Cost Average Effect - Senkung des Risikos oder Augenwischerei?

in #investition6 years ago

Der Cost Average Effect oder auf Deutsch auch „Durchschnittskosteneffekt“ ist eine Sache über die der eine oder andere bereits gestolpert sein wird. Man trifft ihn insbesondere in Verkaufsgesprächen von Banken an, wenn es darum geht Sparpläne zu verkaufen. Oder auch manchmal als Rat an der Tankstelle nicht immer voll zu tanken, sondern eben immer zu einem gleichen Betrag. Wieso dieses Vorgehen umstritten ist und warum ich ihn dennoch für sinnvoll halte, versuche ich heute einmal darzustellen.

Die Idee dahinter ist eigentlich recht simple. Gerade Einsteiger im Bereich von Wertpapieren, Rohstoffe oder eigentlich allem, was man Stückchenweise an einer Börse handeln kann, haben ein großes Problem. Wann sollen sie in dem Markt einsteigen? Entweder die Kurse sind gerade auf einem hohem Niveau und eiern dort die ganze Zeit umher ohne das wirklich klar ist, ob es nun abwärts oder eben weiter nach oben geht. Oder die Kurse sind gerade völlig im Keller und es ist nicht klar, ob sie weiter fallen oder wieder steigen.

Wie man das Blatt auch wendet, es scheint immer ein schlechter Zeitpunkt zu sein für einen Einstieg. Und je mehr man dann von Analysten liest, umso mehr wird man verunsichert sein und seine Investition immer weiter in die Zukunft verschieben. Wer am Ende dann ins Depot schaut wird feststellen, dass er immer einen schlechten Zeitpunkt erwischt haben zu scheint... je nachdem wie weit man gerade den Chart betrachtet. Daher gleich vorneweg die nackte Wahrheit: Niemand erwischt immer den richtigen Zeitpunkt! Einige sogar nie ;)

Doch für einen Einsteiger ist es eben essentiell, wenn er einen größeren Betrag (den er bisher gespart hat) anlegen will. Den kauft man zum falschen Zeitpunkt und die Kurse gehen in den Keller, dann kann dies sehr schmerzhaft werden. Was natürlich gerade für Einsteiger sehr unangenehm ist, die im Depot kein gutes Polster zur Beruhigung haben.

Die Idee, die nun hinter dem Cost Average Effekt steckt ist, dass man nicht einmalig investiert, sondern jeden Monat immer einen gleichmäßigen Betrag investiert. Sind die Kurse hoch, bekommt man entsprechend weniger Anteile als wenn die Kurse gering sind. Gerade in einem volatilen Markt, der nicht nur in eine Richtung kommt, sollte man auf diese Weise zum Ende einer Periode mehr Anteile erworben haben als bei einen einmaligen Kauf.

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In der Abbildung mal ein Beispiel. Wir haben ein recht volatiles Beispiel für ein Wertpapier. Eine solche Volatilität kommt in der Praxis eher nicht vor. Aber es macht es leichter den Effekt zu erklären. Der Sparer legt jeden Monat 100€ an, während ein Käufer einmalig zu Beginn 1200€ investiert. Beide stecken also während des Betrachtungszeitraums das gleiche Budget in den Kauf rein. Der Direktkäufer erhält bei einem Kurs von 100€ anfangs 12 Anteile und hält diese bis zum Ende des Jahres. Der Sparer holt sich jeweils im Monat zum aktuellen Kurs entsprechend die Anteile und besitzt am Ende des Jahres dann 21,67 Anteile.

Würde man also den aktuellen Kurs nehmen, hätte der Sparer 1625€ eingenommen, während der Direktkäufer lediglich 900€ hätte und somit sogar einen Verlust gemacht hätte. Ein schon erstaunlicher Unterschied, der eben als Cost Average Effekt bekannt ist. Die Ursache dafür ist recht eindeutig: Da der Sparer auch bei niedrigen Kursen einige Anteile erworben hat, schafft er es im gleichen Zeitraum mehr Anteile zu erwerben und gleichzeitig auch das Risiko in einem volatilen Markt zu senken.

