Fünfzehnte Erfindung | Fifteenth Invention
Fünfzehnte Erfindung
Hier bin ich, hier bin ich! Sitze ich im Café Bilderbuch? Hier bin ich! Ich winke. Warte ich auf Vivienne? Sieht sie mich nicht? Offenbar bin ich in der von mir ausgesuchten gemütlichen Ecke gleichzeitig in einer Art toten Winkels. Auch die Bedienung nimmt mich nicht wahr. Bin ich denn wirklich hier? Oder auf einmal unsichtbar geworden? Ich stehe auf und gehe quer durch den Gastraum. Niemand schaut her. Das ist erstaunlich. Geradezu wunderbar! Sollte ich endlich meine Ruhe gefunden haben? Requiem aeternam? Zurück an meinem Sitzplatz auf dem Sofa in der wirklich gemütlichen Ecke beginne ich nachzudenken, und niemand wird mich dabei stören, so hat es zumindest gerade den Anschein.
Hier bin ich! Hier bin ich! Rufe ich das etwa beim Schreiben und Bloggen? Warte ich dabei auf Kommentare, auf Antworten, vielleicht sogar auf einen Dialog? Ich stelle mir vor: Am besten hole ich meinen Milchkaffee selbst am Ausschank. Oder warte ich doch zuerst noch auf die Ankunft von Vivienne? Wäre das denn realistisch? (Was bedeutet dieses Wort übrigens wirklich? Wer versteht genug von Realität, um beurteilen zu können, was als Erwartung realistisch sei?)
Hier bin ich! Im Café Bilderbuch! Tatsächlich? Oder träume ich bloß davon? Möglicherweise liege ich schlafend im Bett oder sitze tippend allein zu Hause am Computer. Das würde erklären, weshalb mich niemand beachtet, wenn ich quer durch den Raum gehe. Und weshalb ich das gut finde, auf diese Weise meine Ruhe zu haben. Allerdings könnte ich mit dem Computer auch im Café sitzen und tippen. Dann wäre ich wirklich dort – aber wie würde ich staunen, wenn sich jemand zu mir setzt und sagt: Ich bin übrigens Vivienne.
Oder ich bin mit dem Getippe zwar im Internet, stelle ich mir vor, doch das Hier bin ich! stammt gar nicht von mir, sondern schallt aus einer anderen Ecke. (Schallt? Wispert! Wo ich so weit zurück trete, dass ich Hunderttausende sehe, die ihr Hier bin ich! rufen, da wird in diesem Rauschen jedes einzelne zu einem fast unhörbaren Hauch.) Aus diesem brütenden Nachdenken schreckt mich Vivienne auf: Hier bin ich! Sie hat zwei Milchkaffee vom Tresen mitgebracht, als ob sie gewusst hätte, dass ich im toten Winkel sitze, wo nicht einmal die Bedienung uns finden wird.
Wir stoßen vorsichtig an mit unseren französischen Bols voller Café au lait, und dann stöpseln wir zwei Paar Kopfhörer an meinen Computer, um BWV 537 erst einmal wieder ganz anzuhören, bevor wir darüber reden. Die als Präludium der Fuge voran gestellte Fantasie, welche eine große Frage zu sein scheint, auf die dann die Fuge entschieden antworten wird, beginnt mit ihren Figuren der exclamatio, wie es in damaliger Musiklehre hieß, und geht dann über zu Gestaltungen der suspiratio, zu Deutsch also: wir hören musikalischen Entsprechungen oder Darstellungen von Ausrufen und Seufzern.
Und was hat das mit Menschenwürde und mit Freiheit zu tun? Ich schaue mich um – wer hat das gerade gefragt?
photo: ty-ty
Fifteenth Invention
Here I am, here I am! Am I sitting in the café picture book? Here I am! I wave. Am I waiting for Vivienne? Doesn't she see me? Apparently, in the cosy corner I've chosen, I'm simultaneously in some kind of blind spot. The waitress doesn't notice me either. Am I really here? Or have I suddenly become invisible? I get up and walk across the guest room. No one is looking. That is amazing. Downright wonderful! Should I have finally found my peace? Requiem aeternam? Back at my seat on the sofa in the really cosy corner, I start to think, and no one will disturb me, at least that's how it seems at the moment.
