Woher kommt das Geld und welche Funktionen erfüllt es - Teil 2
Hallo Steemit community.
Wie versprochen hier der zweite Teil meines Artikels über Geld.
7. Wechselkurse und Handelsbilanzdefizite:
Geldtransaktionen sind immer auch Tauschhandel. Dabei spielt es keine Rolle ob diese Transaktionen auf nationaler oder internationaler Ebene stattfinden. Waren und Dienstleistungen werden gegen andere Waren und Dienstleistungen getauscht. Geld ist nur ein Surrogat für Waren und Dienstleistungen.
Kauft z.B. ein deutscher Schreiner ein Auto aus Japan, dann tauscht er indirekt seine Arbeitsleistung als Schreiner gegen das japanische Auto.
In einer freien Marktwirtschaft ,ohne Zentralbankmanipulationen, zeigt der Wechselkurs einer Währung an, ob ein Land mehr exportiert als es importiert oder umgekehrt. Auch zeigt der Wechselkurs einer Währung an, um wie viel ein Land, das gegenüber einem anderen Land ein Handelsbilanzdefizit aufweist, mehr exportieren muss, um sein Defizit auszugleichen.
Nehmen wir als Beispiel die USA und Japan.
Die USA haben schon seit sehr langer Zeit eine Handelsbilanzdefizit gegenüber Japan, d.h. die USA kaufen mehr Waren von den Japanern als sie nach Japan exportieren. Wichtig ist natürlich nicht die Menge an Waren, sondern das Handelsvolumen gemessen in US Dollar.
Normalerweise sollte solange dieser Zustand besteht, der Wert der Währung mit dem Handelsbilanzdefizit so lange fallen, bis sich Export und Import die Waage halten. Fällt der Wert des US Dollar gegenüber dem Yen, werden japanische Warenimporte für die Amerikaner teurer und sie kaufen weniger. Der Wechselkurs sollte sich auf einem Wert einpendeln, bei dem sich Export und Import ausgleichen.
Warum also können die USA ihr Handelsbilanzdefizit gegenüber Japan schon seit Jahrzehnten aufrechterhalten?
Nun dafür gibt es mehrere Gründe:
- Alle Rohstoffe werden in US Dollar gehandelt, d.h. jedes Land, das Rohstoffe importieren muss, braucht US Dollar. Auf diese Weise gibt es immer eine künstlich erzeugt hohe Nachfrage nach USD. So ist es den USA möglich einen großen Teil ihrer Inflation auf den Rest der Welt zu übertragen. Besonders schlimm war es zu Zeiten des Bretton-Woods Systems. Dieses System wurde nach dem 2. Weltkrieg installiert. Der USD war (zumindest auf dem Papier) goldgedeckt. 1 Unze Gold hatte den Wert von $35. Alle Währungen hatten einen festen Wechselkurs zum USD (z.b. $1 = 4.20 DM) und es gab auch feste Wechselkurse zwischen den anderen Währungen. Die USA hatten sich verpflichtet Dollarreserven von ausländischen Zentralbanken jeder Zeit in Gold zu tauschen. Während der 60er Jahre hatten die USA die Welt mit USD geradezu überschwemmt, um den Vietnamkrieg, die vielen Mondlandungen und das Great Society Programm von Präsident Johnson zu finanzieren. Die ausländischen Zentralbanken waren nun gezwungen, diese riesigen Dollarmengen aufzukaufen, um die Wechselkurse ihrer eigenen Währungen gegenüber dem USD stabil zu halten. Als erstes hatten die Franzosen genug und tauschten ihre USD gegen Gold. Als immer mehr Gold aus den USA abfloss, schloss Präsident Nixon Anfang der siebziger Jahre das Goldfenster und Bretton-Woods war Geschichte. Seit dieser Zeit haben wir so genannte free floating Wechselkurse, d.h. die Wechselkurse bilden sich "frei" am Markt. Die Bundesrepublik als guter Vasall, hat natürlich immer die ganzen Dollars aufgenommen und nie eine Goldlieferung verlangt.
- Die USA haben die größten und besten Finanzmärkte der Welt. Deshalb fließt sehr viel Geld aus Japan, aber auch vom Rest der Welt Richtung USA und wird dort in treasury bonds oder US Aktien investiert.
Schauen wir uns das ganze an einem Beispiel an:
Ein Amerikaner will ein japanisches Auto kaufen. Er geht zu einem Hondahändler, der vorher das Auto aus Japan importiert hat. Der amerikanische Kunde bezahlt natürlich in USD, aber der Hondahändler braucht für den Import Yen. Mit Hilfe seiner Bank überweist er die geforderte Summe nach Japan, von seinem Konto werden USD abgezogen, seine Bank gibt den Auftrag weiter an die amerikanische Zentralbank, die dann die Transaktion über die japanische Zentralbank and die Hausbank von Honda weiterleitet. Irgendwo auf diesem Weg müssen nun USD verkauft und japanische Yen aufgekauft werden.