Dies funktioniert auch sehr gut in einem Bärenmarkt, da man ständig eben auch zu niedrigen Kursen nachkaufen kann und somit seinen durchschnittlichen Einstandspreis weiter gesenkt bekommt. Sollte es dann ein Rebound am Markt geben, ist man wesentlich schneller im Plus als die Person, die nur einmalig gekauft hat. Lediglich in einem reinen Bullenmarkt dreht es sich. Wer sich sicher ist, dass ein Markt konsequent nach oben steigt, sollte direkt zu Beginn kaufen, da er eben als Sparer auf dem Weg nach oben auch stets einen Teil seiner Rendite lässt. Doch wer weiß schon, wann es garantiert immer nach oben geht?

Bis zu diesem Punkt hört sich alles eigentlich recht logisch an und man müsste bei dem Cost Average Effekt in Jubel ausbrechen. In der Praxis gibt es allerdings einige Probleme. Der vermutlich größte ist, dass normalerweise jede Transaktion am Markt auch Kosten verursache. Kauft man oft kleinere Beträge ein, erhöht dies üblicherweise die Kosten, die dann eben auch einen Teil der Rendite verzehren. Gerade z.B. der Kauf von Wertpapieren auf diese Weise kann schnell zu einem teuren Unterfangen werden.

Auch zeigen Studien, dass gerade bei einem längeren Anlagehorizont (den hoffentlich hier jeder anstrebt) am Ende meist nicht so wesentlich weniger dabei raus kommt als ein einmaliger Käufer der ebenfalls langfristig investiert. Der Grund ist eigentlich auch offensichtlich, den mit jedem Monat den man investiert wird der durchschnittliche Einstandspreis „fixer“ und durch den neuen Zukauf weniger stark beinflusst. Was in einem Jahr noch einen erheblichen Unterschied ausmacht, kann sich nach 10 Jahren kaum noch entfalten. Ja vielleicht bei einem soliden Markt sogar eher negativ auswirken, weil man eben nicht in den günstigen Zeiten richtig Geld reingebracht hat.

Bleibt man also objektiv, handelt es sich bei dem Cost Average Effekt vorwiegend um ein geschickten Taschenspielertrick, um jemanden zu einer Investition zu überzeugen, der sonst nicht bereit wäre eine größere Investition zu tätigen. Man mag nun sich darüber empören und sagen: "Guck! Die Banken wollen nur unser Geld haben!" Wer so argumentiert, macht es sich aber zu einfach.

Den viel mehr ist der Cost Average Effekt ein geschickter psychologischer Selbstbetrug für all jene, die sich nie trauen in einem Markt zu investieren aus Angst etwas zu verlieren. Und eben auch all jenen, die sich sehr schwer mit Verlusten tun und einen starken Crash direkt nach einem Kauf mit einer Menge verloren Schlaf kompensieren würden. Spart man regelmäßig, dann kann man sich bei fallenden Kursen über günstige Anteile freuen und bei steigenden Kursen über einen Gewinn. Diese psychologischen Aspekte sind nicht zu unterschätzen!

Zumal eben ein regelmäßiges Sparen vielen Menschen wesentlich leichter fällt als auf ein Ziel hin zu sparen und dann eine einmalige größere Investition zu tätigen. Gerade für weniger vermögende Menschen macht also eine Strategie auf den Cost Average Effekt meiner Meinung nach sehr viel Sinn um überhaupt einen Einstieg in den Markt zu bekommen.

Gerade bei ETFs gibt es einige sehr gute Sparpläne im Angebot größerer Depotbanken. Was sich ab welchem Betrag überhaupt lohnt oder zu den höheren Transaktionskosten führt, ist abhängig vom jeweiligen Angebot. Und ich möchte hier eigentlich nicht über das für und wider der einzelnen Banken diskutieren oder etwas bewerben. Am Besten nutzt ihr z.B. eine Vergleichswebseite wie: https://www.justetf.com/de/etf-sparplan/sparplan-vergleich.html

