Der SPÖ-Skandal in ÖsterreichsteemCreated with Sketch.

in #deutsch7 years ago (edited)

In noch nicht einmal 2 Wochen wird in Österreich gewählt. Die Wahlen wurden notwendig nachdem die Koalition aus ÖVP und SPÖ im Mai hinschmiss. Nun wurde ein Skandal offengelegt, der ganz Österreich und vor allem die SPÖ schockiert.


SPÖ Skandal  „Ihr habt kranke Welt konstruiert “   Nachrichten   Österreich   krone.at.png
(Screenshot Krone)

Hat die SPÖ eine antisemitische Kampagne in Auftrag gegeben?

Der Vorwurf lautet, die SPÖ (Sozialdemokratische Partei Österreich) habe mit gefälschten Accounts auf Facebook eine Schmutzkampagne gestartet, die Sebastian Kurz (derzeitiger Außenminister Österreichs und Kanzlerkandidat der ÖVP) diskreditieren sollte. Gleichzeitig sollte damit die erstarkte FPÖ in den Wahlumfragen zurückgeworfen werden.

Gefälschte Facebook-Accounts sollen ein schlechtes Licht auf den charmanten und smarten Chef der konservativen Partei ÖVP und amtierenden Außenminister, Sebastian Kurz, werfen. Als Initiator der antisemitischen und fremdenfeindlichen Ausfälle sollen die Kreise um die rechtspopulistische FPÖ dastehen. [1]

Doch worum ging es bei der Kampagne?

Der Facebook Account veröffentlichte vor allem rechte Inhalte: Er forderte die Schließung der Brennergrenze, hetzte gegen Sebastian Kurz und griff sogar Kanzler Christian Kern (SPÖ) an (offenbar um von der SPÖ als Urheber der Kampagne abzulenken). Auch antisemitische Inhalte wurden hier verbreitet:

Die Urheber der Seite "Die Wahrheit über Sebastian Kurz" waren wegen ihrer rassistischen Schlagseite bisher im rechten Milieu vermutet worden. Auf "Wir für Sebastian Kurz" tauchten Postings auf, die die Schließung der Brennergrenze forderten und zugleich scharf Kanzler und SPÖ-Chef Christian Kern kritisierten. [2]

In der Kampagne war Sebastian Kurz unter anderem als Mitglied eines "dubiosen politischen Netzwerks" des "Milliardärs George Soros" dargestellt worden. Soros ist als Finanzspekulant und Mäzen bekannt und umstritten. Seine jüdische Herkunft wird dabei in Verschwörungstheorien thematisiert. [1]

Hinter dem Account wurde jedoch Tal Silberstein identifiziert, der Verbindungen zum jetzigen Kanzler (SPÖ) habe:

Der in Israel festgenommene Ex-Kanzler-Berater Tal Silberstein soll sowohl hinter der rassistischen Facebookseite "Die Wahrheit über Sebastian Kurz" als auch hinter der vorgeblichen Fanseite "Wir für Sebastian Kurz" stehen. [2]

Silberstein wurde inzwischen zum Bauernopfer. Ein Auftrag zu dieser Schmutzkampagne seitens der FPÖ wird verneint:

Laut SPÖ hat Silberstein die Facebook-Gruppen ohne Kenntnis der Parteiführung organisiert. "Silberstein hat hier ohne Auftrag und ohne Wissen des Bundesgeschäftsführers gehandelt", heißt es in einer Reaktion. [2]

Die Theorie: Die SPÖ hat Silbersteins Faceboook-Account genutzt, um gegen ÖVP-Chef Kurz zu hetzten. Um gleichzeitig auch die Konkurrenz der FPÖ in Mitleidenschaft zu ziehen, wurden antisemitische Inhalte genutzt. Der Plan war, die Wähler damit in die Arme der "gegen Rechts" kämpfenden Linken der SPÖ zu treiben.

SPÖ-Wahlkampfleiter zurückgetreten

Silberstein stand für seine Kampagne ein Budget von 500.000 Euro zur Verfügung:

Dem „Profil“-Bericht zufolge verfügte die mit der Kampagne betraute Spezialeinheit über ein Budget von etwa 500.000 Euro. [3]

Woher kam dieses Geld?

