Wochenthema: Behindert! - Warum ich keine Ahnung von Rollstuhlfahen habe oder: Wie man sich ganz leicht selbst diskriminiert.

in #deutsch7 years ago

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Wenigstens sitzt du nicht im Rollstuhl, höre ich immer mal wieder von Menschen, die aus einer Mischung aus Mitleid und Neugier ein Gespräch mit mir beginnen. Bis vor einem Jahr habe ich da auch zugestimmt.

Im Rollstuhl ist man irgendwie noch behinderter, als auf Krücken, dachte ich lange. Ich war immer stolz darauf alles zu Fuß erledigen zu können. Obwohl ich einen Rollstuhl habe, seit ich ungefähr 10 bin, nutze ich ihn lange nicht. Natürlich habe auch nie gelernt richtig damit umzugehen.

Es geht um Mobilität

Erst vor gut einem Jahr habe ich begriffen, dass es nicht darum geht weniger behindert zu wirken, sondern so mobil wie möglich zu sein. Indem ich auf den Rollstuhl verzichtet habe, habe ich auf Mobilität verzichtet.

Heute fahre ich im Rollstuhl bis zum Supermarkt, kaufe ein staune, wie einfach das ist. Ich bin nicht schon auf dem halben Weg durch den Laden platt. Ich kann wirklich in Ruhe gucken, was ich haben möchte und muss mir nicht vorher schon einen genauen Plan machen, weil ich zu Fuß nicht viel tragen kann. Als noch nicht im Rollstuhl im Supermarkt war, hatte ich viel weniger Raum für Spontanität.

Ganz im Gegenteil zu allem, was ich noch vor zwei Jahren dachte, hat sich mein Bewegungsradius vergrößert. Ich komme im Rollstuhl viel weiter als zu Fuß. Das ist so logisch und offensichtlich, dass ich nicht begreife, warum mir das jetzt erst klar geworden ist.

Fakt ist: Mit Rollstuhl bin ich weniger behindert als ohne. Auch wenn ich noch üben muss.

Wie behindert seit ihr?

Welche Glaubensätze halten euch zurück? Ich bin gerade dabei meine zu prüfen. Ich habe mich im Grunde jahrelang selbst diskriminiert, um mich weniger behindert zu machen. Kann ich nicht empfehlen.

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Ist ja auch schon vieles Barrierefrei geworden in den letzten Jahren, geht alles besser als vor ein paar jahren und inklusion wird auch viel gelebt überall.

Ja und nein. Es kommt ganz darauf an, wo man lebt. In meinem kleinen Ort komme ich zwar gut zum Supermarkt, aber ich käme in keinen Friseurladen. Ironischer Weise auch nicht ins Sanitatshaus.

In Hamburg sieht das bischen anders aus, ich arbeite z.B in einem Integrationsbetrieb und mein Kunde, den ich betreue ist eine große Stiftung die sich um Menschen mit geistigen und körperlichen Handicap kümmern, bei uns werden z.B alle U-Bahn Stationen umgebaut, fast alle Behörden sind Barrierefrei zugänglich, viele Barrierefreie Wohnungen, etc.

Hamburg ist aber auch eine Großstadt das mag der Unterschied sein.

Freut mich das zu lesen.

Hey sumsum, danke für deinen sehr persönlichen Beitrag hier auf steemit. Ich

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