schwachsinnigen kollektivistischen Rhetorik, die man in den Gründungsdokumenten der Sowjetunion, des kommunistischen China und Nordkorea (nur um ein paar Beispiele zu nennen) findet, besitzt in der Realität die herrschende Klasse solcher Regime alles, weil sie die Entscheidung darüber haben, was wie genutzt oder verteilt wird. So etwas wie "die Menschen", die als Ganzes etwas besitzen, gibt es nicht und kann es nicht geben. Es klingt schön, solange man nicht wirklich darüber nachdenkt, denn dann merkt man schnell, wie schlicht und einfach lächerlich die Idee ist.

Wirklicher Besitzt hängt voll und ganz davon ab, wer das letzte Wort bezüglich der Nutzung einer Sache hat. Euphemismen, Wohlfühlrhetorik und ungenaue Terminologien verändern nicht die Realität. Was "öffentliches Eigentum" genannt wird, ist "Staatseigentum". Wenn du das bezweifelst, versuche, mitten in einem "öffentlichen" Park in deiner Nähe ein Zelt aufzuschlagen, und wenn Männer mit Abzeichen vorbeikommen, um dich gewaltsam zu vertreiben, erkläre ihnen, dass du Teil der "Öffentlichkeit" bist. Sieh selbst, wie gut das funktioniert. Du wirst lernen, dass du nicht mitentscheiden kannst, wie das Land genutzt wird. Und dass du die Möglichkeit hast, die tatsächlichen Besitzer – die Politiker – zu bitten, etwas anders zu machen, macht dich noch lange nicht zum "Miteigentümer" von irgendetwas.

Analog dazu kannst du deinen Nachbarn bitten, mit seinen Sachen etwas anders zu machen, aber da er die Entscheidung trifft, "besitzt" du immer noch nichts davon. Und dasselbe gilt in jedem Kollektiv, sogar in einer vermeintlich "anarchokommunistischen" Gruppe. Wer die letzte Entscheidung trifft, ist der Besitzer, unabhängig von der Rhetorik, die benutzt wird.

Und eine Situation, in der niemand das Schlusswort hat, führt normalerweise zu Gewalt: Wer gewaltsam Kontrolle über etwas übernimmt, "gewinnt", weil niemand anderes einen besonderen Anspruch darauf zu haben scheint. Daher ist der Respekt vor privatem Eigentum essentiell für eine friedliche Gesellschaft. Wenn jeder (oder zumindest fast jeder) anerkennt, dass Carl das letzte Wort darüber hat, was mit Carls Truck passiert, und Betsy die finale Entscheidung darüber trifft, was mit Betsys Stuhl passiert, und so weiter, dann ist ein friedliches Zusammenleben einfach. Aber wenn man stattdessen so tut, als seien diese Dinge "jedermanns Auto" und "jedermanns Stuhl", wird dies unweigerlich zu Konflikten, Verwirrung und Streit führen, und häufig sogar in Gewalt ausarten. Natürlich kann der rechtmäßige Eigentümer es immer noch teilen, weggeben, verleihen, und so weiter. Aber das funktioniert nur, wenn immer noch jeder anerkennt, dass es schlussendlich die Entscheidung des Besitzers ist, ob dies passiert.

Abschließend lässt sich sagen, dass in einer Gesellschaft, die das Konzept des individuellen "Privateigentums" versteht und einhält, die Menschen wissen, wer die endgültigen Entscheidungen über den Gebrauch von Dingen trifft: Jeder Mensch hat das exklusive Recht zu entscheiden, was mit seinem Besitz geschieht.
Im Gegensatz dazu weiß niemand, wer entscheiden darf, wie etwas genutzt werden soll, wenn Menschen versuchen, sich durch Kommunismus und "Gemeinschaftseigentum" zu organisieren; niemand hat das letzte Wort, also ist nie etwas festgelegt, nie vorhersehbar, nie stabil, und nie friedlich.

Kurz gesagt ist der Kommunismus die "Philosophie" der Kakerlaken und Kanalratten: "Was ich will, das muss ich brauchen; und auf das was ich brauche, muss ich einen Anspruch haben; und worauf ich einen Anspruch habe, das kann ich mir rechtmäßig nehmen." Und der Versuch, das progressiv und hochgesinnt klingen zu lassen, macht es nicht effektiver oder legitim, und das Ergebnis wird nicht angenehmer.

Hier findet ihr die Fortsetzung.

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Danke für Deine Übersetzung.
Viel Spass hier auf dieser Plattform! Followed.

Ich persönlich störe mich etwas an diffamierenden Begriffen wie "schwachköpfig" oder "Kanalratten", auch wenn ich kollektivistische Ideologien unsinnig finde.
Wenn ein Sozialist oder ein Mensch mit kollektivistischen Tendenzen sowas liest, fühlt er sich vor den Kopf gestossen, geht in eine Abwehrhaltung über und verschliesst sich meinen Argumenten. Wenn es mein Ziel ist, den anderen zu überzeugen, versuche ich eher seine Kritik an marktwirtschaftlichen Prozessen zu entkräften und aufzuzeigen, dass gerade Sozialismus (insbesondere Geldsozialismus à la EZB) zu Armut und Ungleichheit führt.

Dankeschön!
Ja, tatsächlich finde ich diese Beleidigungen auch kontraproduktiv. Da es sich aber um eine 1:1-Übersetzung handeln sollte, habe ich sie ins Deutsche übertragen. Hier auf Steemit sollte es ja auch nicht allzu viele Sozialisten geben, ist zumindest mein bisheriger Eindruck. Liege ich damit richtig?

Ja, ich habe bislang nur eine Sozialistin gelesen.
Im deutschsprachigen Bereich gibt es hier einige liberal denkende Menschen :-)
Die findet man sonst (in der freien Wildbahn Deutschlands) eher selten.

Es gibt schon einige deutschsprachige (mehr oder weniger sozialistische, ist ja schwer eingrenzbar). Aber der Anteil ist nach meiner Wahrnehmung deutlich geringer als in der Gesamtbevölkerung und dafür der Anteil an Libertären deutlich höher. Du bist also hier in guter Gesellschaft!

Auch für diese Übersetzung einen herzlichen Dank von mir 👍

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Wieder eine sehr gute Übersetzung bis auf einen wichtigen Punkt: Eigentum ist mit Besitz gleichgesetzt, was falsch ist. Z. B. ist ein Mieter der Besitzer der Mietwohnung, aber nicht der Eigentümer. Liegt das am Original?

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