Passiert das nun sehr häufig immer in die gleiche Richtung, fällt der USD gegenüber dem Yen.
Fließt aber auf dem gleichen Weg Geld von Japan nach USA um dort z.B. treasury bonds zu kaufen, bleibt der Wechselkurs stabil.
In den USA sagt man auch:"Man kann Autos entweder in Detroit bauen oder in Iowa auf dem Feld anbauen."
Wie soll das gehen?
Die USA exportieren sehr viel Weizen nach Japan, der im Bundesstaat Iowa angebaut wird. Indirekt werden die Autos, die man aus Japan importiert, mit dem Weizen bezahlt, den man in Iowa anbaut. Die USA exportieren aber nicht genug Weizen (und auch andere Waren) nach Japan, um das Handelsbilanzdefizit auszugleichen.
Deshalb gilt (und das ist gerade für uns Deutsche als Exportweltmeister wichtig):
Will ein Land gegenüber einem anderen Land einen Exportüberschuss aufrecht erhalten, muss gleichzeitig Geld aus dem Land mit dem Exportüberschuss in das Land mit dem Handelsbilanzdefizit fließen. Man schickt also Waren in ein fremdes Land und gleichzeitig das Geld um die Waren zu bezahlen hinterher.
Im der Eurozone ist das Problem noch größer, da es ja keine Wechselkurse mehr gibt, häuft die Bundesbank gegenüber den anderen Ländern immer mehr Forderungen an (wir nähern uns der 1 Billionen Euro Marke), die sie aber nie eintreiben kann. Die sogenannten TARGET 2 Salden.
Schauen wir uns das ganze an einem Beispiel an. Ein Grieche will sich einen BMW kaufen. Er geht zu einem griechischen BMW Händler. Der griechische BMW Händler importiert den BMW aus München. Er weist seine griechische Hausbank an, auf das Konto von BMW in München z.B. 50000€ zu überweisen. Das Geld geht von der griechischen Hausbank zu der griechischen Zentralbank. Die griechische Bundesbank weist die Bundesbank an, die 50000€ an die BMW Bank in München zu überweisen und erhält dafür eine Forderung gegenüber der griechischen Zentralbank. Nochmal: zwischen der griechischen Zentralbank und der Bundesbank fließt kein Geld. Am Ende des Tages werden die Forderungen auf die EZB übertragen. Die Bundesbank hat nun eine Forderung gegenüber dem Eurosystem. Aber es ist nicht vorgesehen, dass diese Forderungen irgendwann ausgeglichen werden müssen. Das heißt, im Prinzip bezahlen wir unsere Exporte selbst!!!!
Die Griechen (oder auch Italiener, Franzosen, etc.) bekommen deutsche Autos und Maschine, wir bekommen Forderungen, die wir aber nicht eintreiben könne.
Wer ist nun der Dumme?
Zu DM Zeiten, profitierten die Bürger in Deutschland wenigstens durch die Aufwertung, weil dann ausländische Waren oder auch Urlaubsreisen für sie billiger wurden. Das fällt heute leider weg.
Schauen wir uns den internationalen Handel nun unter einem Goldstandard an:
Hat ein Land ein Handelsbilanzdefizit, fließt Gold aus dem Land ab. Da das Geld, das im Umlauf ist zu einem festen Kurs goldgedeckt ist, verringert sich die Geldmenge, die im Umlauf ist. Dadurch sinken auch die Löhne und Preise (Preisdeflation). Dadurch werden die Waren und Dienstleistungen natürlich auch für das Ausland billiger, d.h. die anderen Länder kaufen wieder mehr Waren aus diesem Land und das Handelsbilanzdefizit sinkt so lange bis es wieder ausgeglichen ist.
Deshalb sind hohe Handelsbilanzüberschüsse oder Defizite über einem längeren Zeitraum in einem internationalen Goldstandard nicht möglich!
8. Öffentliche Verschuldung:
Ökonomen wie Paul Krugman sagen ja immer, das Staatsschulden kein Problem sind, weil Staatsschulden Geld ist, was wir uns selber schulden. Nun,zum Teil hat er Recht. Natürlich sind Staatsschulden ein Problem, hier liegt er falsch, aber Schulden in Geld ausgedrückt sind nichts anderes als Waren, die in der Zukunft noch produziert werden müssen. Es spielt keine Rolle wer einem Staat das Geld leiht, bezahlt werden muss es durch die Arbeitskraft künftiger Generationen. Durch das Anhäufen von Staatsschulden versklavt man im Prinzip seine Kinder und Enkelkinder.
Denn Schuldentilgung funktioniert nur durch künftigen Konsumverzicht oder mehr Produktion in der Zukunft.
9. Gelddrucken = Verlust der Kaufkraft und Verarmung des größten Teiles der Bevölkerung
Ein Staat geht niemals pleite, es gehen immer nur seine Bürger pleite.