Obwohl die SPÖ angeblich nicht hinter Silbersteins Aktivitäten stand, tritt nur kurz nach der Offenlegung des Skandals der SPÖ-Wahlkampfleiter Niedermühlbichler zurück.

Zuvor musste er jedoch eingestehen, dass mindestens ein Mitglied des SPÖ-Wahlkampfteams von der Kampagne gewusst haben muss:

Zumindest ein Mitglied des SPÖ-Wahlkampfteams soll demnach eingeweiht gewesen sein. Der SPÖ-Geschäftsführer und Wahlkampfleiter Georg Niedermühlbichler bestätigte dies, beteuerte aber zugleich, dass er von diesen Vorgängen bislang nichts gewusst habe. Dennoch erklärte er seinen Rücktritt. [3]

Bei seinem Rücktritt lies er verlauten, dass die SPÖ als Partei nicht in die Handlungen Silbersteins involviert gewesen sei:

Seine Partei habe „diese Seiten weder beauftragt, noch finanziert oder gar betrieben“, sagte Niedermühlbichler. Er zeigte sich in einer ersten Reaktion „bestürzt“ und beteuerte, nichts von den falschen Facebookgruppen gewusst zu haben. Da einer seiner Mitarbeiter involviert gewesen sei, übernehme er aber dafür die Verantwortung. [3]

Die Partei selbst verneinte gar Kenntnis von Silbersteins Kampagne vor der Veröffentlichung des Skandals gehabt zu haben:

Der SPÖ zufolge hat Silberstein die Facebook-Gruppen ohne Kenntnis der Parteiführung organisiert. „Silberstein hat hier ohne Auftrag und ohne Wissen des Bundesgeschäftsführers gehandelt“, teilte die Partei mit. „Unser Vertrauen wurde missbraucht“, sagte Parteichef Kern. [3]

Die SPÖ sucht den Schuldigen in den anderen Reihen

Die Sozialdemokraten versuchten schnell von sich abzulenken und vermuteten andere Parteien hinter Silberstein:

So habe die SPÖ die Zusammenarbeit mit Silberstein und seinem Team bereits im August beendet. Dennoch seien die fraglichen Seiten weiter betrieben worden – sogar mit verschärftem antisemitischen Ton. Es stelle sich die Frage, woher das Geld dafür gekommen sei, sagte Kern. Möglicherweise gebe es „interessante Querverbindungen“ zu anderen Parteien. [3]

Auf einen weiteren Umstand wies Kern hin: Auch gegen ihn sei eine Kampagne über die ebenso "brutale" Seite "Die Wahrheit über Christian Kern" gelaufen, die nun ebenfalls offline ist. Zwei Drittel des veröffentlichten Materials bestehe aus Bezichtigungen und Herabwürdigungen gegen seine Person. Auch sei Material aus der SPÖ-Kampagne an die Öffentlichkeit gespielt worden. Er sprach dabei von illoyalen Mitarbeitern und Querverbindungen zu anderen Parteien. [1]

Dies wird jedoch nur als geplantes Ablenkungsmanöver seitens der SPÖ eingeschätzt:

Auch investigative Journalisten in Österreich sind sich uneins darüber, was von den Enthüllungen zu halten ist. So schreibt der "Presse"-Chefredakteur Rainer Nowak in einem Kommentar, bei den SPÖ-Verschwörungstheorien handle es sich um eine "Täter-Opfer-Umkehrung". [1]

Berichte sprechen von SPÖ als Hauptschuldigem

Berichte zahlreicher Journalisten sprechen davon, dass die SPÖ-Wahlkampfzentrale von der Kampagne gewusst haben muss:

Den Berichten zufolge wurden die Facebookseiten gegen Kurz jedoch in Abstimmung mit der SPÖ-Wahlkampfzentrale weiter betrieben und erst nach den jüngsten Enthüllungen aus dem Netz entfernt. [4]

Konnte die Wahlkampfzentrale ohne Wissen der SPÖ selbst agiert haben?

