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RE: Recht einfach # 3: “Das wird man ja wohl mal sagen dürfen!” Oder doch nicht? - Meinungsfreiheit vs. Strafbarkeit

in #deutsch5 years ago

Aus der Sicht der Knaller die den Holocaust leugnen, hat dieser ja nicht stattgefunden. Leugnen heißt ja etwas zu wissen und es abzustreiten. Aus deren Sicht hat er nicht stattgefunden also leugnen sie ja nichts. Muß das Gericht den Angeklagten nachweisen das sie lügen? Wie wird das gehandhabt? Gibt es sowas wie ein Lügendetektortest, um herauszufinden ob die wirklich das glauben was sie sagen? Das die Typen rein moralisch unterste Schublade sind steht außer Frage. Mich interessiert das rein rechtliche.

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Gibt es sowas wie ein Lügendetektortest, um herauszufinden ob die wirklich das glauben was sie sagen?

Das jedenfalls nicht. So etwas dürfte wohl nicht zulässig sein.

Die Lösung ist tatsächlich dogmatisch nicht ganz unproblematisch:

Wenn der Irrtum auf einem krankhaften Wahn beruht, dann ist der Täter schuldunfähig. In vielen Fällen liegt es aber z.B. an Fehlinformationen, Indoktrination und/oder allgemein geringer Bildung.

Der BGH hat entschieden, dass es zumindest bei Äußerungen, die "den gesamten Holocaust oder ein ihn kennzeichnendes Teilgeschehen" (z.B. Ausschwitz) leugnen, faktisch nicht auf den Vorsatz in Bezug auf die Unwahrheit ankommt. Der Irrtum wirkt sich nach dieser Ansicht nicht einmal strafmildernd aus. Es reicht also ein "Nicht-Erkennen-Wollen". Hintergrund ist vermutlich, dass der Nachweis des Vorsatzes der Unrichtigkeit nur sehr schwer zu führen ist. Wenn es dich weitergehend interessiert, kannst du das Urteil des BGH dazu lesen.

Dieser Ansicht wird entgegengehalten, dass das mit dem Wortlaut "Leugnen" nicht zusammenpasst. Das ist im Grunde genau das, was du geschrieben hast. Diese Gegenmeinung verweist außerdem auf den Willen des Gesetzgebers, "Unbelehrbare" bestrafen zu wollen, nicht aber "Dumme, Unwissende oder Ungläubige". Wenn es nach dieser Ansicht geht, müsste man tatsächlich nachweisen, dass der Täter gelogen hat. Allerdings sei das oft nicht problematisch, da die Beweislage zum Holocaust die Kenntnis des Täters indiziere. Alleine die Behauptung, er sei von irgendwelchen "Fälschungstheorien" überzeugt, reicht nicht, um diese Vermutung zu widerlegen.

In den meisten Fällen würden also beide Ansichten zum gleichen Ergebnis kommen. Die einen, weil sie keinen Vorsatz in Bezug auf die Unwahrheit brauchen, die anderen, weil sie diesen Vorsatz wegen der klaren Beweise zum Holocaust im Regelfall vermuten.

Deine Frage(n) und die Begründung weisen auf ein gutes Problembewusstsein und eine schöne juristische Argumentationmethode hin. Hast du da schon irgendwelche Erfahrungen gemacht?

Hatte nur mal eine Dokumentation über Haverbeck gesehen und mir gedacht, die glaubt was sie sagt. Würde sowas über Verunglimpfung Verstorberner oder so regeln. Erzeugt nur Märtyrer in der NS-Szene.

Das ist eine wirklich gute Frage! Im Kommentar steht dazu einiges. Es ist wohl umstritten, welchen Inhalt der Vorsatz bezüglich des Leugnens haben muss. Ich hab morgen eine Klausur und kann das heute nicht mehr zusammenfassen. Wenn ich dran denke, mache ich es aber morgen! Es ist nämlich gar nicht so einfach...

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