Here I am! Here I am! Is that what I shout when I write and blog? Am I waiting for comments, for answers, maybe even for a dialogue? I imagine: It's best if I get my own latte from the bar. Or do I wait for Vivienne to arrive first? Would that be realistic? (By the way, what does this word really mean? Who knows enough about reality to be able to judge what is realistic as an expectation?)
Here I am! In the café picture book! Really? Or am I just dreaming about it? Maybe I'm asleep in bed or sitting alone at home typing on the computer. That would explain why no one pays attention to me when I walk across the room. And why I find it good to have my peace and quiet that way. However, I could also sit in a café with my computer and type. Then I would really be there - but how amazed I would be if someone sat down with me and said: I'm Vivienne, by the way.
Or I could be typing on the internet, I imagine, but the "Here I am!" wouldn't come from me at all, but sound from another corner. ( Sound? Whisper! Where I step so far back that I see hundreds of thousands shouting their Here I am!, each one becomes an almost inaudible breath in this murmur). Vivienne startles me out of this brooding reflection: Here I am! She has brought two lattes from the counter, as if she knew I was sitting in a blind spot where not even the waitress will find us.
We toast cautiously with our French bols full of café au lait, and then plug two pairs of headphones into my computer to listen to BWV 537 all over again before we talk about it. The prelude fantasy to the fugue, which seems to be a great question to which the fugue will then decisively answer, begins with its figures of exclamatio, as it was called in musical theory at the time, and then moves on to forms of suspiratio, in other words: we hear musical correspondences or representations of exclamations and sighs.
And what does that have to do with human dignity and freedom? I look around - who just asked that?
Translated with www.DeepL.com/Translator (free version)
Here I am, here I am!
У меня нет 3-й пары наушников и официантка не может меня видеть в моей виртуальной реальности и я не могу сделать глоток латте...у меня заклеен рот скотчем, но есть свободный указательный палец...я всё ещё могу стучать в кнопки клавиатуры... :))
И вообще... я просто валяю дурака 🤣 😂😅
Привет, мой друг, не скучай 🖐️ 😊
Ah, Bambuka zeigt mir, dass er nicht immer alles zu ernst nehmen muss.
;-))
Das klingt mühsam, wir nannten es (in unserer Jugend*) "System Adler": der einzige Finger, der tippt, kreist über den Buchstaben und --- zack! --- stößt zu.
*Wie die heutige Jugend das nennt, weiß ich nicht.
Если быть серьёзным всегда... легко сойти с ума. Юмор и смех - это защита от перегрева ))
У нас, когда говорят про печать одним пальцем, обычно имеют в виду умение человека работать. Профессиональная машинистка печатает всеми пальцами сразу не глядя на кнопки.
Я реально могу задействовать 4 пальца при печати, но это мало :)))
Кстати, о серьёзном, скоро подойдёт срок подводить итоги по Вашему заданию :)
Hihihi! Ich tippe auch im Zehnfingersystem, ohne dabei auf die Tasten zu schauen, aber ich tippe dabei lieber nacheinander statt gleichzeitig.
значит, если ты потеряешь работу, то сможешь устроиться машинисткой 🤣 😂😅
Нет, до такого совершенства владения пальцами мне не дойти, хотя иногда мне этого не хватает:)
Haha!
;-)
Oh ja, ich habe schon Angst davor - es wird schwer sein. Die Beiträge waren erstaunlich kreativ.
Согласен, некоторые решения были совершенно неожиданными для меня.
Но тем интереснее :)
Ja!
Hierma ´n paa´ tote Winkel
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