Kanzler Kern weigert sich derweil aufgrund des Skandals mit der Boulevardzeitung „Österreich“ zu diskutieren – Anzeigen- und Interviewboykott inklusive:

Christian Kern erklärte einen Anzeigen- und Interviewboykott gegenüber der Boulevardzeitung "Österreich". Grund: Diese hatte interne SPÖ-Dokumente veröffentlicht.[7]

Die FPÖ könnte der große Sieger sein

Die FPÖ, die am weitesten Rechts befindliche Partei der großen Parteien des Landes, fordert natürlich den Rücktritt von SPÖ-Chef und Noch-Kanzler Kern:

Die Affäre werfe zahlreiche Fragen auf, sagte FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl nach Angaben der österreichischen Nachrichtenagentur APA. Niedermühlbichler sei nur das "Bauernopfer der SPÖ" gewesen. Kern sei als Kanzler nunmehr "völlig untragbar". [4]

Was entspricht nun der Wahrheit?

Der Medienwissenschaftler und Plagiatsexperte aus Österreich Stefan Weber sieht in dem Skandal die Perversion der Politik offenbart:

"Liebe Herren in Wien, ihr habt eine kranke Welt konstruiert." [5]

Der bekannte Medienwissenschaftler könne niemandem in der Politik mehr glauben. [5]

Für ihn gibt es nur 4 mögliche Szenarien [5]:

  1. Silberstein war über seine Kündigung im August erzürnt und hat einen Rachefeldzug gestartet
  2. Kern und Niedermühlbichler haben gelogen und die 500.000 Euro für Silberstein selbst bewilligt
  3. Kern und Niedermühlbichler wussten von den Seiten, haben sie jedoch ignoriert
  4. Silberstein agierte auf eigene Faust und wurde evtl. durch andere Parteien geschmiert

Niederschmetternd, dass selbst der Experte nicht mehr weiß, wem in der Politik noch ansatzweise geglaubt werden kann.

In jedem Fall bleibt am SPÖ-Kanzler Kern ein Beigeschmack haften. Entweder hat er von allem gewusst oder die Kontrolle über seinen Wahlkampf verloren:

"Was übrig bleibt: Kann jemand, der selbst nicht in der Lage ist, einen ordentlichen Wahlkampf zu führen, kann so jemand ein Land führen? [...]", sagt OGM-Chef Wolfgang Bachmayer. Am Ende entstehe der Eindruck, Kern habe seine Partei nicht im Griff. [6]

"Was ist schlimmer: Man beauftragt jemanden mit Hunderttausenden Euros und hat keine Ahnung, was der macht, oder man wusste es? Beides ist gleichermaßen desaströs." [6]

"Entweder Kern hat es gewusst, dann ist es schlimm. Oder er hat es nicht gewusst, dann ist es der Gipfel dessen, dass er eine völlig ungesteuerte Kampagne hat, die er nicht im Griff hat." [6]

Derzeitige Umfragen in Österreich

Schon vor dem Skandal sah es für die SPÖ in den Umfragen nicht gut aus. Der ehemalige Regierungspartner ÖVP lag deutlich vorne, während die FPÖ immer mehr Boden auf die SPÖ im Kampf um Platz zwei gutmachte.

Die Kern-Partei schwächelt in den Umfragen. Den Sozialdemokraten droht der Gang in die Opposition […] Die rechtspopulistische FPÖ mit Kandidat Heinz-Christian Strache konkurriert in den Umfragen um den zweiten Platz [4]

Den Sieg der ÖVP halten viele für bereits sicher:

Mit den aktuellen Geschehnissen scheint für Bachmayer Platz eins für die ÖVP schon fast so gut wie sicher zu sein. Möglicherweise abwandernde SPÖ-Stimmen würden nun wohl primär zu den Grünen und zur Liste Pilz gehen, teilweise auch zur FPÖ. [6]

Aktuelle Umfragen sehen ungefähr so aus:

Wahlumfragen zufolge liegt die ÖVP mit 33 Prozent vor der FPÖ mit 27 Prozent. Die SPÖ kommt auf 22 Prozent. [7]

(weitere Umfrageergebnisse)

Zum Vergleich - 2013 holten die drei größten Parteien [8]:

  • SPÖ = 26,82%
  • ÖVP = 23,99%
  • FPÖ = 20,51%

Meine Meinung zum Skandal

Es ist offensichtlich, dass die Altparteien in jeder Nation von Korruption und illegalen Machenschaften geprägt sind. Wie die SPD in Deutschland ist auch die SPÖ in Österreich unwählbar für jemanden, der sich auch nur eine einzige Tageszeitung regelmäßig durchliest.