Durch die künstliche Neuerschaffung von Fiat Geld durch die Zentralbanken, aber auch durch die Geschäftsbanken, werden die Geldhalter um die Früchte ihrer Arbeit betrogen. Preisinflation ist nichts anderes als eine versteckte Steuer. Zusätzliche Liquidität treibt IMMER die Preise in die Höhe. Zur Zeit sind es die Aktienpreise, die Immobilienpreise und in letzter Zeit nun auch die Rohstoffpreise, wobei das durch die Dollarschwäche noch etwas abgemildert wird.
Doch dabei gibt es Gewinner und Verlierer. Würde jeder Einzelne das neu geschaffene Geld gleichzeitig und zu gleichen Teilen erhalten, wäre das Problem nicht so groß, aber leider ist das nicht der Fall.
Man nennt das den "Cantillon Effekt" (benannt nach dem Ökonomen Richard Cantillon, der diesen Effekt 1755 erstmal beschrieben hat).
Schauen wir uns mal an, wo die 60 Milliarden Euro, die die EZB jeden Monat neu "druckt" landen.
Die EZB darf keine Staatsanleihen von den Staaten direkt kaufen, also kauft sie die Staatsanleihen und Unternehmensanleihen von den großen Banken. Wenn die Banken das neu geschaffene Geld erhalten, sind sie Profiteure, da sie für ihre Anleihen mehr Geld erhalten, als sie in einem freien Markt ohne die neu geschaffenen 60 Milliarden Euro erhalten würden. Dieses Geld investieren die Banken nun, sie kaufen Aktien, Junk Bonds, Immobilien, etc. und treiben dadurch die Preise hoch. Die großen Unternehmen sind auch Profiteure, da sie sich zu einem viel niedrigeren Zins (nahe Null) verschulden können, als sie das in einem freien Markt könnten. Ganz große Profiteure sind natürlich die Regierungen der Eurozone, sie müssen viel niedrigere Zinsen bezahlen (hohe Anleihenkures = niedrige Zinsen und umgekehrt), nehmen durch die steigenden Preise über die Mehrwertsteuer viel mehr Geld ein und können sich so viel leichter Wählerstimmen kaufen. Die großen Verlierer sind die abhängig Beschäftigten, Rentner und Sparer. Durch die negativen Realzinsen verliert ihr Erspartes immer mehr an Kaufkraft, die Immobilienpreise steigen und dadurch auch die Mieten. Dadurch dass die abhängig Beschäftigten die letzten sind, die in Form von Lohnerhöhungen das neu geschaffene Geld erhalten, laufen sie der Preisinflation immer um ca. ein Jahr hinterher, da die Preise immer viel früher steigen als die Löhne. Dies ist der wahre Grund warum die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinander geht. Solange es eine goldgedeckte Währung gab und auch noch während des Bretton-Woods Systems, stiegen die Löhne und der Lebensstandard der Normalbevölkerung schneller als bei den Reichen, die Schere schloss sich also.
Das Fiatgeldsystem hilft also nur einem sehr kleinen Teil der Bevölkerung und schadet der großen Masse.
Würden den sogenannten Linken die kleinen Leute wirklich am Herzen liegen, würden sie gegen das Fiatgeldsystem kämpfen und nicht gegen den Kapitalismus.
So, das war der zweite Teil meines Artikels über das Geld.
Wenn er Euch gefallen hat würde ich mich über einen Upvote und Verbreitung freuen.
Aber auch für Kritik bin ich dankbar.
Im nächsten Teil der Serie, werde ich Euch erklären, wie im Fiatgeldsystem die Banken Geld aus dem Nichts entsteht und wie die Banken das bilanztechnisch verbuchen. Wer schon neugierig ist, kann meinen Artikel hier auf Englisch schon mal lesen:
https://steemit.com/money/@stehaller/how-the-fiat-money-works-and-why-it-doesn-t
Bis bald,
Stephan Haller
Ich denke, Du solltest die zukünftigen Lehrpläne für unsere Schulen verfassen!!!
full-power-upvote + resteem!!!
Danke! All diese Dinge bekommen meine Schüler auch im Unterricht zu hören.
@balte...Sag mal weißt Du ob man die Kategorie eines posts nachträglich noch mal ändern kann? Bei meinem heutigen Artikel über das Bedingungslose Grundeinkommen hat sich nämlich ein Tippfehler eingeschlichen. Statt unter deutsch, hab ich ihn unter deustsch gepostet. Ich kann zwar die tags ergänzen, aber das deustch krieg ich nicht weg.
Ich glaub das geht eher nicht, ohne es genau zu wissen! macht doch hier aber auch nix- unter deutsch ist er ja noch gekommen, les ihn gleich mal!
Achso, na dann passt es ja.
Du kannst 7 Tage editieren, incl. Headline und tags, danach ist es in die steem blockchain eingebrannt.
Sehr klar herausgearbeitet. Danke dafür.
Danke!