Und wer nun z.B. denkt, dass das Angebot von OnVista ein Lockangebot ist, der irrt. Ich bin selbst Kunde für meine Sparpläne dort und zahle wirklich keine Gebühren für diese und auch keine Depotkosten. Es ist also möglich auch mit kleineren Beträgen kostengünstig in Wertpapiere zu sparen. Der Preis billiger Angebote liegt meist darin, dass die Auswahl der ETFs begrenzter ist. Wer also sehr spezielle Vorlieben bei Märkten oder Branchen hat, kommt eher nicht um die teureren Angebote herum. Wer aber ohnehin nur auf Hauptindices wie DAX oder S&P oder World Index setzen will, wird auch bei den günstigeren Angeboten fündig.

Was ist also die Moral von der Geschichte? Der Cost Leverage Effekt ist primär ein Verkaufsargument und spielt gerade auf lange Sicht nicht so sehr ins Gewicht. Wer nun aber bereits eine ganze Weile abseits des Marktes steht und sich nicht traut aktiv zu werden aus Furcht davor den falschen Zeitpunkt zu erwischen, kann mit seiner Hilfe anfangs ein wenig das Risiko aus der Anlage nehmen. Es gibt Sparpläne die kostenlos (oder zu sehr günstigen Preisen) erlauben in den Markt einzusteigen. Und wer sich nicht mit der Auswahl einzelner Wertpaperiere beschäftigen will, kann mit ETFs günstige Indexfonds erwerben. Dies ist gerade dann sinnvoll, wenn man auf Branchen oder eben einen Index setzen will und spart Verwaltungsgebühren gegenüber Fonds.

Man sollte nicht vergessen, dass ETFs eben auch nur Wertpapiere sind und somit wie alles an der Börse einem gewissen Risiko folgt. Dies gilt aber eben auch für Anleihen, Kryptos oder dem Rohstoffsektor. Gerade um ein Basisinvest überhaupt aufzubauen, empfehle ich diese gerade Einsteigern immer sehr. Da ich aber eben kein Anlageberater bin, ist das nur meine persönliche Entscheidung. Bitte prüft daher stets immer selbst, ob ihr zu einem gleichen Ergebnis kommt. Alle oben genannten Firmen nutze ich als Kunde selbst und verdiene nichts über eine Vermittelung.

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Wirklich ein ganz ganz toller Bericht. Sehr interessant fand ich ihn. Also für mich der beste Beitrag den ich bisher hier gelesen habe. Ehrlich ganz toll. Danke.

Okay, vielen Dank für das Feedback :)

Wieder ein sehr guter Artikel. Vielen Dank.

Aber wenn man wirklich Angst vor einem Verlust hat, ist vermutlich an der Börse nicht gut aufgehoben. :D

Als Einstieg ist Cost Average Effect wahrscheinlich gar nicht so schlecht. So bekommt man einen kleinen Einblick und hat auch ab und zu Erfolgsmomente.

Nun ich sehe Dinge wie Angst immer nicht als "binär" an. Man hat sie nicht oder eben nicht, sondern die Übergänge sind fließend. Aus der Erfahrung her sind jene, die wirklich Nachts kein Auge mehr zu bekommen wesentlich weniger. Aber die Angst davor den richtigen Einstiegszeitpunkt zu finden ist teilweise so enorm, dass Leute seit 5 Jahren nicht rein gehen. Da kann eine solche Überlegung durchaus helfen.

Ansonsten ja, es gibt definitiv Leute, die nicht an der Börse agieren sollen. Die Frage ist halt immer "Wieviel Verlust halte ich aus!" und damit meine ich gar nicht einmal unbedingt das Finanzielle, sondern eben im Kopf. Mit bis zu -10% kommen die meisten sehr gut klar. Darüber hinaus kommt eine ganz große Gruppe, die beginnen nervös zu werden. Die nächste große Schwelle liegt so um -40%, wo dann auch die etwas hartgesottenen meist beginnen unruhig zu werden. Ich komme selbst mit bis zu -75% klar, wobei das eben schon nicht mehr gut anfühlt. Fragt man die Leute vorher, wird man meist wesentlich höhere Werte bekommen. Wo diese Grenze wirklich liegt, weiß man erst, wenn an irgendwo rein geht und es wirklich erlebt. Wie Du anmerkst, hilft der CAE dann über diese Barriere hinaus.