Dies macht aber sicher die anderen Altparteien nicht besser. Dieses Mal wurde halt die SPÖ erwischt, beim nächsten mal ist es wieder die ÖVP.

Traurig ist, dass immer gerade die Altpartei gewählt wird, die in der jüngeren Vergangenheit keines Skandals überführt wurde, nur um dann bei einem neuen Skandal wieder von der Altpartei abgelöst zu werden, deren letzter Skandal lange genug zurückliegt, um bereits in Vergessenheit geraten zu sein.

Die Botschaft für alle Wähler der westlichen Welt ist offensichtlich: Wählt keine Altparteien, sondern nur Alternativparteien, die den Einfluss des Staates reduzieren wollen.

Denn nur mit einem schrittweise schrumpfenden Staat, werden auch die Skandale schrumpfen können – je kleiner der Staat ist, desto weniger Geld ist hier zu holen. Und je weniger Geld es gibt, desto mehr werden sich auch die Psychopathen aus der Politik zurückziehen, die wir heute unsere Politiker nennen.


Quellen:

[1] http://faktenfinder.tagesschau.de/ausland/oesterreich-sozialdemokraten-skandal-103.html

[2] http://www.n-tv.de/politik/SPO-Geschaeftsfuehrer-tritt-zurueck-article20061241.html

[3] https://presse-nachrichten.com/2017/10/01/oesterreich-spoe-von-skandal-um-facebook-kampagnen-erschuettert/

[4] https://www.tagesschau.de/ausland/oesterreich-sozialdemokraten-skandal-101.html

[5] http://www.krone.at/591504

[6] http://www.krone.at/591341

[7] http://www.zeit.de/thema/oesterreich

[8] https://de.wikipedia.org/wiki/Nationalratswahl_in_%C3%96sterreich_2013

Sort:  

Trotzdem wähle ich die FPÖ! Hinter klugen Reden kann sich jeder verstecken(bitte nicht falsch verstehen!). Warum Du die SPD mit der FPÖ auf eine Stufe stellst versteh ich nicht wirklich.
Ich möchte, dass sich in diesem Land etwas grundsätzlich ändert. Und das wird es nur wenn ich das Risiko eingehe und eine Partei wähle. Vom geistreichen Philosophieren im Elfenbeinturm, so sehr ich das auch schätze, ändert sich nämlich gar nichts! Meiner Meinung nach kommt das den Systemerhaltern gerade Recht. Diejenigen welche ihr infames Spiel durchschauen ziehen sich angewidert zurück. War es nicht Platon der sagte, das es das Schicksal der Philosophen sei von den "Dummen" regiert zu werden? In der Erkenntnis steckt viel wahres drin.
Und in Österreich gibt es nur zwei echte Alternativen und das ist die FPÖ und die Liste Pilz. Und mit letzterem habe ich nicht viel am Hut, auch wenn ich ihn für seine Arbeit respektiere.

MfG
Reinhard

Warum Du die SPD mit der FPÖ auf eine Stufe stellst versteh ich nicht wirklich.

Auch das ist ein Typo, gemeint war natürlich die SPÖ! - Offenbar waren 2-Mal korrekturlesen meinerseits hier nicht genug. Ich verspreche Besserung für die Zukunft!

Deine Wahl der FPÖ kann ich verstehen. Ich bin auch zu dem Schluss gekommen, dass wir in Deutschland die AfD wählen sollten, auch wenn sie nicht perfekt ist.
Wenn irgendwann eine Partei erscheint, die für 100%ige Freiheit steht, kann man immer noch wechseln. Bis es jedoch soweit ist, wähle ich die Partei, die uns zumindest in wenigen Teilbereichen Freiheit verspricht.

Viel Erfolg bei Eurer Wahl,
Timm

Sollte es nicht richtigerweise heißen "SPÖ-Wahlkampfleiter zurückgetreten" (dicke Überschrift)?

Verdammt, da ist mir doch noch einer durchgerutscht - vielen Dank für den Hinweis.

Ja, absolut kein Thema, kann passieren vor lauter ÖVP, SPÖ und FPÖ! Qualität unterscheidet eben von Lücken- oder Lügenmedien, ist mir nur sofort ins Auge gesprungen :) und ich wollte Dir kurz Feedback geben. Weiter so!

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