Es gibt Dinge die muss man auch mal machen und nicht nur im Kopf zergrübeln. Und gerade die reinen Sparkonteninhaber erleiten ja sowieso durchweg einen Verlust. Interessanterweise sind viele Börsenverweigerer bei Kryptos schnell dabei, obwohl das Risiko eines Verlustes dort signifikant größer ist. Ein wenig paradox ist das schon manchmal ;)

Ein erstklassiger Beitrag, der sehr angenehm geschrieben ist. Ich kannte diese Strategie bereits, abet du hast sie sehr anschaulich wiedergegeben. Vielleicht wäre eine grafik noch cool gewesen. Aber das wäre nur das Sahnehäubchen 😊.

Was mich allerdings wundert, was ich nicht wusste ist, dass sich der effekt auf lange Sicht relativiert. Hast du dazu eine Erklärung?

Das mit den Grafiken fällt mir auch meist auf. Ich bin oft sehr textlastig, vielleicht hilft da hier und da eine Grafik doch manchmal ein wenig mehr. Werde mal mehr darauf achten, wo es sich anbieten könnte :)

Das mit dem relativieren ergibt sich ja durch die Bildung des Clusters. Wenn Du 12 Monate lang für 20€ einen Anteil bekommst, hast Du 240€ investiert zu eben einen Durchschnittspreis von 20€. Wenn nun im 13 Monat das Wertpapier für 22€ kauft, hast Du deinen durchschnittlichen Einstandspreis auf 20,15€ angehoben. Obwohl der Kurs also um 10% angestiegen ist, wird der Zugewinn nur 15¢. Wir haben ja eben bereits 12 Monate lang den Einstandspreis durch zukäufe "gefestigt" und einen Cluster zu 20€ gebildet.

Lassen wir das ganze nun 10 Jahre lang laufen, so fällt eben ein Monat nicht mehr besonders ins Gewicht. Somit wirkt der Effekt eben nur am Anfang sehr stark und wird dann langsam schwächer. In den meisten Beispielen wird immer ein extrem volatiler Markt genommen bei dem der Kurs sehr stark in einem Bereich hin und her pendelt. Gerade dort greift der Effekt dann auch sehr stark. Die meisten Indices und auch Wertpapiere schwanken meist aber nicht so extrem, sondern verändern sich nur langsam über einen längeren Zeitraum. Entsprechend stärker clustert es sich an einer Stelle und geht es mal abwärts oder aufwärts, sind die Zukäufe nicht mehr so maßgeblich.

Hoffe das erläutert es nochmal ein wenig mehr. Unterm Strich ist dieses Phänomen gar nicht so wichtig, da im Laufe der Zeit eben die der Einstandspreis sich immer mehr dem normalen Markt hin anpasst. Das ist nicht notwendigerweise schlecht. Ich sehe den CAE daher eben eher als psychologischen Trick für jene, die noch gar nicht drin sind.

In der Praxis sind diese vorwiegend eben auch nur bei den sparplänensinnvoll, da ansonsten die Transaktionskosten steigen. Ähnliche Effekte hat man natürlich auch, wenn man mehrere Chargen verteilt über die Jahre von einer Aktie holt und damit ja auch seinen Einstandspreis verändert. Gerade bei großen zeitlichen Horizonten ist man aber dann schnell wieder bei der "Kursvorhersage", was eben oft nicht gut klappt. Wer aber mit Watchlists arbeitet und eben dann zuschlägt kann eben günstig seine Lieblingsaktien zum Discount kriegen... ich würde da aber nicht mehr wirklich vom CAE sprechen, da die Regelmäßigkeit eben auch sehr wichtig ist :)

Vielen dank für die ausführliche Erläuterungen. Ich konnte wieder etwas mitnehmen ☺

Sie haben immer gute Prognosen und Vorschläge zum Thema Marketing. und du hast auch einen guten Schreibstil

Auch an Dir vielen Dank! :)

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